Ich werde demnächst mal wieder in Straßburg(F) spielen, dazu fällt mir sofort folgende Geschichte ein:
Mit einer meiner Bluesbands, damals noch Junior & Bon Ton Roulet wurden wir mal gebucht für einen Gig in Straßburg. Mit dieser Band spielte ich Swinging Jump Blues im Retrostil - also mit Kontrabass, schicken Klamotten und Two Tones an den Füßen.
Es war ein Festival du Blues, welches eine Woche lang verlief und wir sollten Samstags, das war der letzte Tag spielen. Das ganze fand statt in einer großen Halle in einem Park, direkt neben dem Europaparlament, welche nach Angaben des Veranstalters etwa 500 Leute fasst. Der Gig war für 20.00 angesagt, wir sollten allerdings schon um 16.00 da sein. Eine Dame würde uns vor der Halle in Empfang nehmen. Laut Vertrag sollten wir auch mit eigener PA spielen. Also gut, 3 große Kombis voll gepackt machten wir uns auf den Weg nach Straßburg.
Nach langer Suche endlich dort angekommen - es gab ja noch keine Navis - standen wir pünktlich 16.00 mitten im Park vor der Halle. Bis 16.30 warteten wir - keiner kam. Die Halle war komplett abgesperrt und sonst um uns rum nur Bäume und Wasser. Aber es hingen dort Plakate von uns aus - schon mal ein gutes Zeichen, dass wir uns nicht im Datum verirrt hatten
Es war nach 17.00, als ein Hausmeister welcher mit dem Fahrrad ankam auf sich aufmerksam machte. Er sperrte vorn und hinten die Halle auf, grüßte nochmal kurz und verschwand wieder. Naja, wir fingen an das Gerödel auf die Bühne zu schleppen. Ich begutachtete die Halle von der Bühne aus - wunderschön gestaltet, ich würde sagen Jugendstil. Die Halle war komplett bestuhlt. Die Stühle standen da, wie mit dem Lineal gezogen.
Jeder von uns hat beim Aufbau seinen Einsatzbereich. Ich rollte dann erst einmal alle Stromkabel aus und suchte nach einer Verteilung. Hmmmm, da war auch nach langer Suche nix zu sichten! Unser Saxman zeigte auf eine schwarze Steckdose an einer mit dunklem Holz verkleideten Wand auf der Bühne. Ahhhh okay, dann nehm ich halt diese - doch was ist das? Eine typische französische Steckdose und ganz ohne Adapter! Natürlich hatten wir sowas nicht dabei. Während meine Kollegen weiter aufbauten machte ich mich auf den Weg, einen Techniker, Hausmeister, oder irgend einen Menschen anzutreffen. Doch da war weit und breit absolut niemand - nur wieder Bäume und Wasser. Es war mittlerweile schon nach 19.00, wir hatten alles komplett aufgebaut, nur waren wir ohne Strom! Einzig unser Drummer quälte sein Set. Wir waren auch alle sehr durstig, hungrig und auch schon leicht sauer

Außer uns war kein Mensch zu sehen...
Mir war das dann zu bunt und ich beschloss auf die unprofessionelle Art Strom zu bekommen. Ich trennte einen Stecker vom Kabel, isolierte etwa 20 cm Litze ab und drückte diese mit einem Schraubendreher in die Steckdose - 2 Meter Gaffa drüber und zack - ja aber hallo! Erst Gelächter von meinen Kollegen und dann Applaus

Wir machten unseren Soundcheck, zogen unsere Bühnenklamotten an und spielten uns ein wenig ein. Es war 19.45 als sich die Haupttür öffnete und Massen von Leuten hereintraten. Waren da etwa Busse mit Elektromotoren angekommen? Man hörte vorher gar nix. Die Halle füllte sich fast komplett und die Leute setzten sich auf ihre Stühle und verstummten regelrecht. Ein Publikum zwischen 50 und 70 Jahren, fein gekleidet war da vor uns und ich dachte: ach du liebe Schei...benkleister. Wir traten damals noch mit 'GoGo-Girl' auf, das gehörte zu unserer authentischen Swing & Blues Show. Es war die hübsche Lebensgefährtin unseres Kontrabassisten, eine Deutsch-Französin und eine geschulte Steptänzerin mit Beinen bis unters Kinn. Sehr knapp bekleidet, mit Fishnet Stockings, knappem Top und Miniröckchen. Jeden Meter den sie sich bewegte auf der Bühne gingen auch die Augen des Publikums (meist Herren) mit - und wieder hin und wieder her. Das war köstlich für mich anzusehen
Das Licht wurde plötzlich gedämmt und die Bühnenbeleuchtung ging an. Aber weit und breit kein Techniker, oder ein Verantwortlicher. Wir fingen also an mit unserer Show. Der erste Titel, ein Instrumental, mit Stepeinlage, welchen ich komoniert hatte und 'Step Mouse Swing' taufte

Die Leute klatschten wie auf Kommando nach dem Song und wir hatten es geschafft, aus dem erwartet grauen Auftritt etwas Party zu schaffen. Wir spielten 90 Minuten durch, mit einer Zugabe, bevor die Leute wieder genau so schnell verschwanden wie sie gekommen waren. Das große Licht ging wieder an und.............. und es war wieder niemand mehr zu finden!

Ratzfatz abgebaut, eingeladen und schnell ab in das erst beste Restaurant. Noch nie war ich so durstig und hungrig.
Aber es hat trotz allem Spaß gemacht und blieb ein einmaliges Erlebnis
