Pfaelzer":2y60ap5f schrieb:
Daraus resultiert natürlich auch, dass neben dem Wegfall all der schönen Dinge des Angestelltenlebens (Sozialversicherungen, Krankengeld, bezahlter Urlaub usw.) auch ein unternehmerisches Risiko zum Tragen kommt (z.B. Armbruch = Vierteljahr Verdienstausfall).
Alle gesundheitlichen Sachen mal nebenher, ich muss dazu mal was sagen, und das ist wirklich frustrierend, geht aber vermutlich allen Freiberuflern und Selbständigen so.
Eine kleine Geschichte aus persönlicher Erfahrung also.
2001 muss es gewesen sein, oder so ähnlich, es gab jedenfalls noch die DM (im letzten Jahr).
Anfangs des Jahres beschloss ich jedenfalls, dass es irgendwann eines längeren Urlaubs bedurfte. Keine 2, keine 3, nein, 4-6 Wochen sollten es sein. Dafür guckte ich mir den September des Jahres aus. Nachsaison, immer noch gutes Wetter in GR (wo ich hin wollte), und vor allem: Absolut leerer Terminkalender! Feine Sache also!
So, dann kamen doch die ersten Anfragen für den September rein. Ich, urlaubswillig (und überfällig) wie ich ja nun war, habe die abgesagt bzw. abgegeben. Kein dolles Thema, waren ja nur 1-2 Jobs und auch keine mit wirklich zukunftsträchtigeren Aussichten. Dann kamen die nächsten 1-2 Jobs. Das erste "HMPF!" regte sich in mir. Aber da ich die ersten Jobs ja schon abgegeben hatte (und auch natürlich nicht wiederbekommen konnte), sagte ich die auch ab.
Und so ging es dann munter weiter und weiter, ich sagte Job um Job ab.
Am Ende stellte es sich so dar, dass der September 2001 vermutlich einer der lukrativsten Monate meiner gesamten Laufbahn als arbeitender Musiker gewesen wäre. Verpasste Kohle: Naja, fast schon so um die 8000 DM (vielleicht gar mehr, ich will's nicht wissen...). Kosten für den Urlaub: Ca. 2000 DM.
Unterm Strich hat mich der Urlaub also irgendwas zwischen 8 und 10k DM gekostet. Dafür kann Otto Normalarbeiter mal eben 2 Familienurlaube machen. Und er wird während des Urlaubs weiter bezahlt (früher gab's sogar noch Urlaubsgeld).
Sowas ist dann auch der Grund, warum kaum einer meiner Musikerkollegen jemals länger in den Urlaub fährt. Ich habe mir das irgendwie immer gegönnt und auf Rechnungen wie die obige gepfiffen. Aber richtig drüber nachdenken möchte ich dann mal wirklich nicht. Da geht dann nämlich einfach mal das neue Auto, die nächsten 2 Gitarren, die Jahresmiete oder wasauchimmer drauf. Nur für einen schnöden Urlaub. Brrr!
Ist also eindeutig einer der ganz großen Nachteile der Selbständigkeit, und speziell der musikalischen Selbständigkeit. Als Grafikdesigner kann ich vielleicht noch den Abgabetermin herauszögern. Als Architekt finden sich vielleicht Gründe, warum es sich im Oktober besser als im September bauen lässt. Etc. Als Musiker findet der Job zu einem ganzgenau festgelegtem Termin statt. Natürlich gibt es auch saure Gurken Monate, aber die lassen sich a) nicht vorhersagen und liegen b) meistens in einem blöden Zeitraum (welcher das auch immer sein mag), von daher bringt's auch nicht viel, diese als Zeitziel für den Urlaub zu beobachten.
Wenn man dann noch, so wie ich, ein Weib hat, welches Staatsbedienstete ist (Lehrerin), dann wird die Auswahl noch schwerer. Gut, dieses Jahr wäre im Sommer wg. des anstehenden Nachwuchses sowieso nicht so viel drin gewesen, aber generell ist das auch wieder mal total kacke. Ich habe einen "steady" Job bei einer Open Air Theaterveranstaltung. Und wann läuft die? Genau, *exakt* in den Sommerferien. Wie soll ich da mit dem Weibe Urlaub machen? Ist zum Glück im nächsten Jahr nicht so ein Thema (wg. Mutterschaftsurlaub), aber generell ist das einfach zum Kotzen. Ohne Geld kein Urlaub, aber mit Urlaub auch viel weniger Geld. Oder so.
und man sollte dabei die Realität nicht vergessen, dass z.B. 100 Gigs pro Jahr bedeuten würde, jeden Freitag und Samstag des Jahres einen solchen zu haben...und das kontinuierlich über Jahre hinweg. Ob das realistisch ist???
Realistisch ist sowas durchaus. Aber nicht wirklich schön.
Ich hatte schon mehrmals Angebote, in irgendwelche Top40-Bands einzusteigen. Oder auch in irgendwelche tourenden Musical-Shows, is' ja egal. Die bieten oft 80-130 (so über den Daumen gepeilt) Shows pro Jahr an. Allerdings mehr oder minder exklusiv, sprich, Vertreter hinschicken ist nur in Ausnahmefällen gestattet. Gibt dann 2-3 Wochen Jahresurlaub. Wenn mehr, dann auch deutlich weniger Kohle (zumindest izu einem gewissen Zeitpunkt, dummerweise genau der, in dem mein Weib Ferien hat). Party mit Freunden am WE ist natürlich sowieso Essig.
Ich komme im Moment glücklicherweise dennoch auf ca. 100-150 Gigs im Jahr, muss ja auch nicht alleine eine Familie versorgen, deshalb geht das irgendwie. Und wenn ich auch auf recht hohem Niveau meckern sollte, komfortabel ist dennoch was Anderes.
Ach ja, ich muss auch gleich zum Theater-Gig. Die Kumpels feiern natürlich (nicht, dass mir Vatertagsfeiern am Herzen lägen, aber so ist's immer. Sowas wie Fußballstadion ist auch gestorben - und ja, ich oute mich jetzt mal als Fußball-Freund). Ich hocke 3 Stunden weitestgehend untätig rum (ist nur so unterlegter Musikram) und weiß nicht, womit ich das verdient habe.
Gruß
Sascha