Der Protestmusiker – eine aussterbende Spezies?

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Anonymous

Guest
Hi Gitarreros!

Sicherlich können sich noch viele daran erinnern, als Musiker das Sprachrohr für Missstände jeglicher Couleur waren. Irgendwie beschleicht einem das Gefühl, wenn man sich so die musikalische Landschaft betrachtet, dass sich durch die immer weiter fortscheitende Kommerzialisierung der Musik diese Form von Protest immer weiter aus dem Blickfeld gerät.
Gibt es in Europa und weltweit noch Musiker die mit ihrer Musik nach guter alter Schule oder auch mit neuen Mitteln auf Probleme aufmerksam machen oder besteht die musikalische Landschaft heute nur noch aus rosarot, alles easy, Sex, Drugs & Rock’n’Roll, I love you otschen doll und ich spring für dich in Eimer? Wie seht Ihr das so und habt ihr ein paar musikalische Tipps parat?

Greets!
 
Hallo Roswell,

an welche Musikrichtung denkst Du so? Wolf Biermann oder Rolling Stones?

GruĂź Ha.Em
 
Die meisten Protestsongs mag man heutzutage sicherlich noch im Punk finden. Worum es auch immer geht, Nazis, Gesellschaft, ...

Aber auch im Hiphop gibts da einige, die sagen was Sache ist. Ich denke da speziell mal in Fettes Brot und andere, die sich auch mit Themen beschäftigt haben die bei anderne total unter den Tisch gefallen sind.

Der Hiphop ist allerdings nicht unbedingt so meins (Ausnahmen wie besagte), ich bin doch eher Rocksau ;-)

Eine sehr gesunde Portion Rock&Revolution gehört immer dazu finde ich.
Es gibt einfach zu viele Gegebenheiten in unsrer Gesellschaft um einfach zu schweigen.

"Fresse auf, raus damit!" War schon immer mein Lebensmotto, auch wenns mit schon häufig Ärger und Verletzungen gebracht, ich halte trotzdem weiter dran fest =)
 
... an welche Musikrichtung denkst Du so?
An einer Musikrichtung müssen wir das nicht festmachen. Denke da an die Sorte von Musiker die sich wagen direkt mit Wort und Musik Probleme im kleinen wie im großen ungeschönt anzusprechen. Egal welcher musikalischen Couleur.

Es gibt einfach zu viele Gegebenheiten in unsrer Gesellschaft um einfach zu schweigen.
Ja das meine ich. Warum wird heute musikalisch nicht mehr so viel Tacheles geredet wie frĂĽher?

Greets!
 
Roswell":1xrxxa4q schrieb:
Es gibt einfach zu viele Gegebenheiten in unsrer Gesellschaft um einfach zu schweigen.
Ja das meine ich. Warum wird heute musikalisch nicht mehr so viel Tacheles geredet wie frĂĽher?

Greets!

Ein interessantes Thema!

Ich sehe den Grund darin, daĂź wir bemerken, daĂź die Welt zu komplex geworden ist, um in kurzen plakativen Statements Tacheles zu reden.

Nicht, daß es nicht hier und da angebracht wäre...
 
Klassiker aus Schweden:

International Noise Conspiracy:


... and greater spirits proclaim, that capitalism is indeed organised crime. This is for all the victims: the refused party programm ...



Alte Band vom INC - Sänger
 
Hallo!

Gegenfrage 1: Sind U2, Sting, Springsteen, REM nicht mehr aktiv? Ist Billy Bragg im Ruhestand? Sind Die Ärzte zu kommerziell, um als Protestsänger zu gelten? Ist nicht der Pink-Song "Dear Mr. President" ein klassischer Protestsong? Sind das zuviele Bäume dafür, dass hier ein Wald sein könnte?

Gegenfrage 2: Kann es sein, dass Protest heute eher gerappt als gesungen wird?

GruĂź

erniecaster
 
Im Dialektrock gibts eine Menge Protest bzw. kritische Lieder. Ich mach selber Solche Songs.
Viele von Ernies genannten sind dann auch noch aktuell.
Seh ich also ein gut abgedecktes Marktumfeld.
Lg
Auge

EDIT: Söllner....
 
haha, an Hans Söllner hab ich als aller erstes denken müssen - Christian hats auch noch erwähnt...

...

Ich spiel auch heute noch gerne Lieder wie "Die Gedanken sind frei"..

