Wie kommt der Sound in die Finger ?

ollie":239dj38s schrieb:
man merkt, dass du "Tontechniker" bist.....Betonung liegt auf Techniker.... :lol:

Der?
Der hat sich doch nur mal als keiner geguckt hat an einer großen Konsole auf den Stuhl gestell, damit man ihn dahinter überhaupt sehen kann!

:-D
 
Hm, neben den ganzen (tlw. schon lyrischen) Ausführungen zu der Thematik, wage ich mal zu behaupten, dass nur ganz wenige Player über einen eigenen Sound verfügen, der u.U. auch von "Nicht-Gitarristen" erkannt werden kann.

Und würde man diese nach ihrem "Geheimnis" fragen, würden sie wahrscheinlich mit den Schultern zucken... das ist wie mit einer außergewöhnlichen Stimme (Klangfarbe) - tech. gut singen/spielen könne ja viele, Wiedererkennungswert haben nur wenige.
 
Hallo!

Marcello":1rcycp6l schrieb:
Pianisten haben´s recht schwer: Wo kommt bei denen der Sound raus? Jaaa, aus´m Klavier! Irgendwie scheiße, oder?

Ach du je.

Ich habe lange Jahre mit meiner Ex-Freundin und ihrem Klavier zusammen gelebt. Ein Jahr lang hatte ich Klavierunterricht.

Die Vielfalt an Klängen, die man aus einem guten Klavier oder gar aus einem guten Flügel holen kann, ist unglaublich. "Alle meine Entchen" können klingen wie ein zackiges, militärisches Statement oder wie ein letzter Gruß vorm Suizid - alles mittels Anschlag.

Manchmal spielte ich danach eine gute akustische Gitarre mit deutlich über zwanzig Jahren Spielpraxis in den Fingern und fühlte mich limitiert.

Nichts gegen Klaviere!

Gruß

erniecaster
 
Jemand meinte mal, bei mir klänge auch eine Strat immer irgendwie nach Paula und überhaupt, da muss doch ein Wahwah versteckt sein. Nee, isses nich.
Keine Ahnung.
Ich habe so einen komischen Anschlag, irgendwie treffen Plek halbversteckt hinterm Finger mit Fingerkuppe und Fingernagel gleichzeitig auf die Saiten, ganz sonderbar. Kann ich nicht erklären, kann ich keinem beibringen, das kam einfach so. Irgendwann als ich so um die 30 war, fiel das immer mehr auf.
Ist wohl eine Ansammlung von diversen Spielfehlern, die sich zu dem akkumulierten, was man dann "Sound aus den Fingern" nennt, vermute ich.
Denn die perfekten Studiomucker klingen meist sehr sauber und relativ gleich, finde ich, ohne das abwertend zu meinen.
 
bimbam":3vttafa9 schrieb:
das ist wie mit einer außergewöhnlichen Stimme (Klangfarbe) - tech. gut singen/spielen könne ja viele, Wiedererkennungswert haben nur wenige.

Unsinn.

Freddy Mercury, Bob Dylan, George Harrison, Neil Young, Levon Helm, Peter Gabriel, Tom Petty, Tina Turner, Aretha Franklin, Elton John, Gerry Rafferty, John Lennon, Mick Jagger, Annie Lennox, Phil Collins, Eric Clapton, Roy Orbinson, George Michael und und und.

Alles Stimmen mit hohem Wiedererkennungswert.

Und selbst, wenn Otto-Normalverbraucher der Name zur Stimme nicht einfällt, so kann er zumindest die Band nennen, zu der die Stimme gehört.
Denn die Stimme bestimmt in den meisten Fällen den Wiedererkennungswert einer Band. Ich betone noch mal…..im Bewusstsein des normalen Konsumenten, ich spreche nicht von Gitarren-Freaks.

Gitarristen hören das nicht gerne. Sie sind die eitelsten Gockel im Musikzoo und meinen, um sie drehe sich die Welt.

