Der Impedanzwandler im praktischen Einsatz

DerOnkel

Power-User
26 Nov 2004
294
16
Ellerau
Der Impedanzwandler im praktischen Einsatz

(Der vollstÀndige und stets aktuelle Artikel ist ebenfalls in der Knowledge Database der Guitar-Letters zu finden.)

Einleitung

Wer sich mit dem Thema Gitarrenelektronik beschĂ€ftigt, der wird frĂŒher oder spĂ€ter auch mit dem Impedanzwandler konfrontiert werden. Daß diese aktive Baugruppe von vielen Gitarristen abgelehnt oder zumindest skeptisch beurteilt wird, liegt eindeutig an dem weit verbreiteten Vorurteil, daß Transistoren ja angeblich schlecht "klingen" wĂŒrden. Sieht man sich einmal die Reviews zu den Impedanzwandlern der SB-1-Serie an, wird deutlich, daß das nicht so sein muß!

Bei den Guitar-Letters wurde der Impedanzwandler schon in den Artikeln "Impedanzwandler fĂŒr die Elektrogitarre" und "Der Einsatz eines Impedanzwandlers in der Elektrogitarre" behandelt. In diesem weiteren Artikel soll es nun um die konkrete Auswirkung des Impedanzwandlers im praktischen Einsatz gehen. Wie wirkt sich der Impedanzwandler aus, wie verĂ€ndert sich das Übertragungsverhalten und die Einstellbarkeit der Bedienelemente? Das sind die Fragen, die im weiteren Verlauf am Beispiel einer Stratocaster dargestellt werden sollen.

Aber wie kann man die praktischen Auswirkungen einer elektronischen Schaltung im schriftlicher Form darlegen? Antwort: Man macht es theopraktisch! Das Hilfsmittel dazu lautet: Simulation. Im Laufe der letzten Jahre habe ich einen wohl einmaligen Simulator entwickelt, der unter anderem das Übertragungsverhalten der verschiedenen Gitarrenelektroniken darstellen kann. Aus der Praxis weiß ich, daß die Ergebnisse einer solchen Simulation sich mit den praktischen HöreindrĂŒcken decken. Also kommt dieser Simulator, er heißt ĂŒbrigens GiSi, auch in diesem Fall zum Einsatz.

[img:617x339]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/GiSi2.0.jpg[/img]
Abbildung 1: Ein Blick auf GiSi

Wer simuliert, der muß auch sagen unter welchen Bedingungen die Simulation stattgefunden hat. Also, welche Schaltung und welche elektrischen Daten sind das mindeste. Besser noch wĂ€re auch eine Aussage ĂŒber das verwendete elektrische Modell der Schaltung. Also geht es zunĂ€chst um die Definition der Simulationen und anschließend um die einzelnen Simulationen und deren Ergebnisse. Los geht es...

1. Futter fĂŒr den Simulanten

Simulationen fĂŒr elektronische Schaltungen gibt es eine ganze Menge. Die wohl bekannteste ist Spice, die fĂŒr diesen Fall - zumindest zum Teil - auch angewendet werden könnte. Aber egal, welchen Simulator man verwendet, muß zunĂ€chst geklĂ€rt werden, welche Schaltung oder welches Modell es zu simulieren gilt und welche Parameter zu simulieren sind.

1.1 Die Simulationsmodelle

Sehen wir uns zunÀchst die elektrische Ersatzschaltung der zu simulierenden Gitarrenelektronik an:

[img:426x152]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/SCM_StratPassiv.gif[/img]
Abbildung 2: Die Standardbeschaltung eines Tonabnehmers mit Tonblende, Volume und externer Belastung

In der Ersatzschaltung wird der magnetischen Tonabnehmer durch die Spannungsquelle U0, die SpuleninduktivitĂ€t Ls, den Gleichstromwiderstand Rs und die WicklungskapazitĂ€t Cs modelliert. Diese Bestandteile wurden, der besseren Übersichtlichkeit halber, in Blau dargestellt.

Die Tonblende (engl. Tone) wird durch die Bauelemente PT, RT und CT reprĂ€sentiert, wobei RT in den meisten Schaltungen einen Wert von 0 hat und darum weggelassen wird. Die LautstĂ€rkeeinstellung (engl. Volume) besteht aus dem als Spannungsteiler geschalteten Potentiometer PV. Beide Schaltungsteile wurden in GrĂŒn dargestellt.

