Einleitung
Fast jeder Gitarrist wünscht sich eine etwas lautere Elektrogitarre, um seinem Röhrenverstärker mehr Verzerrungen entlocken zu können. Zwei Wege führen hier zum Ziel: Entweder man kauft sich neue Tonabnehmer oder man setzt eine aktive Verstärkerschaltung ein.
Der Erwerb neuer Tonabnehmer ist allerdings nicht jedermanns Sache, denn hier laufen schnell Kosten bis zu 300 Euro auf. Hinzu kommt eine fast zwangsläufige Klangveränderung, denn stärkere Tonabnehmer haben in der Regel immer eine größere Induktivität und damit auch eine tiefere Resonanzfrequenz. Wer denn originalen Klang seiner "Stratocaster" behalten möchte, wird damit also eventuell nicht glücklich!
Eine elektronische Schaltung, die mit Hilfe eines Transistors oder einer integrierten Schaltung (IC) eine Verstärkung des Signals vornimmt, stellt aus technischer Sicht die beste Lösung dar, nur leider wird zum Betrieb eine Batterie benötigt, welche die Gitarristen wie der Teufel das Weihwasser fürchten. Daß die Kollegen der viersaitigen Tieftonfraktion schon seit Jahren und mit Erfolg mit aktiven Instrumenten arbeiten, scheint an ihren Mitstreitern vorbeigegangen zu sein.
Tatsächlich stellt die Batterie kein wirkliches Problem dar. Moderne Verstärkerschaltungen nehmen nur sehr geringe Ströme auf, sodaß eine handelsübliche 9 Volt-Batterie (typisch 500mAh Kapazität) leicht 400 Betriebstunden oder mehr ermöglicht.
Neben der aktiven Lösung gibt es jedoch noch eine weitere Möglichkeit: Der Einsatz eines Transformators, auch Übertrager genannt.
1. Grundlagen
Ein Transformator besteht aus mindestens zwei Spulen, die induktiv gekoppelt sind. Typische Anwendungen sind Netzteile in der Energieversorgung und Übertrager in der Signalverarbeitung. Aufgrund der mechanischen Größe und der schlechten elektrischen Eigenschaften, wie Linearität und Sättigungsverluste, werden Übertrager allerdings nur noch selten im Audiobereich eingesetzt. Der Ausgangsübertrager eines Röhrenverstärkers ist hier eine der wenigen Anwendungen.
Bild 1: Das elektrische Symbol eines Transformators
Grundsätzlich ist ein Transformator in der Lage Wechselspannungen und -ströme auf größere oder kleinere Werte zu transformieren. Eine wichtige Größe ist dabei das sogenannte Übersetzungsverhältnis ü, welches das Verhältnis der Windungszahlen von Primär- und Sekundärwicklung (N1, N2) darstellt. Er verknüpft ebenfalls Ströme und Spannungen.
Formel 1: Die Grundgleichungen des unbelasteten Transformators
Daraus läßt sich jetzt ein Satz von Gleichungen entwickeln:
Formel 2: Bestimmungsgleichungen für die Primärgrößen des unbelasteten Transformators
Man erkennt daraus, daß es durchaus möglich ist, die Spannung einer Elektrogitarre mit Hilfe einers Transformators quasi zu "verstärken". Allerdings wird der Strom dann im gleichen Verhältnis reduziert, was aufgrund der hochohmigen Eingänge von Effektgeräten und Instrumentenverstärker allerdings nicht zwingend zu einem Problem führt.
Wo Licht ist, ist leider auch immer Schatten und so beschert uns der Trafo auch ein kleines Problem: Da er Spannungen und Ströme transformiert, werden auch die Widerstände und ganz allgemein die Impedanzen transformiert. Diese Eigenschaft müssen wir beim Einsatz eines Übertragers also berücksichtigen.
So ungewöhnlich wie manch einer glauben mag, ist ein Trafo in der E-Gitarre indes nicht. In der "Les Paul Recording" wurde beispielsweise ein Übertrager verwendet:
Bild 2: Die "Les Paul Recording" von Gibson aus dem Jahre 1971
Hier ging es hauptsächlich darum, die niederohmigen Tonabnehmer an die hochohmigen Verstärkereingänge anzupassen.
