Die Schaltung der „Red Special“

DerOnkel

Power-User
26 Nov 2004
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16
Ellerau
Die "Red Special" von Brian May ist sicherlich eine der wenigen wirklich besonderen Elektrogitarren.

RS-Brian.jpg


Ein wesentlicher Grund dafür ist der Aufbau ihrer elektronischen Schaltung, auf den ich kurz kurz eingehen möchte:

Die Schaltung der "Red Special"

Der junge Brian May hatte sein Auge ursprünglich auf eine Fender Stratocaster geworfen, was Anfang und Mitte der 60er Jahre nicht ungewöhnlich war. Nur leider fehlte ihm das nötige Kleingeld, was auch heute noch für viele junge Gitarristen nicht ungewöhnlich ist.

Als er dann zusammen mit seinem Vater daran ging sich selber eine Gitarre zu bauen, lieferte die Stratocaster die Begründung für drei Tonabnehmer. Da er jedoch auch den "fetten" Klang der Les Paul haben wollte, wich er von dem quasi als Standard anzusehenden Konzept der Parallelschaltung ab und ordnete die drei Tonabnehmer elektrisch in Reihe an. Weitere Klangvariationen wurden durch Phasenumkehrschalter für jeden Tonabnehmer möglich. Hier beide Schaltungskonzepte zum Vergleich:

SSS-Multisound.gif


In beiden Fällen ergeben sich 13 unterschiedliche Kombinationen. Durch die Reihenschaltung der Tonabnehmer wird die Gitarre doppelt so laut und bietet so mehr Reserven, um einen Röhrenverstärker zu übersteuern. Daß sich bei dieser Schaltungsvariante die Resonanzfrequenz um den Faktor 1,4 verringert, ist aus klanglicher Sicht zusätzlich als Vorteil zu werten. Das ganze klingt dann wesentlich mittiger, eher wie ein Humbucker und keinesfalls mit den bekannten Tonabnehmerkombinationen der Stratocaster zu vergleichen. Erst das S1-Switching von Fender brachte hier eine Annäherung.

Die Tonabnehmer

Als Tonabnehmer setzte Brian May zuerst auf eine eigene Signle-Coil-Entwicklung deren Magnete jeweils eine entgegengesetzte Polarität hatten (N-S-N-S-N-S). Er hoffte, auf diese Weise einen Humbucker-Effekt zu erreichen, was aber in dieser Form nicht funktionierte. Statt dessen wurde der Tonabnehmer zwischen den Polen unempfindlich, was sich besonders bei Bendings störend bemerkbar machte.

Die finale Lösung ergab sich dann mit drei Tri-Sonic-Tonabnehmern von Burns, die Brian allerdings neu wickelte. Der mittlere Tonabnehmer wurde dabei ein RW/RP, um in der Kombination mit einem weiteren Pickup eine Humbuckerwirkung zu erreichen.

Die von Brian May entwickelte Schaltung ist aus damaliger Sicht als revolutionär zu bezeichnen. Auch heute noch ist sie sehr ungewöhnlich und - selbst in Teilen – kaum in Serieninstrumenten zu finden. Eine Ausnahme stellt nur die "Brian May Signature" dar, die als aktuellen Versuch eines Replikates für den Massenmarkt gewertet werden muß. Hier eine kurze Beschreibung der wichtigsten Kombinationen:

RS-Sound-Kombi.gif


Wenn man sich einmal vergegenwärtigt, daß die wichtigsten Solos alle mit Out-of-Phase-Kombinationen gespielt worden sind, wird klar wie groß der Einfluß der "Red Special" auf den sogenannten Queen-Sound eigentlich ist.

Replikate

Die "Red Special" ist mit Sicherheit eine der am meisten von Laien kopierten Gitarren, was schlicht und ergreifend daran liegt, daß sie bisher kaum industriell produziert wurde. Die meisten Versuche waren wenig zufriedenstellend und die Produktion wurden meist schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

Es gab Kopien von Greco (Japan), John Birch, Guild (USA), Kids of Japan (Japan), Watson Guitars, Red Rome Guitars (Italien) und dem Australier Greg Fryer, der auch die Restauration der originalen Red Special durchführte.

Heute sind kommerzielle Kopien von K'z Guitar Works (Japan), RS Guitars (USA), Seiji Matsumura (Japan), Dillion (Korea), Jim Reed (Italien), Legg Guitars (Italien), The Guyton Guitars (Großbritannien) und natürlich von Burns / Brian May Guitars am Markt verfügbar.

