Von Musik leben – wieviele Auftritte / Platten?

A

Anonymous

Guest
Hi,

ich habe kĂĽrzlich einen Artikel im G&B ĂĽber Axel Rudi Pell gelesen. Dabei hab ich mich gefragt, wieviele CDs er verkaufen bzw. wieviele Konzerte er wohl spielen muss, damit er von der Musik leben kann? Als Mittel wĂĽrde ich einmal 1.000 Personen pro Gig ansetzen.

Gespannt
Codal
 
Kleine Geschichte dazu.
Joe Zawinul wurde mal gefragt, wie man zu einer Million Dollar als Musiker kommt.
Er antwortete: Ganz einfach. Du startest mit drei Millionen. Nach einer Weile hast du noch zwei, und wenn du dann dabei bleibst bist du bald bei deiner Million.
;-)

Der zweite Nachteil als Musiker, wenn man sein Hobby zum Beruf macht, ist der, dass man, wenn es im Job scheiße läuft kein so schönes Hobby wie Musik mehr hat.

Lieber einen zufriedenstellenden Job der genug Kohle anbringt und dann die Musik als Hobby.
 
Erst mal danke fĂĽr das Feedback.

Klingt extrem realistisch. Wobei ich in dem Fall wirklich gerne mal die Milchmädchenrechnung aufgemacht hätte... frei nach dem Motto... mit 50.000 CDs und 50 Gigs pro Jahr vor 1.000 Zuschauern bist du recht gut im Geschäft. Oder so.

Gott erhalts!
 
Codal":3srs7idk schrieb:
...Milchmädchenrechnung aufgemacht hätte... frei nach dem Motto... mit 50.000 CDs und 50 Gigs pro Jahr vor 1.000 Zuschauern bist du recht gut im Geschäft.

Wie und wo welche Platten verkauft, ĂĽber wen, mit welchem Vertrag, wer hat daran welche Rechte inne, wer verdient wieviel mit am Konzert, was kostet die Karte, was kosten die Kosten und ĂĽber welchen Zeitraum willst Du das durchhalten?

Eine Milchmädchenrechnung geht deswegen schon nicht, weil z.B. die Toten Hosen und die Fantastischen Vier aufgrund ihrer Verträge (nämlich reine Bandübernahmeverträge, bei denen der Künstler seine eigene Plattenfirma hat und alles in Eigenregie macht, die große Firma dann nur als Vertriebstruktur nutzt) ein Vielfaches an einer verkauften CD verdienen wie es z.B. Mia tun.

Eine Bekannte von mir spielte hingegen in ihrer Band mit mehreren international verkauften CDs, Headliner-Gigs bei großen Festivals und mit Coverstorys in größeren Zeitschriften nach Abug der Reisekosten kaum den Gegenwert eines Satzes Saiten ein.


Schönes Buch (nicht ganz treffsicher dazu aber trotzdem was z.B. Künstlerverträge und -verdienste mit erwähnt):

http://www.amazon.de/Kinder-Tod-nicht-s ... 237&sr=1-1
 
Och vom Musikmachen kann man schon gut leben. Dazu muss man natürlich richtig gut sein, studiert haben und ein Instrument spielen was nicht jeder spielt. Womit 95% der Gitarristen erstmal rausfallen. Mein Posaunist erzählte mir die Tage, dass man im Rundfunkorchester am Ende des Jahres nochmal nen 5-stelligen Betrag von der GVL bekommt. Als Soloposaunist in nem angesagten Orchester liegste auf nen Niveau eines leitenden Beamten am Gehalt, plus Extras etc. .
Und du must keine kleinen Kinder unterrichten.


