Musicman Silhouette

A

Anonymous

Guest
So viele Reviews zu der Silhouette von Musicman gibts ja nicht im Netz. Nach einigen Monaten Probe und Gigs mit meiner Silhouette möchte ich Euch deswegen mal meine Eindrücke beschreiben.

Vorgeschichte:

Musicman Gitarren faszinieren mich schon seit vielen Jahren, insbesondere die Silhouette und ihre diversen Ableger. Nach meinem E-gitarristischen Wiedereinstieg – zunächst ohne irgendwelche Ambitionen, mal wieder in einer Band zu spielen – habe ich mir zunächst mit einer OLP-Variante beholfen, die der Silo Special nachempfunden war. OLP waren ja „lizenzierte“ Nachbauten. OK, ganz nett, aber da dann doch ein Bandprojekt anstand, habe ich mich relativ schnell von dem Ding wieder getrennt und diverse andere Gitarrenmodelle durchgemacht, wobei ich letztendlich immer bei was stratartigem gelandet bin, also SSS. In einem Thread hier wurde ich vor einigen Jahren dann auf eine Silo Special bei EBAY aufmerksam und konnte sie auch ergattern. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch, eine candy-apple-red aus dem Jahr 1995, SSS-bestückt und ein Traum von einer Gitarre. Ein PU-Wechsel war fällig auf ein Set Staufer AVR-PUs, und die Silo war für einige Jahre meine Hauptgitarre.

In der Zeit ergab es sich allerdings, dass ich meine eigentlich immer wieder bestätigte Abneigung gegen Humbucker-Gitarren abgelegt habe, wofür zu einem großen Teil meine geniale Ibanez SC 420 verantwortlich ist, die ebenfalls ein Staufer Set (58er HB) spendiert bekam. So ergab es sich für mich, dass ich feststellen konnte, dass auch HB-Gitarren wunderbare Clean- und Crunchsounds erzeugen können. In all den Jahren hatte ich bei passender Gelegenheit aber immer auch mal eine klassische Silhouette (24 Bünde, HSH) angespielt und war jedes Mal von den flexiblen Soundmöglichkeiten begeistert. Nun hat sich vor ein paar Monaten dank EBAY die Möglichkeit ergeben, für vernünftiges Geld an eben eine solche Silhouette zu kommen. Da die wirklich außergewöhnliche Verarbeitungsqualität der EBMM Gitarren hinlänglich bekannt ist, habe ich nicht lange gezögert und zugeschlagen, zumal eine persönliche Übergabe auch noch machbar war. Tja, es hat nicht lange gedauert, und meine Silo Special musste dann gehen. Warum das so ist, schreibe ich nun im folgenden Teil aus meiner natürlich wie immer vollkommen subjektiven Sicht.

Drumherum:

Wer Musicman Gitarren kennt, weiß, dass man hier Instrumente bekommt, die woanders unter dem Namen Custom Shop laufen. Das sind keine Stücke für Sammler, Vintage-Freaks oder Traditionalisten, sondern ausgesprochen intelligent gemachte Arbeitstiere, die gespielt werden wollen. Die Silhouette ist das erste Modell aus der Zeit nach Leo Fender bei EBMM und wurde zunächst in diversen Varianten hergestellt. Seit vielen Jahren gibt es sie jedoch nur noch als HSH-Modell, die 24 Bünde blieben in der ganzen Zeit gleich. Wählen kann man noch zwischen Hardtail oder Tremolo sowie zwischen Ahorn- und RW-Griffbrett. Das Bodyholz ist schon seit vielen Jahren Erle. Meine ist eine Hardtail mit Ahorngriffbrett. Herausragende Ergonomie, top Verarbeitung, viele durchdachte Features wie z.B. die tollen Schaller-Lockingmechaniken werden von einem Hals ergänzt, der für meine Hände geschaffen ist. Öl-/Wachsfinish, nicht zu dünn, nicht zu dick, für meine nicht allzugroßen Hände passt das perfekt wie schon bei der Silo Special. Der größte Unterschied zur Silo Special sind also die 24 Bünde und die HSH-Bestückung. Der originale Musicman-Koffer ist ebenfalls eine Schau, stabil, robust, so wie es ein Arbeitstier eben braucht.