"Red-Special-Light"

Wer Besitzer einer Stratocaster ist und gleichzeitig über etwas Experimetierwut verfügt, der kann das Schaltungskonzept der "Red Special" leicht übertragen. Hier der Verdrahtungsplan:

WiDi_RS_00-BG.gif


Die originalen Slider lassen sich leicht durch 6 Mikroschalter vom Typ ON/ON ersetzen. Problematisch ist nur die Unterbringung der 6 Schalter. Am Ende der Prozedur hat man eben 6 Löcher im Pickguard der armen Strat. Aber auch hier findet sich mit ein wenig Überlegung eine Lösung:

WiDi_RS_01-BG.gif


Man verwendet einfach 3 Schalter vom Typ ON/ON/ON. In der Mittelstellung ist der betreffende Tonabnehmer deaktiviert. Die beiden Endstellungen liefern dann In-Phase oder Out-of-Phase, wenn weitere Tonabnehmer aktiviert sind. Für sich alleine ist der Tonabnehmer dann einfach nur aktiv.

Das man bei dieser Lösung 3 Schalter spart, ist zwar ganz angenehm, fängt aber leider nicht den wesentlich höheren Preis der ON/ON/ON-Schalter auf.

Ulf
 
Auch wenn ich diese Schaltung wohl nie benötigen werde,
glaube ich, Du machst da einigen Leuten eine große Freude!
Ich meine, auch mit Deinen anderen Beiträgen!
Im Übrigen auch unterhaltsam geschrieben. Weiter so!

Von mir auch mind. 3 Sternchen!

Aber vielleicht habe ich ja demnächste mal was für Dich.
Ich muß nämlich folgende Komponenten in eine entbundete
und gerupfte Tele bauen: Ein Sustainerkit mit Elektronik,
5-way Switch, 3Potis plus ein Humbucker und ein Lipstick
in der Mitte ...
 
DerOnkel":lplr5p7l schrieb:
Hmm...

Elektrisch läßt sich das sicherlich alles irgendwie machen. Bleibt das leidige Platzproblem...

Ulf

Ich habe für entsprechenden Platz gesorgt, hilft zudem zu einem
akustischerem Trockenton ;-) So, ich werde noch ein wenig
fräsen müssen für den Lipstick, ich schau mal, ob ich das morgen früh
nicht besser mache.

Ich werde aber über das Thema dann an anderer Stelle berichten.
Ich weiß ja, die meisten sind wissbegierig und freuen sich über Infos
aller Art rund um Gitarre und Bass.

Eine Frage sei mir aber noch gestattet: hast Du Dir ein spezielles
Proggie für die Grafiken besorgt oder Potis etc. selber "designed"?
 
doc guitarworld":3mm4y4yx schrieb:
Eine Frage sei mir aber noch gestattet: hast Du Dir ein spezielles
Proggie für die Grafiken besorgt oder Potis etc. selber "designed"?
Die Diagramme liefert Excel, das für mich auch die Simulationen der Schaltung macht. Die Schaltbilder und WiDis sind einfach Bitmaps. Das ganze ist natürlich made by DerOnkel. ;)

Ulf
 
Hallo, ich finde deine Beiträge auch sehr interessant.
Es gibt immer die Gitarristen, die nie an einer Git. basteln
und andere, die an jeder etwas anders/besser/individueller
machen wollen. Wenn z.B. bei Austausch eines PUs einer Strat
dann unerwartete Phasenprobleme auftreten, sind manche
schon am Ende, weil die Grundlagen nicht bekannt sind.
Deshalb sind solche Beiträge immer gut für Bastler.
Auch über Schirmung und Masse kann man nicht genug wissen.
Übrigens sind Stratschaltungen mit RW/RP in der Mitte nicht nur
von Brian May bekannt, auch in Reihenschaltung.
Auch Knopfler benutzt solche Stratartigen, auch mit Einzelschaltern
statt Fünferschalter. Thomas Blug bastelt eher nicht, denke ich.
edit : dafür hält er den Schalter in ständiger Bewegung.
V.H.
 
Hallo, würde mir zusagen, wenn ich wüsste was druntersteckt !
Selber Gebautes kann man schon bedienen.
V.H.
 
Hallo, hab' es wiedergefunden :
DVD "A Night At London", Titel "Going Home" --->
Die Strat mit den Schalterchen, Schaltung nicht bekannt.
Könnte Reihenschaltung sein.
V.H.
 
N'Abend
DerOnkel":2cq5mx3o schrieb:
Diese Schaltvariante gibt es auch in Strat-Modellen von Tom Andersoon.
01,14,2000_04-02-52.jpg

Der vierte (größere) Miniswitch schaltet immer direkt auf den Steghumbucker allein mit in Reihe geschalteten Spulen.

