II, V, I Verbindungen - wie "bespiel" ich den DOM7 Akkord

ollie

Power-User
20 Jul 2009
2.739
3
48
Hi Leute,

dieses Thema beschäftigt mich immer wieder in unregelmäßigen Zeitabständen...

Es geht mir um den typischen jazzigen Klang zunächst bei einfachen II, V, I Verbindungen. z.B. Dm7, G7alt, Cmaj7...

Was spielt ihr da so ĂĽber den G7alt....

Ich habe mich etwas mit Sagmeister und Kumlehn auseinandergesetzt, im Internet verschiedene Beispiele dazu gefunden.

Ich habe bis dato herausgefunden was recht gut klingt:
- G mixo
- G mixo #11
- D harm Moll
- Fm7b5 Arpeggien
- G Dim
- B Dim

Gibt`s weitere Ideen, Konzepte....

Wir könnten ja auch mal so Hörbeispiele austauschen.

Viele GrĂĽĂźe
Oli
 
Ich verwende in letzter Zeit sehr gerne den Tritonusersatz 7er fĂĽr Dom7 Akkorde.
Will heissen:
Ăśber C7 spiel ich F#7 (F#/A#/C#/E)
Was bezogen auf C7 dann: #11, b7, b9, 3 bedeutet und eine schöne Progression im Gesamtkontext ergibt.
Gm7/C7/Fj7 wird dann zu Gm7/F#7/Fj7...

Lg
Auge
 
G - Ganztonleiter - bekommt man die b5, #5 - tut so leicht weh
G# melodic Minor . habe ich vom Larry Carlton geklaut. Funzt ĂĽber Bluesprogs aber auch in einer II V I.


Hier noch Input zur Anwendung mel. Minor ĂĽber II VI in Moll von Dean Brown!
 
mr_335 schrieb:
G - Ganztonleiter - bekommt man die b5, #5 - tut so leicht weh
G# melodic Minor . habe ich vom Larry Carlton geklaut. Funzt ĂĽber Bluesprogs aber auch in einer II V I.

was heiĂźt denn auch in einer II V I .....?

halbton Schritt höher als der Dominant Akkord melodisch Moll

Dm7, G7alt, Cmaj7... also g# melodisch Moll
Dm7, Db7, Cmaj7 dann d melodisch Moll

Sound ist: b9, #9, 3, b5, #5, 7, 1

Alterierter geht nicht .......

GruĂź
 
mr_335 schrieb:
G - Ganztonleiter - bekommt man die b5, #5 - tut so leicht weh
G# melodic Minor . habe ich vom Larry Carlton geklaut. Funzt ĂĽber Bluesprogs aber auch in einer II V I.


Hier noch Input zur Anwendung mel. Minor ĂĽber II VI in Moll von Dean Brown!


find ich interessant, aber es gefällt mir auf Anhieb 0 was da der gute Dean Brown spielt...und warum spielt er C mel. Minor über Amoll7.....?

aber nicht so schlimm, geht ja erst mal um ne Stoffsammlung. Was ich erst ĂĽben muss auf Anhieb in allen Lagen diese Skalen abrufen, das geht mit diotonisch + Penta + Penta Blues...das wars
 
ollie schrieb:
find ich interessant, aber es gefällt mir auf Anhieb 0 was da der gute Dean Brown spielt...und warum spielt er C mel. Minor über Amoll7.....?

Also er spielt ne moll II V I in G = Amoll7 b5 / D7 #9 / Gmoll 6

A moll 7 b5 = A C Eb G

C melodisch Moll = C D Eb F G A H

die anderen 3 Töne sind dann 9/11/B13 von A

ĂĽber die II Stufe C melodisch = Amoll 7B5 9/11/b13 Sound
ĂĽber die V Stufe Eb melodisch = d7 alteriert
ĂĽber die I Strufe G melodisch = moll j7 Sound

ist was fĂĽr den hippen Jazzster - mir ist das etwas too much


ollie schrieb:
aber nicht so schlimm, geht ja erst mal um ne Stoffsammlung. Was ich erst ĂĽben muss auf Anhieb
in allen Lagen diese Skalen abrufen, das geht mit diotonisch + Penta + Penta Blues...das wars

bin immer wieder erstaunt wie stark unterschiedlich die
Herangehensweisen beim Ăśben hier sind :!:

Einer ĂĽbt ein und das selbe Solo zig Hunderte male
und du möchtest erst "auf Anhieb in allen Lage diese Skalen abrufen" können.

