subjektiv und unwissenschaftlich - Taylor GS mini vs. Harley Benton GS Travel

E

erniecaster

Power-User
19 Dez 2008
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Tag zusammen!

Hier mal wieder eine Geschichte aus dem Leben des Erniecaster und seinem musikalischen Equipment. Es sind meine ganz persönlichen Meinungen und hochwissenschaftlich gesehen, ist das alles ohne jede Aussagekraft. Ohne weitere Vorrede hinein!

Wie ich hier schon berichtet habe, bestellte ich Anfang des Jahres eine Harley Benton GS Travel in Mahagoni mit Pickup. Ein tolles Instrument, nicht nur in Preisrelation sondern absolut. Machte mir Spaß, spielte sich wundervoll und klang prima. Das einzige, was mich wirklich störte, war der aufkeimende Gedanke, dass das Original von Taylor doch wohl erheblich besser sein müsse. Wie doof! Ich wollte eine Taylor GS mini und hatte gerade einen guten Hunderter vom Etat für die Harley Benton ausgegeben. Zur Finanzierung meines Taylor-Wunsches verkaufte ich die HB und noch zwei weitere Gitarren und legte Monat für Monat ein wenig Geld an die Seite.

Ich hatte lange vorher eine Taylor Academy mit einem wahrhaft grandiosen Pickupsound probiert, bei der allerdings der eingebaute Tuner unbrauchbar war, weil er einfach nicht stimmte. Genau der Pickup mit diesem Preamp ist aktuell auch in den elektrifizierten GS Minis eingebaut. Ich war guter Dinge und entschied mich für Fichte, Zargen und Boden aus Black Limba – eine limitierte Ausführung. Dann war sie da. Traumhaft verarbeitet, ganz tolle Hölzer und ab Werk perfekt eingestellt. Toll, aber es hat schon beim Auspacken einfach nicht gefunkt zwischen uns. Kein Prickeln, kein Kribbeln, kein Haben-Wollen mehr und erst recht kein Liebhaben. Bei den ersten Akkorden fiel mir dann der Unterkiefer fast herunter. Im Vergleich zu der Erinnerung an die Harley Benton war die mehr als sieben Mal teurere Taylor einfach eine blöde und topfig klingende Holzkiste. Wäre sie wenigstens einfach langweilig gewesen, nein, sie klang hundsmiserabel.

Weil ich dann doch neugierig war, habe ich die Taylor natürlich auch eingestöpselt. Wie schon erwähnt, hatte ich das System als wohlklingend empfunden. Bei der GS Mini war das anders, nämlich ein Desaster. Der eingebaute Tuner funktionierte zum Stimmen gut, nur gab es beim Ein- und Ausschalten einen fiesen Knackser durch den Amp, auch bei auf Null herunter gedrehter Lautstärke. Unbrauchbar. Komplett unbrauchbar. Der Sound war im übrigen so wie früher Piezosysteme klangen. Dünn, flach, drahtig, eklige Transienten und reichlich unnatürlich. Was habe ich es genossen, das auszustellen und einige Minuten der Stille zu lauschen.

Kurz und gut, vielmehr gar nicht gut, war die Taylor GS mini eine absolute Enttäuschung. Ich habe jetzt erneut eine Harley Benton GS Travel in Mahagoni gekauft, die ich in allen Belangen erheblich besser finde als die Taylor und sogar besser als die erste HB, die ich hatte.

Diese HB GS Travel gebe ich nicht wieder her.

GruĂź

erniecaster
 
Hallo Erniecaster,

im Ernst jetzt, du verkaufst eine Gitarre, die du magst, um dann ungesehen und ohne anspielen eine andere teure zu bestellen?

Die schickst du dann zurĂĽck und bestellst dir wieder ungesehen eine billige Gitarre (weil du mit einer anderen billigen mal GlĂĽck hattest)?

Na dann wünsche ich dir viel Glück dabei, mein Ding wäre diese Vorgehensweise nicht...

GruĂź Martin
 
Hallo Martin,

so vereinfacht klingt das irre. Es fehlen aber dabei Faktoren.

Meine Yamaha AC3R lernte und lerne ich jeden Tag mehr zu schätzen. Meine Nummer eins der akustischen Gitarren.

