Standard-Versatz für Stegreiter ?

S

schorsch27

Power-User
2 Feb 2013
429
5
Nähe Hof/Saale
Anleitungen zur Einstellung der Oktavreinheit gibts zur Genüge, ich komme damit auch so leidlich klar.

Aber gibts denn nirgends eine Tabelle, mit deren Hilfe man nicht durch Vergleich von Flageolett und gegriffener Saite, sondern durch genaues Messen mit dem Lineal (in Abhängigkeit von Mensur und Saitendicke) die Saitenreiter exakt einstellen kann ?

Wraparound-Stege haben doch eine solche feste Einstellung, also muss es doch ein klar definiertes Optimum des Saitenversatzes geben, das eben gerade nicht individuell verschieden sein kann, oder ?
 
Hi,
die Erfindung der Kompensation-Brücken erklärt die Sachlage von allein,die WRAPAROUND-Stege sind nur etwas für Puristen, wie ROCKINGER immer wieder betont,da bei
diesen die Bund-Reinheit eher nur angepeilt werden kann.

Diverse Faktoren wie Saiten und Einstellung der Saiten-Lage sind eine Variable,daher kann es auch keine "feste Einstellung" geben,wo die Bund-Reinheit immer ok. wäre.

Gruß
 
diese Variable kann aber IMHO ausschließlich von der Saitendicke abhängen, nicht von der Saitenlage. Ob die Saite höher oder tiefer liegt, ob der Hals schräger oder gerader steht hat auf die Oktavreinheit keinen Einfluss.

Deshalb müsste es für jeden verwendeten Saitensatz eine eindeutig definierbare optimale Einstellung geben.

Der Wraparound-Steg dürfte nur dann nicht optimal sein, wenn andere Saitendicken verwendet werden, als die, auf die er eingemessen ist (professionellstes Arbeiten der Hersteller vorausgesetzt)
 
Hallo!

Die Saitenlage hat durchaus was mit der Kompensation zu tun. Ist die Saite höher, müssen die Saiten weiter runtergedrückt werden, bis sie auf dem Bundstäbchen aufliegen. Das muss kompensiert werden.

Darüber hinaus kommt es ja nicht nur auf die Saitenstärke sondern auch auf das Material an und das kann von Saitenhersteller zu Saitenhersteller unterschiedlich sein.

Hat schon seinen Sinn, das einstellen zu können. Die Frage, ob es theoretisch auf fix geht, finde ich akademisch.

Gruß

erniecaster
 
Zu schorsch27,
ich baue meine Gitarren von Null auf und habe etliche Versuche speziell mit Brücken im Bezug auf Bund-Reinheit gemacht,man sollte nicht glauben ich würde hier unvorbereitet
was behaupten.
Saitenlage hat,den von mir oben beschriebenen Einfluss auf Oktavreinheit!
 
Lieber Schorsch,

ich finde dieses Thema höchst spannend, weil wir uns damit in Gefilden bewegen, die ein Gitarrist im Grunde nie beachten muss. Stimmgerät, und das übliche Spiel mit den Flageoletts, dreh hin, dreh her, und irgendwann passt es.

Oder auch nicht? Was passt denn? die Einstellung der Gitarre ist dann so gewählt, daß z. B. die G Saite am 12. Bund eine Oktave über der G Saite als Leersaite liegt. Aber das ist auch schon alles, deswegen muss die Gitarre mit einem D- Dur im 14. Bund noch lange nicht stimmen.

Warum nicht? - Stichwort Temperierte Stimmung
Eine Gitarre stimmt in sich im Grunde ihres Wesens NIE.
und ist eigentlich auch nicht unbedingt bundrein.

Wir leben mit Kompromissen, deswegen könnte man eine Linealanweisung zum Einstellen der Bundreinheit durchaus in Betracht ziehen, aber da geht es schon wieder weiter, hast du so gute Augen , um einen Auflagepunkt in Beziehung zu deinem 100 stel mm Lineal zu erkennen?

meine letzte Erfahrung diesbezüglich war die Abholung meiner neu bundierten Klampfe vor Ort in der Gitarrenbauerwerkstatt. Was macht der Gitarrenbauer? Er stellt die "Bundunreinheit" ;-) NICHT mit dem Stimmgerät ein, sondern mit einer Stimmgabel und seinen Ohren. Checkt diese übers Griffbrett verteilt mit verschiedenen Akkorden, mit und ohne Leersaiten, und dreht an den Saitenreitern und den Stimmwirbeln, solange bis Alle diese verschiedenen Akkorde in sich stimmig klingen. Das war für mich eine höchst interessante Erfahrung, denn er machte einen richtig guten Job. - (an dieser Stelle, danke an Mario)

so, was soll nun mein ganzes Gefasel?