Die externe Belastung wird durch die KabelkapazitÀt CK, den Eingangswiderstand des VerstÀrkers Rin und seiner EingangskapazitÀt Cin gebildet.

Mit dieser passiven Ersatzschaltung lĂ€ĂŸt sich das elektrische Übertragungsverhalten fast jede Elektrogitarre beschreiben. Das Übertragungsverhalten selber ist der Quotient aus den Spannungen Uout und U0. Aus ihm wird durch Betragsbildung der sogenannte Amplitudengang erzeugt, der dann in doppeltlogarithmischer Form grafisch dargestellt wird.

Als Grundlage fĂŒr alle folgenden Simulationen soll der Stratocastertonabnehmer dienen, dessen Werte Helmuth Lemme bereits 1977 veröffentlichte: Ls=2.2H, Cs=110pF, Rs=5.7kOhm.

Dazu kommen die fĂŒr die Strat typischen Werte fĂŒr Potentiometer und Tone-Kondensator: PT=250kOhm, CT=22nF, RT=0Ohm, PV=250kOhm. Die Charakteristik der Potentiometer ist logarithmisch mit einer ĂŒblichen Progression von 20%. Weitere Informationen zur Charakteristik von Potentiometern sind im Artikel "Potentiometer-Grundlagen" nachzulesen.

Als externe Belastung werden 6m Instrumentenkabel vom Typ "Sommer The Spirit" verwendet. Die KapazitĂ€t betrĂ€gt dann 468nF. FĂŒr die Simulation wird CK=470pF gesetzt.

FĂŒr den VerstĂ€rkereingang gilt: Rin=1MOhm, Cin=0pF

Als Impedanzwandler kommt ein "I-Pot" aus der SB-2P-Serie zum Einsatz. Er enthÀlt, neben dem eigentlichen Impedanzwandler, eine KapazitÀt CL=470pF zur Kabelemulation sowie ein niederohmiges Potentiometer PVI=20kOhm als LautstÀrkeeinsteller. Der Eingangswiderstand betrÀgt RIin=1MOhm.

[img:324x202]http://www.guitar-letter.de/Angebot/BufferUndAmps/Images/SB_2P_V2.jpg[/img]
Abbildung 3: Impedanzwandler aus der SB-2P-Serie ("I-Pot")

FĂŒr den theopraktischen Einsatz des Impedanzwandlers wird die passive Ersatzschaltung zwischen Tonblende und LautstĂ€rkeeinstellung in Gedanken aufgetrennt und die Ersatzschaltung des Impedanzwandlers dort eingefĂŒgt. Sie besteht aus der KapazitĂ€t CL, dem Eingangswiderstand RIin und einer gesteuerten idealen Spannungsquelle v‱UA. Da bei einem Impedanzwandler die SpannungsverstĂ€rkung v=1 betrĂ€gt, liegt am Ausgang des Impedanzwandlers ebenfalls die Spannung UA an. Bis auf den LautstĂ€rkeeinsteller werden die Bestandteile des Impedanzwandlers in Rot dargestellt.

[img:596x152]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/SCM_StratSB2.gif[/img]
Abbildung 4: Die Standardbeschaltung eines Tonabnehmers durch Impedanzwandler (rot) erweitert

In der Praxis ersetzt das "I-Pot" einfach das Volume-Poti als Baugruppe. Einfacher geht es kaum!

Vergleicht man Abbildung 3 und 4, dann ist festzustellen, daß durch den Einsatz des Impedanzwandlers der LautstĂ€rkeeinsteller PV dem Tonabnehmer als Belastung fehlt. An dieser Stelle sind beide Schaltungen also nicht ganz identisch. In der Folge kann man erwarten, daß die AusprĂ€gung der Resonanzfrequenz, also die GĂŒte der Schaltung, fĂŒr den Betrieb mit Impedanzwandler etwas grĂ¶ĂŸer sein wird.

1.2 Simulationen

Nachdem geklĂ€rt wurde, welche Modelle Grundlage der Simulationen sein sollen und welche Werte die einzelnen Bauteile haben, geht es jetzt darum festzulegen, was eigentlich simuliert werden soll. Da es uns darum geht, Unterschiede darzustellen muß grundsĂ€tzlich jede Simulation fĂŒr beide Schaltungsvarianten durchgefĂŒhrt werden.