Darum gibt es auch so wenig weibliche Gitarristen. Psychologen können das erklären. Gitarre=Phallus-Ersatz. Frauen brauchen das nicht.

Ganz selten, dass ein Gitarrist in den Augen des normalen Konsumenten gleichrangig neben der Stimme steht. Keith Richards ist so ein Typ. Bei ihm verschmelzen Persönlichkeit (Charisma) und unverwechselbarer Ton zu einer Einheit und fertig ist die Ikone neben Jagger.

Was den Ton betrifft, der aus den Fingern kommt:

Das ist nichts anderes, als das, was man „Handschrift“ nennt, anzutreffen in allen Bereichen der Kunst.

Vorausgesetzt, man legt seinen Focus nicht alleine auf die Gitarre, sondern ist allgemein künstlerisch interessiert, dann trifft man diese Handschrift in allen Bereichen der Kunst an.

Ein Gauguin, Canaletto, Picasso, van Gogh, Feininger ist am Strich zu erkennen, egal ob Ölgemälde, Aquarell oder Kohlezeichnung.

Tarantino, die Brüder Cohen, Martin Scorsese oder Coppola erkennt man recht sicher, nachdem man einige Sequenzen ihrer Filme gesehen hat.

Lagerfeld hat seinen eigenen Stil, egal ob Wintermantel oder Abendkleid, immer zu erkennen.

Die Beispiele lassen sich unendlich fortsetzen.

Wie funktioniert das? Ist wie mit der Liebe. Man kann es nicht erklären, egal wie viele kluge Köpfe versucht haben, es in Worte zu fassen.

Selbstbewusstsein, Eigensinn, Beschränkung auf das Mögliche, aber das Mögliche gut machen, nicht auf andere schielen, nicht versuchen zu klingen wie Hans und Franz, nicht kopieren, Persönlichkeit entwickeln und, das Schwierigste……….Kreativität. Von der alle glauben, dass sie sie haben, aber nur wenige Begabte haben sie wirklich.

Ich z.B. leider nicht.

Tom
 
Hallo Tom,


little-feat":qd1bnz9o schrieb:
Selbstbewusstsein, Eigensinn, Beschränkung auf das Mögliche, aber das Mögliche gut machen, nicht auf andere schielen, nicht versuchen zu klingen wie Hans und Franz, nicht kopieren, Persönlichkeit entwickeln und, das Schwierigste……….Kreativität. Von der alle glauben, dass sie sie haben, aber nur wenige Begabte haben sie wirklich.

Ich z.B. leider nicht.

Tom

Auf die Gefahr hin, auf "fishing for compliments" hereinzufallen.

Du hast das.

Vielleicht nicht beim Gitarrespielen, das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber hier schon.


Gruß

erniecaster
 
Pfaelzer":2lfybjuu schrieb:
:

- Wie kommt/kam bei euch der Sound in die Finger ?
- Ab wann habt ihr gemerkt, dass ihr auf jedem Equipment ähnlich und trademarkverdächtig klingt ?
- Und was habt dafür getan, dass dem so ist ?
p

1. Könnte ich ganz anders, würde ich gerne damit überraschen! Die Summe all dessen, was ich nicht kann lässt das übrig, was nach mir klingt.
2.Meine Hörgewohnheiten sind nicht weniger beschränkt als meine Spielgewohnheiten. Wenn man schon immer das selbe Zeug gniedelt, will man es auch gerne in gewohnter Umgebung tun... :roll: Also dreht man an fremden Anlagen, bis es wie immer klingt.
3. Ich habe nicht geübt.
Im Ernst: Hätte ich mehr geübt und mein Repertoire erweitert, so könnte ich verschiedene Stilistiken und verschiedene Sounds anbieten. Die Auseinandersetzung mit bekannten Künstlern und ihrem Equipment hätten mich da bilden können, aber so etwas hat mich nie interessiert.