Ich vermute mal das du ein recht perfektionistischer Typ bist Ollie :-D ?
Ich wĂĽrde mich erstmal auf 1-2 Skalen und Lagen konzentrieren.
Und versuchen das dann in einen musikalischen Ăśbekontext zu bringen
Sprich relativ schnell zu einem Backingtrack mitzuspielen.
Sonst wird das ja zum Steinbruch total (aber ich bin ja
auch nen chaotischer Vollhonk was das Ăśben angeht)

Ich kann auch nur melodisch moll und manchmal etwas Diminshed
Kram spontan anwenden. Ich will aber auch keinen richtigen Jazz
spielen sondern nur etwas Farbe ins Spiel bringen.


GruĂź
 
Es ginge auch C-Dorisch ĂĽber den Am7b5..


Wieso...ja nun! Kann Mann ĂĽber Skalentheorie herleiten, oder aber auch:

Am7b5 ist im Grunde nix anderes als ein C moll Akkord mit ´nem A im Bass..


C - Moll zuspielen ist insofern recht geschickt, weil man nicht dazu tendiert ewig auf dem Grundton rum zu eiern , sondern gleich auf der Terz startet.

Das Dean Brown Beispiel ist ja im Grunde nur theoretisch was man damit noch machen kann. Der Sound kann aber auch als harmonisch Moll betrachtet werden. Das einfachste für die Gehörgänge ist meiner Meinung nach G harmonisch Moll.
 
Dr.Dulle schrieb:
bin immer wieder erstaunt wie stark unterschiedlich die
Herangehensweisen beim Ăśben hier sind :!:

Einer ĂĽbt ein und das selbe Solo zig Hunderte male
und du möchtest erst "auf Anhieb in allen Lage diese Skalen abrufen" können.

Ich vermute mal das du ein recht perfektionistischer Typ bist Ollie :-D ?
Ich wĂĽrde mich erstmal auf 1-2 Skalen und Lagen konzentrieren.
Und versuchen das dann in einen musikalischen Ăśbekontext zu bringen
Sprich relativ schnell zu einem Backingtrack mitzuspielen.
Sonst wird das ja zum Steinbruch total (aber ich bin ja
auch nen chaotischer Vollhonk was das Ăśben angeht)

GruĂź

ne, ne - früher dachte ich auch, ich wäre etwas perfektionistisch - weit gefehlt...ich habe in meinem Leben so viele Leute kennengelernt von denen ich behaupte DAS ist Perfektionismus......ich bin nicht mal allzu genau (ich lasse takes durchgehen, die andere Gitarristen nie so akzeptieren würden).....ich nehme mir vielleicht zu viel vor, das ja.....

aber zu Sache....

Ich improvisiere aktuell sehr häufig auf II,V, I Verbindungen und versuche damit mein Gehör zu schulen, damit ich irgendwann das höre was ich auch spiele (das geht bei der Rock und GBLues Gitarre gut.....im fusion + Jazzbereich nocht fast gar nicht)....
ich merke, dass ich die theoretischen Konzepte deshalb nicht so einsetzen kann, weil ich die Skalen nicht so drauf habe (ich muss beim Spielen ständig überlegen, ja wo wäre denn jetzt Bb vermindert, melodisch Moll, harmonisch Moll.....), bzw. die markanten Töne nicht finde....

ich müsste einen Weg für mich finden, mir diese Töne zu merken und das öfters üben, damit es in Fleisch und Blut übergeht....ich merke auch, dass ich mit dem skalenfixierten Spiel (was ich eigentlich über die Jahre weitestgehend abgelegt habe und ich mehr und mehr zum Lick + Melodiespieler wurde.....) nicht weiter komme....

ich suche noch meinen Weg, dieses Thema fĂĽr mich spielbar zu machen....ich denke auch an Unterricht, da ich mich selber nicht so motivieren kann und deshalb den Jazz sehr schnell immer wieder abbreche.

ich hab mir auch die beiden Videos vom Rolli genauer angeschaut.

Larry Carlton spielt da F mel. Moll über einen A Blues (Dur).... er setzt die Fmel. Moll sehr häufig ein an Stellen wo es in meinem Ohr nicht passt. es klingt sehr gewollt und schräg.....Gerade da wo ich sie hören würde nämlich beim Dom7 Akkord spielt er eher seine Blueslicks (Mixo) , v.a spielt er die Skala über die I...... das dient wahrscheinlich eher Demonstrationszwecken......ich dachte eigentlich Tensions sind eher beim DOM7 gewollt.....