Die Existenz zweier kontinuierlicher Einsteller (Volume und Tone) ergibt natĂŒrlich eine unendliche Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten. Wir beschrĂ€nken uns daher auf den klassischen Fall "Alles auf", den die meisten Musiker verwenden.

BezĂŒglich der Einsteller sind immer wieder Diskussionen zum Thema "Logarithmisch oder Linear"? zu finden. Also mĂŒssen wir uns auch die Einstellbarkeit vom LautstĂ€rkeeinstellung und Tonblende, also deren LinearitĂ€t, ansehen.

Unter dem Strich sind fĂŒr die beiden Schaltungsvarianten je drei Simulationen notwendig, deren Ergebnisse dann gegenĂŒbergestellt werden:
  1. Amplitudengang fĂŒr den Fall "Alles auf",

  2. die LinearitÀt der LautstÀrkeeinstellung und

  3. die LinearitÀt der Tonblende.
Damit sind die Aufgaben klar. Fangen wir an...

2. Simulation 1: "Alles auf"

"Alles auf" heißt nichts anderes, als das der Drehwinkel von Volume und Tone 100% betrĂ€gt. Die Elektrogitarre kann also ihre maximale Spannung und maximale "Höhen" liefern. Viele Gitarristen nutzen diesen Betriebsmodus ausschließlich, weil alle anderen Einstellungen den Klang "schlecht" machen; so kann man es zumindest hĂ€ufig hören oder lesen. Der LautstĂ€rkeeinsteller dient dann allenfalls als Ausschalter fĂŒr Spielpausen.

FĂŒr diesen Betriebsmodus lassen sich insgesamt drei Simulationen machen, denn die Kabelemulation des SB-2 lĂ€ĂŸt sich per Jumper abschalten. Hier sind die drei AmplitudengĂ€nge:

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/AmpGang_Strat_SB_2P.gif[/img]
Abbildung 5: Die drei AmplitudengĂ€nge fĂŒr den Fall "Alles auf"

Die passive Stratocaster liefert mit den in Kapitel 1 genannten Dimensionierungen eine Resonanzfrequenz von 4,091kHz mit einer Spitze von 4,02dB, was einer GĂŒte von 1,63 entspricht. Diese blaue Kurve ist quasi unsere Referenz, mit der sich die Impedanzwandlervariante messen lassen muß. Weniger geht nicht, mehr ist unter UmstĂ€nden zu akzeptieren.

Baut man den Impedanzwandler wie in Abbildung 4 ein, dann entsteht der rote Amplitudengang. Die Resonanzfrequenz liegt mit 4,335kHz um 244Hz höher und auch die Spitze ist mit 8dB um 3,98dB grĂ¶ĂŸer. Dieses "Mehr" an "Höhen" ist in der Praxis deutlich wahrnehmbar! Noch krasser wird es, wenn die Kabelemulation ausgeschaltet wird (GrĂŒn). Jetzt liegt die Resonanz bei 8,846kHz mit einer Spitze von 3,05dB. Ob beide FĂ€lle nun gut oder schlecht sind, muß allerdings noch diskutiert werden. ZunĂ€chst ist einfach festzustellen, daß sich durch den Einsatz des Impedanzwandlers der Klang der Elektrogitarre verĂ€ndert.

Aber eigentlich soll der Impedanzwandler den Klang doch nicht verĂ€ndern! Nun, das macht er tatsĂ€chlich auch nicht, aber die verringerte ohmsche Belastung durch das Fehlen des LautstĂ€rkeeinstellers PV fĂŒhrt zu einer Änderung, auch wenn die gleiche kapazitive Belastung (hier 470pF) vorgesehen wird. Ohne diese kapazitive Last ergeben sich schon fast akustische Klangfarben. Wer darauf steht, wird hier also gut bedient. Kombiniert man den Impedanzwandler mit einem vorgeschalteten C-Switch, dann kann die Resonanzfrequenz nach Belieben nach unten verringern werden. FĂŒr die Stratocaster könnte dann gelten: "Raus mit der zweiten Tonblende und rein mit dem C-Switch!" "Vintage-Strat" und "Texas Special" in einer Gitarre; das "I-Pot" macht es möglich!