Grüße
Hendrik
 
Hm das klingt nicht uninteressant. Ich habe mir mal die Seite "switcharoo" bei Andersoon angesehen. Wenn ich mir das richtig zusammenreime, existieren folgende Möglichkeiten:
  1. Für jeden Pickup gibt es einen ON/OFF/ON-Schalter. Mit seiner Hilfe kann der Tonabnehmer ausgeschaltet oder in zwei verschiedenen Modi aktiviert werden.
  2. Als PU-Mode wird Serie und Parallel oder Split angegeben.
  3. Die Entscheidung ob Parallel oder Split wird durch kleine Mikro-Schalter im Inneren des Instrumentes festgelegt.
Der dritte Punkt legt die Vermutung nahe, daß diese Möglichkeit nur bei einem Humbucker existiert. Unterstellt man, daß in dem von Dir gezeigten Modell "Hollow Drop Top" koaxiale Humbucker in der Neck- und Middle-Position verwendet werden, so läßt sie die Existens von drei Mikroschaltern damit auch erklären.

Meine Schlußfolgerung lautet also:
  1. Es werden grundsätzlich Humbucker (parallel und koaxial) verwendet.
  2. Jeder Tonabnehmer kann getrennt ein- und ausgeschaltet werden.
  3. Für jeden Tonabnehmer steht, neben der klassischen Reihenschaltung der beiden Spulen auch eine Parallelschaltung oder ein Single-Coil-Betrieb zur Verfügung
  4. Die Tonabnehmer selber werden in der klassischen Weise parallel zusammengeschaltet. Ein Möglichkeit der Reihenschaltung besteht definitiv nicht!
Ich denke, daß kaum ein Hersteller das Risiko eingehen wird und einer Strat oder Tele die klassischen Parallel-Sound zugunsten der Reihenschaltung nimmt. Möchte man jedoch beides haben, so kommt man in der vollen Ausbaustufe nicht um 6 Mini-Schalter umhin. Es gibt da ein entsprechendes US-Patent 6,998,529 von Wnorowski, in dem das sehr schön dargelegt wird. Da aktuelle S1-Switching von Fender stellt nur eine kleine Erweiterung der klassischen 5-Position-Sounds einer Strat dar. Alle möglichen 29! Kombinationen sind damit keinesfalls zu erreichen.

@ V.H.:

Ob Knopfler da wirklich eine Reihenschaltung hat, möchte ich ein wenig in Zweifel ziehen. Vermutlich hat er es da eher auf die anderen Parallel-Kombis abgesehen, von denen Bridge||Neck deutlich in Richtung Telecaster geht. Wie gesagt, mit drei Schaltern geht nur Reihe oder Parallel.

Ulf

ps:

Wenn man zwei normale Strat-Pickups in Reihe schaltet, so rutsch die Resonanzfrequenz von 3,7kHz auf 2,4kHz runter und die Ausprägung der Resonanz beträgt nur noch 1,9dB. Damit hat man schon fast den Bereich der "hellen" PAFs erreicht. Wie eine typische Strat wird das ganze dann wirklich nicht mehr klingen.
 
Hallo, wieder dieses Thema...
editiert, weil .mpg veröffentlichen ist nicht mehr "in"
V.H.
 
Hallo Der Onkel,

ich bin beim googeln nach der Möglichkeit einer Serien/Parallel-Schaltung für 3 Single-Coils erst auf deinen Thread gekommen und stelle begeistert fest, dass die reguläre Brian-May-Schaltung mit 3 statt 6 Schaltern möglich ist. Klasse! :-D
Auf den anderen Diagrammen, die die übliche Variante mit 6 Schaltern zugrunde legt ist die Möglichkeit gezeigt, mit einem zusätzlichen Schalter von Serie auf Parallel zu schalten.

Nun meine Frage, ob diese Variante auch mit deiner "3-Switch" Lösung möglich ist zum einen; zum anderen gibt es die Variante einen der 6 Schalter umzulöten und diesen Pickup parallel (statt in Phase) zu schalten.
Wäre dies bei deiner Schaltung auch möglich?

Generell ist bei der letzteren Variante eine Brian May als auch übliche Strat Kombo mit 2 Zwischenpositionen möglich.
Das würde mir reichen, da ich die out-of-phase Variante bei einer Parallelschaltung nicht als nötig erachte.
Ich habe derzeit einen 5 Weg-Schalter und 2 zusätzliche Schalter um den Mittel-Pickup in Serie zu schalten, und um eine Tele-Schaltung zu ermöglichen. Hatte auch einen 3. Schalter um eine out-of-phase Schaltung auszuprobieren.
Da die Gitarre somit "schon" 3 Löcher hat, kommt mir der Gedanke deine 3 Schalter-Variante einzubauen und auf den 5 Weg-Schalter zu verzichten,; evtl. einen weiteren Schalter einzubauen für die Möglichkeit Serie/parallel.

Liebe Grüße und Danke für obiges Diagramm!
 

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