Gurkenpflücker schrieb:
Ich wage zu bezweifeln, dass man in den Spitzenpositionen der Musikbranche viele Idealisten findet, die die Kunst über die Kohle stellen.
Ja, das wird man kaum finden, die meisten sehen die Musik eher aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Ist aber bis zu einem gewissen Grad auch logisch. Nicht umsonst heist es 'MusikGESCHÄFT', und sobald regelmäsig Gehälter gezahlt werden müssen, ändert sich die Sicht- und Denkweise. Auch bei Bands/Musikern selbst - wer seine Miete von den Einnahmen bezahlen muss trifft wahrscheinlich andere Entscheidungen als jemand, der finanziell von der Musik unabhängig ist. Zumindest sollte es so sein. Wenn man sieht, wieviel Kohle teilweise bei Konzertagenturen und Festivalveranstaltern hängen bleibt, und wie wenig bei den Musikern, wird es einem ganz anders. Aber als Band muss man ja 'dankbar' sein, wenn man auf Festival XYZ spielen 'darf', man hat ja einen so unglaublichen Promo-Effekt davon
Gurkenpflücker schrieb:
http://jungle-world.com/artikel/2013/43/48701.html
Danke für den Link, auf jeden Fall ein paar interessante Gedanken.
Aus seinem Artikel:
"Als kleiner oder mittlerer Künstler, der sich ein Publikum erspielen will, ist es eigentlich heute einfacher als je zuvor ... Man braucht eigentlich keine Zwischenhändler mehr. Interessanterweise sind es ja immer die Mittelsmänner, die das meiste Geld verdienen, auch in der Musikindustrie."
Die Betonung liegt hierbei auf
'eigentlich' - er sagt nicht, wie man es als kleiner Künstler dann
tatsächlich ohne Mittelsmänner machen soll. Anbieten kann man heutzutage über das Internet viel (ganz ohne Zwischenhändler), das Problem ist nur, wie schafft man es, das Publikum auf sich aufmerksam zu machen, und das ganze in einer Qualität anzubieten, die dem freundlichen Filesharer auch sharenswert erscheint
Wenn Radiohead auf ihrer Homepage eine Download-Aktion mit 'bezahlt was ihr wollt' macht, kann das vielleicht funktionieren, wenn eine kleine Band das macht, wird das zu 99% schief gehen, weil es keinen interessiert und die Leute lieber 3 Euro in der Kneipe für ein Bier ausgeben als 99 Cent für einen Song einer unbekannten Band ( 'wieso für ein mp3 zahlen, das kostet doch nix in der Herstellung ... ' ).
Die wenigsten Bands werden am Anfang die finanziellen Möglichkeiten haben z.B. eine CD-Produktion zu stemmen, ein Video zu machen, Promotion zu machen - irgendjemand muss das erstmal finanzieren. Je mehr von aussen rein gesteckt wird, desto weniger verdient der Künstler - ist ja eigentlich auch erstmal nachvollziehbar, dass derjenige, der etwas investiert (der Band sozusagen einen Kredit gibt), das auch irgendwann wieder zurück haben will.
Dummerweise ist es nun oft so (und da wird es unfair), dass die Unkosten, die das Label gehabt hat, vom Anteil des Künstlers 'zurückgezahlt' werden, und nicht von dem Teil, den die Plattenfirma pro CD eh schon bekommt - d.h. man hat im Endeffekt einen Kredit mit einem extrem hohen Zinssatz. Wenn dann noch Fernsehsender mit ins Spiel kommen, die jemanden sicherlich auch nicht aus Nächstenliebe promoten sondern mitverdienen wollen ... Und bei Konzertveranstaltern/Agenturen ist es oft so, dass die ihre Prozente direkt von der Gage bekommen, bevor die tatsächlichen Unkosten abgezogen werden (Hotel, Sprinter/Busmiete, Techniker usw). Nichts ist umsonst, und am Ende zahlt es der Künstler.
Im Endeffekt muss man sich ab einem gewissen Zeitpunkt als Musiker überlegen, woran man Erfolg fest macht, und womit man als Band/Musiker langfristig am besten fährt und überleben kann: Auf der einen Seite des Extrems ist maximale Reichweite und wenig/kaum Kontrolle über das eigene 'Produkt', auf der anderen Seite klein(st)e Reichweite, dafür macht man alles selbst und muss pro CD oder Konzert weniger abgeben. Und dazwischen gibt es noch jede Menge 'Grautöne'
So, das war jetzt definitiv zuviel Text.