Gruss

R
 
Moin,

was Ihr hierzu geschrieben habt, finde ich voll treffend. Genauso
depremierend finde ich diesen Zustand.
Es ist heutzutage so einfach, global die Daten auszutauschen,
zum Musik machen und zum Vertreiben.
Leider zahlt heute keiner mehr dafĂĽr, und die Leute downloaden alles
kostenlos. Zudem gibt es jede Menge Konserven, ein Publikum, das
noch zahlt, kennt es von frĂĽher nicht anders,
und kauft immer noch die selben alten Hits von damals,
so daĂź die, die damals noch Geld damit verdienen konnten,
noch mehr Millionen scheffeln.
Also ich seh' auch nur in dem Job, kleine Brötchen backen, sich einen
zusätzlichen Job suchen und versuchen es so zu gestalten, daß die
Kreativität genügend Auftrieb verleiht, mit Liebe dabei zu bleiben.
Habe selbst Musik nur zum Ausgleich vom Job, und bedauere, daĂź ich
eine lange Pause hatte, denn Musik ist wirklich ein Ausgleich, auch fĂĽr
die Seele.
 
kreative leute haben viel geld in der musik industrie gemacht und werden auch viel geld in der industrie machen, man sollte sich nur nicht zu sehr an alten denkmustern orientieren und sollte einen geschäftlichen sinn haben, also nicht erwarten, dass man nem scheich sand verkaufen kann.

genausowenig kannst du in nem physikbuch von 1910 grossartige ideen fĂĽr kernphysik von heute erwarten.

also wenn du von musik leben willst, dann ist die einfachste und produktivste idee, du setzt dich hin und denkst etwas aus, wovon du denkst dass hier niemand drauf kommen würde. dann rechnest du ein paar zahlen von kosten und erlöse, und wenns dann in der praxis so klappt wie dus dir vorstellst, dann wilkommen im club der musikindustrie.

soviele solcher diskussionen schon gelesen, kommt nie was anderes bei raus muss ich sagen...
 
danke fĂĽr das Feedback! Alles absolut nachvollziehbar. Macht mich leider nicht wirklich satt... schad drum.
 
@codal
Um deiner Rechnung noch etwas Nährstoff zu geben, schau dir mal die Beispielrechnung unter nachfolgendem Link an:
The Problem with Music

Neben den hier geposteten Unwegbarkeiten/Grundvoraussetzungen und anderen zutreffenden Punkten gibt es aber neben dem eigenen Schaffen noch jede Menge anderer Möglichkeiten (Studiobetrieb, Post-Production, Rechtehandel, Management, Veranstalter, Equipment, Merchandise, etc.) von Musik bzw. dessen Umfeld zu leben.
Musik gehört zum Showbusiness und in keinem anderen Business gibt es mehr kreative Köpfe, Spinner, Halsabschneider - und dennoch ist und bleibt es eine Branche die trotz oder gerade wegen dieses Status eine ungeheure Faszination ausübt.

Musik lediglich auf das eigene kreative Können und den damit einhergehenden möglichen kommerziellen Erfolg auszulegen wird in der Regel nicht funktionieren bzw. keine langfristige (Lebens-) Basis bilden können.
 
@ bimbam

Danke für das Feedback. Die Rechnung ist krass. Wobei man sich einige Punkte sicher sparen könnte (z.B. Recording Tape ;-).

Mir hat sich beim Lesen des Artikels einfach die Frage gestellt, wieviele CDs der wohl absetzen bzw. Gigs geben muss, damit er gut leben kann. Dachte das liese sich Pi x Daumen beantworten.
 
Du mußt dabei auch berücksichtigen, wie lange der Hr. Pell sich schon in diesem Business bewegt, auch er hat mal angefangen und war auch zu einer Zeit rel. erfolgreich, wo die Erlöse weitaus üppiger gewesen sind, bzw. die Labels großzügiger investiert haben...
 
Mal was allgemein,

wer meint denn ein Malergeschäft aufmachen zu wollen, weil er mal seine Wohnung tapeziert und geweisselt hat und er irgendwie erträglich ausgesehen hat?
Wer meint denn einen Reifendienst aufmachen zu wollen, weil er selber seine Winterreifen am Auto wechseln kann?
Bei mir im Regal steht das BGB, ich mach ne Rechtsanwaltskanzlei auf, und weil ich fehlerfrei Miraculi zubereiten kann, gleich noch ein Restaurant.

Man kann einen Bachelor of Music in Gitarre machen oder einen Master of Music in Jazz/Pop oder ein Diplom an der Deutschen Pop Akademie oder am MGI.

Das alles darf aber niemanden der schonmal auf einer Gitarre rumgeklimpert hat davon abhalten, ernsthaft über eine berufliche Zukunft als Musiker nachzudenken! Ernsthaft könne schomal sein, sich zu fragen, welche Aufnahmeprüfungen der oben erwähnten Einrichtungen bestehen könnte.