Kommen wir noch einmal zurĂŒck zur roten Kurve. Sie sollte eigentlich deckungsgleich mit der blauen Kurve - unserer Referenz - sein. Da das Volume-Poti aber fehlt... Tja, ist eine so große GĂŒte nun gut oder schlecht? Die Antwort finden wir, wenn wir das Tone-Poti durch ein NoLoad-Poti ersetzen (siehe dazu der Artikel "Die Klangeinstellung in der Elektrogitarre"), dann entsteht interessanterweise ebenfalls die rote Kurve. Wenn Fender diese starke Resonanzspitze fĂŒr "teuer Geld" (7 bis 10 Euro) unter das musizierende Volk bringt, kann das, was das "I-Pot" erzeugt ja nicht wirklich schlecht sein, oder?

Was wĂŒrde denn geschehen, wenn wir die Tonblende langsam "zudrehen"? Sagen wir mal in Zweiprozentschritten. Also, her mit dem Simulator und...

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/NoLoadToStd.gif[/img]
Abbildung 6: Übergang der Tonblende von "aktiv" zu "passiv"

... tatsĂ€chlich erreichen wir bei einem Drehwinkel von 85% genau die blaue Referenzkurve. Der Übergang zwischen der roten und der blauen Kurve erfolgt also kontinuierlich und nicht sprunghaft, wie beim NoLoad-Poti. Allein dieser Unterschied ist als Vorteil zu werten. Wer den ursprĂŒnglichen passiven Zustand mit Impedanzwandler haben will, der muß einfach nur die Tonblende nutzen und sie etwas "zudrehen" Der alte Sound ist also nicht verloren, sondern er liegt nur an einer anderen "Stelle"! Tonblendenmuffel werden dann natĂŒrlich irgendetwas von Sch...-Sound murmeln und der ganzen Sache so irgendwie doch Unrecht tun...

Fazit: Durch diesen besonderen Impedanzwandler wird der Klang der Stratocaster also hin zu mehr Höhen erweitert. Dadurch erhĂ€lt der Musiker natĂŒrlich mehr Einstellmöglichkeiten. Ist die Höhenerweiterung nicht gewĂŒnscht, dann wird einfach ein Widerstand von 240kOhm oder 270kOhm parallel zum Eingang des Impedanzwandlers geschaltet und die rote Kurve nimmt dann den gleichen Verlauf ein, wie die blaue Kurve. Dann ist der Impedanzwandler tatsĂ€chlich nicht zu hören.

3. Simulation 2: LautstÀrkeeinstellung (Volume)

Die LautstĂ€rkeeinstellung wird von vielen Gitarristen geradezu stiefmĂŒtterlich behandelt. Die BegrĂŒndung dafĂŒr lautet ganz einfach: "Höhenklau". Man verringert die LautstĂ€rke und schon sind die Höhen verschwunden, obwohl man es doch nur leiser haben wollte.

[img:400x227]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/VolumeVariStratPassiv.gif[/img][img:399x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/VolumeVariSB_2P.gif[/img]
Abbildung 7: Verlauf der LautstÀrkeeinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und ohne (links)

Volume runter, Gitarre leise, Höhen weg. Das ist der sogenannte "Höhenklau" (linkes Bild). Die meisten Gitarristen schĂ€tzen das gar nicht und bauen einen Treble-Bleed ein (weitere Infos dazu sind im Artikel "Die LautstĂ€rkeeinstellung in der Elektrogitarre" zu finden), ĂŒber dessen Dimensionierung man seit Jahren im Internet keine vernĂŒnftige Einigung erzielt, weil es einfach keine allgemeine Lösung gibt... bis auf das "I-Pot". Volume runter, Gitarre leise, Höhen immer noch da (rechtes Bild)! So muß das sein, oder?

Der "Höhenklau" ist auch in den selektiven LinearitĂ€ten der passiven LautstĂ€rkeeinstellung wiederzufinden. Theoretisch sollten alle drei Kurven im linken Bild von Abbildung 8 den Verlauf der roten Kurve haben, mit allenfalls einem konstanten Offset, aber in der Praxis werden Resonanzfrequenz fr (blau) und die Grenzfrequenz fg (grĂŒn) unterschiedlich stark in AbhĂ€ngigkeit des normierten Drehwinkels a gedĂ€mpft. Die "schĂ€ndliche" KabelkapazitĂ€t macht es eben möglich!