2. Anwendung
Kommen wir nun zur Anwendung des Transformators. Zu diesem Zweck denken wir uns eine Elektrogitarre mit nur einem Single-Coil-Tonabnehmer, Tonblende und Lautstärkeeinsteller, die normalerweise über ein Kabel mit der Kapazität CK mit einem Verstärker verbunden ist. Der Eingang des Verstärkers wird durch den Eingangswiderstand Rin modelliert, wie im folgenden Bild gezeigt:
Bild 3: Die Schaltung einer Elektrogitarre mit Übertrager
Unseren Transformator bauen wir jetzt zwischen Kabel und Volume-Poti ein. Den Trafo selber betreiben wir quasi "rückwärts". Das heißt, wir benutzen die Sekundärwicklung als Eingang. Jetzt nehmen wir an, unser Transformator, oder besser gesagt Übertrager, hätte ein Übersetzungsverhältnis von 2. Dann würde am "Ausgang", also am Eingang des Verstärkers, eine doppelt so große Spannung entstehen. Damit hätten wir unser Ziel also schon erreicht. Hurra!
So schnell sollten wir uns allerdings nicht zurücklehnen, denn der Übertrager transformiert ja auch Impedanzen und da ist ja noch die Kabelkapazität CK und der Widerstand Rin. Was geschieht mit ihnen? Wenn man die Gleichungen aus Formel 2 geeignet umstellt, erhält man das folgende Ergebnis:
Formel 3: Transformierte Größen
Wir erkennen drei Dinge:
Sehen wir uns einmal an, wie sich das ganze auf einen Stratocastertonabnehmer auswirkt. Hier die elektrischen Daten:
Ls=2.2H, Cs=110pF, Rs=5.7kOhm, PT=250kOhm, CT=22nF, RT=0Ohm, PV=250kOhm, CK=700pF, Rin=1MOhm
Mit diesen Werten erhalten wir eine Resonanzfrequenz von 2,562kHz mit einer Spitze von 5,45dB, was einer Güte von 1,83 entspricht. Jetzt rechnen wir mit unserem Übertrager mit einem angenommenen ü=2. Damit wird Rin'=1MOhm/4=250kOhm und CK'=4*700pF=2,8nF. Das führt zum Ergebnis 1,910kHz/5,80dB mit einer Güte von 1,91.
Sehen wir uns nun die resultierenden Amplitudengänge im Vergleich an:
Bild 4: Amplitudengänge eines Strat-Pickup ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Zunächst fällt die Verschiebung der Resonanzfrequenz auf. Durch den Transformator liegt der Tonabnehmer jetzt im Bereich eines PAF. Es klingt also nicht mehr metallisch, wie man es von einer "Stratocaster" gewohnt ist, sondern sehr weich. Eine Verringerung der Resonanz ist nicht wirklich vorhanden. Dafür gibt es zwei Gründe:
Verringert man die Lautstärke an der Gitarre, so ist der bekannte "Höhenklau" zu bemerken, der sogar etwas deutlicher ausfällt, was der vergrößerten kapazitiven Last zuzuschreiben ist.
Was der Strat recht ist, ist für die Paula natürlich nur billig. Ersetzen wir also den Single-Coil durch einen Gibson P-490 nebst 500kOhm-Potis und sehen dann wieder die Simulation an. Hier zunächst die Werte:
Ls=3.8H, Cs=130pF, Rs=7.5kOhm, PT=500kOhm, CT=22nF, RT=0Ohm, PV=500kOhm, CK=700pF, Rin=1MOhm
Ohne Übertrager ergibt sich eine Resonanz von 2,742kHz/7,2dB. Die Güte beträgt dann 2,24. Mit dem Trafo rutscht die Resonanz auf 1,459kHz/6,67dB. Die Güte ist dann 2,02.
Bild 5: Amplitudengänge eines P-490 ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Es ist zu erkennen, daß der P-490 mit dem Übertrager schon fast den "dumpfen" Bereich erreicht hat. Es gibt nur wenige Humbucker, die unter normalen Bedingungen in diesem Bereich arbeiten. Selbst die "weiche" PAFs haben eine um 200Hz höhere Resonanzfrequenz.
3. Die Suche nach dem richtigen Transformator
Nachdem klar geworden ist, daß man einen Trafo als "passiven Verstärker" einsetzen kann, stellt sich jetzt die Frage, welchen Trafo man nehmen soll. Sehen wir uns also einmal ein paar Eigenschaften an, die besonders für die Signalübertragung wichtig sind:
Jeder Transformator induziert im Kern Wirbelströme, die grundsätzlich als Verluste aufzufassen sind. Diese steigen mit zunehmender Frequenz an. In Transformatoren zur Leistungsübertragung ist dann eine Erwärmung die Folge, die bei einer Überlastung sogar zur Zerstörung des Trafos führen kann. Um die Wirbelströme zu reduzieren, wird der Kern aus vielen dünnen Blechen oder metallischen Bändern aufgebaut, die darüber hinaus elektrisch voneinander isoliert sind. Übertrager im Kleinsignal- und Hochfrequenzbereich sind häufig mit Ferritkernen ausgestattet. Damit erhält man eine starke Dämpfung der Wirbelströme und große Induktivitäten bei kleiner Bauform.
