Das kann ich auch! oder: Reparaturen selbst gemacht.....

W°°

Power-User
4 Feb 2002
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DĂĽbelhausen
Besser Wissen

Ich bin ja Handwerker.
Handwerker werden nur teilweise zu Recht als grob und laut bezeichnet. Ein Gitarrenbauer unterscheidet sich deutlich von einem GerĂĽstbauer, aber das tut hier nichts zur Sache..
Vollkommen richtig ist dagegen der allgemeine Vorwurf der Besserwisserei. Es ist richtig. Der Handwerker weiĂź es besser, weil er es schon mal gemacht hat; weil oft nur ein Weg nach Rom fĂĽhrt und man es eben nicht so oder so machen kann.

Diese Aussage findet in der Gesellschaft so viel Sympathie, wie Details von nässenden Ekzemen im Genitalbereich. Die Liberalität gehört heutzutage zur edelsten aller Denkensarten, wonach sich jede Form von dargestellter Blödheit als persönliche Freiheit – die Kritik daran jedoch als faschistischer Grenzüberfall darstellt. Schließlich bekommt schon klein Kevin, obschon geistiger Totalverweigerer, im dauerverständnisbereiten Milchbreiton von seiner Sozialarbeiterin um den Mund geschmiert, seine unterirdischen Leistungen sein „ein guter Anfang“ und er könne doch schon „etwas“. Diese Erkenntnis brennt sich in den Folgejahren der Ausbildung fest, in denen, um die Verletzungsgefahr zu minimieren, die Prüfungsschwellen auf Parketthöhe verlegt werden. Und so steht nach angemessener Zeit ein selbstbewusster Mensch vor uns, der alle Informationen, wenn er sie selbst nicht zur Hand hat, aus dem ....
.... aus dem Dings...
.... aus dem Comp..
.... ääh.....
.... aus dem Internet beziehen kann.

Vor etlichen Jahren hörte ich einen Radiobericht, bei dem die Journalistin begeistert berichtete, wie sich aufgeweckte amerikanische Kinder Informationen aus dem Internet einfach downloaden. Die Frage, an welcher Stelle solche Informationen zu verwertbarem Wissen würde, blieb ungeklärt.
Allen Unkenrufen zum Trotz sind wir inzwischen, zumindest der Menge nach, die best informierte Gesellschaft, die je das Antlitz dieser Erde gesehen hat.
Das führt jedoch nicht selten zu der persönlichen Fehleinschätzung, man habe etwas verstanden und, an dieser Stelle wird es verhängnisvoll, man könne damit auch etwas tun.

Zum Glück sehe ich die Bruchlandungen geistiger Höhenflüge nur im meinem Fachbereich und, Gott sei’s gedankt, nur in kleinem Umfang. Dies bedeutet aber nicht, dass es sie nicht auch auf anderem Gebiet gäbe:
Anwärter auf den Darwin-Award war zum Beispiel ein Mental-Abstinenzler, der seinem Kumpel mit einem Staubsauger und einer dicken Kanüle das Fett absaugen wollte. Glücklicherweise war der „Patient“ nicht an den beachtlichen Verletzungen, sondern an der Kombination aus Alkohol und Schmerzmitteln verstorben. Dies war dem begeisterten Hobbychirurgen jedoch erst gar nicht aufgefallen, so dass er noch eifrig in der Leiche stocherte, als sein Freund das Treiben schon von einer Wolke betrachtete.

Wenn ich mir die Machenschaften mancher Werkzeugbesitzer, ich will sie nicht einmal Heimwerker nennen, ansehe, so frage ich mich auch oft, an welcher Stelle sie wohl zurĂĽck getreten sind und festgestellt haben, dass ihr Patient tot ist.

