BLOG: Das verrückte Live/Kommerzbusiness...Erfahrungsbericht

auge

Moderator
Teammitglied
9 Okt 2006
5.713
2
81
zwischen Tür und Angel...
Liebe Freunde der Kunst,

ihr dürft diesen Thread wohl überlesen. Denn hier gehts ums Geschäft mit der Musik. Mit der Livemusik der Kommerzmusik oder was davon übriggeblieben ist. Hier gehts nicht um künstlerisch wertvolle Gedanken oder kreativen Output.

Liebe trotzdem Interessierte,

ich (44) habe mein Leben in den letzten Jahren etwas umgekrempelt. Habe das Lehramt studiert (M, ME) und bin nun auch als Lehrer tätig. Hintergrund der Änderung meines Lebensentwurfes war es, mehr Musik machen zu können und auch meinen Lebensunterhalt, oder zumindestens einen Teil davon, mit Livemusik bestreiten zu können. Nebenbei studiere ich Jazz (Saxophon) an der Bruckneruni in Linz.

Meine Stammband, Hoamspü, ist recht erfolgreich allerdings ist die Bandzusammenstellung so, dass nicht mehr als 10-15 Gigs im Jahr möglich sind. Das hat bei den meisten der Mitmusiker berufliche Gründe die ich nachvollziehen kann. Der Markt würde mehr hergeben.
Nun war also meine Aufgabenstellung zu Livegigs zu kommen ohne aber Hoamspü verlassen zu müssen.

Letzten Sommer (2013) habe ich also begonnen den Markt zu sondieren und nach Bands/Projekten zu suchen, die gut am Markt etabliert sind.
Ich bin musikstilmässig fast schmerzfrei. Aber eben wirklich nur fast.
Beim Suchen in diversen Internetportalen ist mir aufgefallen, dass es schwer ist Bands zu finden die auch gut gebucht sind. Dafür gibts eine Unmenge Bands die 10-15 Gigs anbieten aber die gleichen Ansprüche haben wie die die viel spielen. Oder es war zu weit weg. Das war etwas frustrierend.

Bei einer Aushilfsgeschichte konnte ich ein nettes Gespräch mit einem Keyboarder führen der mir ein paar Personen aus der Branche nannte bei denen ich mich doch melden könnte.

Das tat ich dann also auch und so kam es im September zu einem ersten Treffen mit einem der Bandchecker. Das hörte sich alles sehr vielversprechend an weil er grade was neues machen wollte und das sehr professionell wirkte. Seine bestehenden Bands gehören im Kommerzbereich zum besten hier in der Gegend mit den geilsten Gigs.

Ich roch Lunte.

Bei einem weiteren Treffen besprachen wir die Sache etwas genauer und vereinbarten eine Audition. Nun war es bereits Mitte Oktober, ich hatte keinen Job (Warteliste als Lehrer) und keine Gigs. Recht unangenehm. In der Zeit trat auch eine kleine Band aus dem Ort an mich heran ob ich nicht mitspielen wollte. Da nix fixes in Aussicht war hab ich also zugesagt und begann mich dort einer Bandonkelfunktion (Ernie) einzufügen. Leider gabs eine Unmenge an Diskussionen über Repertoire und schwierige Persönlichkeiten (Sofort Beleidigt beim Ausbessern usw...) aber auch viel Spass.

Dann kam also die Audition beim grossen Bandchecker. Ich fuhr hin und fand die Situation sehr strange. Ein Kollege von ihm war auch dabei (aus einer seiner Stammbands) der eigentlich ganz was anderes mit ihm besprechen wollte. So lief das so nebenbei (Zum Tyros dazuspielen/singen) und nachher ein paar unverbindliche Worte. Das wars.

Zu Hause dachte ich mir schon, dass das sehr eigenartig war und ich hab das ad acta gelegt. 2-3 mal hab ich mich gemeldet was denn so sei und es hiess, dass es noch ein wenig dauert.