Ich könnte behaupten, dass mein Spiel einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. Das stimmt sogar.
Aber er entspringt leider meinem Unvermögen.
 
gitarrenruebe":fvb6nnkt schrieb:
Tom, sag ja und geh mit Ernie nach hinten.
Besorg es ihm richtig, dass hier mal Ruhe ist mit der Baggerei ...

Ich bin ja im allgemeinen nicht aufs Maul gefallen. Aber dazu fällt mir jetzt im Moment nix Treffendes ein. Muss man ja auch mal zugeben.

Außer:

Macht wieder Spaß hier mit Leuten wie euch. Im Moment :cool:

Tom
 
W°°":1egvl1nb schrieb:
Ich könnte behaupten, dass mein Spiel einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. Das stimmt sogar.
Aber er entspringt leider meinem Unvermögen.
Na und? Viele Kollegen kommen nicht einmal so weit. Immerhin spielst Du - gemessen an Deinem Unvermögen - ziemlich unglaublich.
W°°":1egvl1nb schrieb:
Im Ernst: Hätte ich mehr geübt und mein Repertoire erweitert, so könnte ich verschiedene Stilistiken und verschiedene Sounds anbieten. Die Auseinandersetzung mit bekannten Künstlern und ihrem Equipment hätten mich da bilden können, aber so etwas hat mich nie interessiert.
Interessant. Wie wir beide uns aus entgegengesetzten Ausgangspositionen auf einander zu bewegen. Ich habe mit dem Klonen von irgendwelchen namhaften Kollegen angefangen und das kultiviert, und nun versuche ich, diesen Ballast los zu werden, um mal etwas originäres abwerfen zu können...

Tante Edit: Eigentlich egal. Mache sagen, sie könnten uns an unserem Spiel erkennen (und es klingt nicht ganz so, wie ein Schwein pfeift :lol: )
Ist doch schomma was, oder?
 
Ich bin erstaunt und werde ganz demütig wenn ich sehe wieviele sich hier hochphilosophische Gedanken machen /gemacht haben.
Ich spiel einfach so wie es mir gefällt. Das ist nicht jeden Tag gleich.
Manch andere findens schön, manchen isses egal, manche findens "boch'n". Was solls.
Zu guter letzt reicht es ein einziges Saxsolo am Abend zu spielen um mein Gitarrenspiel unsichtbar zu machen. Vom Singen, dass den Leuten sowieso wesentlich wichtiger ist, ganz zu schweigen.

Ich hab am Sax die gleiche Idee wie ein Vibrato klingen muss wie auf der Gitarre und eine vergleichbare Melodieführung. Also muss sich da im Kopf was eingenistet haben was meine Ohren hören wollen. Das ganze wird dann noch von aussen gefüttert durch die immer gleiche Musik die mir gefällt.
Die einen nennen es Unvermögen, die anderen Stil und manche Bullshit. Und alle haben wohl irgendwie recht.

Schönen guten morgen aus Ö
Auge
EDIT: Meine Ambitionen ein guter Musiker für Musiker zu sein sind gering. Meine Ambitionen gute Musik für die Zuhörer zu machen und diese auch zu Unterhalten sind gross.
 
little-feat":ylsc0ew3 schrieb:
bimbam":ylsc0ew3 schrieb:
das ist wie mit einer außergewöhnlichen Stimme (Klangfarbe) - tech. gut singen/spielen könne ja viele, Wiedererkennungswert haben nur wenige.

Unsinn.

Freddy Mercury, Bob Dylan, George Harrison, Neil Young, Levon Helm, Peter Gabriel, Tom Petty, Tina Turner, Aretha Franklin, Elton John, Gerry Rafferty, John Lennon, Mick Jagger, Annie Lennox, Phil Collins, Eric Clapton, Roy Orbinson, George Michael und und und.

Alles Stimmen mit hohem Wiedererkennungswert.


