Adam Rafferty über das Lernen via youtube

Es hängt vieles auch davon ab, auf welchem Level sich Schüler und Lehrer bewegen. Jemand der ganz neu am Instrument ist, hat ganz andere Anforderungen an Unterricht und den Lehrer, als ein Mensch, der nach 10-20 Jahren des praktischen Spiels wieder mal Unterricht nimmt.

Ich setzte ja selber ein Mischung aus persönlichem Unterricht und Youtube ein. Songs, die der Schüler lernen mag, habe ich z.B. aufgenommen, so dass auch daheim ein Anhaltspunkt da ist und der Schüler nochmal nachhören kann. Kontrolle und Anleitung geschehen dann wieder, wenn man sich zusammensetzt.
 
Julle schrieb:
Jeder, der einen höheren Anspruch an sich selbst hat, wird denke ich selbst darauf kommen, sich vom Portal youtube zumindest stellenweise zu lösen.

...

Der Anspruch wächst mit der Qualität des Inputs....

Persönliches Vermitteln hat den klaren Vorteil, dass man auf persönliche Bedürfnisse eingehen kann. You Tube Vermittlung ist "Frontalunterricht in Reinkultur". Keine Interaktion nur Input, teilweise mit zweifelhaften Inhalten.

Zum Abholen von konkreten "Wissenslücken" finde ich es voll ok (mache ich ebenfalls häufig - um es mir einfach leichter zu machen)
Als Ersatz für Unterricht halte ich es nur für bedingt geeignet.

Das "Menschliche" und das "Spezielle/Individuelle" sind maßgebliche Bausteine für Lernwillen, Motivation und Erfolg....

auch nur meine ganz persönliche Meinung.
 
sunburst schrieb:
auge schrieb:
Der Schüler lernt besonders stark auch durch Beobachtung des Lehrers. Man geht soweit und sagt: Schüler lernen in erster Linie den Lehrer.
...
Wenn Schüler aus ihrem eigenen Spiel etwas lernen sollen, dann eignet sich insbesondere das Video mit anschliessender gemeinsamer Analyse mit dem Lehrer.
Zum Thema Abgucken des Lehrers und Selbstanalyse eine weitere Sichtweise:

"A teacher can be too influential," he feels. "Being self-taught, I learned to distrust anything I hadn't figured out myself." More valuable than teachers was listening to other pianists, conductors and singers - and himself. Presented with a Revox tape-recorder (now an antediluvian machine but still in working order), Brendel learnt by recording the piece he was studying, listening to himself and reacting to it. "I still think that for young people today this is a very good way to get on," he says, "and it makes some of the functions of a teacher obsolete."*

* from Alfred Brendel - Man and Mask, a Rosetta Pictures production for the BBC and ZDF in association with ARTE.

http://www.alfredbrendel.com/lifeandcareer.php


Das Beobachten/Aufnehmen/Reflektieren des eigenen Spiels ist etwas, was auch viele der bekannten Gitarrenheroen getan haben. Das kann man u.a. youtube entnehmen.

Gruß,

Danke! Kannte ich nicht.

Stützt ja meine These ganz gut...aber s is schon so, dass es kein Patentrezept gibt und daher auch verschiedene Ansprüche. Man muss sich als Lehrer eben anpassen in seinenmEthoden, Didaktiken und Inhalten. Das isses ja was spass macht.
Lg
Auge
 
auge schrieb:
..Methoden, Didaktiken und Inhalten. Das isses ja was spass macht.
Lg
Auge
Manchmal frage ich mich auch, warum die Musikpädagogik sich nicht stärker bei der Sportwissenschaft bedient - dort weiß man ziemlich viel darüber wie der menschliche Körper beim Erlernen von komplexen motorischen Fähigkeiten neuronale Verknüpfungen erstellt und sensorische Eindrücke verarbeitet.

Das Spielen eines Instruments ist trotz aller Hingabe zur Kunst auch ein komplexer motorischer Vorgang.

Gerade für Anfänger könnte das hilfreich sein.

