Saitenvergleich: Elixir Nanoweb vs. DR Extra Life Red Devils

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Anonymous

Guest
Meine Ibanez BTBs kommen ja standardmässig mit Elixir Saiten. Bei meinem Lieblingsbass, dem BTB 675, war vor ein paar Monaten dann doch mal ein Saitenwechsel fällig, und da im Laden meines Vertrauens gerade keine Elixir Nanoweb vorrätig waren, habe ich mich nach etwas Beratung für die DR Extra Life Red Devils entschieden. Ebenfalls beschichtet, aber ganz anders.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten: Beides sind langlebige beschichtete Saiten. Aber während bei den Elixir Nanowebs eine Gesamtbeschichtung auf die fertige Saite kommt, wird bei den DR Red Devils der Draht der Saitenumwicklung beschichtet.

Die Elixirs sind bekanntermassen nichts für Plektrumspieler, weil die Beschichtung dann in kürzester Zeit hinüber ist. Die DRs stecken das etwas besser weg, aber auch nicht perfekt. Also, Plektrumspieler, weitersuchen! Aber für alle Afficionados des Bassspiels mit den Fingern geht es hier noch weiter.

Elixirs kauft man quasi modular. Es gibt fünf verschiedene Viersaitersätze, dazu wählt man sich dann eine aus fünf verschiedenen tiefen B-Saiten aus, und für den Sechsaiter-Basser gibt es auch eine hohe C-Saite. Nur der Vollständigkeit halber: Es gibt auch einen Fünfsaitersatz in der Stärke "Light". So ein Set Elixirs für bekennende "Fünfer" kostet mit Stammkundenpricing und Dackelblick bei der sehr süßen Verkäuferin meines Stammladens rund 55,- Tacken. Zwar sehe ich gerade, dass Onkel T den Preis auch so bietet, aber dadurch werde ich mich von meiner Einkaufstaktik sicher nicht abbringen lassen.

Die DRs dagegen habe ich im fertigen Satz für Fünfsaiter erworben. Sie kosten in etwa soviel wie ein Viersatersatz bei den Elixirs, nämlich 43 EUR.

Beide Sätze haben in meinem Fall die Stärke "Medium" - das heisst 045, 065, 085, 105 bei den hohen vier, und für die B-Saite 125 bei DR bzw. 130 bei Elixir. Rein subjektiv fühlen sich die Elixirs geringfügig dicker und straffer an, die DRs dünner.

Auf beiden Verpackungen ist hinten einiges an Infos aufgedruckt. Doch während Elixir eher beschreibt, was es ausser dem gekauften Satz noch so gibt und wie man das zu Fünf- und Sechsaitersätzen kombiniert, beschreibt DR die gekauften Saiten sehr viel detaillierter, ohne aber etwas von Alternativen im eigenen Portfolio zu erwähnen.

Besitzer von Bässen mit XXL-Mensur wie meine Ibanez BTBs mit 35 Zoll Mensur sei folgendes gesagt:
Die DRs passen ohne Wenn und Aber.
Bei den Elixirs passt der normale Viersaitersatz auch auf die BTBs (das kann bei String-Thru-Bässen anders sein), aber die B-Saite muss die Version XL für lange Mensuren sein! Nimmt man die normal lange B-Saite, geht das zwar auch, aber dann wird die Saite nach oben hin schon etwas dünner, bevor sie über den Sattel zur Kopfplatte laufen. Ist zwar kein halber cm, um den es sich handelt, aber das kann bei anderen Bässen anders sein. Also Augen auf beim Saitenkauf!


Spielgefühl: Ein Unterschied wie Tag und Nacht! Wer von unbeschichteten Saiten kommt, dürfte sich auf den DRs eher heimisch fühlen, da bemerkt man keinen großen Unterschied. Mir persönlich ist das allerdings viel zu rauh - ich habe mich über Monate an die seidenweichen Elixirs gewöhnt, und dadurch besteht mein Spiel zu einem großen Teil aus weiten Slides über den halben Hals. Bei den Elixirs kein Problem, dagegen fräst es einem bei den DRs bei einer mehrstündigen Probe die halbe Fingerkuppe weg ...