Als ich die Harley Benton Travel kennenlernte und mochte, dachte ich, die Taylor sei so viel besser, dass sie quasi die zweite Nummer eins sein könnte.

Die Taylor ist aber nicht besser, im Gegenteil (Meinung).

Heute ist die Harley Benton eine wunderbare Nummer zwei.

DarĂĽber hinaus glaube ich heute nicht mehr wirklich an Serienstreuung, mal abgesehen von Optik.

cu

erniecaster
 
Ich mein ja nur, bei einer Gitarre die so billig ist wie die Harley Benton wĂĽrde ich mir ja erst die neue kommen lassen und die alte erst dann verkaufen, wenn es die neue bringt.
 
Hast du dich mal mit dem Stichwort Emergenz beschäftigt. Wenn man daran glaubt hieße das, dass das fertige Instrument mehr ist als nur die Summer seiner Einzelteile. Demnach klingt auch keine baugleiche Gitarre wie die andere. Was dann durchaus für eine Serienstreuung spräche...
 
Zur HB kann ich nichts sagen, aber eine GS habe ich im Urlaub in einem Musikladen in San Francisco mal zufällig (ich kannte den Laden vorher nicht und hatte nichts recherchiert) angespielt und nach 1-tägiger Diskussion mit meiner Frau spontan gekauft.... das mache ich sonst nicht (Kaufen schon, aber nicht spontan). Das war eine rein akustische Version mit Fichtendecke, am Anfang gab es auch nichst anderes.
Ich hab die einige Jahre gespielt und geliebt, gute Verarbeitung, die kurze Mensur hat einen erstaunlich erwachsenen Ton produziert, es war meine Sofa/Urlaub/NurMalSo-Gitarre und hat das sehr gut gemacht.

Ich hab sie trotzdem verkauft, weil eine Blueridge-Parlor hier aufgetaucht ist, die genauo kompakt und transportabel ist, dabei aber mit ihrem 12-Bund-Charme einen grandiosen Ton hat, der mich immer wieder und noch sehr fläscht.

Da ich insgesamt permanent zu viele Gitarren und zu wenig Zeit habe, ist die GS dann gegangen, aber sie konnte nichts dafĂĽr.....
Alles gute fĂĽr 2021
Marc
 
Hallo,

natürlich klingt meine Geschichte so vereinfacht sehr skurril und sie ist es bei Licht betrachtet wohl auch. Ein paar Aspekte möchte ich dazu aber einbringen.

Mein Plan mit der Taylor GS mini war, sie als vollwertige Live-Gitarre zu sehen. Leicht zu transportieren, leicht spielbar, irgendwie auch cool mit so einem Minidingens auf der Bühne und wohlklingend. Ich habe immer Geiger beneidet, die mit ihren kleinen Köfferchen ankamen, ein spilleriges Kabel in eine bereitstehende D.I. einstöpselten und fertig waren. You get the idea.

Ich musste allerdings erst einmal Geld zusammen bekommen. Es sammelten sich auĂźerdem gerade - wie bei BruderM - mal wieder Instrumente bei mir zuhause, die zu wenig gespielt wurden. Ich habe dann ein interessantes Paket zum Verkauf geschnĂĽrt, bei dem ich mich preislich allerdings ein wenig vertan habe. Nach drei Tagen waren die Instrumente verkauft. Nun gut.

Im übrigen ist die 3 bei mir so eine magische Zahl. Zwei Gitarren kann ich gut händeln - wie meine Tele und meine Jazzmama. Kommt eine dritte dazu, bin ich schon in Entscheidungsschwierigkeiten, welche ich gerade spielen möchte - und ich kann immer nur eine spielen.

Okay, die GS mini sollte die Nummer zwei oder die "andere Nummer eins" auf der Akustikseite werden. Coronabedingt hatte ich aber auch wenig Neigung, Gitarren vor Ort auszuprobieren. "Vor Ort" bedeutet bei mir auch, gute 50 Kilometer nach Köln und später retour zu fahren. Das Probieren im Laden fühlt sich für mich mitterweile auch fremd an. Ich kann nicht mit meinen Instrumenten vergleichen, das elektrische Gerödel zum Anschließen fehlt und im Laden ist immer ein wenig zeitlicher Druck. Es ist schlicht unentspannt.

