Abschirmung in der Elektrogitarre

DerOnkel

Power-User
26 Nov 2004
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Ellerau
Zum Thema Abschirmung und Masseführung habe ich mir mal etwas tiefere Gedanken gemacht, als ich meine ES-700 umgebaut habe. Hier erst einmal das Resultat als WiDi:

scm352_02.gif


Man erkennt, daß ich die Abschirmung und die Signalmasse konsequent getrennt habe. Auch die Signalmasse ist abgeschirmt.

Folgende Überlegungen habe ich angestellt:
  1. Die Abschirmung ist eine Antenne für elektrische Störungen, deren Strom nach Erde fließen will.
  2. Signalführende Leitungen - auch der Rückweg (Signalmasse) - sind störempfindlich.
  3. Wird Signalmasse und Schirmung zusammengelegt, können an den Leitungs- und Übergangswiderständen auch Spannungsabfälle der Störung auftreten. Das führt dann zu einer Potentialverschiebung am Verstärkereingang, der dann auch die Störungen hörbar macht.
  4. Der Strom möchte immer den "kürzesten" Weg nehmen. Das gilt natürlich auch für unser Nutzsignal.
  5. Durch Leitungen gebildete Ringe stellen ein gute Antenne dar, die sowohl für elektrische Störungen (kapazitiv) als auch für magnetische Störungen (induktiv) empfänglich sein können.
Die Konsequenzen sind:
  1. Ich bietet dem Störstrom einen möglichst niederohmigen Weg nach Erde (hier Masse). Alle Potigehäuse sind auf den Schirm gelegt. Die Potis selber befinden sich in einem kleinen Gehäuse (dust-proof shielded case). Eine sternförmige Leitungsführung des Schirmes ist IMHO nicht erforderlich, da es sich um ein Störsignal handelt, welches (zunächst) keine direkte Verbindung mit der Signalmasse hat (nicht vergessen, daß jede Leitung einen, wenn auch kleinen, Widerstand darstellt).
  2. Einflüsse der Störgröße auf das Massepotential werden durch Trennung von Schirm und Signalmasse so weit wie möglich reduziert. Konsequenterweise müßte diese Trennung bis zum Verstärker existieren. Aus Gründen der Kompatibilität habe ich darauf jedoch verzichtet. Schirmung und Signalmasse werden schon am Schalter verbunden.
  3. Auch die Signalmasse wird abgeschirmt.
  4. Der Stromkreis des PU wird erstmalig am Volumen-Poti geschlossen. Die Tonblende wird durch eine erweiterte Masche kontaktiert, die am Volumen-Poti beginnt. Der erstmalige Bezug zur Schaltungsmasse erfolgt jeweils am Volumen-Poti.
  5. Das Volumen-Poti kann als Ausgang einer Ersatzschaltung (PU, Tonblende, Volume) betrachtet werden. Von beiden Potis führt je eine Masseverbindung zum Schalter. Damit "sieht" der Verstärker immer die Potentialdifferenz zwischen Potischleifer und Signalmasse am Poti
    Eine vollständige sternförmige Verbindung für die Signalmasse halte ich daher nicht für erforderlich!
  6. Ringförmige Masseverbindungen, wie in vielen Paulas zu sehen, sind nicht gestattet!
Was im Bild nicht gezeigt ist, ist der Anschluß der Schaltergehäuse auf den Schirm.

Das Resultat ist recht gut. Meine ES-700 zählt nun zu den "ruhigen" Vertretern ihrer Art. Meine generelle Schlußfolgerung lautet also:

Abgeschirmte Signalmasse

und

Schirmung so lange wie möglich getrennt halten!

Ulf
 
In einer massiven Elektrogitarre findet man nur sehr selten abgeschirmte Kabel. Lediglich die Zuleitung zur Anschlußbuchse und die Anschlußkabel zu den Humbuckern stellen eine Ausnahme dar. Bei Single-Coils nach Fender-Bauart sucht man eine Abschirmung in der Regel vergeblich!

Daß eine Kette immer nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied, scheint sich bei den Instrumentenherstellern immer noch nicht herumgesprochen zu haben. Was hilft ein Koaxkabel zur Anschlußbuchse, wenn im E-Fach selber jedes Bauelement den Angriffen von elektrischen Störungen schutzlos ausgeliefert ist? Hier läßt sich also in vielen Instrumenten die Störempfindlichkeit nachträglich verbessern, indem das E-Fach und die Schächte der Tonabnehmer ebenfalls eine Abschirmung erhalten. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
  1. Man verwendet Abschirmfolie oder
  2. man verwendet einen geeigneten Abschirmlack.
Soll es Folie sein, so sollte man unbedingt Kupferfolie nehmen. Handelsübliche Alufolie von der Haushaltsrolle hat leider einen schlechten Leitwert und ist daher ungeeignet. Darüber hinaus, läßt sie sich nicht löten. Auch wenn viele Hersteller solche Folie gerne unter das Pickguard oder auf die Innenseite eines E-Fachdeckels kleben, sollte man damit lieber den Schafskäse einwickeln und nicht die Elektronik seiner Gitarre!

Abschirmung00.jpg


Da die wenigsten E-Fächer "quadratisch und praktisch" sind, wird man nicht umhin kommen, die Abschirmung aus vielen kleinen Teilen zusammenzusetzen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, daß alle Teile sauber und lückenlos miteinander verlötet werden. Neben Sorgfalt ist hier also auch viel Geduld gefragt!