Ansonsten sind schon Tellerwäscher zum Millonär geworden - nur keiner erzählt die Geschichten der Tellerwäscher die Tellerwäscher blieben.

Wünsche noch einen schönen Tag zu haben!

r
 
wer meint denn ein Malergeschäft aufmachen zu wollen, weil er mal seine Wohnung tapeziert und geweisselt hat und er irgendwie erträglich ausgesehen hat?
Darum geht es in diesem Thread doch nicht. Ich spiele gerne Gitarre. Wenn ich will. Als Profi muss man. Ich will nicht mĂĽssen.


@ bimbam / Er meinte, dass er ohne den Job beim Metal Hammer anfangs nicht über die Runden gekommen wäre. Jetzt läufts. Alle ein, zwei Jahre ein Album und ein paar Gigs. Fand ich symp. ehrlich und klang irgendwie auch gar nicht so gestresst. Das war der Punkt wo ich mir überlegt habe... wieviele Alben? Wieviele Gigs? Thats all.

Scheinbar ein Tabuthema... :-D
 
Riddimkilla":1r24z9pp schrieb:
Ansonsten sind schon Tellerwäscher zum Millonär geworden - nur keiner erzählt die Geschichten der Tellerwäscher die Tellerwäscher blieben.

Als freier Musiker oder KĂĽnstler (also ohne Angestelltenvertrag) von der Musik zu leben, ist ein spannendes Unterfangen, was den wenigsten gelingt, weil - aus meiner Sicht - die meisten Musiker den Begriff des KĂĽnstlers mit dem Begriff des Musikers gleichsetzen. Ich lege mal ganz kĂĽhn - ohne Wertung - fest:

Musiker = Handwerker = Dienstleister. Erbracht wird primär in Richtung des Kunden / Konsumenten / Auftraggebers. Angebot > Nachfrage. Beispiel: Musiker in einer TOP-40-Band o. Ä.

Künstler (der Musik) = Idealist. Der Kunde fragt nach, will genau oder zufällig von diesem Künstler etwas (oder zumeist auch nicht), was der Künstler frei bestimmt. Nachfrage > Angebot (auf den jeweiligen Künstler bezogen). Beispiel: etablierter Komponist o. Solist.

Das sind sicherlich sehr starr festgelegte Beziehungen, aber von oben betrachtet, können sich die meisten Musiker / Künstler bestimmt irgendwie zuordnen, wobei der Musiker durchaus auch Künstler sein kann - und umgekehrt. Wann ein Musiker den Schritt vom Dienstleister zum Künstler gegangen ist oder ob ein Künstler eigentlich auch ein Dienstleister ist bzw. bleibt, der einfach nur mehr Glück hatte als andere, das weiß ich auch nicht.

Ich kenne zahlreiche Musiker, die von ihrem Handwerk (!) komfortabel leben können. Viele Künstler müssen leider irgendwann feststellen, dass nur wenigen Künstlern das Glück / der Zufall / das Talent ereilt, dass Nachfrage nach dem Ergebnis/Produkt ihrer jeweiligen Kunst entsteht und sie somit davon leben können.

Wer also von der Musik bzw. der Kunst leben möchte, sollte sein Handwerk beherrschen, am richtigen Ort zur richtigen Stelle sein und etwas von Werbung, Recht und Unrecht und wirtschaftlichen Zusammenhängen verstehen. Damit ist der professionelle Musiker (egal ob Künstler oder "Handwerker") Unternehmer. Ich denke, wenn man das verstanden hat, fällt die Entscheidung für diesen oder jenen Lebensweg leichter. Vermutlich könnte ich stundenlang dazu schwadronieren, erspare es Euch und schließe mit den Worten:

Es gibt nichts Gutes außer man tut es. Ein Unternehmer ist einer, der etwas unternimmt und Kunst kommt von Können.
 
