G
Gast10535
Guest
Ein paar analoge Gedanken zum digitalen Fegefeuer, auch Modeling genannt….
Als Gitarrist, der Anfang der 80igern begonnen hat, sich für Gitarrenspielen (und leider auch im Übermaß für Equipment) zu interessieren, kann ich dummerweise nur analog denken.
Ich brauche die Vorstellung des analogen Signalflows, muss mir die Kabel zwischen den Effekten und dem Amp vorstellen können, brauche Knöppe zum drehen und Schalter zum Drauftreten. Ich erkenne Equipment zuerst an seiner Farbe: Das seekranke Grün des Tubescreamers, das dreckige Schwarz einer RAT, das Schwarz-Gold der Marshalls mit dem weißen geschwungenen Schriftzug und die silberne Bespannung der Fender Combos (ich bin zwar alt, aber nicht alt genug für Tweed).
Dabei bin ich auch noch eingeschränkt, was die Anzahl der Parameter angeht: 3 (Gain, Tone, Volume) ist die Maximum, was ich an Drehreglern bei einem Zerrer akzeptiere, mir reicht auch der übliche 4-Band-EQ plus 2 Volumeregler (Gain + Master bzw. Loudness treble/normal bei non-master Amps) beim Verstärker, und beim Wah will das Ding nur einschalten und eben mit dem Fuß Wahwah machen.
Und obwohl ich also so ein verstockter Old-Schoolist bin, nehme ich seit vielen Jahren ausschließlich mit Plugins auf und spiele jetzt auch seit 5 Jahren live ausschließlich einen Modeler.
Das erreiche ich mit einer ganz simplen Vorgehensweise: Ich stelle mir vor, was ich an analogem Equipment brauchen würde, welche Möglichkeiten der Bedienung, und ansonsten strafe ich den Rest der Möglichkeiten mit Verachtung….und ignoriere sie total, d.h. ich probier sie nicht mal aus. Ich habe so viel analoges Equipment gespielt (und bedauerlicherweise auch ge- und verkauft), dass ich nach fast 40 Jahren zu wissen glaube, was ich brauche.
Ich bin sehr eingeschränkt, was Amps angeht: Ich mag Highgainamps nicht, weil ich finde, dass Zerrepedale mehr Dynamik erlauben, ich komme nicht mit der Zerrstruktur von Orange- oder Voxamps zurecht, ich mag diesen kaputten Tweedsound à la Neil Young auch nicht etc. und deshalb probiere ich das auch nicht aus. Für mich muss der Modeler ein paar Standardamps mit Standardboxen können…denn ich habe im Livebetrieb auch selten irgendetwas anderes gespielt als einen einzigen Non-Master-Amp, und der war in 95% der Fälle von Fender oder Marshall (fast jeder Backliner hat einen Twin oder einen Plexi, und ich trage seit ca. 15 Jahren grundsätzlich keine Amps mehr durch die Gegend, und mehrkanalige Amps sind auch nicht gerade mein Ding, da nehme ich immer nur den Cleankanal).
Deshalb ist es mir wurst, wie viele Amp-Models ein Modeler (Hard- oder Software egal) hat…ich komme mit 2 Fender (Twin und Deluxe) und 2 Marshallamps (JTM45 und JCM800) normalerweise aus, weil ich hauptsächlich Pedalzerre spiele. Dafür muss der Modeler die von mir bevorzugten Pedale gut können, und die Amps müssen auf die Pedale so reagieren, wie sie das in der analogen Realität auch tun. Dafür muss ich aber die Möglichkeit haben, beliebig viele Zerrerpedale vor den Twin zu schnallen (und diese auch einzeln per Fuß schalten zu können), denn zu analogen Zeiten hatte ich 4 verschiedene Zerrer auf dem Board, die in verschiedenen Kombinationen mir alle nötigen Sounds ermöglichten, also will ich auch mindestens 4 einzeln schaltbare Zerrer beim Modeler, und zwar pro Preset, ohne irgendwelche speziellen Modi, um sie schalten zu können....
Und weil ich nun mal Pedalboards gewohnt bin, mag ich es, wenn der Modeler die Pedale schön nebeneinander in der GUI aufreiht, und mir die Möglichkeit gibt, jedes Pedal Pre- oder Post-Gain zu benutzen. Ich mag diese Einschränkungen nicht, dass ich keinen Chorus vor den Amp kriege oder keinen Compressor ganz hinten in der Kette oder ich nur 2 Slots für Zerrer habe…all das funktioniert bei mir nicht, anders gesagt: Ich hasse vorgegebene FX-Blöcke.
Und weil ich Pedalboards gewohnt bin, will ich auch, dass ich das ganze Geraffel einzel schalten kann, also bei der Hardwarevariante des Modelers mindestens 10 Schalter auf dem Pedalboard sind, und im besten Fall haben die auch noch eine Mini-Display drüber, auf dem ich lesen kann, was ich denn da trete (bei der Softwarevariante mache ich das dann mit Controllern, die ich automatisiere).