Gruß,
 
sunburst schrieb:
Das Beobachten/Aufnehmen/Reflektieren des eigenen Spiels ist etwas, was auch viele der bekannten Gitarrenheroen getan haben. Das kann man u.a. youtube entnehmen.

Gruß,

Das erinnert mich ein wenig an Threads, die in anderen Foren immer 'mal wieder mit dem Titel "Gitarristen, die es ohne Lehrer geschafft haben" auftauchen.
Typischerweise werden darin immer Dutzende von namhaften Gitarristen genannt, von denen man weiß, dass diese niemals Unterricht hatten und trotzdem berühmt geworden sind. Einziger Zweck dieser Threads ist IMHO lediglich die Selbstrechtfertigung nach dem Motto "Wenn die es ohne Unterricht geschafft haben, kann ich das auch schaffen!"

Leider bleibt in diesen Threads immer unerwähnt, dass es diese genannten Gitarristen mit Unterricht vielleicht etwas schneller "geschafft hätten". Und die Hunderte von Gitarristen, die leider trotz Talent und vor allem Fleiß auf der Strecke geblieben sind, weil ihnen der Unterricht im entscheidenden Moment fehlte, bleiben leider unerwähnt. - Es kennt sie ja keiner.

MfG

JerryCan
 
Mag durchaus vorkommen, dass hier und da schlecht argumentiert wird. Aber auch für die These, dass gute Gitarristen mit Lehrer schneller ihr Ziel erreicht hätten gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis. Es ist möglich, es ist aber auch möglich, dass das Gegenteil richtig wäre.

Weiter oben wurde bedauert, dass Musikpädagogik wenig von zB Sportpädagogik profitieren soll. Ich weiss nicht, ob das so stimmt. Ich habe durchaus schon interessante Dinge zum Lernen gelesen, die sowohl im Sport als auch in der Musik verwendet worden seien, zB die Anwendung mentalen Trainings. Dem Gehirn ist es nämlich ziemlich wurscht, ob neue Synapsenverbindungen aufgrund realer Erlebnisse entstehen oder aufgrund von Vorstellungen.

Dass neuere Erkenntnisse sich nur sehr langsam in die Pädagogik insgesamt einfliessen, hat sicher auch damit zu tun, dass die Lehrer meist bereits gelernt hatten als es neue Erkenntnisse noch gar nicht gab. Neue Medien ebenfalls nicht. Ich bin oft erstaunt wieviel manche Fachleute nicht wissen, was aber sogar jedem Laien durch das Internet als Information zugänglich ist.

Worüber ich schon lange nur noch staune ist, dass für rein deduktive Unterrichte nicht längst Fernsehen bzw heute Internet breit eingesetzt werden, sondern stattdessen immer noch Unmengen an Lehrern sich damit plagen, ihren Schülern Dinge vorzukauen, die filmisch gut gemacht wahrscheinlich mehr Interesse und Verständnis wecken könnten als bei einem langweiligen Vortrag vor einer Schulklasse oder einer Studentengruppe.

Ganz schwierig finde ich festzustellen, welcher Lehrer denn eigentlich ein guter ist und bei welchem das Geld zum Fenster rausgeschmissen ist. Denn auch da wird es wahrscheinlich eine große Bandbreite geben.
 
sunburst schrieb:
Manchmal frage ich mich auch, warum die Musikpädagogik sich nicht stärker bei der Sportwissenschaft bedient - dort weiß man ziemlich viel darüber wie der menschliche Körper beim Erlernen von komplexen motorischen Fähigkeiten neuronale Verknüpfungen erstellt und sensorische Eindrücke verarbeitet.

Das Spielen eines Instruments ist trotz aller Hingabe zur Kunst auch ein komplexer motorischer Vorgang.

Hast Du da Lesetips?
Das interessiert mich,

viele Grüße,
woody
 
JerryCan schrieb:
sunburst schrieb:
Das Beobachten/Aufnehmen/Reflektieren des eigenen Spiels ist etwas, was auch viele der bekannten Gitarrenheroen getan haben. Das kann man u.a. youtube entnehmen.