Der andere Gitarrist (dessen Namen ich gerade nicht parat habe) der arbeitet ĂĽber alle 3 Stufen mit mel. Moll und zwar mit verschiedenen Skalen, das klingt in meinen Ohren gar nicht.....

ich sammel jetzt mal für mich, was mir gefällt und wo ich hin will und setz mich dann mit den Harmonien und Tönen gezielt auseinander und nicht mit diesem ganzen theoretischen Konzepten, denn - so sagte einst der Pfälzer - das ist der Einstieg zur Unmusikalität und da will ich gar nicht hin....
 
Wie gesagt ich kann das (melodisch Moll und dimished) auch noch nicht
einfach so aus dem Handgelenk schĂĽtteln. Aber in 2 Lagen muss ich nicht
mehr soviel darĂĽber nachdenken und finde kleine Melodien in diesen
Leitern. Skalenfiexiertes Spielen finde ich auch langweilig.
Ich will auch nicht zum Jazzer werden, aber bestimmte Farben
subtil einzubinden finde ich sehr reizvoll.

Tja das Larry Carlton Video ist jetzt auch nicht so mein Geschmack.
Aber ĂĽber einen A7 Vamp kannst du mit F melodisch moll eine
V andeuten die gar nicht da ist. Im Blues auf der I wĂĽrd ich das nicht probieren.....

dann eher das

:cool:

Ich würde, wenn möglich, viel mit Backingtracks arbeiten.
II V I und Dominant Blues im gemässigten Tempo
und möglichst übersichtlichen Arrangements wäre mein Rat.
(Evtl hast du ja was das du auch anderen zu VerfĂĽgung stellen kannst ;-)
Ich hab leider keine Möglichkeit was zu basteln.)
 
ollie schrieb:
aber zu Sache....


ich suche noch meinen Weg, dieses Thema fĂĽr mich spielbar zu machen....ich denke auch an Unterricht, da ich mich selber nicht so motivieren kann und deshalb den Jazz sehr schnell immer wieder abbreche.

Schonmal ĂĽberlegt, dass der Jazz dann einfach nicht deine "Mission" ist?
Man kann doch auch 1000 andere Sachen machen. Die sind dann auch noch cool und machen Bock.
Aus meiner bescheidenen Erfahrung wird´s so auch nix werden. Musik zu machen, weil man meint, dass müsste doch auch noch irgendwieeeee....aber eigentlich berührt einen das "0". Ich fände das verschwendete Energie. Ick zieh mir ja och kennen Metall druff, obwohl ich dass schon mitunter bockstark finde, wenn die den Ironman da auf ihrem Instrument abziehen. Aber ich finde dazu einfach zu wenig Zugang. Klar, intellektuell ist das nachzuvollziehen, was die machen, aber emotional ist das eine glatte "6". Wieso und wozu soll ausgerechnet ich mich denn dann damit abrackern?

Gute Frage??
 
Hallo Ollie,

ein paar Worte eines Gitarristen, die vielleicht bekannt sein dĂĽrften.


und als Literaturempfehlung: die Basic Mediantic von Werner Pöhlert ist ein einfaches Improvisationskonzept, das eng an der Harmonik liegt; zu finden in der "Grundlagenharmonik" sowie im Anhang der "Analyse der Skalentheorie". Findest Du in (Uni-)Bibliotheken und teilweise bei Amazon.

Für die 251-Verbindung Dm7-G7-C verwendest Du das Tonmaterial von Dm7 über Dm7 sowie das Tonmaterial von Em7 über G7 und C. Damit ist das Tonmaterial von C-Dur abgedeckt. Die übrigen Töne sind optional.
Wichtig ist aber, dass sich auf die genannten Auswahl des Tonmaterials beschränkt wird. D.h., Du spielst eben nicht komplett C-Dur über Dm7 und G7.

Abgesehen von der Auswahl des Tonmaterials und dessen Verwendung, ist die Phrasierung entscheidend. Auch hier hilft es, sich zunächst auf wenige Töne zu beschränken und diese jazz-typisch phrasieren zu üben.

Desweiteren sind die Jimmy Raney Bände 20 und 29 der Aebersold-Serie vielleicht hilfreich.