[img:400x227]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/VolumeLinStratPassiv.gif[/img][img:400x227]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/VolumeLinSB_2P.gif[/img]
Abbildung 8: LinearitÀt der LautstÀrkeeinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und ohne (links)

Man erkennt, daß die Steigung der blauen Kurve zunĂ€chst deutlich grĂ¶ĂŸer ist. Die LautstĂ€rkeabnahme ist bei der Resonanzfrequenz also am Anfang am stĂ€rksten - eben der "Höhenklau"! Mit Impedanzwandler verlaufen dann alle drei Kurven ĂŒber weite Strecken parallel (rechts).

NatĂŒrlich kann man das Kabel jetzt noch lĂ€nger als 6m machen. Das "I-Pot" ist in der Lage eine kapazitive Last von 1nF zu treiben. Das sind dann immerhin 12m Sommer The Spirit! Selbst bei 24m Kabel Ă€ndert sich am Verhalten der LautstĂ€rkeeinstellung in der Simulation nichts. Allerdings wird der Impedanzwandler in der Praxis dann ĂŒberlastet und es kommt zu nichtlinearen Verzerrungen, die von der Simulation jedoch nicht berĂŒcksichtigt werden.

Fazit: Durch den Impedanzwandler erhalten wir endlich eine "amtliche" Lösung fĂŒr das Problem des "Höhenklaus". Treble-Bleeds jeglicher Art können jetzt getrost in die Schublade oder gar auf den MĂŒll wandern und darĂŒber hinaus hat das Instrumentenkabel jetzt keinen Einfluß mehr auf den Klang des Instrumentes. Was will man mehr?

4. Simulation 3: Tonblende (Tone)

Als nÀchstes wenden wir uns der Tonblende zu. Wir verringern den Drehwinkel in Schritten von 10%. In der folgenden Abbildung wird links wieder das Ergebnis der passive Schaltung und rechts das der Impedanzwandlervariante dargestellt.

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariStratPassiv.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariSB_2P.gif[/img]
Abbildung 9: Verlauf der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und ohne (links)

FĂŒr die Tonblende sind die Anfangs- und die Endresonanz charakteristisch. Die Anfangsresonanz entspricht dem schon in Kapitel 1 ermittelten Wertepaar: 4,091kHz / 4,02dB. Dreht man die Tonblende ganz zu, ist die Resonanz 651,4Hz / 4,37dB. Diese Lage wird von vielen Musikern schon einfach als "dumpf" empfunden. Bei anderen Tonabnehmern oder grĂ¶ĂŸeren Tone-Kondensatoren kann die Resonanzfrequenz durchaus bis auf 400Hz absinken. Wenn dann noch ein lineares Tone-Poti dazu kommt, hat man tatsĂ€chlich nur noch die Wahl zwischen dumpf und nicht dumpf, aber das ist jetzt nicht der Punkt.

Mit Impedanzwandler betrÀgt die Anfangsresonanz 4,335kHz / 8dB, was auch schon bekannt ist. Die Endresonanz ist mit der passiven Variante durchaus zu vergleichen: 651,8Hz / 4,99dB. Der kleine Unterschied ist wieder der fehlenden Belastung von PV zuzuschreiben und wird nicht auftreten, wenn man am Eingang des Impedanzwandlers einen parallelen Widerstand von 250kOhm vorsieht.

Der Unterschied besteht also lediglich in der stÀrkeren AusprÀgung der Anfangsresonanz bei der Impedanzwandlervariante. Sie erreicht bereits bei einem Drehwinkel von 85% den maximalen Wert der passiven Variante. Das spiegelt sich auch im Vergleich der beiden LinearitÀten der Resonanzfrequenz fr (rote Kurve) wieder.

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinStratPassiv.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinSB_2P.gif[/img]
Abbildung 10: LinearitÀt der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und ohne (links)

Die LinearitĂ€t der passiven Schaltung betrĂ€gt 89,3%. Der Impedanzwandler liefert eine etwas grĂ¶ĂŸere LinearitĂ€t von 92,6%. Dieser Unterschied kommt allein dadurch zustande, daß die aktive Schaltung ĂŒber eine stĂ€rkere Resonanzspitze verfĂŒgt. Man kann es sich so vorstellen, also ob die Tonblende im passiven Betrieb einen Drehwinkel von 115% aufweist (was praktisch natĂŒrlich unmöglich ist). Bei diesen zusĂ€tzlichen 15% ist der Verlauf der LinearitĂ€tskurve aber sehr "gerade". In der aktiven Varianten werden diese 115% auf praktisch mögliche 100% "zusammengedrĂŒckt". Die resultierende Kurve ist dann aber trotzdem "gerader" und damit lĂ€ĂŸt sich die Verbesserung der LinearitĂ€t auch erklĂ€ren.