Gruß,
..."Gitarristen, die es ohne Lehrer geschafft haben"...
Ich habe nicht geschrieben, dass sie sich ausschließlich darauf verlassen haben. Etliche von denen hatten auch Unterricht.
Es ging hier um die Feedback-Schleife durch Selbstbeobachtung, die auge angesprochen hat.

Der Lehrer wuselt nicht 24 Stunden am Tag um einen herum, man lernt auch alleine, und da kann das Aufnehmen des eigenen Spiels helfen.

Um es als Gitarrist "zu schaffen", zählen andere Kriterien als der Unterricht.
Die ganzen Colleges und Institute in den USA spucken jedes Jahr Hundertschaften an gut ausgebildeten Gitarristen aus, von denen man nie wieder was hört.
Wichtiger sind innerer Antrieb, die Einstellung zum Leben, Menschenkenntnis, die Bereitschaft andere Dinge für das Ziel zu opfern und Glück.

Die von Dir genannten Threads sind natürlich Bullshit.

Gruß,
 
Woody schrieb:
Hast Du da Lesetips?
Das interessiert mich,

viele Grüße,
woody

Das eine Buch habe ich nicht. Es sind immer Passagen, z.B. in einem Buch über Langhantel Training - ein etwas abwegiges Thema für Musiker.

Ich will mal versuchen zu erklären, worum es geht.

Um eine Bewegung bewußt zu steuern, braucht der Körper ca. 200 ms.
Das ist recht schnell, aber für viele Sportarten immer noch zu langsam.
Mit Übung kann die Steuerung der Bewegung ins Unbewußte verlagert werden.
Die Kontrolle der Bewegung kann dann auf 10-15 ms verkürzt werden.

Den Effekt kennen auch Musiker, deshalb üben sie regelmäßig.

Der biologische Hintergrund ist, dass das Nervensystem für diese Bewegung eine eigene Programmierung entwickelt.

Man hat jetzt untersucht wie das funktioniert und welchen Einfluß die Trainingszeiten und äußere Einflüße haben können.

So kann für das Erlernen einer komplexen Bewegung für einen absoluten Anfänger bereits nach 15 Minuten das Optimum an Lerneffekt erreicht sein. Trainiert er länger, wird er nicht besser, jeweils gemessen am Folgetag.
Trainiert er sehr viel länger, kann mittelfristig die Performance leiden.
Ausreichend erholsamer Schlaf verbessert das Lernergebnis ebenfalls.
Der Körper braucht Ruhe, um die neuen neuronalen Verknüpfungen erstellen zu können.
Der sensorische Input ist bei Anfängern sehr wichtig. Aber auch der muß vom Nervensystem verarbeitet werden können.

Der durchschnittliche Gitarren-/Klavierlehrer hat Unterrichtseinheiten von 45 Minuten, dass kann für Anfänger u.U. bereits zu lang sein.
Viel schlimmer sind aber die zahlenden Bildungsbürgertum-Eltern, die ihre Sprößlinge dann noch zum stundenlangen Üben verdonnern. Kostet alles Geld, nun will man Erfolge sehen.

Der Lerneffekt ist bei Anfängern bezogen auf die aufgewendete Zeit am größten. Fortgeschrittene müssen mehr Zeit aufwenden um 5% Steigerung zu erreichen, als Anfänger für 5% Steigerung.
Der Zeitaufwand steigt exponential, d.h. ein Profi muss im Vergleich zum Anfänger ein vielfaches der Zeit aufwenden, um 5% Steigerung zu erzielen.

Der Profi ist auf der anderen Seite nicht mehr unbedingt auf den sensorischen Input angewiesen. Er kann Bewegungsabläufe auch durch Visualisierung trainieren. Man z.B bei Hochspringern beobachten, dass sie vor einem Wettkampf den Sprung in Gedanken durchgehen, verbunden mit angedeuteten Bewegungen des Sprungs.

Letzteres ist in der Musik nicht gänzlich unbekannt. Es gibt Musiker, die vor einem Konzert die Stücke in Gedanken durchgehen, sich bildhaft vorstellen, wie sie das Instrument spielen, und vor allem welches Gefühl sie in die einzelnen Passagen legen.