Fazit: Wir haben ein höchst stimmungsabhängiges Gerät in Händen, das immer wieder mal zu Mißstimmungen führen kann, obwohl die Stimmung eigentlich sehr gut ist.
 
Moin,

wie bereits festgestellt, gibt es eine standardisierte Kompensation nicht.
Sie ist abhängig von der Saite, der Mensur und der Saitenlage, also der Höhe der Saite zum Bund.

Warum werden die Saiten überhaupt unterschiedlich kompensiert?
Die Antwort liefert das Spannungs - Dehnungs Diagramm von Stahl:

Spannung und elastische Dehnung wachsen keineswegs linear. Während anfangs nur die Spannung steigt und die Saite kaum elastisch gedehnt wird, kehrt sich das Verhältnis bei starker Belastung um. Die Saiten einer Gitarre sind aber alle unterschiedlich belastet:

Wer ein Tremolo besitzt, kann mal folgenden Veruch machen: Spielt die hohe E-Saite an und tremolieret sie um einen Ganzton herunter. In dieser Position spielt jetzt die G-Saite an und lasst das Tremolo los. Wo war sie?
Bei meiner Lisette fällt die G-Saite um eine Quinte, wenn die E' einen Ganzton gefallen ist.

Warum? Weil die E' wesentlich mehr elastisch gereckt ist, als die dicke plain-Steel G!
Darum hängt die Kompensation einer Gitarre auch direkt mit der Länge der Mensur zusammen. Je länger die Mensur, desto geringer die Kompensation und umgekehrt.
Allerdings spielt auch die Saite vor dem Sattel und hinter der Brücke in den Faktor Elastizität und damit in die Kompensation herein.
Dass die Saitenlage damit zu tun hat, liegt auf der Hand und wurde bereits erwähnt: Je höher die Saite, desto weiter die Dehnung bis zum Bund.
Saitenhersteller bemühen sich zwar um möglich ähnliche Produkte, damit die Kunden ihr Instrument nicht nach dem Saitenwechsel einstellen lassen müssen, (was viele als Manko an der Saite betrachten würden) aber kleine Unterschiede und Ausreißer gibt es bei den umsponnenen Saiten doch gelegentlich. Dabei sei nebenbei angemerkt: Wer feststellt, dass seine Gitarre plötzlich um einen viertelton auf einer Saite falsch intoniert, hat keine kaputte Gitarre, sondern eine kaputte Saite. Immer!
Was ist eine korrekte Intonation?
Hier wird es kompliziert!
Wir reiben uns ewig zwischen den natürlichen Tönen und der temperierten Stimmung, die bis auf die Oktave alle Intervalle falsch darstellt. Vor allem Terzen kommen sehr schlecht weg. Wenn wir eine Gitarre auf bestimmte Akkorde einstimmen und dann Umkehrungen davon spielen, kann es einem schnell die Zähne ziehen! Auch die Steifheit der umsponnenen Saite in hohen Lagen, sowie der Magnetismus der Pickups macht uns das Leben schwer.
Ich benutze übrigens NIE ein Stimmgerät, um eine Gitarre einzustellen, sondern spiele bestimmte Intervalle über das gesamte Griffbrett. WAS man da einstellt, hängt auch vom Repertoire des Besitzers ab. Für jemanden, der Metal spielt, sind Terzen vollkommen egal. Hier müssen Quinten und Oktaven sauber sein! Für einen Jazzer gehe ich da anders heran und arbeite mit offenen Akkorden und oktavierten Terzen.
Aber in letzter Konsequenz können wir uns einem perfekten Ergebnis nur nähern. Anna Vidovic, die gewiss kein schlechtes Instrument spielt, stimmte neulich bei ihrem Konzert in Aachener Krönungssaal nach jedem Stück ihr Instrument – auf die neue Tonart!
 
daß z. B. die G Saite am 12. Bund eine Oktave über der G Saite als Leersaite liegt
...Betonung würde ich bei diesem Satz auf "z.B." legen.

Denn was ich noch nicht verstanden habe: warum stellt man die Oktavreinheit immer am 12. Bund ein und nicht am 5. ? Auch da hats einen Flageolettton, auf den man synchronisieren könnte. Und dort spielt sich in der Regel mehr Gegreife ab als am 12. Bund. Ergo wärs sinnvoller, wenn man in diesem Bereich weniger Herunterdrück-Abweichungen hätte.

