Fingerstyle - UnabhÀngiger Daumen

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Anonymous

Guest
Hallo,

ich habe da ein kleines Problem. Es fĂ€llt mir, nachdem ich nun gut zwei Jahre Gitarre spiele, immer noch schwer den Daumen unabhĂ€ngig von den restlichen Fingern zu benutzen. Ich ĂŒbe halt die Lieder stur ein, so daß sie so klingen wie sie sollen. Aber das ist kein wirklich befriedigendes GefĂŒhl. Richtig Schwung bekommt die Sache doch erst, wenn man einfach einen Wechselbass spielt und eine beliebige Melodie dazu spielt.

Habt ihr gute Tipps, wei ich das hinbekomme? Wie machen die Drummer das eigentlich?

Viele GrĂŒĂŸe
 
Beim Schlagzeugspielen lernt man es (vereinfacht ausgedrĂŒckt) indem man sĂ€mtliche Kombinationen erstmal in einer Rhytmischen Gruppierung ĂŒbt und wenn das klappt auch zu zB 8teln 16tel dazu nimmt und lernt sie an jeder Stelle verschieden verteilt einzubauen...

Komplett unabhÀngig Schlagzeug spielen dauert auch Jahrzehnte... ;-) --> UnabhÀngigkeit: Marko Minnemann

Gruß Mo
 
Eine sehr gute Übung fĂŒr den Daumen ist, ihn an eine Kreisbewegung zu gewöhnen. Das vorderste Gelenk bleibt dabei ruhig, wĂ€hrend die Bewegung aus dem Handballen kommt (ich weiß, das ist etwas unglĂŒcklich ausgedrĂŒckt). So hat fĂŒr mich vor langer Zeit das Abenteuer Gitarre in der ersten Unterrichtsstunde angefangen.

Zum Thema Wechselbass und Folk-Picking kann ich das Buch "Picking Basics" von Hans Westermeier empfehlen. Echt super!
 
Hallo cook,

bleiben die restlichen Finger bei der Übung gestreckt oder lĂ€ĂŸt man sie locker? Was genau bewirkt die Übung in Bezug auf das UnabhĂ€ngige spiel?

Viele GrĂŒĂŸe
 
Hi Chet,

sag mal, mit wie vielen Fingern zupfst Du denn? GrundsĂ€tzlich werden beim Folk-Picking nur Daumen, Zeige- und Mittelfinger benutzt. (Es gibt natĂŒrlich auch Ausnahmen, z.B. Doc Watson, der meist nur mit Daumen und Zeigefinder spielt, es geht aber auch mit 4 Fingern.)

Zumeist spielt der Daumen gar nicht so unabhĂ€ngig wie es zunĂ€chst scheint, sondern ist eingebettet in sogenannte "Rolls", in denen alle Finger in ziemlich fest angeordneten und regelmĂ€ĂŸigen AblĂ€ufen bewegt werden.
Die Melodie wird nicht nur gezupft, sondern (weil im Roll-Ablauf gerade kein geeigneter Finger zur VerfĂŒgung steht) durch Hammering-On, Pull-Off und Slides dargestellt. Wesentlich ist dabei grundsĂ€tzlich, dass Bass und Melodie gemeinsam "swingen". Zu diesem Swing kommt man, indem zum einen die Rolls wirklich korrekt im Takt gespielt werden, und zum anderen die Bass-Note insbesondere durch eine Melodienote oder einen FĂŒllton besonders betont wird. Technisch ist das gar nicht sooo schwer. Hör mal in entsprechenden Beispielen darauf, was unmmittelbar vor oder nach oder auch gleichzeitig mit dem Basston (achte auf Hammering/Pull Off) passiert. Dann magst Du verstehen wovon ich rede.

Ich habe vor vielen Jahren zunĂ€chst angefangen, mehrere unterschiedliche Rolls bis zur Bewußtlosigkeit zu trainieren und dann miteinander zu kombinieren. 3 oder 4 solcher miteinander kombinierter Rolls ergeben bereits eine erstaunliche Vielfalt. Das war zwar nicht schlecht, es fehlte jedoch noch etwas: Der Swing!

Also trainierte ich eine Betonung zur Bassnote (quasi als "Gegentakt"), damit es swingt (musiktheoretisch ist das vermutlich völlig falsch, ich bitte um Nachsicht).
Man kann durchaus einen Ton des Wechselbasses auslassen und durch einen Melodieton ersetzen (Motto: Im Ablauf des Rolls ist jetzt wieder der Daumen dran, aber zur Abwechselung nicht auf der Basssaite). Alternativ wird die Bassaite nicht gewechselt, sondern die gleiche Saite zwei mal angeschlagen. Auch das lÀsst`s swingen. Nun ja, und ganz plötzlich plötzlich war er da, dieser Swing.

Und damit ist es mir wohl so gegangen, wie es auch Werner LĂ€mmerhirt beschreibt, der vor allem auf seinen alten Platten aus den 70ern gute Beispiele liefert. Diese sind vor allem deshalb gut als Hör-Beispiele geeignet, weil seine Gitarre nicht durch andere Instrumente oder mehrere Spuren ĂŒberlagert wird. So wie er mir mal erzĂ€hlte, war das seinerzeit eine ziemlich schlichte Aufnahmetechnik, in der allenfalls das Mikro ĂŒbersteuert worden ist, damit sein Sound möglichst gut rĂŒberkommt.

Er hat seinerzeit auch ein Songbook geschrieben, in dem er erklÀrt, wie man zu dem Swing kommt. Schau mal, ob Du so etwas ergattern kannst.
Ich erinnere den Titel des Songbooks nicht, es sind darauf u.a. enthalten: Elenor Rigby, 900 Miles, Windy and Warm, All Along the Watchtower.