Achte darauf, möglichst gute und "authentische" Begleitung zu bekommen, d.h. entsprechend versierte Musiker, Backingtracks (siehe Aebersold) und: höre sowie spiele zu den Originalaufnahmen!

viele GrĂĽĂźe,
der StratDrache
 
Marcello schrieb:
Schonmal ĂĽberlegt, dass der Jazz dann einfach nicht deine "Mission" ist?
Man kann doch auch 1000 andere Sachen machen. Die sind dann auch noch cool und machen Bock.
Gute Frage??

wenn ich es nicht machen wollte - wĂĽrde ich das hier nicht schreiben....

ich denke einfach das ich noch nicht meine richtige Herangehensweise gefunden habe....

Ich will auch kein Jazzer werden, sondern wied Dr. Dulle mein Spiel etwas bereichern....

Mir hat der Tipp von Dr. Dulle schon geholfen, mich auf eine Sache zu konzentrieren und das werde ich jetzt machen. ich werde eines der vielen Koznepte genauer probieren und verinnerlichen.....dann schauen wir weiter....
 
ich habe gestern zu diesem Thema eine beeindruckende Mail vom Jörg (Ex-Pfälzer) bekommen, die ich mit seiner Erlaubnis hier gerne posten werde, weil sie sehr viel wertvolle Infomationen beinhaltet!

1. Funktion des dom7-Akkords in der II-V-I

Der dom7-Akkord soll (egal ob die II-V-I in Dur oder Moll ist) Spannung auf den Grundakkord erzeugen. Diese Spannung resultiert aus dem Tritonus-Intervall zwischen Terz und Septime des dom7-Akkordes (in C-Dur/Moll ist der dom7 der II-V-I G7. Die Terz von G7 ist b (deutsch: h), die Septime ist f. Zwischen b und f ist ein Tritonus Abstand). Daher hat der dom7-Akkord eine innere Spannung. Diese wird aus folgenden Grund perfekt
aufgelöst: Die Terz des dom7-Akkordes (bei G7 also b) ist der starke Leitton (= große Septim = mj7) zum Grundton der erste Stufe (in unserem Beispiel also c), die Septime des dom7-Akkordes (in Bsp.: f) ist gleichzeitig der schwache Leitton des Grundakkordes (dessen Quarte), die zur Quinte des Grunfakkordes aufgelöst wird (also g).

Also passiert folgendes:

dom7 V. Stufe -> Grundakkord I. Stufe
Terz (= mj7 der I. Stufe) -> Grundton I. Stufe
Septime (= 4 der I. Stufe) -> Quinte I. Stufe

Aus dem Tritonus wird also eine reine Quinte. Dazu leiten die einzelnen Töne auch noch funktional auf die Auflösung.
(Bei einer V-I in C-Dur/C-Moll wird also das b des G7 in das c des Grundakkordes aufgelöst und das f des G7 wird in ein g des Cmj7/cm7
aufgelöst.)


-> Erste Ăśbung fĂĽr die Ohren:
- Nimm eine II-V-I in C-Dur und in C-Moll auf.

-> Spiel ĂĽber die V ein b(h) und ĂĽber die I ein C Spiel ĂĽber die V ein f
-> und ĂĽber die I ein G Spiel jetzt ĂĽber die V b und f (gleichzeitig)
-> und ĂĽber die I c und g.

Das mag sehr primitiv sein, aber das ist, was sich wirklich zunächst mal abspielt.



2. II-V-I in Dur und Moll

Ich denke, du weiĂźt, dass eine II-V-I in Dur so aussieht:

II (moll7) - V (dom7) - I (maj7)

in Moll ist aber die V. Stufe eigentlich ein Moll-7-Akkord (also in Amoll ein Em7). Da dieser aber keine Spannung zur I hat (weil eben kein Tritonus wie bei einem dom7 drin ist), wird er durch einen dom7 erstezt.

So...die Terz von dem dom7-Akkord auf der V. Stufe hat in Moll die Funktion einer gr. Septim (mj7), ist also sklaenfremd.

Beispiel in c-moll (Die II. Stufe in Moll ist btw. ein half-dimished Akkord
(moll7b5)).:

dm7b5 - G7 (statt gm7) - cm7

Bei G7 ist b die Terz...das ist die mj7 in c-Moll.

DESHALB funktioniert melodisch Moll (mit gr. Septim) ĂĽber eine II-V-I. ABER nur ĂĽber eine II-V-I in MOLL.



