Westerngitarre entlacken

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Anonymous

Guest
Hallo,

ich habe mir vor ein paar Jahren mal für echt klitzekleines Geld eine Framus Texan Westernklampfe Bj. '69 geangelt.
Die Gitarre wurde von irgendeinem Vorbesitzer nachträglich mit schwarzem (Baumarkt?)-Lack laienhaft "überlackiert" was erstens absolut stümperhaft aussieht und zweitens meines Erachtens auch einiges am Klang versaut.

Da ich eigentlich nur zum Hausgebrauch und am Lagerfeuer auf akustische Gitarren zurückgreife, hat mich das bislang nicht gestört.
Nun steht allerdings Recording an und ich möchte die Framus gerne auf dem ein oder anderen Track verwenden.

Jetzt hatte ich mir überlegt, die Gitarre für diesen Zweck etwas zu "tunen".

Die (wahrscheinlich nachträglich eingesetzte) Stegeinlage aus Alu habe ich schon gegen eine selbstgeschnitzte Einlage aus Knochen ersetzt, sowie die läppschen Tuner gegen Rotomatics ausgetauscht.
Die Gitarre klingt dadurch schon einiges obertonreicher und vor allem voller (eventuell durch die schweren Rotomatics).

Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Klampfe gemessen an der Korpusgröße sehr leise rüberkommt und sehr wenig "Bass-Arsch" mitbringt (habe 013er Drähte drauf). Der Korpus scheint mir irgendwie schwingungsunfreudig zu sein.

Was mir an der Framus sehr gut gefällt, ist ihr relativ weicher Klang. Diese schimmernden manchmal glasigen Höhen, die ich von einigen Westerngitarren kenne, sind hier etwas gedämpft, was das Klangbild sehr warm erscheinen lässt. Mir gefällt das jedenfalls.

Um ihr wieder etwas Schwingungsvermögen zurück zu geben, habe ich nun angefangen, erst mal die Korpusrückseite zu entlacken.

WAS FÜR EINE SAU ARBEIT!!!

Zuerst Schmirgelpapier aller Stärken, Stahlwolle, Cutter-Klingen zu "Ziehklingen" umfunktioniert.... und nach Stunden habe ich fluchend erst etwa ein Viertel der Rückseite bis aufs Holz runtergeschliffen und mein Muskelkater ist echt erbärmlich (und ich bin beileibe kein Weichei).



Um weiterm Frust vorzubeugen, habe ich mal einen "kleinen Fragenkatalog" zusammengestellt und hoffe auf rege Hilfe, damit das Ganze hier ein gutes Ende nimmt.



1. Wird die Klampfe komplett ohne Lack lauter?

2. Kommen mehr Bässe ohne Lack?

3. Geht die von mir geschätzte Sanftheit des Klangs durchs Entlacken verloren?

4. Wie kann ich den Entlackvorgang beschleunigen?

5. Ist vom Einsatz eines Schwingschleifers oder anderem schweren elektrischen Gerät abzuraten?

6. Gitarre nackt! Was nun? Ölen? Wachsen? Nix?

7. Wo die Klampfe ihre Dings und Dongs hat, ist der schwarze Lack sehr tief ins Holz eigetragen worden. Gibt es eine Chance, das wegzukriegen, oder werde ich damit leben müsen? Die Framus hat viele Dingdongs...

8. Die Gitarre hat ein weißes Korpusbinding (wenn das so heißt). Was muss ich da beachten?



ergebensten Dank

Chris
 
Danke, da sollte es auch eigentlich hin, aber ich habe die Rubrik nicht gefunden.
Ich klick immer auf Forum und dann aufs Unterforum.

Aaahhh, da oben gibts noch was. Ach "Bastelecke"....

Ist aber arg unübersichtlich.
Eventuell mal als Unterpunkt in die Option "Forum" integrieren. Gehört ja auch irgendwo zum Forenbetrieb.

Greetz
 
Tach!

Zunächst: die Framus Texan ist keine Gitarre, die wegen ihres Klangs berühmt geworden ist. Die sind sehr ähnlich den EKO-Gitarren aus der Zeit, ebenfalls etwas ganz spezielles. Die Gitarren sind wegen der Konstruktion eher leise. Der Steg hat ab Werk diese unsägliche Alu-Schiene gehabt, zwecks besserer Saitenlageneinstellmöglichkeit, leider nicht tonfördernd...

Nun zu deinen Fragen:

1. Wird die Klampfe komplett ohne Lack lauter?

Kommt darauf an. Wenn der Lack sehr dick ist, was er bei den Gitarren häufig war, schon. Größter Effekt bei der Decke.

2. Kommen mehr Bässe ohne Lack?

Siehe 1.