By the Way: LĂ€mmerhirt bietet hin und wieder einen Workshop an. Kosten und Termine sind mir nicht bekannt, bei Interesse suche mal in Net.

Von Doc Watson gibt/gab es ein Lehr-Video: "Doc`s Guitar" vom Smithsonian/Folkways -Verlag. Vielleicht kannst Du es bei Amazon-USA bestellen? Achtung: Kommt vermutlich im (amerikanischen) NSTC-Format, kann also nicht mit jedem (europĂ€ischen) Recorder abgespielt werden. Vielleicht kommt es heute auch als DVD? Und: Doc zeigt in beeindruckender Manier, was er kann. Leider sind die ErklĂ€rungen sind mehr als dĂŒrftig. Selbst wenn er ankĂŒndigt, ejtzt mal ganz langsam zu spielen, kann man seinen Fingern kaum folgen (vermutlich kann er das gar nicht, langsam spielen). Jedoch kann man sehen, dass auch er sich in den Bahnen von Rolls bewegt, allerdings nur mit 2 Fingern und ungemein virituos.

Tut mir leid, dass ich Dir es nicht besser erklĂ€ren kann. Dieser verdammte Swing ist eine ziemliche GefĂŒhlssache, jedenfalls nach meiner Meinung. Aber vielleicht hilft`s trotzdem ein wenig weiter.
 
Hi frank,

vielen Dank fĂŒr deine Infos.

Ja, nur Daumen und zwei Finger. Wenns nicht anders geht, natĂŒrlich auch den dritten Finger.

Ich hab schon den starken Eindruck, dass bei den guten Gitarristen der Daumen absolut unabhĂ€ngig den Basspart ĂŒbernimmt, wĂ€hrend die dann mit den Fingern die Melodie spielen. Gerade deswegen, denk ich kommt dieser "swingende" Bass zustande, denk ich zumindest. Aber kann mich auch tĂ€uschen.

Spielt DocWatson nicht sone Art Hybrid-Picking? Also gar nicht mit dem Daumen sondern mit dem Plektrum?

Ich werde mich mal nach den LĂ€mmerhirt Workshops umsehen, danke.

Viele GrĂŒĂŸe
 
Chet":385dkltq schrieb:
Ich hab schon den starken Eindruck, dass bei den guten Gitarristen der Daumen absolut unabhĂ€ngig den Basspart ĂŒbernimmt, wĂ€hrend die dann mit den Fingern die Melodie spielen. Gerade deswegen, denk ich kommt dieser "swingende" Bass zustande, denk ich zumindest. Aber kann mich auch tĂ€uschen.


Hi Chet,

lass Dich nicht bluffen. Das hört sich zwar so an, beruht aber wirklich nur auf diesem Ding, das ich "Swingen durch Gegentakt" nennen möchte. Es ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch des Timings. Wenn Du die Technik gut beherrschst, klingt der Roll gut und rund. Aber er swingt noch nicht. Erst der richtig getimte "Gegentakt", der bringt`s.

Mal sehen, ob sich noch andere Mucker zu diesem Thema zu Wort melden. Ich will nicht ausschließen, dass ich mit meiner ErklĂ€rung, wie man zum Swingen kommen kann, völlig falsch liege. Sicher bin ich mir nur in einem: Wenn es nicht swingt, dann klingt es zwar schon gut, aber auf Dauer doch irgendwie unbefriedigend.

Chet":385dkltq schrieb:
Spielt DocWatson nicht sone Art Hybrid-Picking? Also gar nicht mit dem Daumen sondern mit dem Plektrum?

Nun ja, der kann auf jede Art spielen. Manches ist so schnell, das geht ĂŒberhaupt nur mit Plektrum bzw. als Hybrid-Picking.
Aber wenn Doc Watson im Stil des 3-Finger-Picking spielt, dann allerdings bevorzugt und fast ausschließlich mit 2 Fingern.

Das ist gar nicht so schwer, wie es zunÀchst erscheint. Eigentlich ist es nur eine Frage der Sicherheit, mit der man die Rolls beherrscht. Mit zunehmender Sicherheit habe ich auch angefangen, den Mittelfinger weniger zu benutzen. Aber bei weitem nicht in dem Umfang wie Doc.
Einen dritten Finger benutze ich beim Picking nie, dann komme ich völlig aus dem Roll. LÀmmerhirt hat`s mal mit 4 Fingern versucht. Er hat`s auch geschafft, schrieb einen Song im 3/4-Takt, den er dann "den verflixten Ringfinger" taufte, weil der ihm auch das Leben schwer gemacht hat. Seither bleibt er auch beim klassischen 3 Finger-Picking.

P.S.: Der Basspart wird nicht selten durch einen Anschlag des Zeigefingers auf einer Basssaite ergĂ€nzt. Ebenso benutzt man dann und wann den Daumen fĂŒr`s Melodiespiel. Eine starre Regel Bass=Daumen, Melodie=Finger gibt es nicht und macht auch keinen Sinn.
 
Hallo Chet,

wirklich gesteckt/steif sind die Finger an der Gitarrre ja eigentlich nie. Ich finde es aber sehr sinnvoll, das Handgelenk nach Art der Konzertgitarristen weit nach vorne zu schieben. Das fĂŒhrt automatisch dazu, dass die Finger relativ gestreckt sind.

Die Übung dient dazu, die Beweglichkeit des Daumens zu erhöhen. Zudem hilft sie, einen krĂ€ftigen Anschlag zu entwickeln. Viele Gitarristen machen gerade am Anfang den Fehler, zu sehr aus dem vordersten Daumengelenk zu "zupfen/reißen".
 

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