3. Funktionale und statische dom7:

In einer II-V-I ist der dom7 ein funktionaler Akkord, d.h. er hat die Funktion des Spannungserzeugers. Es gibt aber auch dom7-Akkorde, die auĂźerhalb einer II-V-I stehen (z.B. im Blues, bei Static-Chord-Vamps etc.), d.h. keine direkte harmonische Funktion haben.
DAS sollte man ganz dringend beachten, wenn es um zu benutzendes Tonmaterial geht.
So wird z.B. gerne mel.Minor eine Quinte höher vorgeschlagen (also d mel.
Minor ĂĽber G7). Das ist das Selbe wie mixo#11 oder lydian b7, alles unterschiedliche Namen (und Herleitungen) fĂĽr die selben Noten.
Es ist einfach eine mixolydische Skala mit einer erhöhten Quarte, also folgende Funktionen: 1-2-#3-#4-5-6-b7.

So, und jetzt betrachten wir mal, was dieser Wechsel mit dem oben erklärten Spannungsverhältnis macht...
die #4 des dom7-Akkordes ist die b9 des Grundakkordes (in C: beim dom7 (=
G7) ist c# die #4, ist in C die #9). Das klingt nicht so prall, weil die Auflösung b9 zu 1 nicht so dolle ist...

Also: Mixo#11 ist nicht hilfreich, um die Spannung aufzulösen. Deshalb sinnig, um über statische dom7-Akkorde zu spielen, aber nicht über funktionale Akkorde...

Das gilt fĂĽr viele empfohlene Geschichten....deshalb: Aufpassen.


4. HILFE, was nun:

Erstes Hilfsmittel:
Bevor wir überhaupt mehr Spannung und Alteration in die II-V-I über den dom7 bringen können, sollten wir erst mal die "klassische" Variante (vor allem auch in Moll!) hören...und da helfen Standards wie z.B. "how high the moon", "Misty" usw....Du bist doch ein lickorientierter Spieler, hör dir doch mal ein Licks z.B. von Wes Montgomery, Ed Bickert oder Jim Hall über solche Standards raus...und dann analysier mal, wie die Jungs das machen...zumeist ohne viel Skalenbrimborium, sondern meistens bleiben sie in der Tonart und verschieben nur kurz chromatisch.

Zweites Hilfsmittel:
Wenn du wirklich etwas mehr Spannung und Alterartion ĂĽber die Dom7 reinbringen willst, denk an folgendes:
- Die Alteration läuft nur über die V, also über die II und die I bleibt die Grundtonart bzw. deren Modi (zum Thema Modus: Du kannst natürlich die dorian-mixo-ionian-Arie in Dur und die locrian-mixo-aeolian-Nummer in Moll abziehen...du kannst aber auch feststellen, in welcher Tonart die II-V-I ist und nur diese Tonart spielen und mit den Akkord-Arps auffüllen...das ist (besonders bei schnellen Tempi) nicht nur wesentlich einfacher, sondern klingt zumeist auch natürlicher ;-)

- Um zu alterieren, ist die sogenannte "Tritonus-Substitution" hilfreich, d.h. du spielt statt dem dom7-Akkord einen dom7-Akkord einen Tritonus höher (also in C-Dur: Statt dm7-G7-Cmj7 -> dm7-c#7-Cmj7). Dadurch erhältst du eine schöne chromatische Linie...SO: Und wenn du beim Solieren eben den Arp des Tritonus-Substitutionsakkords spielst, erhält du tierisch Spannung und es klingt auch noch lecker, weil du danach mit dem Arp des Grundakkordes jeden Ton auflöst.

Ăśbung:
- Nimm eine II-V-I in CDur und Cmoll auf, diesmal mit alteriertem dom7-Akkorde.
- Spiel ĂĽber die II-Stufe ihren Arp (in C-Dur: dm7-Arp: d-f-a-c, in cmoll:
dm7b5-Arp: d-f-ab-c), ĂĽber die V. Stufe den Trit.Sub.Arp (also c#7:
c#-f-g#-b(h)), ĂĽber die erste Stufe den mj7 Arp (also c-e-g-b)
-> Na da guck, ĂĽber die V. Stufe ist immer noch das b(h) als erster
-> Leitton
und das f als schwacher Leitton drin. Und das obwohl wird tritonus-substituierend alteriert haben.


WAS LEHRT UNS DAS???

Die musikalische Funktion des dom7-Akkordes bleibt IMMER erhalten, wenn das Spannungsintervall des Tritonus zwischen gr. Terz und kl. Septim der V.
Stufe (= mj7 und 4 der I. Stufe) erhalten bleibt.