Über alles betrachtet ergibt sich fĂŒr die Tonblende durch den Einsatz des Impedanzwandlers also kein so bemerkenswerter Unterschied. Aber irgendwie mĂŒssen wir doch noch einen Vorteil an den Haaren "herbeiziehen" können. Dazu bekommt unsere passive Stratocaster jetzt ein NoLoad-Poti, damit die Anfangsresonanzen auch vergleichbar sind und wir nicht Äpfel mit Birnen...

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariStratPassivNoLoad.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariSB_2P.gif[/img]
Abbildung 11: Verlauf der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und passiv mit NoLoad-Poti (links)

Hier ist nun wirklich kein Unterschied mehr zu erkennen, aber wenn man einen Blick auf die LinearitÀten wirft, dann ist der Sprung beim NoLoad-Poti im linken Teilbild deutlich zu erkennen.

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinStratPassivNoLoad.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinSB_2P.gif[/img]
Abbildung 12: LinearitÀt der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und passiv mit NoLoad-Poti (links)

Die LinearitĂ€t der NoLoad-Poti-Lösung betrĂ€gt 89,9% und ist damit sogar noch etwas grĂ¶ĂŸer als bei der passiven Lösung mit Standard-Tonblende. Hmm, das ist jetzt aber doof! Aber dieser Wert ist das Ergebnis einer linearen Regression, die von 20% bis 100% Drehwinkel lĂ€uft. Der Sprung sorgt hier also fĂŒr einen besseren Wert, der in der Praxis freilich nicht da ist. Soviel also zur Theorie.

NatĂŒrlich kann man die Anfangsresonanz der passiven Schaltung auch vergĂ¶ĂŸern, ohne den Sprung zu haben. Man muß einfach nur ein Potentiometer mit einem grĂ¶ĂŸeren Kennwiderstand nehmen. 2,5MOhm zum Beispiel (wo auch immer man das herbekommt).

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariStratPassiv2M5.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneVariSB_2P.gif[/img]
Abbildung 13: Verlauf der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und passiv mit 2,5MOhm-Poti (links)

Hmm, die Anfangsresonanz erreicht mit einer Spitze von 7,49dB nicht ganz die geforderten 8dB, aber ein "grĂ¶ĂŸeres" Poti wird man wohl kaum finden. Also leben wir mit diesem kleinen Makel, der aber lĂ€ngst nicht der einzige ist, denn die Einstellbarkeit ist schlicht und ergreifend "zum Teufel"!

[img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinStratPassiv2M5.gif[/img][img:400x226]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/ToneAmpLinSB_2P.gif[/img]
Abbildung 14: LinearitÀt der Tonblendeneinstellung mit Impedanzwandler (rechts) und passiv mit 2,5MOhm-Poti (links)

Das wird auch durch die LinearitĂ€t bestĂ€tigt, die nur noch 57,6% betrĂ€gt. Das Poti ist im Vergleich zum Tone-Kondensator, viel zu hochohmig. Damit ist die LinearitĂ€t absolut mit einer Tonblende mit linearem Tone-Poti zu vergleichen und das wird nun wirklich niemanden glĂŒcklich machen, denn zwischen 100% und 40% des Drehwinkels passiert quasi nichts! Das Poti wirkt da eher wie ein Schalter zwischen dumpf und nicht dumpf. Daß man einen solchen Einsteller in der Praxis dann kaum nutzt, ist gut nachzuvollziehen.

Da hĂ€tten wir schlußendlich also doch noch einen handfesten Vorteil fĂŒr den Einsatz unseres Impedanzwandlers gefunden: Möchte man eine vergrĂ¶ĂŸerte Anfangsresonanz und eine gute kontinuierlich Einstellbarkeit der Tonblende haben, dann hat das "I-Pot" eindeutig die Nase vorn! Das teure NoLoad-Poti mit seinem "sprunghaften" Verhalten kann man nun also getrost beim HĂ€ndler lassen!