3. Geht die von mir geschätzte Sanftheit des Klangs durchs Entlacken verloren?

Tja, wer weiß... vor allem, was du mit "Sanftheit" meinst. Glaub ich aber eher nicht.

4. Wie kann ich den Entlackvorgang beschleunigen?

MIt einer ordentlichen Ziehklinge bis aufs Holz abziehen, dann vorsichtig schleifen. Viel Spaß bei den Zargen und beim Halsfuß. Hat die Gitarre überhaupt einen Halsfuß? Waren die nicht gern geschraubt?

5. Ist vom Einsatz eines Schwingschleifers oder anderem schweren elektrischen Gerät abzuraten?

Mit Sinn und Verstand eingesetzt, kein Problem.

6. Gitarre nackt! Was nun? Ölen? Wachsen? Nix?

Lackieren.

7. Wo die Klampfe ihre Dings und Dongs hat, ist der schwarze Lack sehr tief ins Holz eigetragen worden. Gibt es eine Chance, das wegzukriegen, oder werde ich damit leben müsen? Die Framus hat viele Dingdongs...

Nicht rausschleifen. Eventuell füllen, Gitarre anschließend deckend neu lackieren.

8. Die Gitarre hat ein weißes Korpusbinding (wenn das so heißt). Was muss ich da beachten?

Beim Bearbeiten Vorsichtig sein. Da gibts schnell Kratzer drin. Auf festen Sitz überprüfen. Eventuell vorher festkleben.

Allgemein würd ich das nur in Angriff nehmen, wenns richtig stört. Schau mal nach, ob das Gerät eine massive Decke hat. Wenn ja, könnte es sich schon eher lohnen. Der Steg war häufig nicht geleimt (oder nicht gut geleimt) und mit Schrauben gesichert. Klanglich bringt es sicher am Meisten, den Steg ordentlich anzupassen und vernünftig zu leimen. Das Aludings hast du ja schon entfernt.

Zusammenfassend würde ich mir nicht zuviel von der Aktion versprechen. Geh mal mit der Gitarre in ein einigermassen sortiertes Musikhaus und vergleiche dort. Eventuell wirst du dort etwas finden, was dir ohne Muskelkater und Staublunge den gewünschten Sound liefert.
Wenn du dann immer noch (oder erst recht) vom Sound der Framus überzeugt bist, nur zu!

Beste Grüße!
Jab
 
Hi Jab.

Danke. Da sind ja schon mal einige hilfreiche Infos bei.

Entgegen deiner Ansage muss ich sagen, dass ich sowohl den Klang wie auch die Verarbeitung dieser Gitarre gar nicht mal so übel finde.
Klar, es ist keine 4000€ Martin oder so, aber für den Preis den ich gezahlt habe (ein bisschen mehr als nix, mit Koffer) war ich angenehm überrascht.

Hat die Gitarre überhaupt einen Halsfuß? Waren die nicht gern geschraubt?

Richtig, ein Schraubhals. Aber als alter Stratist habe ich diese Konstruktion eigentlich lieben gelernt. Macht ja dann auch das Abschleifen einfacher.

Tja, wer weiß... vor allem, was du mit "Sanftheit" meinst. Glaub ich aber eher nicht.

Mit Sanftheit meinte ich, dass die Gitarre für mein Ohr recht wenige Höhen zu Gunsten eines warmen, mittenbetonten Klangs produziert. Liegt aber vielleicht auch an den Elixier Antirust, die ich schon länger drauf hab. Da fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten.


6. Gitarre nackt! Was nun? Ölen? Wachsen? Nix?

Lackieren.

Lackieren? Ehrlich? Ich glaube WENN der Lack unten ist, bin ich erst mal froh, DASS er unten ist.
Spricht denn etwas dagegen, eine Westerngitarre nicht zu lackieren und stattdessen zu ölen und danach mit einer Wachsschicht zu versiegeln.
Irgendwelche Probleme mit Aufquellen und Reißen des Holzes zu erwarten? Ich würde natürlich regelmäßig Nachölen und Nachwachsen.


Schau mal nach, ob das Gerät eine massive Decke hat. Wenn ja, könnte es sich schon eher lohnen.

Falls du damit massiv vs. furniert meinst...
JA, die Decke ist nicht furniert und sie ist einteilig, falls das einen Unterschied machen sollte.

Der Steg war häufig nicht geleimt (oder nicht gut geleimt) und mit Schrauben gesichert. Klanglich bringt es sicher am Meisten, den Steg ordentlich anzupassen und vernünftig zu leimen. Das Aludings hast du ja schon entfernt.