Tom

ich find es immer wieder interessant. Es wird die Aussage eines anderen als Unsinn bezeichnet um letztlich genau das gleiche zu wiederholen was gesagt wurde, nur mit einer etwas verschobenen Fokusierung.... :-D

gleichzeitig bei allen Themen und Aussagen immer auf Geschmack und freie Meinung pochend - aber anderen das UNSINN entgegenschmettern - das braucht es eigentlich nicht unbedingt....und ist aus meiner Sicht exakt der Grund für den ruppigen Umgangston, und hier habe ich einen der Übeltäter mal wieder auf frischer Tat ertappt.....

VG
oli
;-)
 
Pfaelzer":2qstw9ny schrieb:
ollie":2qstw9ny schrieb:
gleichzeitig bei allen Themen und Aussagen immer auf Geschmack und freie Meinung pochend - aber anderen das UNSINN entgegenschmettern - das braucht es eigentlich nicht unbedingt....und ist aus meiner Sicht exakt der Grund für den ruppigen Umgangston, und hier habe ich einen der Übeltäter mal wieder auf frischer Tat ertappt.....
[OT und Kritiksucht an]Lieber Ollie,

Deine in letzter Zeit gezeigte Neigung, Andere nach deren Aufnahmen zu bewerten, diese Bewertungen hier vollmundig zu posten und daraus deren Recht bzw. Nicht-Recht zum dezidierten Posten zu folgern und zu verteilen, lässt diverse Menschen auch keine Choräle für Dich singen.

Wie Du so schön an anderer Stelle schriebst:
Ollie":2qstw9ny schrieb:
Letztlich ein nett gemeinter dito-Saitenhieb....

p


hier ging es um einen Spiegel im anderen um das berühmte Glashaus - beides habe ich mir erlaubt, so wie du dir deinen KSM in jeder Phase der Diskussion zugestehst....warum darfst du etwas, was ich nicht darf???

ich bewerte wenn dann die Musik und das Spiel - sicher nicht den Menschen, es tut mir leid das du schlechtes von mir denkst....
 
Pfaelzer":1k9rgb48 schrieb:
es ging mir hier eher um den Zusammenhang "wenn Du nur so schlecht spielen kannst, darfst Du hier auch nicht aufmucken".

Weiteres per PN

,..

und vom wem (ausser deiner freien Interpretation meiner Intention) stammt dieser Zusammenhang - um den es weder hier noch im anderen Thread (und somit hier OT) geht?

nochmal: hier geht es um den Begriff "Unsinn" der deplaziert rüberkommt
im anderen Thread bin ich mit Muelrich wieder übereingekommen...der sieht das übrigens nicht so wie du....

hier würde ich allenfalls die Interpretation nachvollzeiehn können, wer kritisiert sollte nie vergessen, das man sich immer selbst mitbewertet....vielleicht nicht bewußt, aber unbewußt....

darüber kann man gerne diskutieren, ob das jedem wirklich klar ist....
 
Hi!

Immer daran denken: Wenn Peter über Paul spricht, erfährt man weniger über Paul als über Peter.

Gruß

erniecaster
 
Etwas späte Antwort, aber was soll's.

Also, ich bin ja der Meinung, dass man "Ton" (oder halt auch "Sound") durchaus lernen, bzw. zumindest - auch sehr konkret - daran arbeiten kann. Es handelt sich ja auch keinesfalls um Magie, höhere Quantenphysik oder dergleichen.
Die komplette "Finger/Ton/Sound" Abteilung lässt sich unterm Strich doch relativ leicht in einzelne Parameter aufbrechen - und an wirklich jedem dieser Parameter kann man arbeiten, streckenweise sogar ganz zielgerichtet.