Wie beim elektromagnetischen Tonabnehmer findet man auch in einem Trafo eine sogenannte Wicklungskapazität. Sie hat eine Bandbegrenzung zur Folge. Es gibt also eine obere Grenzfrequenz ab der die Übertragung stark gedämpft wird. Die Höhe der Wicklungskapazität hängt ganz entscheidend vom Aufbau der Wicklungen ab. Verschachtelte Wicklungen führen eindeutig zu geringeren Kapazitäten.
Die Induktion, und damit die magnetische Belastung des Kerns, nimmt mit fallender Frequenz zu. Das führt bei Leistungsübertragern zu großen mechanischen Kerngrößen. Du untere Grenzfrequenz eines Übertragers wird also von der Größe des Kerns und dessen Material bestimmt.
Um die magnetische Belastung zu verringern kann man auch eine größere Windungszahl vorsehen, die dann allerdings einen größeren ohmschen Widerstand zur Folge hat. In der Elektrogitarre wirkt dieser Widerstand als Dämpfung der Güte.
Man erkennt schon aus diesen paar Zeilen, daß es gar nicht so leicht ist, einen guten Übertrager zu bauen. Damit dürfte auch klar geworden sein, daß man mit einem Netztransformator nicht so recht glücklich werden wird, selbst wenn man die mechanische Größe einmal vernachlässigt. Die Industrie bietet jedoch sogenannte Niederfrequenz-Miniatur-Übertrager an, die für zwei bis 5 Euro in jedem Elektronik-Versand erhältlich sind. Sie sind für die Anwendung in der Elektrogitarre meistens brauchbar, da hier lediglich ein Frequenzbereich von 60Hz bis 10kHz übertragen werden muß.
Bild 6: Niederfrequenz-Miniatur-Übertrager
Diese Übertrager werden mit verschiedenen Übersetzungsverhältnissen angeboten. Üblich sind Werte von 1:1 bis 1:10. Bei der Auswahl sollte man auf zwei Dinge achten:
4. So macht man Geschäfte...
Das ein Trafo als Verstärker taugt haben natürlich auch die Leute mit einem Richer für ein gutes Geschäft erfahren und so findet man den einen oder anderen Hersteller, der sogenannte "Passive Mid-Range Booster" den batteriescheuen Gitarristen anbieten.
Man muß beim Anblick eines solchen Gerätes, hier vom amerikanischen Hersteller Villex, wahrlich kein Hellseher sein, um zu erraten, was sich wohl in der schwarzen Kiste befindet.
Bild 7: "Passive Mid-Range Booster" von Villex
Buchsenblech, Buchse, Minischalter, Übertrager und Gehäuse gehen für einen sagenhaften Preis von nur $112, mithin fast 79 Euro, über den Tisch. Allein der Schalter muß schon etwas besonderes sein, denn eine weitere Variante, die nur einen Übertrager beinhaltet, schlägt immerhin noch mit $64 (45 Euro) zu Buche.
Natürlich kann man dieses Prinzip auch noch erweitern, indem man den Übertrager mit Anzapfungen versieht. Zusammen mit einem geeigneten Drehschalter lassen sich dann verschiedene "Verstärkungen" realisieren.
5. Selfmade Passive Mid-Range Booster
Wer ein wenig sparen möchte, der kann sich einen solchen Booster mit wenigen Mitteln und zu einem geringen Preis selber bauen. Man benötigt einen geeigneten NF-Übertrager, der bei Conrad, Reichelt oder auch beim Musik-Ding für ein paar Euro zu erwerben ist. Bei der Bestellung vergißt man am besten nicht den zweipoligen Umschalter (DPDT mit Schaltfolge ON/ON). Dann geht man nach dem folgenden Schaltbild vor:
Bild 8: Amplitudengänge eines Strat-Pickup ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Das ganze läßt sich ohne große Probleme in den meisten Elektrogitarren unterbringen.