Der Steg ist bei meiner Klampfe so beschaffen, wie bei der Framus hier auf dem Foto:

http://farm1.static.flickr.com/178/408438195_c1a6f5b976.jpg?v=0

Die Basisholzplatte ist nicht geleimt, nur geschraubt. Darauf aufgeschraubt sind das Tailpiece und diese Stahlschiene zur Einstellung der Saitenlage, in deren Kerbe das besagte Aludings drin war. Das Aluteil habe ich wie gesagt schon durch Knochen ersetzt.

Sicherlich nicht die glücklichste Lösung am Steg. Durch das Stahlstück wird einiges an Klangübertragung gefressen.

Was wäre denn hier ein guter Ersatz? Die Möglichkeit der justierbaren Saitenlage finde ich klasse! Die Framus lässt sich dadurch komfortabler spielen, als manche E-Gitarre. "Ultra-low Action"

Chris
 
Tach!

Sicher kannst du die Gitarre auch nur ölen und Wachsen, allerdings ist diese Beschichtung nicht von Dauer. Und bei einer Sperrholzgitarre ist das sicher mehr Arbeit als Ertrag. Ich glaube nicht, dass du mit einer neuen, dünneren Lackschicht einen Nachteil im Ton haben wirst.
Die Gitarre wird
sicher am Meisten profitieren, wenn du den Steg richtig verleimst und das ganze Metall rausschmeißt. Alles andere ist .... irgendwie... also... so, als ob du deinem 50PS Golf als erste Tuningmassnahme Slicks spendierst und erwartest, damit schneller zu sein als jemand, der 90PS hat. Nur mal so zum Vergleich, ganz grob. Und sag jetzt nicht: Aber in den Kurven...

Die Verarbeitung ist bei diesen Gitarren an so vielen Stellen gruselig... OK, das fällt nicht jedem auf, und nein, es ist keine 4000 Euro- Martin. Es ist, bei Lichte betrachtet nicht mal eine 300 Euro Cort.
Ist aber egal, wenn sie dir gefällt.
Das die Gitarre eher leise ist, hast du ja schon bemerkt. Das kann (und wird) an mehreren Details liegen:
1) Sperrholzdecke , kannste nix dran machen
2) Massive (im Sinne von: sehr dicke) Bebalkung, könnte man nacharbeiten
3) Der fette Polyesterlack, kann man entfernen
4) Der nicht ordentlich befestigte Steg, kann man ändern
5) Das überflüssige Metall im Steg, kann man auch ändern

Alles zusammen eine Menge Arbeit.


Da fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten.

Darum meinte ich ja: geh mal mit der Gitarre in ein Gitarrengeschäft.


JA, die Decke ist nicht furniert und sie ist einteilig, falls das einen Unterschied machen sollte.

Das gibt es quasi nicht. Die Decke ist sicher nicht einteilig. Das Deckfurnier vielleicht schon. Die Decke ist mit Sicherheit aus Sperrholz. Da würd ich drum Wetten.

Also, wie ich bereits schrob, mach das alles aber erwarte nicht zuviel davon.

Und geh, und hör dir andere Instrumente an. Einen stark komprimierten, höhenarmen Ton kann man im Studio sehr leicht mit einem Kompressor und einem Equalizer basteln...


Nuja, meine zweieinhalb Cent dazu.

Beste Grüße!
Jab
 
Es ist, bei Lichte betrachtet nicht mal eine 300 Euro Cort.

Ich kenn die besagte Marke nicht. Aber dann kann ich ja froh sein, dass ich nicht mal ein Zehntel davon gelöhnt habe.

Aber ich finde, dass sie so ein vernichtendes Urteil (was ihren Klang angeht) nicht verdient hat.

Hab mich mal 'n bisschen schlau gemacht betreffs massiver Decke, Sperrholz, einteilig usw... und du hast in den meisten Punkten absolut recht. Die Bebalkung z.B. ist wirklich aus dem Vollen geschnitzt, aber ob sich dies zu ändern lohnt ist fraglich (im Sinne von Kosten/Nutzen Verhältnis).

Fürs Studio könnte ich mir auch was höherwertiges leihen, kommt ja nicht so oft vor.
Trotzdem möchte ich die Gitarre erhalten, da ich wirklich nur seltenst akustisch unterwegs bin und die Framus mir von der Bespielbarkeit gefällt.

Den Lack werde ich definitiv runter machen. Alleine schon aus ästhetischen Gründen. Was hinterher drüber kommt sei erst mal dahin gestellt.

Wie könnte man denn den Steg verbessern?
Aufleimen alleine ist nicht genug, da ja immer noch diese blöde Metallschine dazwischen hängt.
Das hieße dann "ein ganz neuer Steg inklusive Saitenbefestigung" wenn ich das recht verstehe. Was wäre denn da angebracht?