Anderes Beispiel ist die frühzeitige Aktivierung von Muskeln, um eine Bewegung besser steuern zu können.

Hier siehst Du einen Sportler beim Bank drücken:

[img:160x120]http://www.exrx.net/AnimatedEx/PectoralSternal/BBBenchPress.gif[/img]

Wenn der Sportler bereits beim Herablassen der Hantel wieder an das nächste Hochdrücken denkt und sich auf die nächste Bewegung frühzeitig konzentriert, schafft er mehr Wiederholungen.
Das frühzeitige Denken an die nächste Bewegung stimuliert bereits die für die Bewegung erforderlichen Nervenbahnen und Muskeln.

Anwendung in der Musik könnte das Üben von Akkordwechseln sein.
Jeder hat mal durchgemacht, die einzelnen Akkorde sind bekannt, aber der Wechsel hakt.
Soll z.B. ein Anfänger von C-Dur auf D-Dur wechseln, jeweils 4 1/4 Noten, dann soll er sich bildhaft vorstellen wie er den D-Dur-Akkord Finger für Finger greift, während er C-Dur noch spielt.
Die meisten Anfänger freuen sich, dass C-Dur bei den ersten beiden Taktschlägen klappt, beim 3. kommt der Bammel, das der Wechsel schief geht, nach dem 4. geht er schief.

Weitere Themen können das (extreme) Zerlegen von Abläufen sein (nicht ganz unbekannt in der Musik), oder das temporäre Überschreiten von Leistungsgrenzen, um neues Wachstum/Lernen zu stimulieren.

Ich weiß nicht, ob das alles neu ist.
Meine Musiklehrer haben mir das nicht erzählt. Und die Trainer im Sport auch nicht.

Vielleicht hilft's.

Gruß,
 
sunburst schrieb:
Ich weiß nicht, ob das alles neu ist.

Nein, nicht so richtig.
Das hier ist ein exzellentes Buch über das Üben.
Da geht es dann auch um effiziente Übestrategien, zum Beispiel welche Wiederholungszahlen erforderlich sind, welche Sinnvoll und welche unnütz und so.

Ich versuche, solche Dinge im Unterricht zu thematiseren,
auch wenn ich das sehr schwierig finde, da Interesse zu wecken und solche "Nebensächlichkeiten" gut und nachhaltig zu vermitteln.
Und ich sage meinen Schülern, dass häufiges Üben in kleinen Abschnitten knallt, lieber 15 Einheiten mit 5 Minuten Üben in einer Woche, statt einmal 1 1/2 Stunden.
Was davon hängen bleibt, und was davon beherzigt wird, hat man allerdings nicht immer in der Hand.
In Sachen Lernen ist scheinbar jeder Elternteil ein Experte...

Viele Grüße,
woody
 
Woody schrieb:
Das hier ist ein exzellentes Buch über das Üben.
...
Ich versuche, solche Dinge im Unterricht zu thematiseren...
Danke für den Buch-Tipp, werde ich mir zulegen.

Ich habe mich mal aus beruflichen Gründen mit dem Trainieren und Abrufen von kognitiven Höchstleistungen beschäftigt.
Motorik war da ein Randthema.
Weil ich Sport mache, habe ich das weiterverfolgt.
Damals spielte ich noch keine Gitarre.

Offenbar hatte ich - ich spiele jetzt knapp drei Jahre - mit meinen Lehrern Pech.
Angesprochen auf das Thema guckten die mich alle an wie ein Reh, das auf der Straße steht und verschreckt in die Scheinwerfer eines herannahenden Autos sieht.
Die waren alle nach "Schema F" unterwegs. In den 80er/90er stehengeblieben.

Deine Schüler dürfen sich glücklich schätzen.


@mr_335
Die aufgenommenen Tracks sind keine Selbstverständlichkeit, Respekt.
Das höchste der Gefühle waren Guitar Pro Files, die man mir mitgegeben hat.

Gruß,
 
Woody schrieb:
Das hier ist ein exzellentes Buch über das Üben.

