Zemaitis-Alternative: Teye Electric Gipsy S-Series

A

Anonymous

Guest
Hallo zusammen,

ich möchte euch gerne meine neueste Errungenschaft und damit gleichzeitig einen – wie ich finde – sehr interessanten Gitarrenbauer vorstellen: Der Builder ist Teye, ein mittlerweile in Texas lebender Niederländer, die Gitarre ist eine Electric Gipsy S-Series. Wer mehr über Teye, seine Geschichte und seine Gitarren im allgemeinen erfahren möchte, seine Homepage www.teye.com gibt da einiges her und ist unterhaltsam geschrieben.

Die Vorgeschichte
Ich war schon immer fasziniert von den Gitarren, die Tony Zemaitis gebaut hat – nicht wegen ihrer Qualität (nie eine echte in der Hand gehabt), ihrer Bespielbarkeit (nie eine echte in der Hand gehabt) oder wegen ihres Sounds (nie eine echte... naja, ihr wisst schon), sondern weil seine Single Cuts mit der gravierten Alu-Decke einfach nur geil aussehen. Mehr Rock n' Roll geht nicht, oder? :cool:

Entsprechend hellhörig bin ich geworden, als vor einiger Zeit die „Factory-Zemaitis“ angekündigt wurden bzw. auf den Markt kamen. Vor einigen Monaten war es dann soweit: Eine Zemaitis sollte her. Ich hatte auf der Messe einige in die Hand genommen, fand sie gut und suchmaschinte ein bisschen, um das für mich passende Modell und entsprechende Händler zu finden.

Dabei stieß ich in einem Forum auf den Namen Teye und den Hinweis, dass seine Gitarren nicht nur optisch in Richtung Tony Z. gingen, sondern auch eine interessante Elektrik an Bord hätten und gut klingen würden.

Also ab auf Teyes Homepage und direkt in die Optik der La India verliebt (das ist das Modell mit einem Ring aus Türkis auf dem Korpus, siehe ggf. auch letzte Ausgabe von Grand Guitars). Weiter recherchiert, nur positive Resonanzen gefunden und schließlich Teye selber angeschrieben und ihm einige Fragen zu seinen Gitarren und möglichen Optionen gestellt. Irgendwann war die Entscheidung gefallen, es sollte eine Teye werden statt einer Factory-Zemaitis.

Die Gitarre
Obwohl ich, wie gesagt, die La India sehr geil fand (und immer noch finde), wollte ich eine etwas andere Optik für meine Gitarre. Weniger Türkis, mehr Rock. Also verzichtete ich auf den Mosaik-Ring zugunsten eines schlicht schwarzen Korpus (was dem guten Teye wohl etwas Kopfzerbrechen bereitet hat, denn der Mosaik-Ring dient eigentlich auch der Abdeckung von eingebauten Komponenten). Während der Bauzeit hatte ich zwar eine ungefähre Vorstellung davon, wie die fertige Gitarre aussehen würde, aber ich muss ehrlich sagen: Als ich den Koffer geöffnet habe, habe ich nur noch ein „wow“ rausgebracht. Die Bilder sprechen für sich.

Korpus und Hals sind aus Mahagoni, das (im Radius sehr flache) Griffbrett ist aus Ebenholz. Der Hals hat Fender-Mensur und 24 BĂĽnde. Das Profil hat Teye an meinen Lieblingshals angepasst, er ist am Sattel etwas schmaler und auf der RĂĽckseite fetter als sein Standardprofil.
Die Elektronik besteht aus drei Lollar-Humbuckern, einem 5-Weg-Schalter, zwei Volume-Reglern, einem Tone- und einem Mood-Regler – dazu gleich mehr.

Die Verarbeitung ist einwandfrei. Damit meine ich nicht „perfekt“ - man sieht an kleinen (!) Stellen, dass es eine handgemachte Gitarre ist. Aber um es noch einmal deutlich zu sagen: Es gibt hier nichts zu meckern! Und die Gitarre hat nicht zuletzt dadurch einen ganz eigenen Charme.
Jeder, der die Gitarre bis jetzt gesehen hat, war baff, wie schön sie ist. Aber kommen wir zu den inneren Werten...

Bespielbarkeit
Das Halsprofil ist, wie gesagt, für mich angepasst worden und liegt mir dementsprechend gut in der Hand. Die obersten Bünde sind sehr gut zu erreichen, und die Gitarre lässt sich sowohl umgehängt als auch im Sitzen angenehm spielen (meine Hamer Studio war hier weitaus unbequemer, speziell im Sitzen). Als Strat- und Tele-Spieler hatte ich erst etwas Befürchtungen, mit dem 5-Weg-Schalter oben an der „Les Paul“-Position Gewöhnungsschwierigkeiten zu haben, aber der ist gut positioniert und so eingebaut, dass er sich sehr bequem bedienen lässt. Die Volume-Regler waren dagegen tatsächlich etwas, woran ich mich gewöhnen musste. Dazu komme ich im nächsten Abschnitt.