Sound:

Natürlich wie immer eine subjektive Geschichte. Trocken schwingt die Silhouette intensiv und hat viel Attack. Was mir hier auffällt ist, dass ich seit langem bei einer Gitarre nicht das Bedürfnis habe, die PUs zu tauschen. Es sind DiMarzios Virtual PAF und ein specialmade Singlecoil in der Mitte. Die HB haben sehr wenig Output, sind sehr transparent und geben für mein Ohr jedes Detail des Spielens sehr genau wieder. Zudem passen sie perfekt zu dem Singlecoil in der Mitte. Dadurch gibt es auch nahezu keinen Pegelverlust, wenn man von den beiden äußeren reinen HB-Schaltungen (Steg und Hals) auf die drei Singlecoil-Sounds in der Mitte (gesplitteter Steg-HB mit SC, SC alleine, gesplitteter Hals-HB mit SC) umschaltet. Das ist live wirklich problemlos anwendbar. Volume- und Tonepoti funktionieren perfekt, v.a. beim Volumepoti keine Höhenverluste beim Runterregeln, so soll es sein.

Nichtsdestotrotz sind die HB vom Sound her deutlich als solche erkennbar, was mir mittlerweile wie oben beschrieben super gefällt. Gegenüber meiner Ibanez mit Mahagony Body und den Staufer PUs klingt die gesamte Gitarre deutlich höhenreicher und nicht so drückend. Gleiche Einstellungen am Amp funktionieren also nicht, auch der Output ist geringer. Das lässt sich aber alles am Amp problemlos regeln.

Der Steg-PU liefert auch Clean einen tollen Sound, vielseitig einsetzbar vom scharfen Rhythmus-Brett bis zu singenden Leadsounds. Die Kombi mit dem SC liefert den typischen Stratquack mit einer ausgeprägten Transparenz und Detailschärfe, nicht ganz so verhalten wie bei klassischen Strats. Der SC in der Mitte ist ein typischer SC, höhenreich, aber ohne die Ohren zum Bluten zu bringen. Die Kombi des SC mit dem Hals-HB liefert wieder jenen von der Strat gewohnten Sound, hier hätte ich gesagt, etwas zurückhaltender in den Höhen, wobei man hier natürlich mit der Höheneinstellung des Hals-HB noch viel spielen kann. Der Hals-HB selbst ist wirklich toll, ungemein transparent, nicht so „mellow“ wie z.B. bei einer Les Paul, aber dennoch warm. Jeder Sound ist für mich gelungen und live einsetzbar. Die Mischung aus HB- und SC-Sounds deckt eine ungemeine Bandbreite ab, funky clean, countrymäßig geht genauso wie Blues oder das satte Classic-Rockbrett. Alle Schalterstellungen sind clean wie mit unterschiedlichen Zerrstufen gleichwertig einsetzbar. Ich finde, die Silhouette färbt sehr wenig den Sound und gibt das wieder, was nach der Strippe dann kommt.

Live ist das fĂĽr mich sensationell, da ich mit einer Gitarre viele unterschiedliche tolle Sounds abdecken kann. Zudem ist sie sehr leicht, mit rund 3,1 kg. Die 24 BĂĽnde kommen mir sehr entgegen, das ist ein nettes Feature und erleichtert die Bespielbarkeit in den oberen Lagen sehr.

Ich überlege nun noch, die Kombi aus beiden Humbuckern schaltbar zu machen, dann wäre das Paket ja rundum perfekt. Was definitiv nicht geht, ist natürlich der Sound eines Hals-SC einer Strat. Ich mag diesen Sound sehr, aber umgekehrt liebe ich auch den Sound eines HB am Hals, der mehr singend und wärmer ist. Twäng wiederum ist deutlich da, wenn auch konstruktionsbedingt nicht wie bei einer Tele. Wichtig war für mich, den Amp und die programmierten Sounds im Nova System nochmals intensiv anzupassen. Manchmal war hier nicht viel nötig, aber es hat sich gelohnt. Ich habe nun mit der Silhouette eine super flexible Gitarre, die eine enorme Bandbreite abdeckt und stundenlanges Spielen ohne Mühe erlaubt. Diese soundmäßig noch größere Flexibilität gegenüber der Silo Special war für mich auch der entscheidende Punkt. Ich habe eben am liebsten so viel wie möglich in einer Gitarre. Meine Gigs spiele ich nun ausschließlich immer mit einer Gitarre, entweder die Silhouette mit dem JTM45 (alternativ Tech 21 Blonde) und dem Nova System oder gelegentlich die Ibanez mit dem Mustang III, was auch eine tolle Kombi ist.

Bilder gibts in der Equipmentgalerie: http://www.guitarworld.de/gwpages/gear,a,show,g,2710-silhouette.html
 
Rainer es ist immer wieder schön zu lesen wenn jemand begeistert und auch glücklich mit einem Instrument ist. Und ja, ich weis es ja nun auch, unter den Musicmännern gibt's wahre Schätze. Tolle Gitarren mit tollen Hälsen! Mir aber leider allesamt zu dünn, ich brauche etwas mehr Material in der Hand :)

Danke fĂĽr dein Review!
 

ZurĂĽck
Oben Unten