Hallo Woody,

erst einmal schönen Dank für den Tipp. Das Buch habe ich mir gleich einmal auf meinen Wunschzettel gesetzt. Ich selbst habe mir einmal "Schanzel's Guitar Book: Strategien für effektives Üben" zugelegt. Ob das jetzt wissenschaftlich auf demselben Niveau ist wie das von Dir genannte, kann ich nicht beurteilen. Aber einige nützliche Tipps finden sich auch hier.

Mittlerweile stelle ich bei mir aber auch noch ein anderes Problem fest: Mittlerweile gibt es so viele Vorschläge für Übungspläne, dass man sich bei der Erstellung des eigenen so richtig schön verzetteln kann. Soll heißen: Vor lauter Planen des Übens kam ich schon zeitweise schon gar nicht mehr zum üben. Mittlerweile habe ich da die Notbremse gezogen und mich lieber mit einer 80%-Übung zufrieden gegeben, als diese Zeit für die Suche nach der 100%-Übung aufzuwenden.

sunburst schrieb:
Der Lehrer wuselt nicht 24 Stunden am Tag um einen herum, man lernt auch alleine, und da kann das Aufnehmen des eigenen Spiels helfen.
Das ist durchaus richtig. Allerdings hatte ich solche Methoden wie das Aufnehmen schon als bekannt vorausgesetzt - und deshalb in diesem Zusammenhang gar nicht weiter in Betracht gezogen.

Auch dieser Grundsatz "10 Minuten am Tag sind besser als einmal in der Woche 1,5 Stunden" ist mir mittlerweile schon so vertraut, dass ich gar nicht weiter über diesen nachdenke. Doch - so richtig dieser Grundsatz ist - erweckt er bei mir manchmal den Eindruck, es sei genug einmal am Tag für 10 Minuten die Gitarre in die Hand zu nehmen. - Völlig klar, so wird aus mir nie ein Gitarrenheld! Deshalb wende ich diesen Grundsatz pro Übung (Lick, Riff, Akkordfolge oder auch nur einzelne Takte) an.

MfG

JerryCan

p.s.: Mist! Jetzt verwende ich schon viel Zeit auf diesen Thread. - Dabei sollte ich lieber üben. :zaunpfahl:
 
sunburst schrieb:
Ich weiß nicht, ob das alles neu ist.
Meine Musiklehrer haben mir das nicht erzählt. Und die Trainer im Sport auch nicht.

Vielleicht hilft's.

Gruß,

Ich erzähle das!

Problem ist, dass die meisten das wohl für Humbug halten bzw. mich dabei nicht ernstnehmen. ;-)

Abgesehen davon predigt jeder Lehrer allgemein bildender Schulen auch etwas völlig anderes und hinzu kommt, dass die Leute in Sachen Musik noch auf Methoden rumreiten , die noch aus dem vergangenen Jahrhundert stammen, als der Kriegsinvalide als Hauslehrer für den Klavierunterricht für die Blagen abgestellt wurde, während er mit der Peitsche seinen Frust dabei abließ. Verklärte Romantik!

Donnerstag erst die Story gehört, dass 2 Schüler bei einer anderen Lehrerin mit Bällchen in der Hand spielen mussten, damit sie die richtige Handhaltung lernen. Immer wieder für´n Lacher gut!
 
Moin.
Noch eine Buchempfehlung: Zen und die Kunst Gitarre zu spielen. Da geht es am Ende eigentlich über Zeitmanagement und "Qualitytime" schaffen zum effektivem Üben. Rituale entwickeln, die immer wiederkehren. Das eigentlich geübte Thema ist egal, in die "Übezeit" packt man eben das was gerade dran ist. So kann man zB das Rumdaddeln in der eigentlichen Übezeit minimieren. Man nimmt sich für die Daddelei eben nach der 1/2 Std Üben noch ein paar Minuten. So habe ich mir das "Abscheifen" während einer Übung abgewöhnt.
Mit Hilfe solcher Rituale wird auch das "Schaffen von Kreativität" erleichtert. Hier möchte ich mal auf Prof. Dr. Jörg Mehlhorn von der FH Mainz verweisen. Das war einer meiner BWL Profs dort und ist stark bei der Gesellschaft für Kreativität engagiert.
Ein weiteres Beispielt sind diverse englische Bücher zum Thema kreatives Schreiben, neben Fachliteratur ist da die Biographie von Stephen King(Mein Leben/Mein Schreiben) erwähneswert, der stark auf solche Rituale setzt. Und das er erfolgreich reichlich kreativen Output hat, ist fernab von Literaturgeschmack nicht zu bezweifeln ;)

