Dann halt Instrumentallehrer...??

auge

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9 Okt 2006
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zwischen Tür und Angel...
Die prekäre Situation der unterrichtenden Musiker:

http://www.ardmediathek.de/das-erste/ttt-titel-thesen-temperamente/warum-eine-ganze-berufsgruppe-ins-prekariat-abrutscht?documentId=17120734

Is hier bei uns in Ö nicht ganz so schlimm...

Trotzdem läuft da was schief...
 
"Kultur" scheint ja heutzutage nur noch was mit Kohle zu tun zu haben. Da wundert es wenig, wenn "Kultur" nur noch durch entweder privates Sponsoring oder durch das "kulturelle Engagement" einiger Großunternehmen zu Stande kommt. Machbar ist heutzutage, was von einigen Wenigen gewünscht wird. Der Fokus, der in Bezug auf Geldausgaben gerichtet ist, hat immer weniger mit "Kultur" zu tun als mit dem Eigeninteresse einiger Weniger. Hierzu gehört auch das gern von den Unternehmen lautstark publizierte "Social Sponsoring" (Ich glaub, ich muss gleich kotzen bei diesen Begrifflichkeiten...). Nur, wenn sich nachweisbare Vorteile bezüglich eines kulturellen oder sozialen Engagements ergeben (Gern von Institutionen/Unternehmen mit Imageproblemen durchgeführt, "Was bringt uns das??"), wird gehandelt.
 
Kultur hatte schon immer viel mit Geld zu tun. Auch in der Antike und vor einigen hundert Jahren konnten Künstler oft nur wirtschaftlich überleben, wenn einige wenige Reiche für die Kunst zahlten (Mäzen). Das waren früher halt eher die monarchischen Herrscher und sind jetzt eher Konzerne. Damals wie heute wollte man durch das Sponsoring soziales Ansehen gewinnen.

"Früher" war es auch nicht besser. Und erfolgreich waren in der meisten Zeit nur wenige. Die große Zeit der Schallplatten"industrie" mit ihren Stars ist auch nicht repräsentativ gewesen für die Kulturgeschichte.
 
Leveler Reveler schrieb:
Wenn schon den wirklichen Leistungsträgern in der Gesellschaft der soziale Abstieg droht

Könntest du bitte mal definieren, wer die "wirklichen Leistungsträger" unserer Gesellschaft sind, und was unter deren "sozialem Abstieg" genau zu verstehen ist?

Ist keine rhetorische Frage, interessiert mich wirklich.

Tom
 
Ich weiß nicht, woher dieser Anspruch vieler Musiker kommt, dass man gefälligst mit seiner Leidenschaft Geld verdienen können muss, nur weil man angeblich Künstler oder so etwas ist. Das ganze im Zweifel sogar auf Kosten der Allgemeinheit oder indem man andere Leute bestiehlt, wenn das eigene Talent nicht reicht (Abgaben auf USB-Sticks und Handies etc).

Der Mann, der im Restaurant die Tische abräumt, wäre vielleicht auch gerne ein angesehener Bildhauer geworden oder aus der Frau an der Aldi-Kasse wäre vielleicht sogar eine tolle Schriftstellerin geworden, wenn sie die Chance gehabt hätte. Sie haben es aber auch nicht geschafft, vielleicht aus anderen Gründen aber das ändert nichts daran, dass sie ein anderes Leben führen müssen, als sie gerne wollten.

Natürlich tut es mir für den Einzelnen Leid aber wer mit seiner Leidenschaft oder seinem gelernten Beruf nicht genug Geld verdient, um davon Leben zu können, muss sich eben einen anderen Job suchen und sich nicht einfach hinstellen und jammern. Mit diesem Schicksal müssen Millionen von Menschen jeden Tag leben und jeden Tag das beste daraus machen. Ich sehe keinen Grund, warum das für Musiker nicht gelten sollte.
 