Bevor ich mir mal die Mühe gebe, diese Parameter aufzulisten, möchte ich aber durchaus bemerken, dass, was die letztliche Auswahl und das Zusammenspiel dieser Parameter angeht, man eben keine wirklich objektiven Entscheidungen treffen kann. Ist also ein wenig anders, als sich bspw. zum Ziel zu setzen, C-Dur, 7. Lage in 16teln bei 150BPM spielen zu können. Die letztendliche Entscheidung, was ich (oder meinetwegen auch andere...) für "guten Ton" halte, ist dann wieder einer gewissen Subjektivität ausgesetzt.
An den einzelnen Bestandteilen ändert das aber rein gar nix. Und meiner Meinung nach zählen Dinge wie "das bin eben ich" oder "einem ollen Köter bringt man keine neuen Tricks mehr bei" nix - zumindest nicht, solange man sich nicht mal mit diesen Parametern mehr oder minder eingehend auseinandergesetzt hat. Und ich denke, dass all die Gitarristen, die für ihren guten Ton bekannt sind, das sehr intensiv gemacht haben bzw. immer noch machen.

Ok, woraus besteht "guter Ton"?


1) Tonerzeugung

1a) Wie wird der Ton erzeugt?
Abgesehen von spezielleren Techniken wie Tappings/Hammerings (was eher bzw. auch in den nächsten Punkt fällt) sollte das üblicherweise mit der rechten Hand geschehen.
Man kann mit verschiedenen Plektren an verschiedenen Stellen der Saite mit verschiedener Härte anschlagen. Oder man kann die Finger benutzen. Ferner gibt es so nette Dinge wie "Pinch Harmonics" und andere Sauereien ("Chicken Scratching" etwa).
Daraus alleine ergibt sich, speziell wenn man auch noch verzerrte Sounds benutzt, eine bereits schier unendliche Anzahl von Tonformungsmöglichkeiten.

1b) Wann wird der Ton erzeugt?
Ich meine hier jetzt weniger rhythmische Elemente (die fallen für mich eher unter einen anderen Punkt, s.u.) sondern das "Timing". Spiele ich eher "lose", "tight", "hinten" oder "vorne"? Macht meiner Meinung nach unglaublich viel aus, was den Charakter welcher Sorte Gitarren auch immer angeht.


2) Artikulation

Speziell auf der Gitarre (und wiederum noch mehr, wenn Verzerrung eingesetzt wird), stehen einem hier Myriaden an Optionen zur Verfügung. Eigentlich könnte man das in vielen Unterpunkten noch detaillierter erläutern, ich belasse es hier mal bei ein paar Stichworten:
- Slides/Slurs. Von unten oder von oben? Vom nächsten Bund aus? Vom übernächsten? Über's halbe Griffbrett?
- Bendings. Up oder down? Halbton? Ganzton? Mehr als das?
- Fingervibrato. Weit? Eng? Schnell? Langsam? In time oder nicht?
- Zusätzliches Zeug wie Jammerhaken, eBows und Konsorten.

Hinzu kommt eben, dass die Artikulationssache in mehr oder minder engem Zusammenhang mit der eigentlichen Tonerzeugung steht. Wenn wir beides zusammenzählen, ergeben sich nur für eine einzige Note eine Anzahl von Spielmöglichkeiten, die kaum einer von uns jemals in vollem Umfang ausschöpfen dürfte. Ich erinnere mich an einen Artikel von Steve Vai im Guitar Player, der hieß irgendwie "Musical Meditation" oder so. Das Credo war mehr oder minder "nehm eine einzige Note und schau mal, was du damit machen kannst". Sollte man vielleicht einmal im Leben ausprobiert haben - ich kann fast dafür garantieren, dass man irgendwann auf die ein oder andere Idee kommt.