Weil ich so beschränkt bin, probiere ich also nicht die Presets eines Modelers durch, ich höre mir auch nicht die Dutzende von Amps und die Hunderte von FX an…nein, ich mache einen ganz einfachen Test:
Ich will einen non-master Marshall (d.h. auch mit den gejumpten Eingangskanälen und eben KEINEM Masteregler) und ich will einen TS mit 3 Knöppen vornedran und ein stinknormales Digital Delay hinter dem Amp. Und ich will dem TS einen Fussschalter zuordnen und dem Delay einen anderen. Und das einzurichten und den Sound einzustellen muss ohne Manual funktionieren, denn sonst ist die Kiste bzw. die Software nicht intuitiv, und ich muss beim Sounddesign auf meine analogen Erfahrungen mit der Interaktion von Tubescreamern mit non-master Marshalls zurückgreifen können, denn sonst sind die Models scheiße. Ach ja, und der ganze Prozess darf nicht länger als 15 Minuten dauern, denn sonst verliere ich die Geduld.
Und genau so bewerte ich Modeler, und genau so gehe ich Modeler kaufen, und genau so benutze ich sie: Als Ersatz für analoges Geraffels, der den gleichen Workflow hat wie eben das Original.
Und deshalb spiele ich ein Line6 Helix (ymmv), weil es all das für mich am besten erfüllt. Ich weiß nicht, ob der KPA oder das Axe oder das Quad Cortex oder xxx und yyy besser klingen…der allgemeinen Meinung in Foren nach tun sie es. Aber das Helix ist die einzige Kiste, mit der ich von Anfang an ohne jegliche Umstellung arbeiten konnte…und deshalb klingt sie BEI MIR besser als alles andere, denn ich kann damit meine Soundvorstellung problemfrei, manualfrei und nervfrei umsetzen und das Ding ohne jegliche Umstellung intuitiv bedienen. Und das ist mir wichtiger als die 5% mehr Soundqualität oder dieses subjektiv bessere Spielgefühl…wobei ich eh noch nicht begriffe habe, was bei einem Amp bzw. einem Ampmodeler dieses „Spielgefühl“ ist…ich empfinde da leider nichts, da meine Beurteilung doch zu sehr auf den Bandsound ausgerichtet ist ;-)
Anders gesagt: ich will nicht mich auf den Modeler einstellen müssen, sondern den Modler auf mich…und das macht den Unterschied.
Als Gitarrist, der Anfang der 80igern begonnen hat, sich für Gitarrenspielen (und leider auch im Übermaß für Equipment) zu interessieren, kann ich dummerweise nur analog denken.
Ich brauche die Vorstellung des analogen Signalflows, muss mir die Kabel zwischen den Effekten und dem Amp vorstellen können, brauche Knöppe zum drehen und Schalter zum Drauftreten. Ich erkenne Equipment zuerst an seiner Farbe: Das seekranke Grün des Tubescreamers, das dreckige Schwarz einer RAT, das Schwarz-Gold der Marshalls mit dem weißen geschwungenen Schriftzug und die silberne Bespannung der Fender Combos (ich bin zwar alt, aber nicht alt genug für Tweed).
Dabei bin ich auch noch eingeschränkt, was die Anzahl der Parameter angeht: 3 (Gain, Tone, Volume) ist die Maximum, was ich an Drehreglern bei einem Zerrer akzeptiere, mir reicht auch der übliche 4-Band-EQ plus 2 Volumeregler (Gain + Master bzw. Loudness treble/normal bei non-master Amps) beim Verstärker, und beim Wah will das Ding nur einschalten und eben mit dem Fuß Wahwah machen.
Und obwohl ich also so ein verstockter Old-Schoolist bin, nehme ich seit vielen Jahren ausschließlich mit Plugins auf und spiele jetzt auch seit 5 Jahren live ausschließlich einen Modeler.
Das erreiche ich mit einer ganz simplen Vorgehensweise: Ich stelle mir vor, was ich an analogem Equipment brauchen würde, welche Möglichkeiten der Bedienung, und ansonsten strafe ich den Rest der Möglichkeiten mit Verachtung….und ignoriere sie total, d.h. ich probier sie nicht mal aus. Ich habe so viel analoges Equipment gespielt (und bedauerlicherweise auch ge- und verkauft), dass ich nach fast 40 Jahren zu wissen glaube, was ich brauche.
