Tonmaterial-Frage

S

schorsch27

Power-User
2 Feb 2013
429
5
Nähe Hof/Saale
ich würde gern musiktheoretisch etwas begreifen, was ich da praktisch mache:

ich improvisiere meine Soli gelegentlich gerne auf der Tonart, die anderthalb Töne über der jeweils gespielten Grundtonart liegt, weils so schön jazzig klingt. Beispielsweise verwende ich in einem in F notierten Titel beim Solo die Töne aus der As-Dur-Tonleiter.

Was mache ich da ? Lässt sich das mit den Kirchentonarten erklären ? Aber da gibts doch keine 1 1/2-Ton-Schritte. Kennt Ihr mehr solche Improvisationssysteme ?
 
Dann spielst du einfach die Parallele Tonart. Abi von Reininghaus In Vivo Guitar. Habe ich auch hier und ackere mich so langsam durch.
3 Halbtöne abwärts vom Grundton befindet sich die Parallele Molltonart.
 
Wenn Du in beiden Fällen ( F und As) ein reines Dur spielst, verwendest Du lediglich eine andere Positition der F-Dur Scala, wenn ich mich nicht gänzlich irre, die 4. Position der F-Dur-Scala.
Wenn Du dir die Kirchentonleiter als Endloskette vorstellst, kannst Du jeden Ton als Grundton verwenden, die das Tonmaterial von Dur trägt, diese sind die verschiedenen Positionen ( es gibt immer fünf, dann wiederholt sich das alles), je nach Position und Grundton wird es anders benannt, zB phrygisch, eolisch, dorisch, etc. Trotzdem ist es diese "Kette" der Kirchentonleitern. Anders ist es, wenn Du zB die Scala Harmonisch Moll verwenden würdest. Dann würde sich die Tonfolge ändern, aber auch hier entsteht eine "Endloskette", die sich aber auch wiederholt.
Improvisationssysteme: Lerne alle gängigen Scalen, in allen Lagen zu spielen, auch zB die Ganzton/Halbton, dann hast Du krasses Material um zu improvisieren.
 
Hi Schorsch!

Sieh dir doch an was passiert wenn du über einen C-Dur Akkord die Eb-Dur-Tonleiter spielst:

Eb Dur= Eb F G Ab Bb C D Eb

diese Töne entsprechen in C-Dur:

Eb - F - G - Ab - Bb- C - D
#9 - 4 - 5 - #5 - 7 - 1 - 2

Bitte beachten: 2 = 9, #5 = b13, 4 = 11

#9, b13 und auch die kleine Sept reiben ordentlich "gegen" die C-Dur Tonalität.

Hoffe das hilft.

Schönen Gruß
Andreas
 
Wenn deine Akkordfolge du in F-Dur/ionisch steht, ist die zugrunde liegende Tonleiter
F G A Bb C D E F
Fmai7-gm7-am7-Bbmai7-C7-Dm7-em7/b5-Fmaij7
sind die darüber aufgebauten Stufenakkorde.

Spielst du jetzt As-Dur-Tonleiter 1-1/2 Töne über dem Grundton
(@The Rabber, Schorsch27 spricht von über nicht unter dem Grundton!!)
beginnst du deine Tonleiter auf der kleinen Terz/Mollterz die natürlich nicht
in der Dur-Tonleiter vorkommt.
Ich gehe davon aus, dass du deine As-Tonleiter, ebenfalls ionisch, also Halbtonschtritte
zwischen der 3-4 und 7-8 Stufe, spielst ?

Dann würde folgende Tonleiter entstehen.
As-Bb-C-Des-Es-F-G-As

Setzt du diese Töne nun in eine Tonreihe von F beginnend erkennst du, es ist eigentlich die Fm-Tonleiter/äeolisch
F-G-As-Bb-C-Des-Es-F, mit den Halbtonschritten zwischen 2-3 und 5-6 Stufe die du spielst.
Dies ist die Tonleiter die über der 6.Stufe der Grundtonleiter also aeolisch oder natürliches Moll
entsteht. Fm ist die parallel Tonart von As-Dur !!