Wie siehts eigentlich mit dem Nullbund aus? Ist auch nicht das Gelbe vom Ei, oder? Nuller raus, Knochen rein?! Oder alles Quatsch?

Chris
 
Moin!
Steg verbessern heißt:
Steg runter, Unterseite säubern und anschleifen, Decke im Stegbereich vom Lack befreien, Steg aufleimen, Metallkram raus, mit Holz füllen, Stegnut neu fräsen, Stegeinlage anfertigen, einstellen, fertig.
Eine Arbeit, die ein Fachmann ausführen sollte. Für den Aufwand würde ich zwei bis dreihundert Euro schätzen...
(Dafür bekommt man schon eine ziemlich gute Cort Gitarre, das ist ein koreanischer Hersteller, der vernünftige Gitarren baut...)

Ob dir das das Wert ist, musst du entscheiden.

Balken würde ich auch nur gegen geldliche Bestechung nacharbeiten.

Der Nullbund ist so schlecht nicht, den würde ich nur zur Not austauschen, also im Rahmen einer Neubundierung. Und selbst dann würde ich den halt ersetzen, aber nicht entfernen. Gibt keinen Grund dazu, finde ich.


Aber ich finde, dass sie so ein vernichtendes Urteil (was ihren Klang angeht) nicht verdient hat.

Tja, mag sein, ich hab noch keine dieser Gitarren erlebt, die das nicht verdient hätten. Aber kann ja sein, ich kenne ja nicht alle...
Macht ja auch nix, wenn es dir gefällt. Darum gehts ja schließlich...


Es ist ja auch nur meine Meinung.

Hat ja keinen Absolutheitsanspruch.




(Obwohl....)






:-D


Beste Grüße!
Jab
 
Es ist ja auch nur meine Meinung.

Hat ja keinen Absolutheitsanspruch.

(Obwohl....)

Ist wirklich alles reine Geschmacksache.
Ich finde halt, dass der Grundcharakter subjektiv so ein gaaaaanz klein wenig in Richtung Maccaferri tendiert (natürlich bei Weitem nicht so brüllend laut und knallig) und dafür natürlich um so weiter von einer "echten" Western entfernt ist. Halt so ein Wechselbalg. Mir gefällts jedenfalls.
Andererseits stehen zweidreihundert Euro sicherlich in keinem Verhältnis zum Grundwert der Gitarre und selber will ich den Steg nicht versauen. Also bleibts wohl so (abgesehen vom Aufleimen). Neubundieren würde ich sie irgendwann sicher mal, aber die Bünde sind noch so gut wie neu.

Vielen Dank für die umfassende Beratung (und das "radikale" Urteil...knirsch...). Hat mir sehr geholfen.

Greetz

p.s.: Wo ich eben deine Grand Concert gesehen habe (sehr schöne Instrumente btw), fällt mir ein dass ich gar nicht schrob, dass meine Texan ne 6saitige ist. Aber die tun sich ja nix...
 
Da fällt mir gerade brennend ein, ob es nicht sinnvoll sein könnte, die Framus komplett in Richtung Maccaferri umzugestalten.

Also so ein Tailpiece anbringen kann nicht so schwer sein. Dann eine Selmer-Brücke höhenmäßig anpassen und aufleimen. Da hätte ich dann Holz auf Holz! Und zu kostenintensiv wäre das Ganze auch nicht, da die Materialien relativ günstig und ich mir die Operation selber zutraue.

Wäre dann zwar der Stilbruch aller Stilbrüche, aber ich stehe auf individuelle Instrumente.

Im Übrigen hat die Decke zwei Löcher für die Elektronik, die mal da drin war. Wie schließe ich die am besten? Habe mal was von Epoxid-Harz gemischt mit Holzspänen gelesen. Taugt das was?

*leider immer noch nicht alle Klarheuiten beseitigt*

Chris
 
Moin!

ob es nicht sinnvoll sein könnte, die Framus komplett in Richtung Maccaferri umzugestalten.

Nee, das wird nix.

Damit das bei der Maccaferri funktioniert, hat sie einen anderen Halswinkel (OK, dan könnte man, da geschraubt, ändern) und einen Knick in der Decke. Dadurch ergibt sich genug Druck auf dem Steg. Hmm... Tja... könnte mit einer starken Änderung des Halswinkels gehen. Ob die flache Decke jedoch dem Druck von Oben genug gegenzusetzen hat, sieht man erst hinterher. Da sie ja sehr stabil ist, könnte das gehen.

Ob es klanglich was bringt....


Beste Grüße!
Jab

PS:
Im Übrigen hat die Decke zwei Löcher für die Elektronik

Lass die einfach drin. Das ist bei einer Sperrholzdecke strukturell wurscht und eine optisch ansprechende Reparatur wird das eh nicht.

Ehrlich.
 

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