=> Wie oben schon geschrieben: Das ist im Prinzip alles, was wichtig ist.
Und jetzt mach noch mal die erste Ăśbung, um das zu verinnerlichen.


5. Conclusio:

Du kannst fast beliebig Tonmaterial benutzen, solange du diese beiden Töne deutlich setzt und auflöst. Darauf solltest du dich zunächst beim Üben konzentrieren, diese beiden Töne rhythmisch günstig für die Spannung zu setzen und sauber aufzulösen. Sobald du hierfür ein Feeling gewonnen hast, ist es deiner Fantasie überlassen, wie man das harmonisch aufhübschen kann...

Beispiel zur harmonischen AufhĂĽbschung einer II-V-I in C-Dur (durch ARPs)

Ăśber dm7: fmj7-Arp (f-a-c-e)
Ăśber G7: f-dim-arp (f-a-b-d)
Ăśber Cmj7: amoll-7-Arp dritte Inversion (= em6, also e-g-a-c)

Dadurch hast du eine schöne Abwärtsbewegung, über der V. Stufe die nötige Spannung und über der I. Stufe die nötige Auflösung...und es ist vergleichsweise leicht zu spielen und zu merken....


Noch ein Beispiel, diesmal mit Pentas:

Ăśber dm7: d-moll-Penta auf c beginnend (c-d-f-g-a) Ăśber G7: b(h)-Moll-BLUESpenta (b-d-e-f-f#-a) Ăśber Cmj7: a-moll-Penta auf c beginnend (c-d-e-g-a)


Wie (hoffentlich) siehst, konzipiere ich tonales Material, dass sich in eine bestimmte Richtung bewegt, über die V. Stufe die beiden Töne des bekannten Tritonus enthält und über die I. Stufe die Töne zur Auflösung).


-> Das ist ein sehr simples Konzept...ich mag simple Konzepte...denn bei
simplen Konzepten kann ich mich aufs Hören und Fühlen konzentrieren, und das ist wichtiger als Nachdenken und nach den Noten auf dem Griffbrett suchen.


Komplizierte Konzepte klingen kompliziert...und das mag niemand wirklich hören, außer die, die sich auf die Komplexität einen runterhoxxx...
Verständliche Musik darf keine komplizierten Konzepte haben, sonst kann sie keine Inhalte mehr transportieren.
Leute wie Pat Metheny, Wes Montgomery, Larry Carlton usw. haben solche simplen Konzepte...um diese zu entwickeln, braucht man sicherlich zunächst mal den Gesamtüberblick über die harmonischen Zusammenhänge und die Möglichkeiten...aber wenn man dann ein Konzept gefunden hat, das einem vom Ohr und von den Händen her liegt, kann man unter Zuhilfenahme der Ohren stilsicher spielen.

Vergiss die ganze Skalengeschichte, versuche, zu hören und zu verstehen, worin der musikalische Sinn des Ganzen liegt und welche Funktion der dom7 hat...dann sollte es bei deiner melodischen Grundbegabung kein Problem mehr sein, dir ein dir entsprechendes Konzept zu erarbeiten, das als einzige Regel die geschilderte Spannungserzeugung und deren Auflösung beinhaltet und sich ansonsten an deinen musikalischen und spieltechnischen Vorlieben orientieren kann.

---

Ich hoffe, es hat ein wenig geholfen. Es ist schwierig, Dinge in Worte zu fassen, die beim Gegenübersitzen mit einer Gitarre in der Hand einfach zu erklären sind...
Ăśber Feedback (auch in musikalischer Form) wĂĽrde ich mich freuen.
 
ollie schrieb:
ich habe gestern zu diesem Thema eine beeindruckende Mail vom Jörg (Ex-Pfälzer) bekommen...

WOW !

Und was ich persönlich als ganz wichtige Quintessenz empfinde, sind folgende Aussagen:

P. schrieb:
Es ist einfach eine mixolydische Skala mit einer erhöhten Quarte, also folgende Funktionen: 1-2-#3-#4-5-6-b7.

In den bisherigen beiträgen wurden häufiger Vorschläge gebracht wie: Über den A7 kannste auch F melosichedingensda spielen.
So etwas wĂĽrde mich sehr verwirren. Wieso wtf denn F irgendwas ĂĽber A irgendwas????
Da finde ich den Ansatz interessanter, die betreffende Skala auf den Akkordgrundton "umzurechnen".
Ich habe mir vor Jahren mal eine Schablone ausgeschitten mit den Stufenakkorden und ihren HT-GT-Schritten sowie mit allen möglichen Skalen, auch exotische, die ich aus einer uralten Ausgabe des amerikanischen Guitar Player hatte.
Und dann habe ich die übereinandergelegt um zu gucken, welche Skalen die Töne des jeweiligen Akkordes beinhalten ...