3) Notenwahl

Tja, hier geht's jetzt so richtig los.
Über einen schnöden Amin-Akkord kann ich, wenn ich den "dorisch behandele", im Prinzip sämtliche Töne aus G-Dur benutzen. Das sind, wenn wir in einer Oktave bleiben, schon mal 7 mögliche Töne (gilt m. Einschränkungen auch für ein Amin aus C-Dur, also äolisch). Für welche Note entscheide ich mich? Mache ich das wirklich bewusst? Weiß ich überhaupt, wie 'ne None über 'nem Moll-Akkord klingt?
Und dann kommt noch was hinzu, das eigentlich schon in den nächsten Punkt fällt: Selten spiele ich nur eine Note. Bei zweien ergeben sich innerhalb einer Oktave schon 7x7 Möglichkeiten. Ich überlasse es euch, auszurechnen, wie viele Optionen wir haben, wenn wir vom ganzen Griffbrett und - sagen wir - einem Takt voller 16tel Noten Gebrauch machen. Es sind jedenfalls mehr Möglichkeiten, als wir jemals im Stande sein werden zu spielen.
Ferner gesellen sich in punkto "Tonfolgen" auch noch gewisse Dinge hinzu, die ich mal grob als "von musikalisch relevantem Charakter" beschreiben möchte. Spiele ich eher skalar? Bin ich eher der Pentatonik/Blues-Typ? Oder stehe ich auf Akkordtöne (sprich, Arpeggien und Konsorten)? Möchte ich's eher "glatt" oder gerne auch mal "outside"?
Und wie gesagt, da kommt dann schon der nächste Punkt herangeflattert.


4) Phrasierung

Ein unglaublich komplexes, nichtsdestotrotz (zumindest meiner bescheidenen Meinung nach) von den meisten sehr wenig erforschtes Gebiet.
Sagen wir mal, ich habe einen günstigen "Zielton" über welchem Akkord auch immer. Wie komme ich dann dahin? Spiele ich auf den Ton zu, also in Art eines Auftaktes? Spiele ich vom Ton weg? Kombiniere ich beides?
Und wenn das geklärt ist, in welchem "Pattern" bewege ich mich zum Ton hin (bzw. davon weg)?
Wann wiederhole ich eine Phrase? Wann variiere ich sie? Wann beende ich sie?
Hinsichtlich der letzten Fragen gibt es eine sehr interessante Stelle in Scott Hendersons zweitem Lehrvideo ("Melodic Phrasing" oder so). Er vergleicht da Phrasen mit Sätzen, Aufzählungen und dgl. Und irgendwann meint er eben, dass man ja auch nicht sagen würde "Ich gehe Tomaten kaufen" und danach gleich nochmal "Ich gehe Tomaten kaufen". Anders hingegen wäre es bei anderen Dingen - "Ed hs sex with his girlfriend". "Hey, why not do it again? Ed has sex with his girfriend!". "Why not again: ED *REALLY* HAS SEX WITH HIS GIRLFRIEND!". Ein durchaus interessanter Ansatz, oder?
Welche Phrase nun Tomate, welche Sex ist - naja, das muss man dann schon selber entscheiden. Aber darüber nachzudenken lohnt in jedem Fall.

In das Gebiet der Phrasierung fallen noch recht viele andere Dinge, über die sich die wenigsten Leute Gedanken zu machen scheinen, speziell eigentlich hinsichtlich der Rhythmik. Auch hier liefert der gute Scott ein ganz erstaunliches Beispiel, er spielt da irgendwelche komischen Töne, nur halt dass der Richtungsverlauf und die Rhythmik "Jingle Bells" entspricht. Und ich schwör's: JEDER wird das sofort hören, obwohl die eigentlichen Töne totale Grütze sind.

Wie dem auch sei, mit einer "überdachten" (im besten Fall natürlich intuitiv benutzten) rhythmischen Gestaltung von Phrasen kann man seinem Tun mehr "Glaubwürdigkeit" vermitteln. Das gilt übrigens genau so für's Rhythmus-Spiel, keinesfalls nur für's Gniedeln.


5) Chops

Für die unbeschlageneren: Hier handelt es sich um mit höherer Akkuratesse (in vielen Fällen eben auch schnell) ausgeführte Licks, Patterns, etc.
Die haben jetzt nicht so ganz offenschtlich mit "Ton" zu tun, stellen aber im Wesentlichen eine Kombination aller o.g. Sachen dar, sind deshalb auch eigentlich mehr oder minder direkt mit dem Thema "Ton" in Verbindung zu bringen.