6. Passiver und aktiver Booster im Vergleich
Stellen wir zum Schluß einmal die Eigenschaften der beiden Booster gegenüber:
Der passive Booster hat immer eine Klangveränderung zur Folge. Die Resonanzfrequenz wird dabei verringert. Der Klangunterschied ist umso größer, je größer die Verstärkung gewählt wird. Für die Anwendung sind Tonabnehmer mit hoher Resonanzfrequenz, wie zum Beispiel die Single-Coils von Fender zu bevorzugen. Bei einer Kombination mit Humbuckern wird der Klang schnell zu mittig.
Beim aktiven Booster tritt, ein geeigneter Vorlastkondensator zur Simulation der Kabelkapazität vorrausgesetzt, keine Klangveränderung auf. Strat bleibt also Strat. Das Konzept läßt sich mit allen passiven Tonabnehmern kombinieren. Die mögliche Verstärkung läßt sich in weiten Bereichen variieren und wird nur durch die zur Verfügung stehende Betriebsspannung begrenzt.
Durch den Einsatz eine Übertragers bleibt die Abhängigkeit von der Kabelkapazität. Sie wird sogar noch stärker. Eine aktive Schaltung entkoppelt Instrument und Verstärker, sodas fast beliebige Kabellängen verwendet werden können.
Jede aktive Schaltung benötigt eine Batterie als Energiequelle. Darüber hinaus wird immer ein gewisses Maß an Rauschen erzeugt. Der passive Booster enthält den gebeutelten Gitarristen beides vor, die allein aus diesem Grund aufatmen können.
Wer seine "Stratocaster" mit teuren koaxialen Humbuckern ausgerüstet hat, um das leidige Brummen loszuwerden, kommt mit dem Übertrager unter Umständen vom Regen in die Traufe, denn natürlich kann so ein Trafo auch magnetische Streufelder einfangen. Hier hilft dann nur eine teure Abschirmung mit Mu-Metall.
Eine aktive Schaltung stellt das Signal immer niederohmig zur Verfügung. Die Innenwiderstände betragen typisch ein paar Kiloohm. Verwendet man eine geeignete Schaltung am Ausgang, so sind sogar wesentlich kleinere Ausgangswiderstände möglich. Somit kann man fast beliebig lange Kabel anschließen, ohne klangliche Verluste befürchten zu müssen. Darüber hinaus sinkt die Störempfindlichkeit beträchtlich.
Der Übertrager geht hier genau in die entgegengesetzte Richtung. Er macht die Gitarre noch hochohmiger, was eigentlich ein Schritt in die falsche Richtung ist!
Fazit
Einen NF-Übertrager als passiven Verstärker zu nutzen ist eine interessante Alternative zu den aktiven Konzepten, die sich mit wenig Geld und Aufwand realisieren läßt. Wenn einen die entstehende Klangveränderung nicht stört und die Verstärkung nicht zu groß sein muß, kann man auch ohne Batterie glücklich werden. Ein Allheilmittel ist der Übertrager jedoch nicht, denn er ist nur innerhalb enger Grenzen (Verstärkung kleiner als 2 oder 3, Tonabnehmer mit geringer Induktivität, geringe Kabelkapazität) sinnvoll einzusetzen.
Die aktive Schaltung ist aus technischer Sicht eindeutig die bessere Lösung. Wer zum Beispiel den Einfluß des Kabels ausschalten möchte, der kommt um einen aktiven Impedanzwandler nicht umhin. Im Gegensatz zum Übertrager läßt sich eine aktive Schaltung in weiten Bereichen einsetzen. Darüber hinaus lassen sich Eigenschaften realisieren (hohe Verstärkung und kleiner Ausgangswiderstand), die der Übertrager prinzipbedingt ausschließt.
(Eine aktuelle und vollständige Version dieses Beitrages ist in der Knowledgebase der Guitar-Letter zu finden.)
Ulf
Fast jeder Gitarrist wünscht sich eine etwas lautere Elektrogitarre, um seinem Röhrenverstärker mehr Verzerrungen entlocken zu können. Zwei Wege führen hier zum Ziel: Entweder man kauft sich neue Tonabnehmer oder man setzt eine aktive Verstärkerschaltung ein.
Der Erwerb neuer Tonabnehmer ist allerdings nicht jedermanns Sache, denn hier laufen schnell Kosten bis zu 300 Euro auf. Hinzu kommt eine fast zwangsläufige Klangveränderung, denn stärkere Tonabnehmer haben in der Regel immer eine größere Induktivität und damit auch eine tiefere Resonanzfrequenz. Wer denn originalen Klang seiner "Stratocaster" behalten möchte, wird damit also eventuell nicht glücklich!