Die Elektronik
Drei Humbucker, 5-Weg-Schalter, zwei Volume-, ein Ton- und ein Mood-Regler. Mood? Hiermit soll der Klangcharakter der Gitarre von „Les“ zu „Leo“ verändert werden. Ich weiß nicht, was dieser Regler (technisch) macht. Aber das Mittenspektrum verändert sich, und es geht tatsächlich Richtung Single Coil (nein, es handelt sich nicht um eine Splittung der Humbucker). In der letzten Grand Guitars ist ein Test der Teye-S, der Autor zieht eher den Vergleich mit Mini-Humbuckern. Aber auch die können ja durchaus SC-ähnlich (!) klingen. Ich habe hier bewusst auf Soundfiles verzichtet, denn Teye zeigt in Videos auf seiner Homepage selber sehr gut, was in seinen Gitarren steckt.

Allerdings muss auf eines hingewiesen werden (was Teye selber auch deutlich tut): Die Wirksamkeit des Mood-Reglers ist davon abhängig, was am anderen Ende des Gitarrenkabels steckt. Mit der Gitarre direkt in den Amp ist die Wirkung am deutlichsten. Geht die Gitarre, wie bei mir, erstmal in diverse Effekte, ist die Wirkung schwächer, aber immer noch nutzbar.

Der 5-Weg-Schalter schaltet wie folgt: Bridge-PU; Bridge- und Middle-PU; Bridge- und Neck-PU; Neck- und Middle-PU; Neck-PU. In Verbindung mit dem Mood-Regler habe ich also, ganz vereinfacht gesagt, „Les Paul“ (Stellung 1, 3 und 5, Mood voll aufgedreht), „Strat/Tele“ (Stellung 1-5, Mood zugedreht) und zig Varianten dazwischen. Das die Teye nicht DEN Tele-Twang oder DIE Strat-Zwischenposition liefert, dürfte angesichts der Konstruktion klar sein, denke ich. Aber es gibt ja sowieso nicht DEN Tele- oder Strat-Sound, und es ist schon erstaunlich, wie gut die Teye den „Spirit“ dieser Sounds wiedergibt. An dieser Stelle nochmal der Hinweis auf die Videos von Teye. Der Tone-Regler funktioniert gut und macht das Signal nicht einfach nur mumpfig.

Die Volume-Regler haben einen Trick: Der hintere gilt jeweils für den hinteren PU, der vordere jeweils für den vorderen, der angewählt ist. Das heißt: Ist nur der Bridge-PU aktiv, hat nur der hintere Vol-Regler Funktion. Schalte ich nun auf z.B. Bridge und Middle, regelt der hintere Vol den Bridge-PU und der vordere den Middle-PU. Schalte ich jetzt auf Middle und Neck, regelt der hintere Vol den Middle-PU und der vordere den Neck-PU. Wenn ich jetzt auf Neck und Bridge schalte, hat wieder jeder PU einen Vol-Regler. Das liest sich wahrscheinlich komplizierter, als es in der Praxis ist. Aber ich musste mich auch erstmal dran gewöhnen.

Der Sound
Akustisch sehr ausgewogen und leicht komprimiert. Am Amp setzen die Lollar-PUs die Substanz der Gitarre sehr gut um. Output würde ich mal unter Medium einordnen, was mir persönlich sehr entgegenkommt: Man hat genug Dampf, um es krachen zu lassen, aber das geht nicht zulasten des Tons. Für alles von clean über Blues und Retro-Rock bis Hard-/Rotzrock eine tolle Gitarre, für Nu Metal, Deathcore und anderes eher nicht ;-)

Mein Fazit
Klasse! Wunderschöne Optik, klasse Bespielbarkeit, sehr guter und variabler Sound - ich bin sehr happy! Zwar wird wohl auch die Electric Gipsy nicht meine Nr. 1 – eine Tyler Classic – ersetzen, aber ich habe endlich eine Single-Cut-Mahagoni-Gitarre, die mir wirklich gefällt. Les Pauls finde ich echt schön, aber sie „liegen“ mir einfach nicht. Meine Hamer Studio war eine tolle Gitarre, aber auch sie war es für mich irgendwie nicht. Die Teye geb ich wohl nicht mehr her!

Und hier sind noch ein paar Bilder:





 
danke für den interessanten bericht, und den schönen bildern. so eine gitarre mal zu spielen, würde mich auch reizen.
 

ZurĂĽck
Oben Unten