Haltbarkeit und Praxisnutzen alter Lautsprecher

trekkerfahrer

Power-User
20 Mai 2012
1.712
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Oberhausen
Hallo zusammen.

Ich bin gerade auf der Suche nach einer rückschonenden, nicht zu teuren 2x12 Box für kleinere Lokalitäten. Bei meiner Suche bin ich natürlich auch über die ein oder andere gebrauchte Box, teils aus den 60ern und 70ern, gestolpert, was mich wiederum zu folgenden Fragen brachte.
Muss ich bei 30 bis 40 Jahre alten Lautsprechern mit hoher Abnutzung und Verschleiss rechnen?
Kommt es drauf an wie die Boxen gelagert wurden, wie oft sie im Einsatz waren, oder kann man da keine pauschale Aussage treffen?
Gibt es irgendetwas auf das ich bei alten gebrauchten Lautsprechern besonders achten sollte?
Ist es sinnvoller die Finger von dem alten Kram zu lassen und eine neue Box zu kaufen?
Danke schon mal im Voraus für Eure Antworten.

Liebe Grüße,
Ralf
 
Moin,

ich möchte mal relativ allgemein anfangen.

Ein Lautsprecher, bzw. genauer der Treiber (das Runde Ding mit dem Magneten dran) ist natürlich ein mechanisches Bauteil, welches zur Umwandlung von elektrischer in mechanischer Energie dient. Dies impliziert eine gewisse Bewegungsspanne beim Betrieb.

Jetzt zu den Teilen die kaputt gehen können. An der Box selber kann nur durch mechanische Einwirkungen (Stoß) irgendetwas kaputt gehen oder ist schon vom Bau her beschädigt. Zwar lebt Holz, jedoch verwendet man natürlich Holzarten die dieses nicht so ausgeprägt haben (Span, MDF, Multiplex)

Der Treiber an sich selber kann durch mehrere Dinge kaputt gehen. Einmal natürlich durch Überbelastung. Dabei muss man unterscheiden ob man dem Treiber zuviel Leistung verabreicht (thermische Belastungsgrenzen) die dazu führen, daß die elektronischen Bauelemente Schaden nehmen können (Spule, Zuleitungen, Kondensatoren Widerstände) und das nicht herausfiltern extrem tiefer Frequenzen, so daß schon bei kleiner Leistung die Membran am Maximalausschlag sich befindet. Dadurch kann die Membran beschädigt werden aber auch die Zentrierspinne, die der Membran entgegen wirkt, Schaden nehmen.

Weitere Beschädigungen sind festzustellen durch reißen der Membran.


Zur Bewertung der möglichen Schäden. Gerissene Membrane und defekte Boxen an sich selbst kann man sehr gut durch einen gründlichen optischen Test der Box feststellen.
Zur thermischen Überlastung: Anschließend wird meist der Treiber so defekt sein, daß man nichts mehr hört, bzw. wenn nur einzelne Bauelemente (aus einer Weiche oder Saugkreis) defekt sind, werden Frequenzen so widergegeben, daß es sich einfach grauenhaft anhört. (Überhöhungen meist in Mitten und Höhen) Dabei sollte man einfach das gesamte Frequenzspektrum durchfähren und gut zuhören.

Zum guten Schluß die Zentrierspinne und deren Schäden. Diese Schäden entstehen nur durch langwellige Frequenzen, also Tiefen. Eine normale Gitarre kann als tiefste Frequenz in normaler Stimmung 110 Hz Töne erzeugen. Diese sind noch absolut im grünen Bereich. Wenn man allerding darüber Bass gespielt hat oder womöglich komplett zweckentfremdet wurde, sind Schäden dort nicht auszuschließen.


Fazit: Bevor man diese kauft, gründlicher Blick, anschließendes Testhören und auch mal Testspielen.

Insgesamt sind neue Lautsprecher nicht umbedingt besser als Alte, nur weil sie neu sind, sondern es kommt auf deinen Geschmack an. Je nach Material, Boxentyp, Konstruktion und verwendete Weichen / Saugkreise kann man Boxen in einer gewissen Art "sounden". d.h. Quellen und Senken im Frequenzverlauf erzeugen oder verhindern.

Vor- und Nachteile der diversen Typen gibts bei google natürlich.

mfg max
 
Hi Max.

Wow, danke für die ausführliche Antwort. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, schätzt Du das Risiko bei gebrauchten, alten Lautsprechern als überschaubar ein, wenn man beim Kauf Augen und Ohren offen hält.
Mir ist klar, dass es sowohl bei alten, als auch bei neuen Lautsprechern gute und schlechte gibt, und letztendlich das Ohr entscheidet, was es lieber hört.
Ich dachte bei meiner Frage eher an Verschleiss oder Abnutzung, da in einem Lautsprecher ja nun mal bewegliche und bewegte Teile sind. Aber was Du schreibst klingt erst mal für mich plausibel. In den meisten Fällen wird es wohl wirklich so sein, dass Überlastung zur mechanischen Zerstörung des Lautsprechers führt, die dann hörbar, bzw. oftmals nicht mehr hörbar ist.
Bin gespannt was es sonst noch für Meinungen gibt.