Eine elektronische Schaltung, die mit Hilfe eines Transistors oder einer integrierten Schaltung (IC) eine Verstärkung des Signals vornimmt, stellt aus technischer Sicht die beste Lösung dar, nur leider wird zum Betrieb eine Batterie benötigt, welche die Gitarristen wie der Teufel das Weihwasser fürchten. Daß die Kollegen der viersaitigen Tieftonfraktion schon seit Jahren und mit Erfolg mit aktiven Instrumenten arbeiten, scheint an ihren Mitstreitern vorbeigegangen zu sein.
Tatsächlich stellt die Batterie kein wirkliches Problem dar. Moderne Verstärkerschaltungen nehmen nur sehr geringe Ströme auf, sodaß eine handelsübliche 9 Volt-Batterie (typisch 500mAh Kapazität) leicht 400 Betriebstunden oder mehr ermöglicht.
Neben der aktiven Lösung gibt es jedoch noch eine weitere Möglichkeit: Der Einsatz eines Transformators, auch Übertrager genannt.
1. Grundlagen
Ein Transformator besteht aus mindestens zwei Spulen, die induktiv gekoppelt sind. Typische Anwendungen sind Netzteile in der Energieversorgung und Übertrager in der Signalverarbeitung. Aufgrund der mechanischen Größe und der schlechten elektrischen Eigenschaften, wie Linearität und Sättigungsverluste, werden Übertrager allerdings nur noch selten im Audiobereich eingesetzt. Der Ausgangsübertrager eines Röhrenverstärkers ist hier eine der wenigen Anwendungen.
Bild 1: Das elektrische Symbol eines Transformators
Grundsätzlich ist ein Transformator in der Lage Wechselspannungen und -ströme auf größere oder kleinere Werte zu transformieren. Eine wichtige Größe ist dabei das sogenannte Übersetzungsverhältnis ü, welches das Verhältnis der Windungszahlen von Primär- und Sekundärwicklung (N1, N2) darstellt. Er verknüpft ebenfalls Ströme und Spannungen.
Formel 1: Die Grundgleichungen des unbelasteten Transformators
Daraus läßt sich jetzt ein Satz von Gleichungen entwickeln:
Formel 2: Bestimmungsgleichungen für die Primärgrößen des unbelasteten Transformators
Man erkennt daraus, daß es durchaus möglich ist, die Spannung einer Elektrogitarre mit Hilfe einers Transformators quasi zu "verstärken". Allerdings wird der Strom dann im gleichen Verhältnis reduziert, was aufgrund der hochohmigen Eingänge von Effektgeräten und Instrumentenverstärker allerdings nicht zwingend zu einem Problem führt.
Wo Licht ist, ist leider auch immer Schatten und so beschert uns der Trafo auch ein kleines Problem: Da er Spannungen und Ströme transformiert, werden auch die Widerstände und ganz allgemein die Impedanzen transformiert. Diese Eigenschaft müssen wir beim Einsatz eines Übertragers also berücksichtigen.
So ungewöhnlich wie manch einer glauben mag, ist ein Trafo in der E-Gitarre indes nicht. In der "Les Paul Recording" wurde beispielsweise ein Übertrager verwendet:
Bild 2: Die "Les Paul Recording" von Gibson aus dem Jahre 1971
Hier ging es hauptsächlich darum, die niederohmigen Tonabnehmer an die hochohmigen Verstärkereingänge anzupassen.
2. Anwendung
Kommen wir nun zur Anwendung des Transformators. Zu diesem Zweck denken wir uns eine Elektrogitarre mit nur einem Single-Coil-Tonabnehmer, Tonblende und Lautstärkeeinsteller, die normalerweise über ein Kabel mit der Kapazität CK mit einem Verstärker verbunden ist. Der Eingang des Verstärkers wird durch den Eingangswiderstand Rin modelliert, wie im folgenden Bild gezeigt:
Bild 3: Die Schaltung einer Elektrogitarre mit Übertrager
Unseren Transformator bauen wir jetzt zwischen Kabel und Volume-Poti ein. Den Trafo selber betreiben wir quasi "rückwärts". Das heißt, wir benutzen die Sekundärwicklung als Eingang. Jetzt nehmen wir an, unser Transformator, oder besser gesagt Übertrager, hätte ein Übersetzungsverhältnis von 2. Dann würde am "Ausgang", also am Eingang des Verstärkers, eine doppelt so große Spannung entstehen. Damit hätten wir unser Ziel also schon erreicht. Hurra!