Zwischenerklärung: Dieses neue Projekt ist ein modulares Bandkonzept bestehend aus mind.: Tyros4/5, Sängerin und Sänger. Dazu gibts dann je nach Giggrösse und Gage +1 Musiker (Gitarre, Sax, Vox) und weitere Musiker nach Bedarf. Apres Ski, Party, Gala, Hochzeit, Zeltfest.... Das ganze mit immer mind. 2 Besetzungen (also Ideal um meine Hoamspü Termine wahren zu können). Damals dann auch der Thread mit der Frage wie man ein grosses Repertoire schnell lernen kann. Habs dann leider eh nicht gebraucht.

Nach ein paar unverbindlichen Vertröstungen hab ich es im Kopf Ad Acta gelegt und mich nicht mehr gemeldet.
Leider hatte sich aus den anderen Kontakten auch nix ergeben und so war ich weiter auf der Suche nach einem guten Projekt und bastelte in mit der kleinen Band aus dem Ort an einem ordentlichen Repertoire.
Anfang Dezember bekam ich einen Job an einer Schule. Somit war eine Grundversorgung erreicht. Da ich allerdings nur Teilzeit unterrichten will um die Zeit für die Musik zu haben war das Einkommen grade so ausreichend.

Der Jahreswechsel zog ins Land und ich konnte in Facebook die ersten Auftritte des Projektes (bei dem ich vertröstet wurde) beobachten.
In der Zwischenzeit hatte ich noch eine Audition bei einer recht coolen Band, musste allerdings aus Entfernungsgründen dann doch absagen.
Also weiter auf der Suche....

Plötzlich, vor etwa 4 Wochen kam ein Anruf des Bandcheckers ob ich noch suchen würde.
Anlass war ein Besuch seinerseits bei einem PA Verleiher aus der Gegend den er um einen guten Gitarristen fragte. Er empfahl mich, da er mich im Proberaum mit der örtlichen Band mal gehört hat.
Jetzt plötzlich war ich also interessant genug?
Also eine neue Audition (bei mir zu Hause...fahr nicht sinnlos spazieren) ausgemacht und nach 3 Songs hatts gepasst.
Wird sich wohl nie klären lassen warum und wieso das jetzt gepasst hat und im Herbst nicht.

Jetzt also Ernst. 90 Songs einstudieren (Nur Gitarre und Sax, Gesang muss im Moment nicht sein)...und glztg. das Gesamtrepertoire (etwa 180 Songs) erarbeiten. Tyros Files jeden Tag im Auto (2*50min) anhören. Leadsheets fürs iPad herrichten (Keine Mappen erwünscht).
4 Gigs in den nächsten 2 Wochen. 3x Apres Ski (Tirol) und 1x Gala (Hofburg Wien ... noch etwa 20 Songs dazu...viel Sax).
Ich konnte dankenswerter Weise meinen Stundenplan ein bissl umbauen um die Gigs auch unterzubringen. Bis Mai sinds dann etwa 10 fixe Gigs zusätzlich und die Reservierungen bis Sommerende können sich sehen lassen.
Jetzt bin ich gespannt wie die Gigsverlaufen, da ich noch nie mit einem Tyros gespielt hab unc auch schon lange nimmer in der Partyszene aufgetreten bin.

Weitere Spannungsfelder sind alle anderen musikalischen Projekte, BigBands, Musikvereine und so. Wird also ein bissl eine Schlichterei.
Das ganze klappt auch nur im familiären Einklang der GSD hergestellt ist.

Ich werde in diesem Thread (BLOG) nun berichten wie es mir Live ergeht, welche Situationen sich ergeben. Ich kenne noch nichtmal meine Mitmusiker ausser dem Cheffe.

