FA-70

Hersteller
Aria
Das, was unter Musikern häufig als G.A.S. bezeichnet wird hatte mich auch am 5. September 2005 ereilt. Eine Jazz-Gitarre stand schon lange auf meiner Wunschliste und da die überwiegende Mehrheit meiner Instrumente vom japanischen Hersteller Aria stammten, war es nicht weiter verwunderlich, daß ich mich wieder hier umsah.

Bevor man jedoch eine gebrauchte Gitarre online kauft, sollte man sich so gut wie möglich informieren, da im Zuge des \"Vintage-Wahns\" viele Leute heutzutage versuchen, irgend ein Instrument möglichst teuer zu verkaufen.

Nach ein paar Wochen intensiver Marktbeobachtung schlug ich dann wieder zu. Ich hatte mir eine FA-70 auserkoren. Dieser Typ einer vollakustischen Elektrogitarre wurde bis vor kurzem noch von Aria in Korea gefertigt. Sie basiert auf der alten PE-175, die Mitte der 80er Jahre im Matsumoku-Werk in Japan produziert und auch als \"Herb Ellis-Modell\" bekannt wurde. Die neueren Modelle wurden gebraucht mit rund 500 Euro gehandelt und sollten recht hochwertig sein. Neue Instrumente waren nicht unter 700 Euro zu haben. Für nur 282 Euro konnte ich dann ein solches Instrument erwerben. Der Verkäufer konnte zur Herkunft des Instrumentes leider wenig mitteilen. Er hatte die Gitarre aus erster Hand Anfang 2005 von einem Musikladen in Hannover erworben, der sie mehrere Jahre zum Verkauf in Kommission ausgestellt hatten. Da er noch ein vergleichbares Instrument von Ibanez besaß, brauchte er die Gitarre nicht mehr.

Da die Gitarre ohne Koffer verkauft wurde, beschloß ich, das Instrument persönlich aus Hannover abzuholen, um die Risiken eines Versandes zu umgehen. Die nächste Dienstreise nach Holland führte dann eben nicht über Bremen, sondern über Hannover. Aufgrund der Verkehrssituation ist diese Reise mir und meinem Kollegen in dauerhafter Erinnerung geblieben. Statt wie geplant um 20:30 traf man erst gegen Mitternacht im Hotel in Nijmegen ein.

Eine genaue Identifizierung des Instrumentes gestaltete sich indes schwierig, da keinerlei Bezeichnung zu finden war. Erst ein Katalog aus dem Jahre 1992 brachte den entscheidenden Hinweis: Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine FA-70VS, deren Preis 1995 mit 850$ angegeben wurde. Die Kopfform gab hier den letztendlichen Ausschlag! Das Baujahr dieser FA-70 dürfte also zwischen 1992 und 1999 liegen. Danach wurde die Kopfform geändert.

Wie ich schnell feststellen könnte, bestand die Halskonstruktion aus 3 Teilen. Der Kopf war \"angeschäftet\" und auch der Halsfuß war mit dem eigentlichen Hals verleimt worden. Diese Art der Konstruktion spart bei der Produktion Kosten, gilt unter Fachleuten allerdings als nicht so hochwertig, wie eine einteilige Ausführung. Diese Art von Konstruktion war für die frühen koreanischen Produktionen jedoch typisch, da man hier stark auf die Kosten achtete. In so fern liegt die Vermutung nahe, daß es sich um eine frühe FA-70 handelt.

Die FA-70 besteht aus einer gewölbten Decke, die aus Fichtenholz oder Ahorn gefertigt wurde. Der Boden und die Zargen bestehen ebenfalls aus Ahorn. Sie verfügt über ein Ahornhals mit einem Griffbrett aus Rosenholz, in das 22 Bünde eingelassen wurden. Die Mensur beträgt 64,8cm. Der höhenverstellbare Steg besteht aus Ebenholz und wird nur durch den Druck der Saiten auf die Decke gepressed. Wer hier alle Saiten auf einmal wechselt, darf hinterher garantiert die Oktavreinheit einstellen.

Auch wenn sich die Qualität der FA-70 nicht mit meinen anderen Instrumenten messen kann, zählt am Ende nur eines: Der Klang! Die Gitarre liefert genau daß, was man vom großen Vorbild, der ES-175 von Gibson gewohnt ist: Weiche Klänge für Jazz-Titel sind ebenso möglich, wie schrille Rock\'n\'Roll-Sounds! Damit stellte sie eine ideale Ergänzung zu meinen anderen Instrumenten dar. Titel wie \"In the mood\" spiele ich jetzt mit der FA-70. Lediglich mit verzerrten Einstellungen sollte man vorsichtig sein. Aufgrund der Konstruktion neigen diese Gitarren sehr leicht zu unkontrollierbaren Rückkoplungen, die gegebenenfalls zur Zerstörung des Instrumentes führen können. Metal-Liebhaber werden mit diesem Instrument also nicht glücklich werden.

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\"Metal-Liebhaber werden mit diesem Instrument also nicht glücklich werden.\" - außer, sie heißen Ted Nougat oder so ähnlich.... ;-)
Lieber Onkel, ich lese auch diese Beschreibung wieder gerne. Schön recherchiert und unterhaltsam. Nur eines fehlt mir: keine Umbauten? Keine Schaltungsvarianten? Nicht mal ein klitzkleiner Miniswitch, oder wenigstens ein Pullpoti?
Viel Spaß mit der Jazzbox!
 
Da wird sicherlich noch was kommen. Zumindest die Volumes sind auf der Liste, da sie rückwärts angeschlossen sind. ;-) Und wenn ich gerade dabei bin... Lassen wir uns einfach mal überraschen...

BTW: So eine Jazzbox läßt sich nicht direkt mit einer Byrdland, wie Ted Nugent sie spielt, vergleichen. Diese hat eine geringere Mensur, was sich, durch die anderen relativen Tonabnehmerpositionen und -breiten klanglich auswirkt
 

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