Ich wĂĽrde doch sehr darum bitten, zwischen "von eigener Musik leben" und "Musiknutte sein" zu unterscheiden.
Ich bin letzteres und kann davon ganz gut leben. Mal besser, mal schlechter, so wie's wohl jedem Freischaffenden gehen mag.
Die Voraussetzungen dafür sind, wenn man das wirklich "planen" möchte:

- Gute Fähigkeiten am Instrument. Klar, oder? Dennoch: Man muss absolut kein Virtuose sein.
Am Wichtigsten hier: Grundsolides Timing. Wer nicht groovt hat in diesem Metier absolut nix zu suchen und ist genau so schnell die Jobs los, wie er sie bekommen hat. Sich auf wahnwitzige Two-Hand-Tappings und Konsorten zu konzentrieren ist vollkommen unsinnig, wenn man keine Solo-Karriere starten will (und die Chancen, bei sowas auch noch Geld zu verdienen sind quasi gleich Null).
Gewisse Notenkenntnisse sind sehr oft hilfreich. Ich muss vielleicht nicht super vom Blatt spielen können, aber ein Lead Sheet sollte man lesen und interpretieren können. Und wenn ein Stop auf der "2-und-e" in Takt 32 verlangt wird, dann verhaut man den besser auch nicht. Deshalb sollte man auch generell ein gutes Formgefühl mitbringen.
Als Gitarrist muss man sich eines absolut klarmachen: 95% (eher mehr) der Zeit werden Rhythmus-Gitarren gespielt. Ich habe oft mehrstündige Gigs gespielt ohne eine einzige solistische Note. Breitbandige Akkordkenntnisse zahlen sich also auf jeden Fall aus. Die dazugehörigen Anschlagstechniken zu beherrschen ebenso.

- Breitbandiges Können und Interesse, wobei letzteres vielleicht sogar noch einen Tick wichtiger ist. Wer gleich die Nase rümpft, weil man mal einen Walzer spielen muss (das kann auch vorkommen, wenn man keine Hochzeiten bedient), der hat im Prinzip schon verloren.

- Breitbandiges Können #2: Macht euch mit allen möglichen Techniken vertraut. Ich bin beileibe kein Joe Pass oder Tuck Andress, habe aber just vor einiger Zeit plötztlich gar nicht so wenige (und ziemlich gut bezahlte) Jobs im Duo mit einem Sänger gespielt. Wenn ich da nicht ein bisschen sowas wie Fingerstyle Jazz drauf gehabt hätte, wäre ich vermutlich verloren gewesen. Und wie gesagt, ich kann das nicht so gut, aber für die Jobs hat's gereicht. 16tel String Skipping bei 180BPM hätte mir exakt eines gebracht, nämlich gar nix.

- Vergesst Studio-, Jingle-, Film- und sonstwelche Jobs. Die sind sowas von in fester Hand, dass es fast schon mit dem Teufel zugehen mĂĽsste, wenn man da reinkommen sollte. Kann immer mal passieren, aber wie gesagt, diese Jobs sind vergeben und selbst dann, wenn man ein Bein an Deck bekommt, extrem rar.
Wenn man das schon planen will (was auch in den günstigsten Fällen nur bedingt geht), dann denkt man lieber mal an Hochzeiten, Top 40 Galas, Messeparties, etc.
Quasi eine Liga höher sind sowas wie Theater und Musical Jobs. Dazu muss man einigermaßen lesen können. Das schon erwähnte breitbandige Können ist auch erforderlich.
Noch eine Liga höher sind Künstlerbegleitungen (ja, Howard Carpendale, Vicky Leandros und Konsorten - ihr dürft gerne stöhnen). Da kommt man nur mit Vitamin B ran. Und auch nur, wenn man zu den Top 50 in D gehört.
Dito für sowas wie TV-Shows. Manch einer mag stöhnen, wenn er sowas wie "DSDS" oder "Let's Dance" sieht, für deutsche Musiker ist die Mitwirkung bei einer solchen Produktion aber quasi ein Ritterschlag (Lillo Scrimali, der Keyboarder und MD bei beiden Produktionen, spielt nicht umsonst auch bei den fantastischen 4). Aber auch mit solchen Sachen lohnt es nicht zu planen, da ist, abgesehen von außergewöhnlich gutem Instrumentalkönnen (welches Grundvoraussetzung ist), schlicht und ergreifend "Beziehung" angesagt.