Fazit

Anhand der durchgefĂŒhrten Simulationen konnte nachgewiesen werden, daß der Einsatz eines Impedanzwandlers, wie zum Beispiel dem "I-Pot", in der Stratocaster eine ganze Reihe von Vorteilen bietet. Man erhĂ€lt dadurch
  1. eine erweiterte Höhenwiedergabe, wie sie auch durch den Einsatz eines teuren NoLoad-Potis ermöglicht wird,

  2. eine optimale Lösung fĂŒr den "Höhenklau", der das Problem wirklich löst und alle Bastelleien a la Treble Bleed obsolet macht,

  3. ein Instrument, dessen Klang unabhÀngig von der LÀnge des Instrumentenkabels ist sowie
  4. eine bessere Einstellbarkeit von Volume und Tone.
Wer seine Stratocaster klanglich optimieren will und keine Angst vor Batterien hat, der findet hier eine optimale Lösung und einen guten Ausgangspunkt fĂŒr weitere Experimente mit einem C-Switch.

Aber natĂŒrlich kann man einen solchen Impedanzwandler auch in anderen Elektrogitarren nutzbringend verwenden. In des Onkels "Pauline", einer alten Aria Pro II PE-60BG, sitzt zum Beispiel so ein Impedanzwandler, der um je einen optimierten C-Switch fĂŒr jeden Tonabnehmer ergĂ€nzt wurde.

[img:600x210]http://www.guitar-letter.de/Knowledge/Grundlagen/Images/PaulineAktiv.jpg[/img]
Abbildung 15: Pauline

Welche klanglichen Werte sich in Ihrem Inneren befinden, sieht man ihr indes nicht an. Eine kurze Demonstration ihrer Klangmöglichkeiten wurde auf dem ersten Zollner-Workshop in Regensburg im Herbst 2012 auf der abendlichen Session gegeben und hat dort durchaus fĂŒr Erstaunen gesorgt.

Ulf

(Der vollstÀndige und stets aktuelle Artikel ist ebenfalls in der Knowledge Database der Guitar-Letters zu finden.)
 
Na Mensch, dich gibt es ja doch noch. Wie schön!

Von dem ganzen technischen Zeug habe ich nix verstanden, bis der Begriff "C-Switch" auftauchte.

So etwas verbaut Reverend als Standard in jeder Gitarre. Es ist eines der effektivsten Werkzeuge zur Klangbeeinflussung. Wenn es ein muss, kann man Humbucker zum Single-Coil machen und ungeahnte Sounds aus einer Les Paul (oder Àhnlich) holen.

Ich hatte hier schon mehrfach auf diese preisgĂŒnstige Möglichkeit hingewiesen, aber der Freak kauft lieber einen neuen Amp oder eine neue Gitarre, wenn der Klang nicht so ganz seinen Vorstellungen entspricht.

Tom
 
Danke fĂŒr den informativen Text.

DerOnkel schrieb:
Wer seine Stratocaster klanglich optimieren will und keine Angst vor Batterien hat, ...
FĂŒr viele könnte genau in diesem Nebensatz die entscheidende HĂŒrde liegen. Man weiß nicht, wohin mit der Batterie, man weiß nicht, was die Gitarre tut (oder eben nicht mehr tut), wenn die Batterie leer ist, man weiß nicht, wo der Schraubenzieher ist, wenn sie im falschen Moment leer ist (was grundsĂ€tzlich der Fall ist) ... aber sonst spricht schon einiges dafĂŒr.
 
little-feat schrieb:
Von dem ganzen technischen Zeug habe ich nix verstanden, bis der Begriff "C-Switch" auftauchte.

So etwas verbaut Reverend als Standard in jeder Gitarre. Es ist eines der effektivsten Werkzeuge zur Klangbeeinflussung. Wenn es ein muss, kann man Humbucker zum Single-Coil machen und ungeahnte Sounds aus einer Les Paul (oder Àhnlich) holen.

Ich habe mal versucht, das technisch nach zu vollziehen. Was Du da
erzÀhlst, scheint ja fast schon zu schön zu sein, als das es wahr sein könnte.
Das wĂŒrde dem parallelen Coil-Split meiner Klampfe zu regelrechten Single
Coil-Sounds verhelfen.