So schnell sollten wir uns allerdings nicht zurücklehnen, denn der Übertrager transformiert ja auch Impedanzen und da ist ja noch die Kabelkapazität CK und der Widerstand Rin. Was geschieht mit ihnen? Wenn man die Gleichungen aus Formel 2 geeignet umstellt, erhält man das folgende Ergebnis:
Formel 3: Transformierte Größen
Wir erkennen drei Dinge:
- Die Ausgangsspannung wird um den Faktor ü verstärkt.
- Der Eingangswiderstand des Verstärkers wird, aus Sicht der Gitarre, stark verringert. Für ü=2 wird Rin also geviertelt.
- Die Kabelkapazität wird stark vergrößert. Für ü=2 wird CK vervierfacht.
Sehen wir uns einmal an, wie sich das ganze auf einen Stratocastertonabnehmer auswirkt. Hier die elektrischen Daten:
Ls=2.2H, Cs=110pF, Rs=5.7kOhm, PT=250kOhm, CT=22nF, RT=0Ohm, PV=250kOhm, CK=700pF, Rin=1MOhm
Mit diesen Werten erhalten wir eine Resonanzfrequenz von 2,562kHz mit einer Spitze von 5,45dB, was einer Güte von 1,83 entspricht. Jetzt rechnen wir mit unserem Übertrager mit einem angenommenen ü=2. Damit wird Rin'=1MOhm/4=250kOhm und CK'=4*700pF=2,8nF. Das führt zum Ergebnis 1,910kHz/5,80dB mit einer Güte von 1,91.
Sehen wir uns nun die resultierenden Amplitudengänge im Vergleich an:
Bild 4: Amplitudengänge eines Strat-Pickup ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Zunächst fällt die Verschiebung der Resonanzfrequenz auf. Durch den Transformator liegt der Tonabnehmer jetzt im Bereich eines PAF. Es klingt also nicht mehr metallisch, wie man es von einer "Stratocaster" gewohnt ist, sondern sehr weich. Eine Verringerung der Resonanz ist nicht wirklich vorhanden. Dafür gibt es zwei Gründe:
- Die ohmsche Belastung ist durch die beiden Potentiometer mit 125kOhm schon sehr gering, sodas die Verringerung des Eingangswiderstandes keine so große Rolle mehr spielt.
- Die Güte eines Tonabnehmers ist von der Resonanzfrequenz abhängig. Dabei gibt es eine besondere Resonanzfrequenz, bei der die Güte maximal wird. Die meisten Tonabnehmer liegen mit ihrer nominellen Last oberhalb dieser Frequenz, sodas eine Verringerung der Resonanzfrequenz zunächst zu einer Erhöhung der Güte führt. Details dazu sind in Kapitel 3.2.4 im neuen Guitar-Letter II zu finden.
Verringert man die Lautstärke an der Gitarre, so ist der bekannte "Höhenklau" zu bemerken, der sogar etwas deutlicher ausfällt, was der vergrößerten kapazitiven Last zuzuschreiben ist.
Was der Strat recht ist, ist für die Paula natürlich nur billig. Ersetzen wir also den Single-Coil durch einen Gibson P-490 nebst 500kOhm-Potis und sehen dann wieder die Simulation an. Hier zunächst die Werte:
Ls=3.8H, Cs=130pF, Rs=7.5kOhm, PT=500kOhm, CT=22nF, RT=0Ohm, PV=500kOhm, CK=700pF, Rin=1MOhm
Ohne Übertrager ergibt sich eine Resonanz von 2,742kHz/7,2dB. Die Güte beträgt dann 2,24. Mit dem Trafo rutscht die Resonanz auf 1,459kHz/6,67dB. Die Güte ist dann 2,02.
Bild 5: Amplitudengänge eines P-490 ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Es ist zu erkennen, daß der P-490 mit dem Übertrager schon fast den "dumpfen" Bereich erreicht hat. Es gibt nur wenige Humbucker, die unter normalen Bedingungen in diesem Bereich arbeiten. Selbst die "weiche" PAFs haben eine um 200Hz höhere Resonanzfrequenz.