Die Elixirs fühlen sich wie gesagt ein wenig dicker und dadurch bedingt (für mich persönlich) etwas kontrollierter an. Die DRs sind dünner, dadurch schwingfreudiger und brauchen evtl. eine geringfügig höhere Saitenlage, damit es nicht schnarrt. Da ich ohnehin nicht auf die Briefmarkensaitenlage ("Akkord bei Gegenwind") stehe, macht es für mich persönlich keinen Unterschied. Alle anderen sollten das in ihre Überlegungen mit einbeziehen.

Sound: Einmal mehr ein Riesenunterschied zwischen den Kombattanten. Wo die Elixirs einen Breitband-Breitwandsound von tiefsten Tiefen bis in (milde) höchste Höhen auf meinem BTB 675 bieten (Eschenkorpus mit Nussbaumdecke, durchgehender Hals aus drei Streifen Ahorn, gesperrt mit zwei Streifen Bubinga, Palisandergriffbrett, Bartolini MKII-PUs), geht es bei den DRs deutlich mittiger und auch etwas aggressiver in den Höhen zu. Im Bassbereich können die DRs nicht mit den Elixirs mithalten, vielleicht kommt auch daher der Eindruck der stark betonten Mitten und Höhen?

Interessanterweise ist auch das Sustainverhalten stark unterschiedlich: Während die DRs auf dem BTB ein gutes Sustain liefern, hat man bei den Elixirs auf demselben Bass den Eindruck "Auf Wiederhören bis übermorgen". Unglaublich lang.


Mein Fazit: Zwei gute Saitensorten, beide extrem langlebig und beide eindeutig besser für Fingerstyle-Player geeignet. Jammern findet hier, wenn überhauot, auf sehr hohem Niveau statt. Dem weicheren Spielgefühl, überragenden Sustain und ausgewogeneren Sound der Elixirs steht die geringere Umgewöhnung (wenn man von normalen Saiten kommt) und der mitten- und höhenbetontere Sound der DRs bei gutem Sustain gegenüber. Preislich machen die DRs das Rennen. Meine persönlichen Favoriten sind die Elixirs, aber das hat mit Spielweise, persönlichen Soundvorlieben und Gewöhnung zu tun. Bei anderen Spielern mag das anders aussehen.

Zu guter letzt noch ein Schwank aus der Vergangenheit: Vor Jahren habe ich einen Bass von Harley Benton gespielt, das damalige Topmodell unter den Fünfsaitern, den HBB 5000. Leider wird er nicht mehr gebaut, denn er bot für EUR 325,- ein überragendes P/L-Verhältnis. Geliefert wurde er allerdings mit billigen Werkssaiten, die weder gute Stimmeigenschaften noch eine gute Ausgewogenheit in sich boten. Mit einem Satz Elixirs drauf machte der Bass einen gewaltigen Satz (!) nach vorne! Ausgewogenheit, Spielbarkeit, Stimmstabilität entsprachen plötzlich den Eigenschaften eines wesentlich höherwertigen Instrumentes. So habe ich damals für 55,- EUR ein Instrument in ganz neue Sphären getunt! Sicher wäre das Ergebnis mit den DRs ähnlich drastisch ausgefallen. Also, Leute, es lohnt sich, mal hochwertiges Zubehör auf günstigen Instrumenten auszuprobieren. Da die Saiten auch bei meinen Schwitzfingern locker dreimal so lange halten wie normale Saiten (bei intensiver Beanspruchung ist es bei mir ein knappes Jahr), relativiert sich der scheinbar höhere Preis gewaltig. Ausserdem - und das ist der Riesenvorteil beider Sätze - ist der Sound über Monate hinweg nahezu konstant. Kein Einspielen nötig, keine toter Sound am Ende der Lebensphase der Saiten, sondern immer der Sound einer Saite, die gerade eben erst eingespielt wurde und nun den besten Sound ihres Lebens von sich gibt. Unbedingt ausprobieren!

Viele Grüße
Jo
 
Vielen Dank für den wirklich informativen und ausführlichen Tipp!
Werde gleich mal schauen,wo ich einen Satz herbekomme...

LG
Chris
 

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