http://www.kraushaar-gitarren.de/detail ... rott_2.jpg

Was man auf diesem Bild sieht, ist der Versuch, einen gebrochenen Halsstock mit zwei Dübeln und einer Schraube zu reparieren. Dass die Schraube, wenngleich ausreichend dimensioniert, um damit die MS Hamburg am Kai fest zu schrauben, nicht bis zur schadhaften Stelle reichte, ist traurig offenbar - uns zumindest. Der Tunnel, der in dem ohnehin schwachen Halsstock dadurch geschaffen wurde, hätte von seinen Ausmaßen zwar den innereuropäischen Güterverkehr transferieren können, da er aber zu keinem sinnvollen Ziel führte, war er auch dazu nicht zu gebrauchen. Dennoch hatte der Holzschlächter eine Eifelturm-große Schraube darin versenkt. Wohl, um den gleichsam vollkommen sinnfreien Holzdübeln Gesellschaft zu leisten, die an der jeder Zugkraft abgewandten Seite ihren Dienst als geistige Platzhalter taten. ...Teile, die dazu an- und eingebracht wurden, damit das gedankliche Vakuum nicht implodiert. Das alles mit Leim verschmiert, angedreht, verbördelt, genoppt und zurück getreten, ohne, dass es einen spürbaren Denkimpuls gegeben hätte. Nicht mal ein leichtes Britzeln auf der Hirnrinde...

http://www.kraushaar-gitarren.de/detail ... chrott.jpg

Ist dem Perforator aufgefallen, dass seitliche Schrauben einem Drehimpuls des Halses nichts entgegensetzen? Dass die dritte Schraube, obwohl ewig lang, im Nichts sitzt und folglich auch nichts hält? Wohl kaum! Dimension, Funktion und Ziel standen hier im Denkstübchen mit vierstelligen Wartemärkchen ganz hinten an, als der urmenschliche, alles überlappende (darum der Name) Hirnstirnlappen „SCHRAUBE-MACHEN-FEST" grunzte. Ob der handwerkliche Neandertaler sie hereindrehte, oder mit einem Faustkeil einschlug, entzieht sich meiner Kenntnis, macht aber auch keinen Unterschied mehr.
So habe ich auch schon diverse abgerissene Stege gesehen, die mit 50 Millimeter langen Holzschrauben auf die 2,8mm starke Decke gepflastert und dann großflächig mit Leim angespachtelt wurden. Der Versuch, dies zu fotografieren, hat mich mehrere Linsen und Wochen meines ruhigen Nachtschlafes gekostet.

http://www.kraushaar-gitarren.de/detail ... rott_1.jpg

Wie lange hat der wahnsinnige Dr. Frankenstein noch auf diesen Patienten eingestochen, bis er endlich merkte, dass er tot war? Hat er gehofft, ihn mit Strom wieder zum Leben zu erwecken? Oder hat er einfach weiter gemetzgert, während schon die Fliegen aus den Wunden stoben? Hat er überhaupt etwas bemerkt? Die Gehäuse der Mechaniken, die unser Held in die Kopfplatte sprengte, waren größer als der Kopf und schauten an den Seiten heraus. Die Löcher mit ihren chromenen Ringen entstellten das Aussehen des Instruments ins groteske.
Einen Automechaniker hätte man gefragt, warum er denn nach dem ersten Reifen auch noch die anderen zerstochen hat. Einen Chirurgen würde man nach der versehendlichen Amputation eines Beins vielleicht fragen, warum er das andere Bein.....
und dann noch die beiden Arme absägte??

Unser Dr. Frankenstein dagegen ging ohne Hader und Selbstzweifel ans Werk. Er schnitzte und bohrte, bis die Leiche unter seinen Händen zu Staub zerfallen war und schlug dann noch einige Wochen lang auf die verbliebenen Atome ein.
Dann trat er zurück und sah, dass es gut war. Am siebten tag aber ruhte er und gab sich erlösender Gedankenleere hin. Dieser Tag begann mit der einsetzenden Kindheit und endete mit seiner Beisetzung.
Und weil es sich nicht gehört, so etwas zu kritisieren, trete ich von meiner anfänglichen Behauptung zurück und sage: Kann ja jeder machen, wie er will. Wir sind ein zivilisiertes Volk.
Theoretisch zumindest.
Kann man nachlesen.
Im Dings...
im Comp....
im Internet.
 

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