Wenn du jetzt diese Töne mit der oben angegebenen F-Dur-Tonleiter vergleichst
stellst du fest, dass die 4 Töne Bb(Quart), C(Quint), F(Grundton), G(None) in dieser
Tonleiter enthalten sind und 3 Töne nicht As (kl.Terz), Des(kl.Sext), Es (kl.Septime) nicht
enthalten sind.
Ich gehe jetzt aus Zeitgründen nicht weiter auf deine Kombination ein, die musiktheoretisch
nicht stimmig ist, aber in bestimmten Zusammenhängen trotzdem klingen kann.

@ bepop, die 4. Stufe wäre die Tonleiter bei Bb beginnend, wäre also mit dem gleichen
Tonmaterial der F-Dur Tonleiter gespielt die Lydische-Tonleiter die ihre Halbtonschritte
zwischen 4-5 Stufe und 7-8 Stufe hat und, da hast du recht, über der 4. Position beginnt.
Die 4. Position also die Quart von F ist aber Bb nicht As !!

Immer schwierig, das kurz und verständlich rüberzubringen, ich hoffe ich habs geschafft.
Ansonsten frag nochmal.
Würde meine Annahme bezüglich der Töne die du nutzt nicht richtig sein, müsstest du
nochmal nähere Infos rüberbringen.
 
Hi,
schau Dir an, welches Tonmaterial Du mit Ab-Dur zu einem Stück in F-Dur hinzufügst. Dann erklärt sich auch der jazzige Sound.

Nimm Dir was zu schreiben und zu malen, Gitarre zur Hand, vielleicht noch eine Klaviatur und dann schaust Du Dir das Tonmaterial an und notierst Dir die tonleitereigenen Akkorde.

F-Dur
1--2--3---4---5--6---(maj)7---8
F--G--A--Bb--C--D------E------F

Ab-Dur
1----2----3----4----5---6---(maj)7---8
Ab--Bb---C---Db---Eb--F------G-----Ab

Das bei F-Dur
1---2---b3---3----4---5---#5---6---7----maj7--8
F---G---Ab---A---Bb--C---Db---D--Eb-----E-----F

Du füllst zunächst mal nur auf. Dazu brauchst Du keine Kirchentonarten zur Erklärung. Das führt auch zu nichts, weil Du im Jazz chromatisch alles auffüllen kannst.

Entscheidend ist zu betrachten, wie sich das Tonmaterial zur Begleitung verhält. (Und was die Begleitung macht, aber da Du kein Leadsheet angeführt hast, kann ich dazu nichts sagen.)

Beim Melodiespiel außerdem auf die Intervallsprünge achten.

Tritoni in dem wie oben erweiterten Tonmaterial sind:
E Bb
D Ab
A Eb
G Db

Die findest Du zum einen in den erweiterten Begleitakkorden wieder, wo sie in der harmonischen Bewegung aufgelöst und wieder aufgebaut werden und zum anderen kannst zu sie für das Melodiespiel verwenden.

Viel Spaß,
der StratDrache
 
noch zur Ergänzung, weil die Fragen auftauchten:

mit "in F spielen" meine ich nicht f-Dur, sondern F-Pentatonik, gewöhnliches Blues-Schema halt.

Mit der linken Hand (ich rede jetzt mal vom Klavier, weil sichs da leichter erklären lässt) spiele ich irgendwelche f-Pentatoniken, z.B. eine Art Walking Bass oder (häufiger) Abwandlungen der Quinten auf den Grundtönen der 3 Begleitharmonien ( z.B. klassisches Shuffle: F-C; Bb-F; C-G) .

Die genannten Soli in As-Dur folgen erst als Steigerung nach ein paar Pentatonik-Soli in F (pentatonisch).
 
schorsch27 schrieb:
mit "in F spielen" meine ich nicht f-Dur, sondern F-Pentatonik, gewöhnliches Blues-Schema halt.