-----------------

Soweit zu der Auflistung. Es mag sicherlich noch den ein oder anderen kleinen Unterpunkt geben, aber wenn man mal genau drüber nachdenkt, dann kann man "Ton" doch ziemlich genau nach diesen Kriterien analysieren. Und man kann eben alle enthaltenen Zutaten ganz zielgerichtet verbessern (oder sich eben zumindest mal zu Gemüte führen).
Ich habe für mich (und streckenweise auch für Schüler) gewisse Übungsansätze (mal mehr, mal weniger konkret) entwickelt, die sich ganz individuell den Punkten und Unterpunkten widmen. Kann ich gerne mal von berichten, falls Interesse besteht.

Gruß
Sascha
 
Hallo Sascha,

Ich bringe es nicht übers Herz, das unkommentiert zu lassen: schöner Beitrag!

Sascha Franck":7zkzsf6o schrieb:
Ich habe für mich (und streckenweise auch für Schüler) gewisse Übungsansätze (mal mehr, mal weniger konkret) entwickelt, die sich ganz individuell den Punkten und Unterpunkten widmen. Kann ich gerne mal von berichten, falls Interesse besteht.

Gruß
Sascha
Ja, besteht. Mach dafür aber einen eigenen Thread auf.

Schönen Tag noch

Daniel
 
Wow,

sehr gute und informative Zusammenstellung!

Nur eine kleine Anmerkung:
1) Tonerzeugung

1a) Wie wird der Ton erzeugt?
Abgesehen von spezielleren Techniken wie Tappings/Hammerings (was eher bzw. auch in den nächsten Punkt fällt) sollte das üblicherweise mit der rechten Hand geschehen.
Man kann mit verschiedenen Plektren an verschiedenen Stellen der Saite mit verschiedener Härte anschlagen. Oder man kann die Finger benutzen. Ferner gibt es so nette Dinge wie "Pinch Harmonics" und andere Sauereien ("Chicken Scratching" etwa).
Daraus alleine ergibt sich, speziell wenn man auch noch verzerrte Sounds benutzt, eine bereits schier unendliche Anzahl von Tonformungsmöglichkeiten.

Ich glaube du meintest wie man den Ton bei der Gitarre erzeugt, und du hast dies ja auch richtig beschrieben, doch im Allgemeinen Sinne wird ein Ton erzeugt wenn eine schwingende, in diesem Fall, Saite eine bestimmte Frequenz überschreitet (beim Menschen liegt die bei ca. 35Hz wenn ich mich nicht irre).


Das war jetzt nur ein bisschen Klugscheisserwissen, aber ich finde die Zusammenfassung wirklich gelungen, und dies soll kein persönlicher Angriff sein oder so etwas. Ich wollte lediglich berichten, wie ein Ton im rein Physikalischen Sinne erzeugt wird!


MfG
Walnut_Burl



Edit: Ich wäre auch dankbar, wenn du die Übungen posten würdest :-D
 
nolinas":2v4x39k7 schrieb:
Sascha Franck":2v4x39k7 schrieb:
Ich habe für mich (und streckenweise auch für Schüler) gewisse Übungsansätze (mal mehr, mal weniger konkret) entwickelt, die sich ganz individuell den Punkten und Unterpunkten widmen. Kann ich gerne mal von berichten, falls Interesse besteht.

Gruß
Sascha
Ja, besteht. Mach dafür aber einen eigenen Thread auf.

Ja, da schließe ich mich an, das fänd ich interessant.
Viele Grüße,
woody
 
@Sascha Franck: Ja, ich denke, das hast Du ziemlich umfassend dargestellt.

Grüße Thomas
 
Bin gerade noch auf Tour, weiß nicht, ob ich da zu was komme, aber ich mach' dann mal spätestens danach 'n neuen Thread auf und poste hier 'n Link.

Grüße
Sascha
 

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