P. schrieb:
(zum Thema Modus: Du kannst natĂĽrlich die dorian-mixo-ionian-Arie in Dur und die locrian-mixo-aeolian-Nummer in Moll abziehen...du kannst aber auch feststellen, in welcher Tonart die II-V-I ist und nur diese Tonart spielen und mit den Akkord-Arps auffĂĽllen...das ist (besonders bei schnellen Tempi) nicht nur wesentlich einfacher, sondern klingt zumeist auch natĂĽrlicher ;-)

Auch das ist essenziell wichtig:

kalr kannst Du D dorisch, G mixo und C ionisch über eine II-V-I in C-Dur denken/spielen, aber: das sind immer die gleichen Töne !
Daher lerne ich auch nur die Skalen fĂĽr die ionische Leiter auf den Griffbrett und ĂĽberlege mir dazu dann den jeweiligen Grundton = Startton.
Macht vieles einfacher.
 
Ok machen wir es noch einfacher. Wir suchen bei der II V I in Dur die "hippe" Note. Und die lautet G# (wenn wir mal in C-Dur bleiben).

Egal, ob die jetzt erzeugt wird durch "harmonisch Moll" auf der 6.Stufe der Tonika oder durch einen Arp wie Fdim oder Ddim, wenn wir mal in C-Dur bleiben.

Noch eine kleine Ergänzung. Was mir immer auf die "Schnelle" hilft, wenn ich in die Zwangslage komme, jazzig klingen zu sollen, ist mir die alterierten Akkorden mit ihren Optionen als gegriffenen Akkord vorzustellen und daraus dann relativ simple kleine Arps. die den Akkord rerpräsentiren zu generieren.

Als nimm mal in C-Dur als 5.Stufe einen G7b9, der ja schön auf die Tonika zuleitet.

e-4-
h-3-
g-4-
D-3-
A-X
E-3

Daraus könnte dann folgendes werden, der 2. Takt beinhaltet das Chordshape des G7b9:

Code:
-------------------|4-3--------------|-----
-------------------|------4----------|-----
---------2--5--4---|--------4-3------|-----
-----3-------------|--------------6--|-5----
--5----------------|-----------------|-------
-------------------|-----------------|------

Herleiten könnte man das auch über G#harm. Moll oder Teil eines dimished Arps. Aber ich gehe da eher inuitiv ran und stelle mir die gegriffenen Akkorde vor. Macht das Sinn?
 
mr_335 schrieb:
Ok machen wir es noch einfacher. Wir suchen bei der II V I in Dur die "hippe" Note. Und die lautet G# (wenn wir mal in C-Dur bleiben).

Egal, ob die jetzt erzeugt wird durch "harmonisch Moll" auf der 6.Stufe der Tonika oder durch einen Arp wie Fdim oder Ddim, wenn wir mal in C-Dur bleiben.

dann fehlt nur noch die Angabe ĂĽber den genauen Zeitpunkt, wann sie kommt.... ;-)
 
ollie schrieb:
mr_335 schrieb:
Ok machen wir es noch einfacher. Wir suchen bei der II V I in Dur die "hippe" Note. Und die lautet G# (wenn wir mal in C-Dur bleiben).

Egal, ob die jetzt erzeugt wird durch "harmonisch Moll" auf der 6.Stufe der Tonika oder durch einen Arp wie Fdim oder Ddim, wenn wir mal in C-Dur bleiben.

dann fehlt nur noch die Angabe ĂĽber den genauen Zeitpunkt, wann sie kommt.... ;-)
Na ja - die größte Herausforderung ist eh nicht die Harmonik im Jazz, sondern eher die Rhythmik und Phrasierung und wenn man dann auch noch schafft Menschen mit Jazz zu berühren, dann ist man am Zwischenziel angelangt ;)
 
Hi Rolli,

ja da macht natürlich Sinn....so ähnlich mach ich das aktuell auch....empfand es aber immer als "Notlösung"....weil es für mich ein "Nachzeichnen eines Akkordes" ist und dadurch sehr stark den Arpeggiensound hat.....

aber du hast natürlich Recht, es kommt darauf an wie es gespielt wird....und das ist letztlich Übung und Hinhören.
 
