Eindrücke vom Fehmarn Open Air 2010

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tommy

Power-User
16 Mrz 2009
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Norderstedt SH
Moin liebe Forumsgemeinde,

wen es interessiert, möchte ich an meinen Eindrücken beim diesjährigen Fehmarn Open Air (FOA) teilhaben lassen.

Für die, die es nicht kennen, eine kleine Einleitung:

1970 versuchte man auf der schönen Ostseeinsel Fehmarn an der Westküste am Flügger Strand so etwas wie ein deutsches Woodstock zu veranstalten. Hauptakteur war Jimi Hendrix aber auch sonst war ein grosses Aufgebot von angesagten Bands dabei.
Leider machten das Wetter, Fehlkalkulationen, Fehlplanung und nicht zuletzt die Hells Angels das Festival zu einem Fiasko.
(Sehr interessant nachzulesen bei http://www.fehmarnfestival1970.com/).
Das FOA besitzt übrigens desweiteren einen denkwürdigen Ruf insofern Jimi Hendrix 2 Wochen später starb. Es war sein letzter größerer Auftritt.

25 Jahre später wurde das FOA zum Gedenken von der Fehmarn Festival Group wieder aufgenommen.
(Originaltext von deren Website):

"Was am 4.September 1970 begann, fand 25 Jahre später seine Fortsetzung: Anläßlich des 25-jährigen Jubiläums des "Love & Peace-Festivals" im Jahre 1995 erinnerte man sich nicht nur auf Fehmarn an dieses Festival. Spontan und ohne große finanzielle Unterstützung wurde das "1. Jimi-Hendrix-Revival-Festival" innerhalb von nur 18 Tagen organisiert. Die "Fehmarn Festival Group e. V." veranstaltet seitdem an jedem ersten Samstag im September dieses Open-Air, welches inzwischen zu einem Mega-Event herangewachsen ist.

Im Frühsommer 1997 wurde zu Ehren von Jimi Hendrix ein Gedenkstein enthüllt. In unzähligen Stunden hat der Steinmetz Andreas Lewerenz ein wahres Meisterwerk vollbracht. Im Massstab 1:1 wurde eine Fendergitarre eingemeisselt. Heute ist der Stein in unmittelbarer Nähe des alten Festivalgeländes von 1970 zu bewundern."

Nun denn, am Donnerstag, den 2.9.2010 war es für uns dann mal wieder soweit. Auto vollgepackt, Hippieklamotten angezogen und los. Zu meiner rechten mein Eheweib Kirsten, in Persona auch Sängerin unserer Band, hinter uns im Kombi übliches Open Air Kampfbesteck (überwiegend flüssig). Als Besonderheit: Eine Klein PA, Ein kleiner Combo, eine Telecaster und Harps.
Geplant war das Treffen mit unserem 2ten Gitarristen Jogi nebst Gattin auf dem bereitgestellten Campingplatz. Jogi sollte dort aufschlagen mit einem grösseren Wohnmobil und ebenfalls mit Combo und E-Gitarre.
Unser Vorhaben war, in den Festivalpausen (auch Nachts) über Spannungsumwandler Live Musik zu machen. Diese Sessions hatten sich in den vergangenen Jahren bestens bewährt und sind auf dem Zeltplatz verbreitet und beliebt.

Donnerstag nachmittag trafen wir dann bei schönstem Sonnenschein ein und begannen sogleich vor dem Wohnmobil einen Pavillon mit Biertischgarnituren aufzubauen. Die Mukke wurde auch gleich angeschlossen.
Noch ein paar bewusstseinserweiternde Getränke gelenzt und schon konnte das Festivalwochenende losgehen.

Wir legten auch gleich los mit unserer Livemukke was zur Folge hatte, dass sich sogleich ein netter Haufen Zeltnachbarn mit guter Laune und Getränken bei uns versammelte und auch über die Tage immer wieder vorbeischaute.
Es ergab sich, dass mehrere Gitarristen, ein Sänger und ein ausgezeichneter Harpspieler dabei waren. So entstanden sehr geile Jamsessions.
Der erste Tag endete gegen 4.00h des nächsten Morgens, weil keiner sein Instrument bzw. Glas mehr halten konnte.

Ein besonderes Erlebnis sei noch zu erwähnen. Leider laufen bei solchen Events auch immer wieder echte Vollpfosten rum. Ein völlig stinkbesoffener ganzkörpertätowierter Schlägertyp torkelte in unseren Kreis. Wir dachten schon, jetzt gibt es Ärger. Er setzte sich zu uns, fing aber bitterlich an zu weinen und zeigte uns ein neu gestochenes Tattoo was ihm doch so furchtbare Schmerzen bereitete. Als wir ihm empfahlen, die Stelle mind. eine Stunde in der Ostsee zu kühlen, trollte er sich dankbar.