- Fähigkeiten, ein soziales Netzwerk aufzubauen und zu erhalten. Vielleicht das Allerwichtigste. Jobs bekommt man fast immer nur über Kontakte, selten über Auditions (also Vorspiele), das gilt speziell für die guten Jobs.
Man muss keineswegs ein Arschkriecher sein, aber die Mitmusiker mĂĽssen sich freuen, mit dir zusammen zu spielen.

Wenn man alle diese Punkte anhaken kann, dann kann man's versuchen. Und es kann dann auch ein supergeil erfüllender Job sein (ist es für mich leider nur streckenweise). Wenn nicht, dann belässt man's lieber beim Hobby.

GruĂź
Sascha
 
Cher Sascha, ich finde den Beitrag und die Offenheit ziemlich gut!

Und wenn ich etwas zu Deiner Erbauung sagen darf: Vermutlich jeder findet "seinen" Job nicht in allen Belangen prickelnd. Ein Hobby kann schön sein... ;-)
 
Ich lebe und arbeite schon sehr lange mit Gitarristen, die 'davon leben'.

Sie stehen alle mehr oder weniger - aber auf drei Beinen:
-Eigene Musik
-Mucke
-Unterricht

Die Gewichtungen unterscheiden je nach eigener Position und Vorliebe.
Jazzer verdienen weniger mit der eigenen Musik und mucken oft gar nicht.
Dann mĂĽssen sie mehr unterrichten.
Mucker verdienen vielleicht viel im Zelt und ersparen sich den Unterricht.
Manche Virtuosen verkaufen ihre Musik, ihre Person und damit ihren Unterricht und mĂĽssen nicht mucken...
Die Gewichtungen sind vollkommen persönlich.

Ein paar Prozent stehen auf nur zwei- wenige Promille auf weniger als zwei Beinen.
 
Sascha Franck":1i08hjzf schrieb:
W°°":1i08hjzf schrieb:
Ein paar Prozent stehen auf nur zwei- wenige Promille auf weniger als zwei Beinen.

Verstehe ich diesen Satz? Ich denke, ehrlich gesagt, nee, tu ich nicht.

Hmmmm...

- Sascha

Ganz wenige Musiker haben eine so einträgliche Tätigkeit, dass sie auf die anderen Jobs verzichten können.


Kleiner Musikerwitz am Rande:
Was sagt der Jazzer mit Job zu dem arbeitslosen Jazzer?
"Herzlich willkommen bei Mc. Donalds - ihre Bestellung bitte.."
 
W°°":27vazq2k schrieb:
Sascha Franck":27vazq2k schrieb:
W°°":27vazq2k schrieb:
Ein paar Prozent stehen auf nur zwei- wenige Promille auf weniger als zwei Beinen.

Verstehe ich diesen Satz? Ich denke, ehrlich gesagt, nee, tu ich nicht.

Hmmmm...

- Sascha

Ganz wenige Musiker haben eine so einträgliche Tätigkeit, dass sie auf die anderen Jobs verzichten können.


Kleiner Musikerwitz am Rande:
Was sagt der Jazzer mit Job zu dem arbeitslosen Jazzer?
"Herzlich willkommen bei Mc. Donalds - ihre Bestellung bitte.."

Was sagt der Top40 Gitarrist zum Jazzgitarrist?
"Zum Flughafen bitte"
 
Ă„h ja, war wohl etwas mĂĽde, so dass der Satzbau an mir vorbeigegangen ist.

Um nochmal kurz auf die Planbarkeit zurĂĽckzukommen: Man kann nicht planen, Berufsmusiker zu werden. Das geht noch viel viel weniger als in anderen Jobs, auch wenn man sich den Arsch vielleicht viel viel mehr aufreiĂźt.
Es gibt einfach zu viele Gitarristen und zu wenig Jobs - und das Verhältnis ist definitv schlechter als in anderen Berufssparten.

Aber man kann sich halt vorbereiten.
Ich sagte es ja schon, wer nur im stillen Kämmerlein wahnwitzige Skalen gniedelt, der wird niemals wirklich (nachhaltige) Arbeit als Gitarrist bekommen.

Ich will mal, ohne relevante Reihenfolge, einfach ein paar Fragen, Statements, Bedingungen und dgl. in den Raum stellen. Alles Sachen, die mir mehr oder minder 1:1 so passiert sind. Und etlichen Kollegen vermutlich auch.