Mollpentatonik, also F, Ab, Bb, C, Eb ?
Dann sind die Töne der Ab-Dur-Leiter dasselbe Tonmaterial, das f moll hat.
F Äolisch und Ab Ionisch, in Schlaudeutsch.
Und die f moll Penta ist f moll ohne 9 und 13...

:shrug:

Viele Grüße,
woody
 
Tja, Sc horsch,

ein "in F notierter Titel" reicht als Einführung nicht aus; denn der erste Akkord, der evtl. F-Dur sein könnte, benennt noch lange nicht die Tonart des Songs.
Sei also so nett und nenne alle Akkorde, damit man der Sache auf den Grund gehen kann.

Sollte der erste Akkord ein F-Moll sein, dengelst Du Dein Solo allerdings 3 Bünde tiefer in der parallelen Dur - sofern Du in dieser Position auch die Moll-Penta nutzt.
Wenn Du das als jazzig empfindest, könnte das Dir deshalb so vorkommen, weil Du positionsbedingt mit einem anderen Ton startest.
 
denn der erste Akkord, der evtl. F-Dur sein könnte,
am besten erklärt sich das mit dem Bluesschema: die Tonika ist F, die Subdominante Bb, die Dominante C. Das Problem mit dem ersten Ton ist mir schon klar - die Wahrscheinlichkeit, dass der letzte Ton der Grundton ist, ist höher.

(Für ein Gitarrenforum ist F kein gutes Beispiel: nehmen wir also lieber einen Blues in E. Dann hätten wir A und H als Sub-/Dominante; und meine Improvisation wäre 1 1/2 Töne höher , also in G-Dur)

zwischendurch: da scheint mir Einiges schon gut erklärt zu sein, ich muss das in einer ruhigen Stunde mal praktisch durchspielen - türlich am Klavier.
 
Das ändert ja an der Vorgehensweise nichts. Dann schreibste Dir die F-Pentatonik (Moll und Dur) auf und schaust Dir an, wie das Tonmaterial durch Ab-Dur erweitert wird.

Beim Blues (F) kommt noch hinzu, dass Du durch die Septakkorde (F7, Bb7, C7) tonleiterfremdes Material hinzufügst. Mit der kleinen Septime des Subdominantakkords (Ab) bringst Du die Mollterz zum F ins Spiel, weswegen Blues und Jazz-typische Eindrücke erzeugt werden können, wenn Du im Melodiespiel Moll und Durterz verwendest (auch im Bending).

Wenn Deine Grundlage die F-Dur Pentatonik ist, sieht das dann so aus.

1--2--3---5--6--8
F--G--A--C--D--F

F7
1--3--5--7
F--A--C--Eb

Bb7
1----3--5--7
Bb--D--F--Ab

C7
1--3--5---7
C--E--G--Bb

Damit betrachtest Du, welche Akkorderweiterungen und welche Intervalle entstehen, wenn Du das Material der F-Dur Pentatonik (bzw. Ab-Dur Tonleiter) zu jedem der Begleitakkorde hinzufügst. Und welche harmonische Bewegung durch Deine Melodie und die Stimmführung der Begleitung entstehen.

Blues und Jazz-typisch sind neben der (Art der) Verwendung des Tonmaterials vielleicht auch Deine Phrasierung. Also auch auf den Fingersatz und Deine Bewegung auf dem Griffbrett achten.

viele Grüße,
der StratDrache
 
danke erstmal für Eure umfangreichen und treffenden Antworten, ich glaube, damit kann ich was anfangen.

Ich muss mir das alles mal in Ruhe durchdenken und durchprobieren, aufmalen, anspielen. Klingt alles recht anregend, wie diese Sache aus verschiedenen Blickwinkeln gesehen werden kann.

Gruß Markus
 

Ähnliche Themen

A
Antworten
8
Aufrufe
1K
Anonymous
A
A
Antworten
12
Aufrufe
3K
Anonymous
A

Beliebte Themen

Zurück
Oben Unten