3. Die Suche nach dem richtigen Transformator
Nachdem klar geworden ist, daß man einen Trafo als "passiven Verstärker" einsetzen kann, stellt sich jetzt die Frage, welchen Trafo man nehmen soll. Sehen wir uns also einmal ein paar Eigenschaften an, die besonders für die Signalübertragung wichtig sind:
Jeder Transformator induziert im Kern Wirbelströme, die grundsätzlich als Verluste aufzufassen sind. Diese steigen mit zunehmender Frequenz an. In Transformatoren zur Leistungsübertragung ist dann eine Erwärmung die Folge, die bei einer Überlastung sogar zur Zerstörung des Trafos führen kann. Um die Wirbelströme zu reduzieren, wird der Kern aus vielen dünnen Blechen oder metallischen Bändern aufgebaut, die darüber hinaus elektrisch voneinander isoliert sind. Übertrager im Kleinsignal- und Hochfrequenzbereich sind häufig mit Ferritkernen ausgestattet. Damit erhält man eine starke Dämpfung der Wirbelströme und große Induktivitäten bei kleiner Bauform.
Wie beim elektromagnetischen Tonabnehmer findet man auch in einem Trafo eine sogenannte Wicklungskapazität. Sie hat eine Bandbegrenzung zur Folge. Es gibt also eine obere Grenzfrequenz ab der die Übertragung stark gedämpft wird. Die Höhe der Wicklungskapazität hängt ganz entscheidend vom Aufbau der Wicklungen ab. Verschachtelte Wicklungen führen eindeutig zu geringeren Kapazitäten.
Die Induktion, und damit die magnetische Belastung des Kerns, nimmt mit fallender Frequenz zu. Das führt bei Leistungsübertragern zu großen mechanischen Kerngrößen. Du untere Grenzfrequenz eines Übertragers wird also von der Größe des Kerns und dessen Material bestimmt.
Um die magnetische Belastung zu verringern kann man auch eine größere Windungszahl vorsehen, die dann allerdings einen größeren ohmschen Widerstand zur Folge hat. In der Elektrogitarre wirkt dieser Widerstand als Dämpfung der Güte.
Man erkennt schon aus diesen paar Zeilen, daß es gar nicht so leicht ist, einen guten Übertrager zu bauen. Damit dürfte auch klar geworden sein, daß man mit einem Netztransformator nicht so recht glücklich werden wird, selbst wenn man die mechanische Größe einmal vernachlässigt. Die Industrie bietet jedoch sogenannte Niederfrequenz-Miniatur-Übertrager an, die für zwei bis 5 Euro in jedem Elektronik-Versand erhältlich sind. Sie sind für die Anwendung in der Elektrogitarre meistens brauchbar, da hier lediglich ein Frequenzbereich von 60Hz bis 10kHz übertragen werden muß.
Bild 6: Niederfrequenz-Miniatur-Übertrager
Diese Übertrager werden mit verschiedenen Übersetzungsverhältnissen angeboten. Üblich sind Werte von 1:1 bis 1:10. Bei der Auswahl sollte man auf zwei Dinge achten:
- Das Übersetzungsverhältnis darf nicht zu groß sein, sonst sinkt die Resonanz zu weit ab und es klingt nur noch dumpf. Ein Faktor von 2 oder maximal 2,5 ist mehr als genug.
- Die Widerstände sollten möglichst klein sein, damit die Güte des Tonabnehmers nicht unnötig bedämpft wird.
4. So macht man Geschäfte...
Das ein Trafo als Verstärker taugt haben natürlich auch die Leute mit einem Richer für ein gutes Geschäft erfahren und so findet man den einen oder anderen Hersteller, der sogenannte "Passive Mid-Range Booster" den batteriescheuen Gitarristen anbieten.
Man muß beim Anblick eines solchen Gerätes, hier vom amerikanischen Hersteller Villex, wahrlich kein Hellseher sein, um zu erraten, was sich wohl in der schwarzen Kiste befindet.
Bild 7: "Passive Mid-Range Booster" von Villex
Buchsenblech, Buchse, Minischalter, Übertrager und Gehäuse gehen für einen sagenhaften Preis von nur $112, mithin fast 79 Euro, über den Tisch. Allein der Schalter muß schon etwas besonderes sein, denn eine weitere Variante, die nur einen Übertrager beinhaltet, schlägt immerhin noch mit $64 (45 Euro) zu Buche.
Natürlich kann man dieses Prinzip auch noch erweitern, indem man den Übertrager mit Anzapfungen versieht. Zusammen mit einem geeigneten Drehschalter lassen sich dann verschiedene "Verstärkungen" realisieren.