Rome schrieb:
Das ganze im Zweifel sogar auf Kosten der Allgemeinheit oder indem man andere Leute bestiehlt, wenn das eigene Talent nicht reicht (Abgaben auf USB-Sticks und Handies etc).
Auf Herrn Bohlen gemünzt mag der Satz als etwas plumpe Ironie durchgehen.
Für die im Film gezeigten Personen ist diese Bemerkung absolut respektlos und ein Schlag ins Gesicht.

Der Staat hat das Bildungsmonopol.
Es ist schwer in D Kinder auf private Schulen zu schicken, noch schwerer ist es in D eine private Schule zu gründen.
Wenn der Staat als Monopolist für Bildung den Preis für Musikunterricht dermaßen nach unten zieht (Stundenlohn EUR 6,25 brutto) wie im Film gezeigt, dann wird es für private Musiklehrer schwer den gleichen Stundensatz wie z.B. ein durchschnittlicher Tennislehrer durchzusetzen.
Der Sprößling geht halt auf die staatliche Musikschule. Kostet ja nichts.

Genauso schlimm ist die Unsitte Lehrer für 10 Monate zu beschäftigen und während der Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu entlassen.

Gruß,
 
Es geht nicht um "von etwas leben", sondern um angemessene Entlohnung für eine erbrachte Leistung. Wenn deutsche Jugendmusikschulen Arbeitsverträge mit Dumpinglöhnen abschließen, finde ich das scheisse! Ich finde das auch von Amazon scheisse, ich finde das auch von Textilfabriken in Bangladesh scheisse. Wenn durch angemessene Löhne Instrumentalunterricht oder T-shirts teurer werden, dann ist das bedauerlich, iss aber so.
Zur Frage der Komposition: in unserer Geselschaft werden vermehrt immaterielle Güter geschaffen, Musik ist da nur ein kleiner Teil davon, dazu zählen auch technologische Innovationen und z.B. Software. Ich kann ein Computerprogramm kopieren, ohne das ich das Original stehlen oder vernichten muss. Ich kann 1:1 Kopien von Medikamenten oder Spiegelreflexcameras anfertigen, ohne das ich Originale entwende. Der deutsche Zoll aber betreibt großen Aufwand, um z.B. Patentschutz zu betreiben. Dies finaziert die Allgemeinheit. Das ist m.E. sinvoll, denn niemand würde Forschungs und Entwicklungsarbeit auf sich nehmen, wenn er keine Möglichkeit hätte, davon zu profitieren.
Wenn ich ein Musikstück komponiere und aufnehme und niemand will es hören, dann kann ich es niemandem verkaufen, dann verdiene ich nix, dann muss ich zu Aldi an die Kasse, ist völlig o.k. so.
Blöd ist aber, wenn ich keine Chance habe es zu verkaufen, weil andere meine Musik billiger verkaufen oder umsonst weitergeben. Das ist leider momentan der Fall. Da sollte man sich m.E. überlegen, ob es nicht angemessen wäre etwas dagegen zu tun.
Das bedeutet nicht, dass man automatisch von Musik leben kann, es schafft nur eine faire Chance!
 
Rome schrieb:
Ich weiß nicht, woher dieser Anspruch vieler Musiker kommt, dass man gefälligst mit seiner Leidenschaft Geld verdienen können muss, nur weil man angeblich Künstler oder so etwas ist.

Das liest Du hier in diesem Faden wo genau?

Viele Grüße,
woody
 
Rome schrieb:
Ich weiß nicht, woher dieser Anspruch vieler Musiker kommt, dass man gefälligst mit seiner Leidenschaft Geld verdienen können muss, nur weil man angeblich Künstler oder so etwas ist.

Und ich weiß nicht, woher der Anspruch vieler Leute kommt, dass für Musiker ihre Tätigkeit gefälligst nur Leidenschaft zu sein hat, und sie dafür nicht auch noch Geld verdienen dürften, wenn sie Produkte oder Dienstleistung anbieten.
 

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