Wer es bis hierher geschafft hat hat Ausdauer! Aber vielleicht kann ich mit dem ein oder anderen Gschichterl oder auch ein paar Bildern aufwarten und aus der profanen Kommerzszene etwas berichten.
Ich freu mich drauf...
Lg
Auge
 
Ende gut alles gut könnte man meinen aber es ist ja eigentlich erst der Anfang. Bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht. Irgendwie erkenne ich aber auch Vieles wieder, was ich selber so erlebe...

Von mir ein toi, toi, toi...
 
Hey Auge,

Vielen Dank für die Lektüre. Ich freue mich schon auf das, was du weiter zu berichten hast.

Wünsche dir viel Spass

Grz, Marco
 
Hallo Auge,

gute Story und unterhaltsam geschildert - danke sehr. Bin gespannt wie es weiter geht :popcorn:

Gruß
 
Ich wünsche viel Spaß und Erfolg.
Eine Frage eines Unwissenden: Was ist/heißt Tyros?
 
Ich mutmaße mal:

Keyboard mit der Möglichkeit eine vollprogrammierbaren Begleitband abzuspielen. (?)

Ist in dieser Kombination nicht ungewöhnlich. Zum alljährlichen "Oktoberfest" (Closingparty) unseres hiesigen kleinen Insider-Biergartens spielt alljährlich die PAN-Band in genau solch einer Besetzung auf. Die können aber auch zu fünf oder sechs.
 
Ja...Tyros ist eine Yamaha Workstation die sehr amtlich Midifiles abspielen kann. Die Midifiles müssen halt gut sein.
http://de.yamaha.com/de/products/musical-instruments/keyboards/digitalkeyboards/arranger_workstations/tyros5-61/?mode=model
Durch den Preisdruck im Kommerzbereich kommt das jetzt wieder mehr. Und die Bands sind so in der Lage unterschiedliche Settings anzubieten so wie Bernd das beschreibt.
Im Moment ist es noch so, dass das Publikum und die Veranstalter aber zumindestens den Eindruck gespielter Instrumente haben wollen was jetzt wieder mein Part ist. Daher Gitarre UND Sax (oder ein anderes Blasinstrument) als Voraussetzung für den Job. Gesang war diesmal nicht so wichtig.
 
TeaAge schrieb:
... Bin etwas traurig von Deiner Geschichte, und wieder eine Illusion zerstört ...

... ich habe beim Mitlesen in der Zeit von Dir den Eindruck erhalten, dass Du ein absoluter Profi bist, mit viel Talent, Erfahrung und Können! ...

Lg
TeaAge

Sach mal - irgendwie hat hier einer doch nicht alle Latten am Zaun?

Woraus leitest Du denn solche Aussagen ab?
 
So weit ich den Christian beurteilen kann (nach einer langen Zeit der gegenseitigen Antipathie) ist das ein recht vielschichtiger, nicht ganz einfacher, aber intelligenter Mensch.

Er wird dir wohl kaum antworten, eben aus diesem Grunde.

TeaAge schrieb:
Ich sehe nichts Anstößiges

Es bedarf keiner „Anstößigkeit“ um trotzdem uninteressant zu sein. Oder anders ausgedrückt:

Du kannst recht haben und bist trotzdem ein Idiot.

Tom
 
Danke fürs zumüllen eines mächtig interessanten Threads :-(
Manchmal sollten manche einfach mal die Fresse halten...
 