5. Selfmade Passive Mid-Range Booster
Wer ein wenig sparen möchte, der kann sich einen solchen Booster mit wenigen Mitteln und zu einem geringen Preis selber bauen. Man benötigt einen geeigneten NF-Übertrager, der bei Conrad, Reichelt oder auch beim Musik-Ding für ein paar Euro zu erwerben ist. Bei der Bestellung vergißt man am besten nicht den zweipoligen Umschalter (DPDT mit Schaltfolge ON/ON). Dann geht man nach dem folgenden Schaltbild vor:
Bild 8: Amplitudengänge eines Strat-Pickup ohne (blau) und mit Trafo (rot)
Das ganze läßt sich ohne große Probleme in den meisten Elektrogitarren unterbringen.
6. Passiver und aktiver Booster im Vergleich
Stellen wir zum Schluß einmal die Eigenschaften der beiden Booster gegenüber:
Der passive Booster hat immer eine Klangveränderung zur Folge. Die Resonanzfrequenz wird dabei verringert. Der Klangunterschied ist umso größer, je größer die Verstärkung gewählt wird. Für die Anwendung sind Tonabnehmer mit hoher Resonanzfrequenz, wie zum Beispiel die Single-Coils von Fender zu bevorzugen. Bei einer Kombination mit Humbuckern wird der Klang schnell zu mittig.
Beim aktiven Booster tritt, ein geeigneter Vorlastkondensator zur Simulation der Kabelkapazität vorrausgesetzt, keine Klangveränderung auf. Strat bleibt also Strat. Das Konzept läßt sich mit allen passiven Tonabnehmern kombinieren. Die mögliche Verstärkung läßt sich in weiten Bereichen variieren und wird nur durch die zur Verfügung stehende Betriebsspannung begrenzt.
Durch den Einsatz eine Übertragers bleibt die Abhängigkeit von der Kabelkapazität. Sie wird sogar noch stärker. Eine aktive Schaltung entkoppelt Instrument und Verstärker, sodas fast beliebige Kabellängen verwendet werden können.
Jede aktive Schaltung benötigt eine Batterie als Energiequelle. Darüber hinaus wird immer ein gewisses Maß an Rauschen erzeugt. Der passive Booster enthält den gebeutelten Gitarristen beides vor, die allein aus diesem Grund aufatmen können.
Wer seine "Stratocaster" mit teuren koaxialen Humbuckern ausgerüstet hat, um das leidige Brummen loszuwerden, kommt mit dem Übertrager unter Umständen vom Regen in die Traufe, denn natürlich kann so ein Trafo auch magnetische Streufelder einfangen. Hier hilft dann nur eine teure Abschirmung mit Mu-Metall.
Eine aktive Schaltung stellt das Signal immer niederohmig zur Verfügung. Die Innenwiderstände betragen typisch ein paar Kiloohm. Verwendet man eine geeignete Schaltung am Ausgang, so sind sogar wesentlich kleinere Ausgangswiderstände möglich. Somit kann man fast beliebig lange Kabel anschließen, ohne klangliche Verluste befürchten zu müssen. Darüber hinaus sinkt die Störempfindlichkeit beträchtlich.
Der Übertrager geht hier genau in die entgegengesetzte Richtung. Er macht die Gitarre noch hochohmiger, was eigentlich ein Schritt in die falsche Richtung ist!
Fazit
Einen NF-Übertrager als passiven Verstärker zu nutzen ist eine interessante Alternative zu den aktiven Konzepten, die sich mit wenig Geld und Aufwand realisieren läßt. Wenn einen die entstehende Klangveränderung nicht stört und die Verstärkung nicht zu groß sein muß, kann man auch ohne Batterie glücklich werden. Ein Allheilmittel ist der Übertrager jedoch nicht, denn er ist nur innerhalb enger Grenzen (Verstärkung kleiner als 2 oder 3, Tonabnehmer mit geringer Induktivität, geringe Kabelkapazität) sinnvoll einzusetzen.
Die aktive Schaltung ist aus technischer Sicht eindeutig die bessere Lösung. Wer zum Beispiel den Einfluß des Kabels ausschalten möchte, der kommt um einen aktiven Impedanzwandler nicht umhin. Im Gegensatz zum Übertrager läßt sich eine aktive Schaltung in weiten Bereichen einsetzen. Darüber hinaus lassen sich Eigenschaften realisieren (hohe Verstärkung und kleiner Ausgangswiderstand), die der Übertrager prinzipbedingt ausschließt.
(Eine aktuelle und vollständige Version dieses Beitrages ist in der Knowledgebase der Guitar-Letter zu finden.)
Ulf