Und nochwas: warum hat man das Problem verstärkt bei Elektrogitarren und nicht bei akustischen ?

stimmte neulich bei ihrem Konzert in Aachener Krönungssaal nach jedem Stück ihr Instrument – auf die neue Tonart!
würde ich am liebsten auch machen, wenn man mir die Zeit ließe. Notwendig wärs immer. Ein G-C-D-Stück nach einem E-A-H-Stück beispielsweise geht ohne Nachstimmen eigentlich immer in die Hose. Mit eingeschalteter Zerre hört man die Abweichungen noch deutlicher
 
schorsch27 schrieb:
daß z. B. die G Saite am 12. Bund eine Oktave über der G Saite als Leersaite liegt
...Betonung würde ich bei diesem Satz auf "z.B." legen.

Denn was ich noch nicht verstanden habe: warum stellt man die Oktavreinheit immer am 12. Bund ein und nicht am 5. ? Auch da hats einen Flageolettton, auf den man synchronisieren könnte. Und dort spielt sich in der Regel mehr Gegreife ab als am 12. Bund. Ergo wärs sinnvoller, wenn man in diesem Bereich weniger Herunterdrück-Abweichungen hätte.

Und nochwas: warum hat man das Problem verstärkt bei Elektrogitarren und nicht bei akustischen ?

stimmte neulich bei ihrem Konzert in Aachener Krönungssaal nach jedem Stück ihr Instrument – auf die neue Tonart!
würde ich am liebsten auch machen, wenn man mir die Zeit ließe. Notwendig wärs immer. Ein G-C-D-Stück nach einem E-A-H-Stück beispielsweise geht ohne Nachstimmen eigentlich immer in die Hose.

Der Flageolett an der 12 ist nur Start- und Ausgangspunkt einer ganzen Reihe von Überprüfungen. Man kann die 19 als 2. Punkt heranziehen. Da stört aber bei den dicken Saiten die Umspinnung, so dass sie etwas überhöhen (dürfen.) Flagoletts auf der 5 können nur Oktaven abbilden. Außerdem weicht die Naturtonreihe ab dem 5. Oberton z.T. sehr deutlich von der t.-Stimmung ab.
Auf der 11 (12) gegriffene Dur-Terzen in Verbindung mit der davor gespielten Leersite finde ich sehr hilfreich.
Die E-Gitarre macht aufgrund der plain-steel G-Saite und der dünneren Saiten mehr Faxen, als eine Western Gitarre. Hier kommen auch noch verdrückte Akkorde und Stratitis dazu.
Bei Nylon Saiten haben wir es mit einem sehr viel elastischeren Material zu tun, so dass die Kompensation fast vernachlässigt werden kann.
 
Flagoletts auf der 5 können nur Oktaven abbilden.
Aber wäre das denn nicht ausreichend ? Das Flageolett hat doch nach meiner bisherigen Kenntnis reine Indikatorfunktion; es soll mir zeigen: genau hier und nirgends anders muss der gegriffene Ton mit dem Flageolett harmonieren.
 
schorsch27 schrieb:
Flagoletts auf der 5 können nur Oktaven abbilden.
Aber wäre das denn nicht ausreichend ? Das Flageolett hatt doch nach meiner bisherigen Kenntnis reine Indikatorfunktion; es soll mir zeigen: genau hier und nirgends anders muss der gegriffene Ton mit dem Flageolett harmonieren.

Hallo Schorsch,

zum einen ist die Oktav für untrainierte Ohren nicht immer deutlich genug, zum anderen habe ich versucht zu erklären, dass genaue Übereinstimmungen nur GENAU diese Spielsituation sauber abbilden, eine andere aber u,U, deutlich schlechter klingen lassen.
Beispiel: Stimm die Gitarre so, dass ein D-Dur Pfadfinder Akkord eine schöne Terz abbildet.
Jetzt spiel D-Dur als Barré im 5. Bund. Das hohe A ist flat!
Du kannst nur das eine, oder das andere "richtig" haben.
Oder Du schiebst beides etwas auseinander?

Hier beginnt die Arbeit eines Klavierstimmers, oder eines erfahrenen Gitarrenbauers, der dazu kein Stimmgerät gebrauchen kann. ;-)
 
Du kannst nur das eine, oder das andere "richtig" haben.
Tja, leider. Ich geh jetzt ein bissi Fender Rhodes spielen, da muss ich nicht dauernd solche Entscheidungen treffen. :(

Danke für die aufschlussreichen Antworten, das Thema wird sich sicher bei anderer Gelegenheit vertiefen lassen, es macht mich immer wieder neugierig.
 
So ein Lineal würde es nicht bringen, weil du mit Flageolett genauer bist. Ausserdem ist die Kompensation nur bei leerer Saite exakt, sobald du irgendwo greifst, stimmt es eh nicht mehr. Die Gitarre ist demnach immer verstimmt.
Genau wäre nur eine Kompensation der Bünde für jede Saite. Für klassische Gitarren habe ich das schon mal gesehen.
Wenn man die Saiten zieht, geht nur das hier:
http://www.truetemperament.com/
 

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