5 Tage Hohe Schule... Und ich wohn gleich nebenan...

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Anonymous

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Hi Leute,

ich halte es kaum aus... In Heinsberg (10 km von meinem Wohnzimmer entfernt) findet vom 31.05. - 04.06.05 ein internationaler Gitarrenwettbewerb statt, zu dem sich bereits über 140 Künstler aus aller Welt eingeschrieben haben...

Ich nehme Urlaub!!!

Näheres findet ihr unter: http://www.guitar-festival.com

Ein paar Schlafplätze für Interessierte zu organisieren, dürfte übrigens möglich sein. Hab ich noch nicht abgeklopft, aber wer sich das Ganze ansehen will und ne Schlafstelle benötigt, sollte sich einfach mal melden.
 
Die Tageszeitung in Heinsberg vermeldete neulich, das Teilnehmerfeld wäre die geballte Weltklasse. Es ist also einiges an Aha-Effekten zu erwarten, wie mich dünkt.

Das Allerschärfste jedoch ist, dass wir als Gastfamilie einen dieser Gitarristen für die Dauer des Contests beherbergen werden. Das könnte für mich neben einigen Privatkonzerten in meinem Wohnzimmer vor allem eines bedeuten: Privatunterricht der ersten Güteklasse.

Und das ich das gebrauchen kann, muß ich täglich frustriert feststellen.
 
Hallo GW-Gemeinde,

hier meldet sich ein zutiefst deprimierter und fast schon demoralisierter Gitarrenspielversucher...

Ich berichtete schon voller Vorfreude von dem Heinsberger Festival. Na ja, es handelt sich um klassische Gitarre, eine Musik, die mitunter recht anstrengend zu hören und nicht wirklich meine Lieblingsmucke ist.

Der Reihe nach: als Gastgeber für einen der Wettbewerbsteilnehmer freuten wir uns, unseren „Schützling“ empfangen zu können. Ein Tscheche, 31 Jahre alt. Er fackelte nicht lange, sondern verbarrikadierte sich nach kurzer Begrüßung in seinem Zimmer und hub zu Üben an...

Zunächst spielte er sich wohl ein, es klang nicht wirklich schwierig. Ich atmete schon auf, ahnend bzw. hoffend, daß meine Zupferei so schlecht nun auch wieder nicht ist. Das Aufatmen währte nicht lange, plötzlich glaubte ich, 3 Gitarren zu hören. Aber er konnte ja nun nicht zwei weitere Gitarreros eingeschmuggelt haben. Eine Viertelstunde stand ich wie gebannt vor seiner Zimmertür und suchte dann ein Feuerzeug, um meine Ketarren zu verbrennen. Meine Frau konnte mich nur mit Mühe davon abhalten.

Am Abend dann das Eröffnungskonzert: Carlo Marchione... (Kuckst du: http://www.aachener-zeitung.de/sixcms/d ... ndard_azan
Gepriesen als einer der besten lebenden Gitarristen der Welt. Und das ist er, fraglos! Mein Freund Joe (Bassist, also kein Musiker ;-)) und ich starrten fassungslos auf die Hände dieses Menschen, die in einem Tempo und mit einer Präzision unterwegs waren, daß man kaum mit den Augen hinterherkam.

Joe sah meine verzweifelten Blicke und tröstete mich: „Der gibt nur an! Und singen kann der wohl überhaupt nicht. Außerdem spielt der nur olle Kamellen. Wo bleiben denn die GoGo-Girls?“ So und so ähnlich versuchte Joe, mich aufzupeppen. Letztlich verhinderte er dann gewaltsam, daß ich mich hinter der Bühne erhängte...

Am nächsten Morgen, kurz vor dem Frühstück, kam unser tschechischer Gast und fragte, ob er mal eine meiner E-Gitarren ausprobieren dürfe. Ich gab ihm meine Neuerwerbung (ES335-Kopie v. Westone) und stellte den Amp auf Clean. Er klimperte einen Moment und fragte dann, ob ich mal vierstimmiges Spiel hören wolle... VIERstimmig... Ich bekam nur ein trockenes Würgen heraus und hielt dann die Luft an. Nachdem mein Gast dann meine Westone geadelt hatte, indem er ihr Tonfolgen entlockte, die mein Gehör überforderten, hatte ich Mühe, meine Begeisterung zurückzuhalten.

Ich überlege, ob ich den Kerl hassen soll, nachdem er mir so gezeigt hat, wo ich stehe (na ja, eigentlich wußte ich das ja). Es ist schon hart, so vor Wahrheiten gestellt zu werden.

Nachmittags folgte dann als Highlight eine Privatvorstellung unseres Hausgastes, der uns als Testpublikum für seinen Wettbewerbsbeitrag brauchte. Ich versuche es jetzt mit Maultrommelspielen (gibt’s dafür eigentlich irgendwo ein Forum?)...

Toll war, daß ich Herrn Marchione noch persönlich kennen lernen durfte. Ein unglaublich bescheidener Mensch, der nicht nur keine Starallüren hat, sondern einige aufbauende Worte für mich übrig hatte, nachdem ich ihm meinen Gemütszustand schilderte. Unser Hausgast ist übrigens einer der wenigen, die von ihm persönlich unterrichtet werden.

Ich mußte das hier loswerden. Meine Seelenqual geht eh weiter (bis Samstag). Dann kann ich zwar immer noch nicht richtig Gitarre spielen (ich versuche es doch täglich!), aber Samstag abend ist das Festival zu Ende.

Fazit: diese Klassikspieler haben zwar keine Ahnung von Musik ;-) (als ich meinem Gast „Child in Time“ vorspielte (DVD), kam ihm das irgendwie bekannt vor), aber was diese Leute an Spieltechnik draufhaben, ist unfaßbar.