...

Eine aussterbende Spezies sind die Prostestsongs sicher hoffentlich nicht! Meine ganz persönliche depressive Meinung ist allerdings, dass sich mehr und mehr Leute überlegen, ob es denn überhaupt was bringt?!

Kleine Anekdote am Rande, an die ich gerade denken muss: Es war 30. April abends, in einer kleinen Stadt, Leutkirch, im Allgäu. In allen Kneipen gingen Flyer rum, mit mysteriösem Aufrduck "Heute, 3:33 Uhr, Kreisverkehr Stadt-Mitte". Keiner wusste, was da wirklich stattfinden würde, aber es kamen in etwa 150 Leute zusammen. Das ganze Happening wäre wahrscheinlich nach 20-30 Minuten wieder verlaufen, hätten nicht 5 (!!!) Polizeiautos den Kreisverkehr, und somit auch den (natürlich recht geringen) Durchgangsverkehr blockiert. Es war nur lächerlich - die Polizei machte sich zu einer absoluten Witzfigur... Dort, wo es nötig ist, findet man die Polizei in Kleinstädten nicht. Das funktioniert wohl nur in den großen Städtchen... Da stressen se dich wenigstens auch nicht, wenn auf ner vollkommen leeren Straße über ne rote Ampel läufst...

jaja, die GrĂĽĂźe vom Julian ^^
 
Vorne weg erst einmal vielen Dank für Eure Statements und Tipps. So wie es aussieht ist dieser Schlag von Musikern auch weiterhin zu Gange und nicht dem Untergang geweiht, was ich sehr beruhigend finde, im Angesicht der vielen Missstände die auf dieser Welt herrschen. Hatte in den letzten Jahren irgendwie den Eindruck, das sich die Musikszene bis auf einige glänzende Ausnahmen, wie z.B. Pink mit "Dear Mr. President" eher schwer damit tut Probleme und Missstände ungeschönt und direkt anzusprechen und man eher darauf Wert gelegt hat gewissen Leuten und Kreisen nicht auf die Füße zu treten. Wie so weshalb auch immer dieser Eindruck entstanden ist, ist mir persönlich auch etwas unerklärlich. Liegt vielleicht auch an der heute existierenden Musik- und Medienlandschaft, die so immens groß und unüberschaubar geworden ist das man als einzelner schnell den Überblick verliert und nicht mehr alles und jeden erfassen kann. Vielleicht fehlt dieser Form des Musik Machens auch nur eine plakative Plattform um sich wieder mehr im Focus der Öffentlichkeit zu bewegen.
Auch als Musiker denke ich, und ich habe mich da schon öfter selbst bei erwischt, liegt man all zu oft in seinem eigenen Schützengraben und hat die Schotten dicht um neue oder andere Formen des Musik Machens wahrzunehmen. Was näher betrachtet, doch irgendwie schade ist. Nun gut. Wäre schön wenn man dieses Thema hier weiter diskutieren würde und freue mich auf weitere Anregungen, Meinungen und Tipps.

Schöne Grüße

Roswell
 
Ich denke für mich persönlich, daß ich die "griffigen" Statements für mich selbst heutzutage nicht mehr allzu überzeugend finde.
Vielleicht weil ich älter geworden, vielleicht weil ich möglicherweise auch differenzierter geworden bin.
Die o.g. "üblichen Verdächtigen" bezüglich des Verfassens von Protestsongs schreiben heute auch viel subtiler, Bono wird Forty heute so auch nicht mehr schreiben.

Langer Rede kurzer Sinn: Der Protest ist sicher noch genauso da wie frĂĽher.
Von den Jungen wird er nach wie vor mit viel Verve und Herzblut intoniert (weil das nun mal eine Eigenschaft der Jugend ist), die Alten sind "leiser", subtiler und differenzierter.
Ausnahmen bestätigen diese Regel.
 
Ist schon lange her, dass ein Thema mich derart beschäftigt hat, um stundenlang in meinem Langzeitgedächtnis zu wühlen.

Was war zuerst da: Der Protest (der Massen) oder der Song?

Die Ära der Protestsongs scheint mir mit den 70ern untergegangen zu sein. Bis dato gab's ab den 50ern fast nahtlos große Massenbewegungen: Indochina, Vietnam, Hipsters (später Hippies), Martin Luther King, 68er, Studentenbewegung. Je mehr Anhänger der Protest bekam und je länger er anhielt, desto mehr Musiker schlossen sich diesem mit mehr oder weniger Erfolg an.