back to business: ich spiele selber auch ab und zu im Trio mit einem Tyros-Keyboarder. Das kann richtig geil und fett klingen, wenn die MIDI-Files gut geschrieben sind und (vor allem!) wenn der Keyboarder weiß, wie man sie gut mischt. Der Tyros bietet dazu viele Möglichkeiten.
Du solltest nur unbedingt drauf achten, daß du ein gescheites Monitoring hast, damit du richtig im Sound drin sitzt (ist ja bei ner normalen Band auch so) und daß auf jeden Fall die Spuren deaktiviert sind, die du selber spielst. Das hatte ich nämlich auch schon, daß man mit Hingabe zum Solo von "Rockin' all over the world" ansetzt und dann röhrt ein synthetischer Rick Parfitt aus dem Yamaha, daß man ganz krank wird...
Also auf jeden Fall vorher alle Songs entsprechend durchchecken und den Tastenmann zwingen, die Spuren zu deaktivieren. Das sind manchmal deutlich mehr, als man zu hören meint, also obacht. Gerade bei den Yamaha-Files wird viel gedoppelt.
Aber vermutlich hast du das eh aufm Schirm...;-)
Cool finde ich an diesen Trio-Gigs, daß man mit wenig Aufwand ordentlich klingt, als Gitarrist so mitschwimmen kann und somit meist nen entspannten Abend erlebt. Ich hab dann auch noch das Glück, meine süße Lieblingssängerin neben mir zu haben...life is good with Tyros ;-)
 
auge schrieb:
...Leadsheets fürs iPad herrichten (Keine Mappen erwünscht)...

Erst mal alles Gute und viel Erfolg! Ich liebäugle auch mit dem iPad als Papierersatz. Was benutzt Du denn für eine App?

Grüße
 
Hi Leute,

@RitterKunibert: Ich verwende DD Gigbook. Kann es aber nicht begründen ausser durch eine Empfehlung eines Musikers der viel damit macht.

@Tea4Two: Ich kann den Zusammenhang zwischen Professionalität, Talent, Können welches du mir zuschriebst und meinem aktuellen Bericht nicht erkennen. Nur eins vorweg. Solche Jobs gibts nur wenn man in jeder hinsichsicht professionell arbeitet. Ob man das mag? Muss jeder selber entscheiden. Ich mach ja eine Menge anderer musikalischer Dinge auch.

@Tom: Lass stecken. Aber Danke!

@Markus: Samstags werden (fast) alle Songs diesbezüglich durchgearbeitet. Der Keyboarder isja ein routinierter Tontechniker auch.
Ich werde berichten wie das "Arbeiten" gelaufen ist.

Danke für euer Interesse! Ich komme wieder, keine Frage... :)
Lg
Auge
 
auge schrieb:
Plötzlich, vor etwa 4 Wochen kam ein Anruf des Bandcheckers ob ich noch suchen würde.
Anlass war ein Besuch seinerseits bei einem PA Verleiher aus der Gegend den er um einen guten Gitarristen fragte. Er empfahl mich, da er mich im Proberaum mit der örtlichen Band mal gehört hat.
Jetzt plötzlich war ich also interessant genug?

Meine Erfahrung deckt sich damit.
Du kommst in diese Zirkel nur mit persönlicher Empfehlung.
Von Außen ist das völlig hermetisch.
Glückwunsch zum Jackpot,
und schau, wie lange das mit Familie und Selbstanspruch friedlich koexistiert...


Viele Grüße,
woody
 
Zwischenbericht:
Heute die erste Probe oder sowas ähnliches.
Soundcheck und kennenlernen. Durchspielen von ein paar Songs wobei sich rausstellt, dass ich nicht über alle Tonartänderungen informiert wurde. Das ist auf der Gitarre zum schaffen, allerdings am Sax eine echte Challenge.
Nachdem morgen der erste Gig in Tirol ansteht heissts morgen am Vormittag nochmals die Leadsheets ändern. Insgesamt sind dann mal 5 Gigs bis zum nächsten Montag zu spielen. Danach weiss ich ob ich mich in diesem System wohl fühle, ob es Spass macht usw.
Alles in allem fordert mich das Ganze mehr als erwartet. Musikalisch und auch nervlich. Zumindestens im Moment. Es befindet sich eindeutig ausserhalb meiner Wohlfühlzohne derzeit. Der Druck ist nicht unbeträchtlich.

Ich werde berichten wie es läuft...

Lg
Auge
 

Beliebte Themen

Zurück
Oben Unten