- "Wir spielen heute ganz klein!". Irgendwo in 'ner Ecke eines Essladens bspw. Für Marshalls und Konsorten ist da kein Platz. Noch nicht einmal für irgendeinen nennenswerten Amp auf brauchbarer Betriebstemperatur (sprich: Lautstärke). Ich habe dafür einen Gallien-Krueger fullrange Combo, den mit den 2 6.5" Speakern. Eigentlich ein Vocal-Monitor. Für's DI/Modeller Gitarren-Monitoring unter solchen Bedingungen absolut perfekt. Ich kann da noch meinen (schütteren) Background-Gesang mit monitoren und zusätzlich noch ein extra Signal (bspw. Keys) reinfüttern. Gibt mittlerweile viele bessere Sachen für sowas, aber der GK verrichtet seinen Dienst immer noch ganz fein. Wiegt auch nix und passt exakt in den Koffer an meinem 125er Roller.

- Wo wir schon bei den Modellern sind: Eine DI-Lösung wird heute unglaublich oft verlangt. Gerade in Theatern will man anscheinend einfach keine Amps mehr sehen. Das mag man schade finden, aber es ist Tatsache.
Und oft spielt, neben der Soundfrage, auch der Platzbedarf eine Rolle. Ein kleines Rack mag noch OK sein, besser ist's aber fast immer, wenn es nur beim Bodenboard bleibt. Ich habe mich da persönlich für ein Boss GT-10 entschieden, was meiner Meinung nach alle PODs und Digitechs schlägt (das VOX-Teil ist meiner Meinung nach auch noch ganz gut).

- "Wir müssen heute eine Stunde lang als "Walking Act" spielen". Umhänge-Snare, Kontra- oder Akustik-Bass, irgendwelche Tröten und - eben! - eine akustische Gitarre. Muss man dann einfach haben. Meistens eine Western-Gitarre, aber:...

- Wo ich schon dabei bin: Ich habe letztes und vorletztes Jahr eine Theater-Produktion gespielt, wo neben der E-Gitarre eine Nylon-String erwartet (bzw. verlangt) wurde. Üblicherweise sind bei Theatersachen, wenn überhaupt akustisch, Western-Gitarren angesagt. War da eben nicht so. Also muss man 'ne nylonbesaitete haben. Inklusive Pickup, denn Mics gibt's nur selten (ist auch nicht praxisgerecht, bei dem Platzstress, der meistens herrscht). Wenn ich cool bin, erspare ich dem Mischer weiteren Stress wg. zusätzlicher DI-Boxen respektive Mischer-Kanäle und stöpsele die Akustik in meinen Modeller, wo ich mir dann ein feines Preset ohne Amp-Modelling zurecht bastele. Damit habe ich dann auch meinen Sound perfekt unter Kontrolle. Ich habe übrigens so eine olle Yamaha (25 Jahre alt oder so) mit Uralt-PU. Geht aber irgendwie.

- Eine meiner jüngsten Erfahrungen: Ich wurde für einen Gig mit Sax, Kontrabass und Gitarre gefragt. Die typische Hintergrund-Mucke, Sektempfang, wichtige Leute reden, etc. Nun, der Bassist (glücklicherweise Multi-Instrumentalist) ist einfach kein Kontrabass-Spieler. Der Bass war geliehen (ja doch, der Mensch hat das schon ein paar Mal gemacht, aber es war nie notwendig, sich was Eigenes anzuschaffen) und leider sehr schlecht, was die Lautstärke-Ausbeute anging. Das Resultat: Blutblasen an Zeige- Mittel- und Ringfinger der rechten Hand. Nach gerade mal einem Set (a 45 Minuten, gewünscht waren 3 Sets). Glücklicherweise hatte der Mensch halt noch ein Cajon und ein paar Rasseln am Start. Die wurden fortan genutzt, was aber zur Folge hatte, dass ich alleine die komplette akkordische Begleitung stellen musste. In so einer Situation hilft es einem wenig, die originalen Gitarrenstimmen des Songs zu kennen, man muss sich jetzt ja auch um den tieferen Bereich kümmern. Dafür muss man unbedingt den "kompletten" Song kennen. Als Lead Sheet quasi. Und man muss es dann umsetzen.