Eine befreundete Band hatte auf dem Zeltplatz ganz grosses Gedeck aufgefahren. Sie gaben innerhalb einer aufgestellten Wagenburg auf einer selbstgebauten kleinen Bühne einen richtig erwachsenen Live Gig!
Mit PA, E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug und Bühnenlicht.
Angefeuert wurde das ganze von einem benzingetriebenen Stromaggregat. Um den Gig hatten sich an die 100 Leute versammelt. Als die Stimmung am Sieden war...paff...alles aus...Dunkelheit. Was war passiert? 2 Verantwortliche der Festivalgroup haben heimlich sämtliche Stecker gezogen. Unglücklicherweise hatte die Band das Aggregat im Naturschutzbereich aufgestellt. Darüber hinaus wurde ihr Gig zurecht als unerlaubte Gegenveranstaltung gewertet. Die Veranstaltung wurde sofort im gegenseitigen, freundlichen Einverständnis beendet. Während noch anstehenden Klönschnacks näherte sich plötzlich ein größerer Gabelstapler, der wohl bereit stand, im Streitfalle die Bühnenaufbauten einzureissen bzw. abzutransportieren. Leider hatte der Fahrer wohl nicht realisiert, dass längst eine friedliche Lösung herbeigeführt worden war. Zum Glück kam es nicht zum Äussersten, da der Stapler in eine Rasenkuhle fuhr, was zur Folge hatte, dass sich die Gabelspitzen in das Erdreich bohrten und das ganze Gefährt beinahe umkippte. Das Gejohle war anschliessend groß. Bester Slapstick!

Die darauffolgenden Tage bestanden aus einem ständigen Pendeln zwischen neigungsgesteuerten Konzerten und unserem Pavillon. Mal Party, mal Dolce Vita, immer unter überwiegend netten und interessanten Menschen (u.a. ein gebürtiger Belfast Ire mit bewegter Vergangenheit).
Mit einigen sind schon die nächsten Treffen geplant.



So, nun zu den Konzerten. (Ich fasse mich hier kurz, weil es primär mein Anliegen war, Euch ein bisschen das Lebensgefühl nahezubringen).

Großen Eindruck hinterlassen haben:

Double Vision, eine Gallagher/Taste Tributeband. Vom Sound, von der Attitüde und vor allem von der Stimme her stand original Rory auf der Bühne. Esprit und Power pur. Einfach nur geil!!!

The Brew, Power Trio, Arschtreten pur, unglaublich energetisch. Bis auf Bass-Papi sehr junge Kerle denen ich eine grossartige Zukunft voraussage.

Am meisten beeindruckt hat mich das Power Trio um Todd Wolfe. Fette schwitzende Energie verpackt in superintelligenten, teils funky Songs. Eine dermassen perfekte Verzahnung von Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug habe ich noch nicht miterlebt.

Der Rest war tolle, professionelle Bluesrock Hausmannskost.
Hervorzuheben sei vielleicht noch eine Neill Young Coverband. Einfach schön, das schräge NY Zeugs nochmal zu hören

...und...ach ja...der Shantychor Großenbrode.

Was kann ich noch sagen, Verdauung schmeckt, Essen in Ordnung, die Dixi Entsorgungssituation wie gehabt unsäglich.

Ich hoffe, dass das FOA trotz starken Gegenwindes seitens der Verwaltung Oldenburg weitergeführt werden kann.

Die hippieske Friedlichkeit, die tolle Musik, das familiäre drumherum, die Nebenschauplätze, das unglaubliche Engagement der ehrenamtlichen Macher und Beteiligten, die Örtlichkeit, das Wetter und...und...und... würde ich unglaublich vermissen.

Danke für Eure Geduld und Aufmerksamkeit!
 
Hi Tommy,

ja das ist ein schönes, gemütliches Festival. Der Bassist meiner Band war schon 1970 beim Original als Zuschauer dabei (da war es alles andere als gemütlich) und 1998 hatten wir das Vergnügen das Festival als letzte Band des Abends beschliessen zu dürfen. War ein schönes Erlebnis!
Ein besonderes Lob gilt den ehrenamtlichen Organisatoren, die das Ganze wirklich sehr persönlich gestalten.
Schade, dass es das vielleicht in der Form bald nicht mehr gibt.

Schöne Grüße

Ralf
 

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