Der C-Switch ist hier aber nicht gemeint. Was HochwĂŒrden in seinen
Klampfen verbaut ist ein Bass Contour Switch. Also so Àhnlich wie der Bass-
Cut Switch von gitarrenelektronik.de.
 
Gerrit schrieb:
little-feat schrieb:
Von dem ganzen technischen Zeug habe ich nix verstanden, bis der Begriff "C-Switch" auftauchte.

So etwas verbaut Reverend als Standard in jeder Gitarre. Es ist eines der effektivsten Werkzeuge zur Klangbeeinflussung. Wenn es ein muss, kann man Humbucker zum Single-Coil machen und ungeahnte Sounds aus einer Les Paul (oder Àhnlich) holen.

Ich habe mal versucht, das technisch nach zu vollziehen. Was Du da
erzÀhlst, scheint ja fast schon zu schön zu sein, als das es wahr sein könnte.
Das wĂŒrde dem parallelen Coil-Split meiner Klampfe zu regelrechten Single
Coil-Sounds verhelfen.

Der C-Switch ist hier aber nicht gemeint. Was HochwĂŒrden in seinen
Klampfen verbaut ist ein Bass Contour Switch. Also so Àhnlich wie der Bass-
Cut Switch von gitarrenelektronik.de.

Du hast recht, ich habe mich geirrt. Ich habe den C-Switch mit genau diesem Bass Cut verwechselt.

Sorry ;-)

Tom
 
DerOnkel schrieb:
Wer seine Stratocaster klanglich optimieren will und keine Angst vor Batterien hat, der findet hier eine optimale Lösung und einen guten Ausgangspunkt fĂŒr weitere Experimente mit einem C-Switch.
Das klingt genauso spannend, wie wenn Harald Lesch ĂŒber die Entstehung schwarzer Löcher erzĂ€hlt, und ich verstehe es genauso wenig. :oops:
(Nee. Stimmt nicht ganz. Bei Lesch habe ich zumindest einen Teil begriffen.)

Saaach mal, Onkel, ich habe eine Strat mit Passiv-PUs, die an Stelle des zweiten Tone-Potis einen EMG Mittenboost (SPC http://www.emgpickups.com/media/productfile/E/M/EMG-SPC-RPC-EXG.pdf )hat. Das Ding alleine macht die Gitarre wohl nicht niederohmig WĂŒrde die Impedanzwandlung auch mit diesem Teil zusammen funktionieren?
 
Guitarplayer schrieb:
Ich bin zwar nicht der Onkel, aber doch, solange das Ding eingeschaltet ist, ist das Ausgangssignal Deiner Gitarre niederohmig.
Das Teil hat keinen Ausschalter; bei Linksanschlag ist der Effekt = 0 (ich höre keinen Unterschied zu einer Strat mit gleicher BestĂŒckung ohne SPC).
 
mad cruiser schrieb:
Das Teil hat keinen Ausschalter; bei Linksanschlag ist der Effekt = 0 (ich höre keinen Unterschied zu einer Strat mit gleicher BestĂŒckung ohne SPC).

Ok, dann hast Du mit dem SPC einen Impedanzwandler mit integriertem Midboost in Deiner Strat.

Ob Du einen Unterschied zu zu einer Strat mit gleicher BestĂŒckung ohne SPC hören kannst, hĂ€ngt von den nachgeschalteten GerĂ€ten ab (und von Deinen Ohren ;-) ).

Viele GrĂŒsse,
gp
 
Guitarplayer schrieb:
Ob Du einen Unterschied zu zu einer Strat mit gleicher BestĂŒckung ohne SPC hören kannst, hĂ€ngt von den nachgeschalteten GerĂ€ten ab (und von Deinen Ohren ;-) ).

genau :) . Genauer: wenn Du direkt nach der (passiven) Gitarre auf ein im Bypass gebuffertes GerÀt gehst, kommts im Endeffekt aufs gleiche wie Gitarre mit SPC raus. Falls das (passive) Signal aber erst mal 10 Treter mit true bypass durchlÀuft, wirst Du ein blaues akustisches Wunder erleben, wenn Du auf die Gitarre mit SPC wechselst.... Ich habe mir in mein Wah (1. Pedal) einen Impedanzwandler eingebaut, den ich nach Bedarf ein oder ausschalten kann. Mein Fuzz mag kein niederohmiges Signal.... :cool:
 

Beliebte Themen

ZurĂŒck
Oben Unten