Meine Anmerkung zur Serienstreuung war gestern natürlich ein bisschen sehr kurz. Natürlich sind keine zwei Gitarren identisch, keine Frage. Wenn man die Gitarren aber erst einmal neu und identisch besaitet, sie anständig einstellt, sich selbst auf die Gitarre einstellt, Zerrer, Delay und Geflirre einschaltet und der Drummer bis vier gezählt hat, relativiert sich so einiges - hey, selbst dieselbe akustische Gitarre im selben Raum mit demselben Spieler klingt nach einer Zigarettenpause schon nicht mehr wie vorher. Man kann Sound nicht zu 100 Prozent festhalten und wenn man das einmal verinnerlicht und akzeptiert hat, kann man sich auch entspannen und mit dem gerade vorhandenen Sound Musik machen.

Ich kann mich gut an Aufnahmesessions erinnern, bei denen ich mich mehrfach verspielt habe und aus lauter Frust einfach die Gitarre gewechselt habe, woraufhin es dann lief. Ich erinnere mich aber nicht mehr, bei welchen Songs das war und bin auch selbst nicht in der Lage, genau herauszuhören, wo ich welche Gitarre gespielt habe. Und dann soll ich mir bei einer vermutlich größtenteils maschinengebauten Sperrholzgitarre Gedanken über Serienstreuung machen? Nah.

cu

erniecaster
 
Ich weiĂź, alter Thread, hab ihn aber jetzt erst entdeckt und muss kurz meinen Senf dazu abgeben. Auch ich finde das ES-T Tonabnehmersystem der Taylor greuslich, so daĂź ich die GS Mini, die mir akustisch wirklich SEHR gefallen hat letztendlich gegen eine HB GS Travel ausgetauscht habe. Wen es interessiert,hier die ganze Geschichte ;-) :

 
Hallo zusammen,

ich bin mir nicht sicher, ob ich mal ĂĽber meinen Besuch beim Music Store berichtet habe, ich hole es einfach mal nach.

Das Thema GS mini ließ mich nicht los. Ich bin zum Store und habe jede verfügbare Taylor vom Haken genommen, ich schätze mal, dass es ein halbes Dutzend war. Jede einzelne verursachte bei mir Gänsehaut - leider nicht im positiven Sinn. Die Fichtendecken waren extrem grob gemasert und wirklich unschön. Bei den Decken aus Koa habe ich mich voll Gruseln gefragt, warum man so schönes Holz so beschissen lackiert. Die Verarbeitung war okay aber trotzdem irgendwie lieblos zusammengeklatscht. (Ich habe mir dann übrigens die anderen preiswerteren Taylorgitarren angesehen, da war das auch so. Bei den teureren Exemplaren wurde ich dann fast blind vor lauter Blingbling und spiegelglatten Lackierungen - aber auch das wirkte komisch lieblos.)

Im Rahmen von "Jugend forscht" habe ich alle vorhandenen GS minis trotzdem angespielt und war durch die Bank weg total enttäuscht. Für eine kleine Gitarre war das alles nicht schlecht aber insgesamt dann halt schon. Es war einfach kein Instrument darunter, dass ich freiwillig oder gar gern spielen würde. Verstärkt war das auch überraschend furchtbar. Eine Handvoll Taylors in Standardgröße klang verstärkt übrigens exakt wie die Minis und das an verschiedenen Amps. (Ich habe dann übrigens alle anderen Reisegitarren im Store auch mal akustisch angespielt und - herrje - die waren in der Tat noch schlechter als die GS minis.)

Mein kleiner Ausflug zu Reisegitarren ist damit erledigt. Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, muss ich zugeben, dass eine GS mini im Gigbag auch nicht so irrsinnig viel kleiner ist als eine handelsübliche Grand Auditorium, OM oder OOO. Nö, brauche ich nicht mehr.

GruĂź

erniecaster
 
Ich wollte vor zwei Jahren auch eine Sofa-Gitarre. Long story short:
Die HB Travel hab ich postwendend zurückgeschickt. Dann bin ich in den lokalen Shop, um mir eine Taylor GS Mini zu kaufen und habe ähnliche Erfahrungen wie Ernie gemacht. Zuletzt hab ich mir eine Martin 000 jr10 (ohne E) von der Wand genommen und direkt gekauft. Die spiele ich nach wie vor sehr gerne. Sogar das Richlite Fingerboard habe ich ihr längst verziehen..
 

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