Back to Topic: Ich glaube Videos können nur unterstützen und nicht Lehrer ersetzen. Sei es beim Gitarrespiel die Haltung, der Groove und Tonbildung oder im Sport.
Ich muss meine Sportart von DVDs erlernen, da es in Deutschland nur eine kleine Gruppe Trainierender gibt, die weit verstreut sind. Fehler erkennen usw. funktioniert aber nur mit echtem Gegenüber und zum Glück habe ich ein, zwei Trainingspartner. Methode ist also: Techniken selbst via Video und Übungspuppe aneignen und überprüfen am Mann, wenn es denn möglich ist. Bei mir geht es da übrigens um eine Kampfkunst und ich bin da auch kein Anfänger. Das würde wohl gar nicht funktionieren.
Ich würde beim Gitarrespiel nur empfehlen sich regelmäßig mit anderen auszutauschen. Ich kenne genug Gitarristen, die alleine üben, aber irgendwann ohne Input von Aussen einfach stecken bleiben. Mir hat das Spiel mit anderen immer viel mehr gebracht als jedes Video oder Buch. Insb. Rolli würde ich da empfehlen, das "blöde" Philosphieren übers Gitarre spielen beim Wein, hat mich weiterkommen lassen als jede Stunde mit einem "Wald und Wiesenlehrer" ;) Danke nochmal an dieser Stelle. Und mach demnächst mal selbst einen Workshop.
Gruß
Ugorr
 
Ich bin seit ca. 30 Jahren in Sachen Kampfsport/Kampfkunst unterwegs. Und ich habe seitdem ich Gitarre spiele, den Aspekt der einstudierten Bewegungsabläufe mit in meinen Übungsplan beim Gitarre - oder auch Klavierspielen mit einbezogen.
Es ist einfach ein Fakt, das beim Spiel bestimmte Muskeln bewegt werden. Diese Abläufe müssen konditioniert werden. Es ist egal ob du am Sandsack trainierst oder an der Gitarre sitzt und was ausprobierst. Als Anfänger denkst du vielleicht, boah was bin ich schon gut, die Realität sieht anders aus.
Nach einigen Jahren des Trainings/des Übens, bist du dann imstande auch auf andere Situationen, wie die erlernten und durchgeprobten zu reagieren. Einfach weil du bestimmte Techniken drauf hast. Das ist beim Kampfsport, ich nenn mal als Beispiel Boxen, so, und das ist beim Gitarre spielen nicht anders. Ich habe immer wieder Nachwuchsboxer erlebt, die schon nach kurzer Zeit der Meinung waren, sie müssen mal ´n Sparring mitmachen und dann tierisch auf die Nase bekommmen haben. Da sist bei Musikern nicht ganz so schmerzhaft, aber im Kern ist es genauso. Viele denken, ooch ich üb mal eben was von Satriani oder n anderes Idol, spiel das dann und kommmt es in Foren zu Fragen wie mach ich dieses oder jenes. Ganz einfach, weiil bestimmte Grundlagen fehlen.

Youtube Videos oder auch Lehr DVDs, etc. sind eine super Ergänzung. Aber niemand würde auf die Idee kommen, sich mal zuhause einen Sandsack hin zu hängen, und nach 1 oder 2 Jahren des Trainings, so 5 x die Woche für 20 Minuten, dann gegen einen der Klitschkos zu boxen.
In (Hobby)Musikerkreisen ist diese Herangehensweise scheinbar jedoch weit verbreitet. Ich üb mal so´n bisschen und erwarte dann ´n Solo von so nem Übervater der Gitarrrenkunst autentisch spielen zu können.

