Chinesische Kopien: ein Erklärungsversuch

B

Banger

Guest
Letztens lief auf Phoenix eine Dokumentation über deutsche Austauschschüler in China. Das Unterrichtssystem dort war für die deutschen Schüler (und auch für mich) recht verwirrend: Diskussionen oder sonstige Interaktion der Schüler gab es nicht; es galt, die Vorträge des Lehrers einfach stumpf mitzupinnen.
Insbesondere der Kunstunterreicht fiel mit ins Auge - und ich musste direkt an diesen Thread denken: eigenständiges Malen oder Zeichnen gab es dort nicht, die Aufgabe bestand darin, eine Vorlage pingelig genau nachzuzeichnen.

Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob dieses System an allen chinesischen Schulen angewandt wird - es wäre für mich aber eine einleuchtende Erklärung, warum in China (zumindest optisch) gerne und viel kopiert wird: man hat es in der Schule so beigebracht bekommen.

Was meint ihr?
 
Hi Banger,
ja das scheint einleuchtend. Ich war selbst einmal vor 2 Jahren im Rahmen eines berufsschulischen Projekts in Beijing und konnte mir ein Bild vom Schulsystem machen.
Meiner Ansicht nach ist tatsächlich die Schulische Erziehung (das dort ist wirklich Erziehung) auf dem Grundsatz der unterdrückten Eigeninitiative aufgebaut. Nicht zuletzt wegen des hohen Einflusses der Wirtschaft auf das Bildungssystem (wobei man nicht von Bildung sprechen kann).
Im Grunde genommen handelt es sich wirklich um stumpfes kopieren.
Da bin ich nun wirklich trotz PISA-Studie froh um unser Bildungssystem.

Liebe Grüße aus dem hoffentlich bald nicht kommunistischen Bayern ;)

Dave
 
Banger":1top2mbv schrieb:

Ein Freund ist Manager einer großen Lampenfabrik. Da hier wie überall global zusammen gearbeitet wird, werden hüben wie drüben Betriebe besichtigt. Dabei darf nicht fotografiert werden. Die chinesischen Besucher hatten darum ein paar Spezis im Gepäck, die so schnell zeichnen konnten, wie ein Epson-Drucker.

Meine Meinung: Die Betrachtung von Schönheit und Anmut war schon immer den Wohlhabenden vorbehalten.
 
Moin,

nach meiner Erinnerung unterstellt man den Chinesen, dass sie einen 7. Sinn für`s Wirtschaftliche haben. Und so denke ich, sie rechnen ganz simpel: Wie hoch sind die Entwicklungskosten? Und kann man das selbstentwickelte Objekt wirklich vermarkten? Erfolgsaussichten fraglich? Dann lieber kopieren und Geld verdienen.
 
W°°":1kzxb1b9 schrieb:
Die chinesischen Besucher hatten darum ein paar Spezis im Gepäck, die so schnell zeichnen konnten, wie ein Epson-Drucker.

Das erinnert mich an die Zeit, wo ich während der Semesterferien ein Praktikum im Briloner Trafowerk von [[Asea_Brown_Boveri|ABB]] absolvierte. Der Konzern wollte die Großtrafoproduktion nach Asien verlagern, weswegen lauter CHinesen im Werk rumrannten, die zwar nicht fotografierten, aber, wie von Dir beschrieben, skizzierten wie die Weltmeister.
Nun hatten die Angestellten vor Ort aber relativ schnell spitzgekriegt, dass die Chinesen zwar schnell und präzise zeichneten, von der Materie vor Ort aber überhaupt keine Ahnung hatten. Als Konsequenz produzierten sie Ausschuss en Masse: die Trafospulen wurden fröhlich pfeifend kreuz und quer gewickelt (und sobald sich der Zeichner aus dem Blickfeld bewegte, postwendend auf den Müll befördert), in der Teilefertigung Toleranzen sehr großzügig ausgelegt (anstatt von Löchern gab es nur noch Ovale) usw. - und die Chinesen pinnten alles fröhlich mit und bedankten sich bei den Arbeitern mit Zigarettenschachteln für die Kooperation.
Gerüchten nach lief die "Produktion" in Fernost für ca. einen Monat, bis sie aufgaben und feststellten, dass sie die Qualität einfach nicht schaffen. Das Briloner Werk brummt jedenfalls immer noch auf Hochtouren. :-D
 
W°°":1es2a38z schrieb:
Ein Freund ist Manager einer großen Lampenfabrik. Da hier wie überall global zusammen gearbeitet wird, werden hüben wie drüben Betriebe besichtigt. Dabei darf nicht fotografiert werden. Die chinesischen Besucher hatten darum ein paar Spezis im Gepäck, die so schnell zeichnen konnten, wie ein Epson-Drucker.
Ich war gestern auf der BAU-Messe in M. Hier herscht Fotographieverbot. Es sind extra Schilder am Eingang aufgestellt. Die asiatisch anmutenden Herren sind unbeeindruckt filmend und fotographierend durch die Hallen gezogen...

greetz
univalve
 

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