Liebe Grüße,
Ralf
 
mmax lässt eigentlich keine Fragen mehr offen, außer vielleicht, ob man selbst die Infos aus der Praxis nachvollziehen kann.
Ich kann sagen: ja. Defekte Lautsprecher machen sich in der Regel deutlich bemerkbar, welche, die ich als funktionierend gebraucht gekauft habe sind bei mir auch in diesem Zustand geblieben, so lange ich sie sachgerecht behandelt habe. Keine bösen verdeckten Fallen.

Mir persönlich liegen eingespielte speaker mehr als frische, ich gehe mal davon aus, dass in der Regel krispe Höhenwiedergabe mit der Zeit etwas nachlässt. Es könnte sein, dass das nicht jedem liegt.

Meine älteste Box ist 38 Jahre alt, hat bevor sie in meine Hände gelangte etwa die Hälfte ihres bisherigen Lebens mit hartem Tourstress verbracht und danach mit etwas mäßigerem. Sie klingt immer noch tadellos und wesentlich besser als ihre 20 Jahre jüngere Schwester (die leider nur langsam reifen darf)
 
moin tschakor,

du hast mich richtig verstanden, daß ich das Risiko als absolut überschaubar halte, solang man kein Narr ist und einfach alles kauft.
Ich kann frankpaush insofern zustimmen, daß sich der Zustand sich allgemein nicht ändert, außer durch eigene unsachgemäße Behandlung.

Zum sogenannten Einspielen möchte ich sagen. Bei fabrikneuen Membranen kann man bemerken, daß in den ersten 10-15 Stunden Spielzeit sich sowohl der Frequenzverlauf aber auch die sogenannten TSPs noch ändern, dadurch daß die Membran elastischer wird. Deshalb spielen viele Hifihörer ihre Lautsprecher ein, dass sogenannte Wobbeln. Betroffen sind dabei aber durch ihre Größe die Tieftöner, weniger Mittel- und Hochtöner.
Dieses ist in meinen Augen jedoch absolut nicht nötig, solang man die Treiber in erster Zeit nicht bis zur Belastungsgrenze aufdreht, welches man sowieso nicht machen sollte.

mfg max
 
hi!
aus meiner erfahrung, bzw. meinen über die zeit gewonnenen erkenntnissen, möchte ich noch etwas ergänzen...

ja, es gibt viele alte speaker die prima klingen und auch noch prima funktionieren - aber, es gibt (leider) auch viele alte speaker (ich denke da insbesondere an alte jensens und oxfords) die sehr fragil sind und bei denen ein ausfall nur einen tritt auf den verzerrer entfernt liegt ;)

diese speaker wurden damals mit "animal hyde glue" (ich glaube das nennt man knochenleim - bin aber nicht ganz sicher) gefertigt. dieser leim wird mit der zeit hart und brüchig. das kann solange gut gehen wie man den speaker nur zart belastet, aber man kann mit einiger sicherheit davon ausgehen, daß diese speaker kaputtgehen wenn man sie größerer mechanischer beanspruchung aussetzt.

alte celestions scheinen in dieser hinsicht sehr viel stabiler zu sein. die die ich habe/hatte sind/waren jedenfalls alle in ordnung und klingen/klangen super - auch nach exzessivem einsatz von 50w-marshalls mit verzerrern ;)

sorry, mit anderen alten fabrikaten habe ich praktisch wenig erfahrung...

cheers - 68.
 
Hi Goldtop,

Jensen und Oxford findet man ja in vielen alten Fender Amps und Cabinets. Kann man Deine Aussage auf bestimmte Baujahre festmachen, oder würdest Du das durch die Bank für 60er und 70er Jahre so sagen.
Da lasse ich dann besser die Finger von. Schade eigentlich, denn gerade alte Fender Cabinets bekommt man häufig günstiger als neue Boxen.

Danke und liebe Grüße,
Ralf
 
hi taschakor!
meines wissens betrifft das insbesondere jensens und oxfords VOR 1965. wann da genau die grenze war (64? 65?) kann ich nicht sagen. ich hatte/kenne diese probleme vor allem von speakern vor ´64.

hinzu kommt, daß die belastbarkeit dieser speaker zum teil sehr gering war - ein jensen "r" modell war z.b. mit 12 watt angegeben!

es war bis in die mitte der 60er jahre üblich, daß fender in den "beipackzetteln" erwähnte, daß man es vermeiden sollte den amp soweit aufzudrehen daß man einen verzerrten sound aus dem speaker hört ;)

ich hatte einen ´65er pro reverb mit den originalen oxfords der diese probleme nicht hatte - das waren offenbar schon sehr stabile speaker.

cheers - 68.
 
Hi Goldtop,

dann werd ich beim antesten mal drauf achten möglichst brachial zur Sache zu gehen, wenn mir das Baujahr unklar ist ;-)
Vielen Dank für die Info.

Liebe Grüße,
Ralf
 
Hi ..

also ich wollt mal auch noch ws sagen !!

Ich habe mir ne '68er Marshall box gekauft!! mit den berühmten G12 Speakern - einfach ein Sahne teil. Würd ich nie hergeben!! Also ich muss sagen die alten sind einfach die Besten !! - da führt kein weg dran vorbei!!

wo man drauf achten sollte: die Sicken ( verknüpfung der Membran mit dem Chassis ) sollte noch Intakt sein. bei Alten Speakern ist diese aus Papier, bei neueren aus Schaumgummi, was wesentlich schneller kaputt geht!!

Ein riesen NAchteil bei den alten Boxen ist: DER PREIS *gg*
 

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