Aber eines ist sicher: ich bekomme noch eine Unterrichtsstunde von meinem Gast und kann ab sofort vermelden, daß ich einen Gitarrelehrer habe. Ich werde nämlich einmal im Monat in Maastricht unterrichtet (Pentatoniken, Skalen usw.). Wer am Niederrhein wohnt und bislang keinen guten Lehrer gefunden hat, darf sich gern anschließen, denn diese Klassikstudenten haben immer ein Loch in der Kasse und freuen sich, interessierte Schüler zu finden.

Nur eines frage ich mich: wieso schaut mich meine Westone seit gestern morgen so verächtlich an?
 
Hi, Du hast mein vollstes Mitgefühl! Aber wenn einem mal klar
wird, daß alle nur mit Wasser kochen (zugegebenermaßen in
unterschiedlichen Temperaturen), relativiert sich das wieder
und der Puls läuft wieder rund und gesund ... ich habe übrigens
auch immer noch heftige Erregungszustände bei manchem
Schweine-Beboper, vor allen den älteren erfahren Jungs ...
die auch größtenteils sehr nett und bescheiden sind. Also, los üben!
 
Diese "elenden" Erfahrungen macht man doch von Anfang an. Ich bin wirklich noch in den Kinderschuhen was das Gitarre spielen angeht (fange gerade mit Barree-Spiel an etc.) und hatte schon 5x dieses Erlebnis, dass man jemanden spielen sieht und sich denkt "scheiße...", aber mit viel Übung, Einsatz und Eifer kann man eine ganze Menge davon auch selbst erlernen. Nur leider kommt dann direkt der nächste Gitarrero, und das Spiel geht von vorne los....
Ist das gleiche wie beim Hifi-Hobby. Kaum ist man mit seiner Anlage glücklich hört man irgendwo in einem Tonstudio eine wo man denkt ..."Scheiße...".

Aber man muss auch mal zufrieden sein mit dem was man hat / kann ;-)
 
doc guitarworld":10tewtjs schrieb:
Hi, Du hast mein vollstes Mitgefühl! Aber wenn einem mal klar
wird, daß alle nur mit Wasser kochen (zugegebenermaßen in
unterschiedlichen Temperaturen), relativiert sich das wieder
und der Puls läuft wieder rund und gesund .

Hallo Doc!

Du hast sicher recht. Sich mit absoluten Weltklasseleuten zu vergleichen, ist Quark. Schon gar, wenn man Beginner ist.

Aber bitte, wo bekommt man diese Wasserkocher??? ;-)
 
Malcolm":iz2p23i1 schrieb:
Aber man muss auch mal zufrieden sein mit dem was man hat / kann ;-)

Ja, so ist es. Ich schrob den Obenstehendes auch eher in einem Schockzustand. Bein näherem Hinschauen stelle ich fest, dass mein Gast, der fraglos ein Riese an der Ketarre ist, eigentlich nix anderes kann. Ich hingegen kann zwar (noch) nicht wirklich Gitarre spielen, als Konstrukteur und Blechteilehersteller jedoch spiele ich in der Champions-League (wie man mir des Öfteren schon versicherte). So hat halt jeder seine Profession.

Aber ich gebe nicht auf!!!!! Noch ein paar Jährchen kräftig üben, dann klappt das auch mit der Ketarre.
 
Überraschung!

Da hab ich die Zupf-Elite 15 km vor meiner haustür spielen und weiß nix davon!

hey Migmag, war gestern auch auf dem Meisterkonzert von Thomas Müller-Pering:
Die erste Stunde war ziemlich anstrengend. Ich mein, der Mann hats drauf, aber ich fands sehr disharmonisch, wenige Melodienläufe, d.h. sehr schwehr zu hören.
Nach der Pause aber kam die Überraschung, Summertime erstklassig vorgeführt und Yesterday vierstimmig! Klasse! Hab mich eigentlich für klassische Gitarre nie so interessiert, aber echten Talenten zuzuschauen ist ne super Sache.
Anschließend wurden die 18 besten für die Hauptrunde (glaube ich) bekannt gegeben, die sich in weiteren Runden behaupten müssen.

@ Migmag: Hast du dir mal die ausstellung im Obergeschoss angesehen? Also Literatur zum Theme Gitarre findest du da reichlich. Außerdem ist da ein Gitarrenbauer am Werke: himmlisch! So geile Schnitzereien hab ich noch nie in einem funktionalen Instrument gesehen.

Ich muss mir noch überlegen, ob ich mir Samstag das Finale anschauen werde,...............
 
Weekend-Hero":avthbc03 schrieb:
@ Migmag: Hast du dir mal die ausstellung im Obergeschoss angesehen? Also Literatur zum Theme Gitarre findest du da reichlich. Außerdem ist da ein Gitarrenbauer am Werke: himmlisch! So geile Schnitzereien hab ich noch nie in einem funktionalen Instrument gesehen.

Ich muss mir noch überlegen, ob ich mir Samstag das Finale anschauen werde,...............

Hallo Weekend-Hero,

obwohl unser Hausgast ausgeschieden ist, werde ich das Finale besuchen. Der erste Teil von Müller-Perings Konzert bestand aus sogenannten "atonalen" Kompositionen, wie mir unser Gast erklärte. Er hat mir die Strukturen dieser unglaublich schwierigen Musik erklärt. Ist aber woh eher nicht mein Fall. Ich selbst war gestern nicht da.
Die Ausstellung habe ich noch nicht gesehen, hole ich morgen ach.
 

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