- Und wenn wir schon dabei sind: Songs 1:1 fĂĽr eine Top40-Band zu lernen ist eine Sache. Kann fast jeder mit 2-5 Jahren Spielerfahrung.
Aber damit sichert man sich eben nur den Job in der Top40-Kapelle.
Die Songs auch ansonsten "komplett" zu kennen ist eine ganz andere Sache. Da muss man eben die Akkorde kennen, die Rhythmik, evtl. einige Basstöne, etc.
Ich erwähnte schon die Duo-Jobs, die ich mit einem Sänger hatte. Da war's genau so. Ich musste Songs spielen, bei denen mir die originalen Gitarrenstimmen (wenn's denn überhaupt welche gibt) absolut gar nicht geholfen haben. Die sind dann nicht einmal ansatzweise unterzubringen (es sei denn, man heißt Tuck Andress). Der Song muss halt klargemacht werden.

- Ich habe es schon am Rande erwähnt, aber nochmal: Sich stilistisch einzugrenzen schießt einen meistens ins Aus. Wenn Rhumba gefragt ist, dann ist Rhumba gefragt. Nix mit Sex'n'Drugs'n'RocknRoll. Sondern eben Rhumba.
Das Gute ist: Sowas kann auch Spaß machen. Oder/und einen ganz enorm nach vorne bringen. Walzer sind etwa ein Paradebeispiel. Da kann man ganz prima Dreiklangsumkehrungen üben. Oder mandolinen-ähnliche Nebenlinien.
Ja warum denn auch nicht? Der Walzer kann einem genau so wenig wie vorher gefallen, aber die Dreiklänge kann ich auch sehr effizient in anderen Szenarien nutzen. Die mandolinen-ähnlichen Linien sind gut für meine rechte Hand.

- "Alter, heute muss es so richtig rocken!!!". Tja. Muss es dann wohl. Sollte man also, gerade als Gitarrist, drauf haben.
Worauf ich aber hinaus will: Man muss mit "Eiern" spielen. Das muss man eigentlich immer. Auch beim Walzer/Samba/Foxtrott.
Wenn ihr euch irgendwelche Gitarristen anhört, die ihr Einkommen mit Spielen verdienen, dann ist eines gewiss: Alle haben "Eier" (sorry übrigens für die vermutlich nicht vorhandenen weiblichen Mitleser - aber die haben dann vielleicht "Arsch in der Hose").
Ich habe kĂĽrzlich "Starlight Express" in Bochum gesehen. Sehr schĂĽttere Veranstaltung ĂĽbrigens (aus diversen GrĂĽnden). Der typische Musiknutten-Job also. Aber an der ein oder anderen Stelle haben die Herren Gitarristen Gelegenheit, mal 'n bischen auszupacken. Und da geht dann richtig was. Fette Licks mit geilem Ton und sensationeller Phrasierung.
Und genau das kann man bei allen Saitenquälern beobachten, die den Kram professionell betreiben. Wenn es die Gelegenheit gibt, mal richtig loszurocken oder abzuzeistern, dann können die das auch. Ohne Ausnahme. Es bleibt da nicht bei "hey, ich kann Blattspielen, alles andere ist wurst". Die ganzen Jungs kannste auch immer für 'ne "echte" Band fragen.
Das ist natürlich nicht das häufigst verlangte Kriterium, aber wirklich langfristig durchsetzen tun sich nur die, die das auch mitbringen.


So, ich könnte vermutlich noch etliche andere Dinge aufführen, das also nur mal als ein paar Ideen/Anstöße.

GruĂź
Sascha
 
Hallo!

Ăśbrigens sind die Dinge, die Sascha hier geschrieben hat, auch was fĂĽr Amateure.

Wir nähern uns hier ganz gefährlich der Erläuterung des Begriffs "Gebrauchsmusiker". Dazu werde ich in Kürze mal einen neuen Beitrag schreiben.

GruĂź

erniecaster
 
vielen Dank fĂĽr die sachdienlichen Hinweise. Mein Fragen stehen leider nach wie vor im Raum. Lasst mich bitte nicht dumm sterben...
 

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