Moin Ollie!

Es ist mehr als nur Hinhören und Harmonielehre.

Ich bin selbst kein Jazzer, habe lediglich ab und zu meine Ausfallschritte in diese Richtung, bis es mir dann irgendwann wieder auf die Nerven geht ;-)

So komplex ist die Harmonielehre ja nicht, und die erforderliche Spieltechnik a ka, das "Bewegungsmaterial" kann man sich ja auch aneignen.

Aber der andere Punkt, den Du angesprochen hast, nämlich die Rhythmik, ist die heimliche Nummer Eins. Wenn Du Dir mal Aufnahmen von SRV anhörst, auf denen er jazzy klingt, dann liegt das ganz bestimmt nicht an den harmonischen Theoremen, die er da zu Gehör bringt, sondern schlicht und ergreifend an seinem jazzy Phrasing, mit dessen Kontext er seine Standardlicks, die ja zu 99% auf 08/15-Bluestonleiter basieren, behandelt.

Schaff Dir doch mal rhythmische Standard-Phrasen drauf. Hier findest Du eine wirklich tolle Schule zum Thema, die Dir vermutlich sehr gut weiterhelfen wird http://www.jazclass.aust.com/rhythmcl/rc01.htm

Selbst, wenn Du irgendwann die Lust am Jazz verlierst, wird Dir das Zeug dort ein echter Gewinn sein.

Nichts gegen Theorie, aber das Leben ist anders :)

GrĂĽĂźe Thomas
 
ibanizer schrieb:
Moin Ollie!

Es ist mehr als nur Hinhören und Harmonielehre.

Ich bin selbst kein Jazzer, habe lediglich ab und zu meine Ausfallschritte in diese Richtung, bis es mir dann irgendwann wieder auf die Nerven geht ;-)

So komplex ist die Harmonielehre ja nicht, und die erforderliche Spieltechnik a ka, das "Bewegungsmaterial" kann man sich ja auch aneignen.

Aber der andere Punkt, den Du angesprochen hast, nämlich die Rhythmik, ist die heimliche Nummer Eins. Wenn Du Dir mal Aufnahmen von SRV anhörst, auf denen er jazzy klingt, dann liegt das ganz bestimmt nicht an den harmonischen Theoremen, die er da zu Gehör bringt, sondern schlicht und ergreifend an seinem jazzy Phrasing, mit dessen Kontext er seine Standardlicks, die ja zu 99% auf 08/15-Bluestonleiter basieren, behandelt.

Schaff Dir doch mal rhythmische Standard-Phrasen drauf. Hier findest Du eine wirklich tolle Schule zum Thema, die Dir vermutlich sehr gut weiterhelfen wird http://www.jazclass.aust.com/rhythmcl/rc01.htm

Selbst, wenn Du irgendwann die Lust am Jazz verlierst, wird Dir das Zeug dort ein echter Gewinn sein.

Nichts gegen Theorie, aber das Leben ist anders :)

GrĂĽĂźe Thomas

Hi,

da triffst du den Nagel auf den Kopf. Phrasierung ist das Zauberwort - es gibt nur 11 verschiedene Töne (behaupten jedenfalls Insider der westlichen Hemnisphäre...) und derer bedienen sich Klassiker, Rocker, Rocken Roller, Jazzer, Folklore Musiker und sogar Heino...und alle klingen jeweils typisch für ihr Genre aber immer ganz anders als andere Genres....

Sollte uns das nicht zu denken geben ....? ...das meine ich ernsthaft!

GruĂź
Der Nominator
 
mr_335 schrieb:
Na ja - die größte Herausforderung ist eh nicht die Harmonik im Jazz, sondern eher die Rhythmik und Phrasierung


It Don't Mean a Thing (If It Ain't Got That Swing)


What good is melody?
What good is music?
If it ain't possessing something sweet

It ain't the melody
It ain't the music
There's something else that makes this song complete

It don't mean a thing if it ain't got that swing
(do Do ap Do ap.....)
Well it don't mean a thing all you got to do is sing

It makes no difference if it's sweet or hot
Just give that rhythm evry little thing you got YES

It don't mean a thing if it ain't got that swing ........

........ :cool:



Mal die Frage in die Runde ob jemand nen simplen
Jazz Backingtrack hat den er zur Verfügung stellen könnte ?

Hier http://www.guitarbackingtrack.com/

kann man legal und umsonst runterladen.
Ich hab aber noch nichts Jazziges gefunden .....??
 

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