Danach gab's eigentlich nur noch den Punk der 70er, den man als nennenswerte Protestmusik erwähnen könnte, ohne dass er allerdings großartig etwas bewegt hat.

Liedermacher hat's schon immer gegeben, und schon immer fanden sie nur bei einem stark begrenzten Publikum gehör.

U2, Greenday, Pink, Die Ă„rzte . . . ?
Live Aid?
Die Demos beim G8-Gipfel in Heiligendamm?
Die zahlreichenn Musiker im Osten?
Was hat'S bewirkt?

Musik wird heute konsumiert, egal ob kommerziell oder nicht. Und wer ist in einem anderssprachigen Raum schon in der Lage, die Texte von Pink, U2, Die Ärzte zu verstehen, bzw. macht sich die Mühe diese zu übersetzen, und setzt sich dann hin, um einmal genau über das Gehörte nachzudenken oder etwas in Bewegung zu setzen?

Bei den Rechts- und Linksextremen wird Musik bewußt und gesteuert eingesetzt, um noch ein paar (dumme?) Schäfchen anzulocken.

Mein Fazit: Ich kenne keinen Musiker, der erst einen Protestsong schreibt und dann ernsthaft und nachhaltig versucht eine Massenbewegung aufzubauen, um etwas zu verändern. Der tatsächliche Protestsong ist wohl die Domäne der wenigen Liedermacher; mit arg begrenzter Zuhörerschaft und ohne kommerziellen Erfolg. Alles Andere scheint mir mehr auf Gewinn als auf Veränderung gerichtet zu sein.



GruĂź aus der DĂĽvelstadt

P.S.: Lasse mich gerne eines Besseren belehren.
 
ähm...

rage against the machine?

natĂĽrlich sehr plakativ, aber... groovt wie sau :)
 
... Die Ă„ra der Protestsongs scheint mir mit den 70ern untergegangen zu sein. Bis dato gab's ab den 50ern fast nahtlos groĂźe Massenbewegungen: ...
Das ist ein Punkt den ich ziemlich bestechend finde, wenn man an die aktuellen und wichtigen Themen unserer Zeit denkt. Da passiert relativ wenig von Seiten der Musikszene, diese Dinge öffentlich und unter den Augen eines breiten Publikums anzusprechen. Zumindest macht sich der Eindruck bei mir breit. Vielleicht hat man die Rolle als gesellschaftliches Sprachrohr seit langem an andere Künstler wie z. B. Filmemacher abgegeben, die heute wahrscheinlich besser in der Lage sind ein breites Publikum anzusprechen.

Schönen Gruß in die Düvelstadt
 
Yeha, Sehr interessanter Thread :-D
Klar, die 70er sind vorbei, und auch wenn es inzwischen eine Ton Steine Scherben Reunion gibt (was ohne Rio Reiser nicht grade groĂźartig klingt) ist die Musiklandschaft in dieser Hinnsicht karger als vor 30 Jahren.
Gut, ich bin erst 18 und habe leider weder die Protestkultur der 60er noch die der 70er und 80er richtig miterlebt, aber als ĂĽberzeugter Linksutopist kenne ich mich in der Musik dieser Tage doch ganz pasabel aus. :cool:
Hannes Wader lebt (und singt!) immer noch, habe ihn voriges Jahr erleben dĂĽrfen. Aber auch junge Protestliedersinger gibt es genug. Nur kennt man die auĂźerhalb gewisser Kreise nicht wirklich.
Oder kennt jemand zum Beispiel Quetschepaua oder Kurzer Prozes? :lol:
Gehören zu meinen Lieblingskünstlern. Aber es gibt ja auch bekanntere Punkbands wie Rage against the machine (ja, eigentlich keib Punk, ich weiss) oder ZSK.
Aber auch an sich nicht wirklich politische Bands wie z.B Slipkont machen ziemlich politische Ansagen. Auch Neil Young lebt im ĂĽbrigen noch ;)

In diesem Sinne: Fight for your rights!
 
Mal so in die Runde geworfen:

Heute können wir ja unsere Meinung zeigen und wählen...wer war denn schon?
 
atomiclove":265makuv schrieb:
Mal so in die Runde geworfen:

Heute können wir ja unsere Meinung zeigen und wählen...wer war denn schon?

