Morgen,
Mal ganz abgesehen vom Krieg erschreckt mich auch, wie viele Leute in Deutschland damit umgehen. Ich war letzte Woche aktiv in meiner Funktion als Oberstufensprecher aktiv in der Planung einer Friedensdemonstration in unserer Stadt, die unsere Schülervertretung organisiert hat. Zuerst mal haben wir alle Schulen des Schulzentrums kontaktiert, und obwohl wir explizit betont haben, dass wir für den Frieden und nicht gegen Amerikaner demonstrieren wollen, gab es noch unter der Woche von jeder dieser Schulen Pressemitteilungen, in denen sie sich schon vorab von unserer Aktion distanzierten. Die Schulleitung der Beruflichen Schulen hielt noch nicht mal das für genug und beschloss, uns weitere Steine in den Weg zu legen: Es wurde eine für alle Schüler verpflichtende Unterrichtsveranstaltung auf letzten Freitag Nachmittag (den Termin der Demonstration gelegt).
Das Ordnungsamt hat sich auch vor allem durch Versuche hervorgetan, die Entstehung solcher Demonstrationen im Keim zu ersticken "Eigentlich wünschen wir in unserer Stadt keine Demonstrationen. Als politische Betätigungsfelder sind die Leserbreifspalten der Zeitungen und regelmäßig stattfindende Wahlen gedacht". Der Seitenhieb, dass sich kaum junge Leute bei den letzten Kommunalwahlen beteiligt haben, durfte natürlich auch nicht fehlen. Nach dem wir auf die rechtliche Situation verwiesen haben, bekamen wir schließlich unsere Genehmigung, dafür aber keinen Schlüssel für die Stromverteiler auf dem sogenannten "Schillerplatz" (was Schiller wohl dazu sagen würde??). Also musste für teures Geld ein Generator gemietet, Sprit gekauft und unnötig die Luft verpestet werden. Die Polizei, die unsere Demonstration angeblichen "schützen" wollte, bestand jedoch darauf, dass wir den Generator abschalten (natürlich haben wir ihn kurz danach wieder angemacht) [8D].
Also, lange Rede, kurzer Sinn, am Freitag war die Demonstration und von 3000 eingeladenen Schülern kamen 300. Die Ausreden waren mindestens haarsträubend, der Favorit war eindeutig: "Wenn hier ein paar Schüler demonstrieren, was interessiert das den George Bush".
Noch besser hat es ein Kunde an der Tankstelle formuliert, bei der ein Freund von mir nachts arbeitet: "Ai, isch finds guud, dosses dort unne rumbelt, do wärds Benzin billischä!".
Viele von den Leuten, die eine Rede hielten, waren Freunde von mir, und die Resonanz von denen Leuten, die gekommen waren, war großartig. Es geht doch hierbei um solche Dinge wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, und jeder der sein Maul nicht aufmacht und nicht auf die Straße geht, gibt sich der Abgrabung dieser grundlegenden Menschenrechte hin. Ob aus ökonomischen Gründen oder weil er selbst daran beteiligt ist, ist mir im Prinzip egal, Tatsache ist, dass in naher Zukunft wohl jeder von uns finanzielle Abstriche machen muss, um sich diese Rechte zu erhalten. Ich bin auf jedenfall dazu bereit, und außerdem der Meinung, dass wenn wir schon mit dem Einschränken anfangen, wir auch gleich den Weg zu einem ökologisch und sozial funktionierenden System einschlagen können. *lufthol*
Jetzt hab ich bei den ganzen Romanen ganz vergessen, was ich eigentlich sagen wollte...
...ach ja! Ein Freund und ich haben auf der Demo ein Friedenslied gespielt, was wir einen Tag vorher geschrieben haben. Wegen der großen Resonanz haben wirs inzwischen, wenn auch mit primitiven Mitteln aufgenommen und ins Netz gestellt. Ihr könnt es unter
www.zirkuspurzelbaum.de.vu runterladen.
Dies ist nicht als Werbung zu verstehen, sondern als Aufruf an alle Musiker, auf ihre Weise ihr Maul aufzumachen und der Öffentlichkeit ihre Erzeugnisse vorzuwerfen.
mit friedlichen Grüßen,
Tobee