Liebes Forum,
ich finde diesen Thread ja über alle Maßen interessant, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich nur ca. 10% davon verstehe, was ich bis jetzt gelesen habe.
Aus meiner Laien-Perspektive:
Die alten Prince-Platten klingen schrecklich leise. Die neuen sind unglaublich laut (ich muss da immer zurückdrehen). Sie klingen aber auch sehr verdichtet und irgendwie "technisch".
Ich kenne eine Platte, von der ich sagen würde, sie klingt "perfekt", und das ist "Two Against Nature" von Steely Dan: Die hat so viel Luft, dass man eine Mütze anziehen möchte, und alles ist ganz präsent und vorne (und noch dazu wunderbar im Stereo-Raum aufgeteilt). Wenn ich das so sagen darf (*schwafel*): Sie klingt leise, aber sie ist laut. Sie murmelt, aber das ganz deutlich, nah und hörbar. (Auf der Platte ist das Stück "Jack of Speed"; das kennen vielleicht ein paar von euch. Aber bereits das Intro von "Gaslighting Abbie" ist ein akustisches Wunderwerk: Ein paar ganz zart angetupfte Instrumente, und es öffnet sich ein riesiger und doch ganz naher Raum - echt jetzt!)
Ich versuche natürlich, auch so etwas hinzukriegen. Und das funktioniert, das muss man gar nicht dazu sagen, nicht mal ein kleines bisschen: Bei meinen eigenen Aufnahmen habe ich nur die traurige Wahl zwischen "leiser als alle anderen Stücke aus dem Radio" und "Geschrei".
Insofern wäre es für mich schon eine Beruhigung, wenn es so wäre, dass jetzt andere auch wieder leiser klingen (ich habe den Grönemeier aber nicht gehört): Dann wären meine Aufnahmen wenigstens nicht mehr die einzigen leisen (ob in guter Gesellschaft, ist aber eine andere Frage, das lasse ich mal dahinstehen....). Ich bin mir aber nicht einmal sicher, ob ich den Ausgangspost in dieser Hinsicht richtig verstanden habe.
Wenn ich versuche, etwas wenigstens ein bisschen "laut" zu machen, dann geht das bei mir nicht "im Mix", wie der Pälzer das anregt. Warum? Weil ich "im Mix" darauf achten muss, den Gesamtpegel nicht zu übersteuern. Ich ziehe diese ganzen Fader im Zweifel also eher nach unten als nach oben, und so viel habe ich verstanden: nach unten ist nicht lauter, sondern leiser.
Erst wenn ich alle Instrumente schön nebeneinander habe und der Gesamtpegel keine rote Farbe kriegt, versuche ich, das Ergebnis ein bisschen näher an das heranzuführen, was mir aus dem Radio entgegenbrüllt oder, wenn ich ganz mutig bin und keine Niederlage fürchte, etwas näher an "Two Against Nature" von Steely Dan. Von diesem Prozess dachte ich bislang, dass man ihn "mastern" nennt.
Das mache ich normalerweise mit einem 10-Band-EQ, einem Multikompressor, und einer Reihe von limiter-artigen Plugins. Alles Stangenware, alles Computer. Und ich bin einer von denen, die keine Lust haben herumzufummeln, sondern ich nehme Presets. Das einzige, was ich mache, ist, bei den Limitern jeweils ein bisschen zurückzugehen, denn ich kombiniere ja mehrere und gebe "von jedem nur ein bisschen", genau wie bei den hintereinander geschalteten Verzerrern aus dem anderen Thread.
Das Ergebnis: na ja. Kein Geschrei, das ist schon mal ok, aber richtig laut eben auch nicht. Muss man mit leben (und auf Grönemeier hoffen).
Bis jetzt habe ich mich ja immer mit folgendem Gedanken getröstet:
Die Steely Dans haben da ein Studio. Hinter den sieben Bergen. Und da gibt es eine Tür, auf der steht: "No admission" oder "Don't enter" oder irgendsowas. Und wenn man da reinkommt, dann steht da ein Gerät. Irgendsoein alter Limiter mit echten Röhren drin, da steht "Telefunken" drauf oder "Grundig", und den hat mal die Nasa verwendet oder die Royal Air Force. Zumindest wird das Ding nicht mehr gebaut, niemand weiß, dass noch ein einziges Exemplar auf der Welt existiert, und wenn man es bei Ebay anbieten würde, hätte das Auswirkungen auf die globale Finanzlage und die Wechselkurse, gegen die die letzte Finanzkrise eine Kindergartenveranstaltung war.
Und damit mastern die ihre Scheiben. Und wenn ich das gleiche Gerät hätte und nie einen einzigen Knopf verdrehen würde: Dann würden meine Aufnahmen genau so klingen wie "Two against Nature".
Viele Grüße,
Michael