Ich hattte mal nen Schüler, der hatte vor mir schon 5 Jahre Unterricht bei so nem lokalen Gitarrenhelden hier aus dem Raum WOB. Ich hatte zuerst Bedenken, weil der unbedingt zu mir wollte weil ich dem anderen Kollegen auf jeden Fall nicht das Wasser reichen kann, aber egal. Ich hab´s probiert. Der Typ war auch mega auf Youtube fixiert und wollte unbedingt die Sachen von irgendwelchen Göttern spielen. Und dummerweise war er auch der Meinung, er kann das schon. Er hat sich strikt geweigert einfachste Bewegungsabläuufe zu üben,weil er "konnte" ja schon den Anfang von XYZ spielen.
Ich hab das Ganze dann relativ schnell wieder abbgebrochen. (Ich hab mir immer gewünscht, der Mann würde auch (Kick)boxen und ich wär sein Trainer und er würde sich ne Sparringsrunde wünschen ...aber der Mensch in mir verbietet mir dann diese Gedankengänge weiter zu verfolgen)

Wie auch immmer. Was ich eigentlich sagen will ist, das es für die meisten GitarrenNewbies wohl besser ist, sich nicht mit dem 25. Buch für bessere Lernmethoden(1 oder 2 sollten reichen) oder die 1000 besten Licks der Gitarrenwelt zu beschäftigen oder ein youtubetutorial nach dem anderen zu durchforsten, sondern sich mit den einfachen, elementaren Dingen des Spiels zu beschäftigen, diese Teil des eigenen ICHs werden zu lassen und sich dann peu a peu weiter zu entwickeln.
 
In Japan müssen angehende Sushiköche erstmal ein Lehrjahr lang nur Messer schleifen, das ist zumindest die urban legend.
Und das hat auch viel für sich.
Aber Rock'n'Roll geht echt anders.

Andererseits ist es auch total geil, wenn motivierte Anfänger sich nach großen Vorbildern strecken, und ich bin immer mal wieder erstaunt, was es für tolle Ergebnisse abwerfen kann, wenn man Schüler oder sich selbst mit viel zu schwerem Kram eigentlich komplett überfordert.
Wunder gibt es da immer wieder.

Und dann ist irgendwann der Punkt gekommen, an dem man selber laufen kann,
und an dem man so viel Hörerfahrung und Selbstbeobachtung hat, dass man auch ohne weiteren Unterricht sehr sehr weit kommen kann.
Ich nehme dann und wann immer noch mal Stunden bei tollen Lehrern, und das sind meistens Aha-Erlebnisse, aber ich kann mich über lange Strecken selbst beschäftigen, ohne, dass ich glaube, dabei Aufsicht zu brauchen.
Und Umwege und Sackgassen gehören ja auch dazu.


Viele Grüße,
woody
 
Marcello schrieb:
Donnerstag erst die Story gehört, dass 2 Schüler bei einer anderen Lehrerin mit Bällchen in der Hand spielen mussten, damit sie die richtige Handhaltung lernen. Immer wieder für´n Lacher gut!
Schönes Ding!

Angeregt durch die Diskussion hier habe ich im Netz bißchen gestöbert und dieses Papier gefunden:
“What studying musicians tells us about motor control of the hand” — PDF by Alan H D Watson, School of Biosciences, Cardiff University
http://www.musicandhealth.co.uk/articles/WatsonReview06.pdf

Der schreibt, dass nur 40-50% der Menschen eine idealtypische Hand haben, in der jeder Finger eigene, unabhängige Muskeln und Sehnen hat.
Bei allen anderen gehen Muskeln und/oder Sehnen teilweise auf zwei Finger, mit der Folge, dass sich die beiden Finger nicht völlig unabhängig bewegen lassen.
Häufig betroffen: Kleiner Finger und Ringfinger.
In einigen Fällen sind einzelne Muskeln oder Sehnen für den kleinen Finger gar nicht vorhanden.

Das sind übrigens keine Fehlbildungen, sondern normale Variationen so wie z.B. die Haarfarbe.
Linke und rechte Hand können bei einem Menschen unterschiedlich sein.

Seine Schlußfolgerung: Es gibt nicht die eine perfekte Handhaltung zum Musizieren.

Gruß,
 

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