Ich! Ich habe eine gänzlich unbedeutende Partei gewählt, in der Hoffnung, dass noch ein paar mehr ihr Kreuz an der Stelle gemacht haben. Mehr als ein Fingerzeig, dass für dieses Thema Interesse besteht, kann aber nicht herauskommen.

Vielleicht schreibt sich ja beim nächsten Mal einmal eine Hürdenspringerin dieses Thema ins Pflichtenheft. Insgesamt also ein kalkuliert ohne Bedeutung vergebene Stimme, aber nicht bar jeder Hoffnung. ;-)

Daniel
 
Ich glaube es liegt nicht daran das es diese Texte in der Musik nicht mehr gibt, sondern das die Wahrnehmung eine andere geworden ist. FrĂĽher war Rockmusik eine Art Gegenpol zur Gesellschaftsnorm, heute ist sie Bestandteil dessen.
Es gibt bei uns(Deutschland) eine ziemlich gute Reggaeszene mit super Texten. Und wie oben schon erwähnt ist im HipHop der Protest gegen soziale Missstände gut vertreten.
Woodstock und Co. waren auch eine Art Protest, es war roh, es war dagegen...egal gegen was..man wollte dazu gehören. Heute ist ein Rock am Ring einfach nur eine Riesenparty.
 
...wer war denn schon?

Ich auch, als Erstwähler, und ich habe genau das gleiche gemacht wie nolinas. :)

Fehlt nicht generell ein bisschen die Revolution in meiner Generation? Klar, es gibt Punks, Gothiks, uswusf. Aber ich werde den Eindruck nicht los, die Mehrheit davon säuft sich lieber einen an, als aktiv zu werden, zu protestieren, zu demonstrieren...
 
GreenGirl":1o5kxtba schrieb:
Fehlt nicht generell ein bisschen die Revolution in meiner Generation? Klar, es gibt Punks, Gothiks, uswusf. Aber ich werde den Eindruck nicht los, die Mehrheit davon säuft sich lieber einen an, als aktiv zu werden, zu protestieren, zu demonstrieren...

Ja, leider nicht mehr viel ĂĽbrig von denen die was machen.
Sind zwar alle immer groß am tönen, aber wenns dann ernst wird...auf einmal ganz klein mit Hut!

Die heutige Wahl war für diese Leute eine Möglichkeit Meinung zu zeigen und dabei anonym zu bleiben.

Wir sollten zu dem stehn fĂĽr das wir stehn! Keine halben Sachen, sondern knallhart durchziehen!

Wer ist dabei? Und jetzt bitte wirklich nur die die wirklich dabei sind =)
 
Yeha, ich war auch Erstwähler. Alles in allem ziemlich enttäuschend. Hier in BaWü waren ja auch Kommunalwahlen... frustrierend. Wieder mal FDP und CDU als Gewinner. Na ja, wenigstens sagt der Steinmeier grade bei Anne Will mal die Wahrheit.
Ich hätte doch nicht die Piratenpartei wählen sollen :oops:
 
Nun, vielleicht hätte meine Stimme den desaströsen Verlust der SPD verhindern können. Na ja, bei den Bundestagswahlen wähl ich rot/knallrot :-D
 
Rockforever":3n1k7cr6 schrieb:
Ich hätte doch nicht die Piratenpartei wählen sollen

Oder ich etwa nicht Die Violetten??!! :shock:

Sind wir nur ein bisschen außergewöhnlich, oder zeigt sich da etwa ein neuer Trend bei Erstwählern bezüglich der politischen Orientierung? :lol:
 
Tjaja,

die gute alte Protestmusik. Die meisten Protestsongs
gibts wohl immer noch im Punk. Denn Ă­ch denke ein groĂźteil
der heutigen Generation Rock (hm 14-17?) ist eher nach Mode,
netten lieben Bands anstatt Protest. Was sehr schade ist wie ich
da mal anmerken muss. Vielleicht sit das auch so gekommen
weil nie jemand wirklich was erreicht hat und d Musiker wie
Fans ein wenig die Geduld oder die Lust an Protestsongs
verloren haben.
Doch in Zeiten der Wirtschaftskrise und der globalen Erwärmung
wird sich das hoffentlich bald wieder ändern. Und Rage against the
Machine schreien, jaulen und quietschen ja jetzt auch wieder. :)

Jim
 

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