Ich bin sehr eingeschränkt, was Amps angeht: Ich mag Highgainamps nicht, weil ich finde, dass Zerrepedale mehr Dynamik erlauben, ich komme nicht mit der Zerrstruktur von Orange- oder Voxamps zurecht, ich mag diesen kaputten Tweedsound à la Neil Young auch nicht etc. und deshalb probiere ich das auch nicht aus. Für mich muss der Modeler ein paar Standardamps mit Standardboxen können…denn ich habe im Livebetrieb auch selten irgendetwas anderes gespielt als einen einzigen Non-Master-Amp, und der war in 95% der Fälle von Fender oder Marshall (fast jeder Backliner hat einen Twin oder einen Plexi, und ich trage seit ca. 15 Jahren grundsätzlich keine Amps mehr durch die Gegend, und mehrkanalige Amps sind auch nicht gerade mein Ding, da nehme ich immer nur den Cleankanal).
Deshalb ist es mir wurst, wie viele Amp-Models ein Modeler (Hard- oder Software egal) hat…ich komme mit 2 Fender (Twin und Deluxe) und 2 Marshallamps (JTM45 und JCM800) normalerweise aus, weil ich hauptsächlich Pedalzerre spiele. Dafür muss der Modeler die von mir bevorzugten Pedale gut können, und die Amps müssen auf die Pedale so reagieren, wie sie das in der analogen Realität auch tun. Dafür muss ich aber die Möglichkeit haben, beliebig viele Zerrerpedale vor den Twin zu schnallen (und diese auch einzeln per Fuß schalten zu können), denn zu analogen Zeiten hatte ich 4 verschiedene Zerrer auf dem Board, die in verschiedenen Kombinationen mir alle nötigen Sounds ermöglichten, also will ich auch mindestens 4 einzeln schaltbare Zerrer beim Modeler, und zwar pro Preset, ohne irgendwelche speziellen Modi, um sie schalten zu können....
Und weil ich nun mal Pedalboards gewohnt bin, mag ich es, wenn der Modeler die Pedale schön nebeneinander in der GUI aufreiht, und mir die Möglichkeit gibt, jedes Pedal Pre- oder Post-Gain zu benutzen. Ich mag diese Einschränkungen nicht, dass ich keinen Chorus vor den Amp kriege oder keinen Compressor ganz hinten in der Kette oder ich nur 2 Slots für Zerrer habe…all das funktioniert bei mir nicht, anders gesagt: Ich hasse vorgegebene FX-Blöcke.
Und weil ich Pedalboards gewohnt bin, will ich auch, dass ich das ganze Geraffel einzel schalten kann, also bei der Hardwarevariante des Modelers mindestens 10 Schalter auf dem Pedalboard sind, und im besten Fall haben die auch noch eine Mini-Display drüber, auf dem ich lesen kann, was ich denn da trete (bei der Softwarevariante mache ich das dann mit Controllern, die ich automatisiere).
Weil ich so beschränkt bin, probiere ich also nicht die Presets eines Modelers durch, ich höre mir auch nicht die Dutzende von Amps und die Hunderte von FX an…nein, ich mache einen ganz einfachen Test:
Ich will einen non-master Marshall (d.h. auch mit den gejumpten Eingangskanälen und eben KEINEM Masteregler) und ich will einen TS mit 3 Knöppen vornedran und ein stinknormales Digital Delay hinter dem Amp. Und ich will dem TS einen Fussschalter zuordnen und dem Delay einen anderen. Und das einzurichten und den Sound einzustellen muss ohne Manual funktionieren, denn sonst ist die Kiste bzw. die Software nicht intuitiv, und ich muss beim Sounddesign auf meine analogen Erfahrungen mit der Interaktion von Tubescreamern mit non-master Marshalls zurückgreifen können, denn sonst sind die Models scheiße. Ach ja, und der ganze Prozess darf nicht länger als 15 Minuten dauern, denn sonst verliere ich die Geduld.
Und genau so bewerte ich Modeler, und genau so gehe ich Modeler kaufen, und genau so benutze ich sie: Als Ersatz für analoges Geraffels, der den gleichen Workflow hat wie eben das Original.
Und deshalb spiele ich ein Line6 Helix (ymmv), weil es all das für mich am besten erfüllt. Ich weiß nicht, ob der KPA oder das Axe oder das Quad Cortex oder xxx und yyy besser klingen…der allgemeinen Meinung in Foren nach tun sie es. Aber das Helix ist die einzige Kiste, mit der ich von Anfang an ohne jegliche Umstellung arbeiten konnte…und deshalb klingt sie BEI MIR besser als alles andere, denn ich kann damit meine Soundvorstellung problemfrei, manualfrei und nervfrei umsetzen und das Ding ohne jegliche Umstellung intuitiv bedienen. Und das ist mir wichtiger als die 5% mehr Soundqualität oder dieses subjektiv bessere Spielgefühl…wobei ich eh noch nicht begriffe habe, was bei einem Amp bzw. einem Ampmodeler dieses „Spielgefühl“ ist…ich empfinde da leider nichts, da meine Beurteilung doch zu sehr auf den Bandsound ausgerichtet ist ;-)
Anders gesagt: ich will nicht mich auf den Modeler einstellen müssen, sondern den Modler auf mich…und das macht den Unterschied.
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