Lack hat den unbestreitbaren Vorteil, daß er sich wesentlich leichter in die betrefenden Räume eine Elektrogitarre bringen läßt. Leider sind diese Lacke nicht ganz billig und häufig auch nur in größeren Gebinden zu erwerben. 5 Liter Abschirmlack reichen mit Sicherheit für eine größere Produktion von Strats. Es gibt jedoch von der Firma Kontakt-Chemie den Abschirmlack EMV-35, der sich gut verarbeiten läßt, gute Abschirmgergebnisse erzielt und trotzdem noch bezahlbar ist. Wie es in einem E-Fach nach der Verwendung vom EMV-35 aussieht, zeigt das nächste Bild:

Abschirmung01.jpg


Was dem E-Fach recht ist, ist für die Pickup-Schächte und den Raum für den Wahlschalter (in einer Paula) natürlich nur billig. Wenn man Abschirmung betreibt, dann sollte man die Arbeit auch vollständig machen, sonst macht es eigentlich keinen Sinn! Dazu gehört auch, daß die einzelnen Abschirmungen leitend mit der Schaltungsmasse verbunden werden.

Abschirmung02.jpg


Im Bild wurde eine Lötöse mit einer Schraube im Schacht befestigt und nachträglich mit einer Schicht Lack versehen.

Wie die Verdrahtung in einer HH-Gitarre aussehen kann, zeigt das nächste Bild:

WiDi_HH_1V1T_42_6048.gif


Hier sind die abgeschirmten Fächer und Schächte gestrichelt dargestellt. Alle Abschirmungen werden auf einem gemeinsamen Punkt zusammengeführt und gelangen von dort zum Masseanschluß der Ausgangsbuchse.

Bei einer solchen Abschirmung kann man auf die Verwendung von abgeschirmten Kabeln innerhalb der Fächer verzichten. Gleiches gilt dann häufig auch für den Masseanschluß der Saiten, der hier nicht mehr berücksichtigt wurde.

Der vollständige Artikel ist in der Knowledge-Base der Guitar-Letters in aktueller Form verfügbar.

Ulf
 
DerOnkel":3icnp52v schrieb:

Moin Ulf,
Ich finde den Kupferlack nicht mehr so gut. Man sieht hier schon auf dem Bild, dass er zu kristalinem Gebrösel neigt, was sich mit der Zeit in kleinen Partikeln llösen und zu störungen in Potis und anderen Bauteilen führen kann.
Ein Weg zur Abhilfe ist das anschließende Klarlackieren der Kupferflächen, mit Ausnahme der Druckstellen für Potis und Schalter, so dass ein Massekontakt bleibt.
Ich nehme inzwischen wieder lieber Graphitlack. Ich meine, er haftet besser und bröselt nicht.
(Bröselbrösel...) :)
 
Hi Ulf,
kannst du als Profi mir sagen, woran ich kokret ein beschichtetes Pickguard einer Tele anschließen muss?
Also wohin muss das Masse-Kabel vom Pickguard.
Momentan hat meine Beschichtung mit genau dem von dir verwendeten Lack nämlich Null Wirkung...
 
W°°":2fo6x2cf schrieb:
Ich finde den Kupferlack nicht mehr so gut. Man sieht hier schon auf dem Bild, dass er zu kristalinem Gebrösel neigt, was sich mit der Zeit in kleinen Partikeln llösen und zu störungen in Potis und anderen Bauteilen führen kann.
Meine ersten Erfahrungen mit EMV waren auch etwas ernüchternd! Im E-Fach sieht es nach wie vor gut aus, da bröselt nichts, aber in den Schächten...

Abschirmung04.jpg


...war schon am nächsten Tag "Drama-Modus". :(

Das Zeug wollte auf den originalen Lack einfach nicht haften. Also mußte das Schleifpapier her und nun sieht es auch ganz ordentlich aus.

W°°":2fo6x2cf schrieb:
Ein Weg zur Abhilfe ist das anschließende Klarlackieren der Kupferflächen, mit Ausnahme der Druckstellen für Potis und Schalter, so dass ein Massekontakt bleibt.
Das klingt nach einer guten Idee, wenn es bei mir bröselt, werde ich das wohl so machen.

W°°":2fo6x2cf schrieb:
Ich nehme inzwischen wieder lieber Graphitlack. Ich meine, er haftet besser und bröselt nicht.
Letztendlich ist es ziemlich egal, welchen Abschirmlack man verwendet. Meiner Meinung nach gilt:
  1. Er muß gut zu verarbeiten sein.
  2. Er muß dauerhaft und zuverlässig auf der Fläche haften.
  3. Er darf nicht reißen.
  4. Er muß eine ausreichend hohe Leitfähigkeit haben.
Die Leitfähigkeit kann man natürlich steigern, indem man mehrere Schichten aufbringt, aber das hat vermutlich auch seine Grenzen.

Laut Hersteller ist EMV zur Abschirmung von Kunstoffgehäusen vorgesehen. Ich vermute, daß Holz doch etwas mehr arbeitet. Das mag vielleicht zu einem Langzeitproblem führen. Andererseits habe ich schon von einer ganzen Reihe von Projekten gehört, die erfolgreich verlaufen sind. Allerdings waren das meist Stratocaster. Da man das Pickguard vermutlich selten abnehmen wird, werden Probleme mit dem Lack wohl nicht sofort offensichtlich. Mal sehen, wie sich das in Pauline so machen wird...

McCracken":2fo6x2cf schrieb:
kannst du als Profi mir sagen, woran ich kokret ein beschichtetes Pickguard einer Tele anschließen muss?
Im Normalfall wird man diese Abschirmung mit der zentralen Masse der Gitarre verbinden (typ. das Gehäuse eines Potis). Von der Theorie her, wäre der Masseanschluß der Buchse allerdings noch besser. Ob sich dadurch ein signifikanter Unterschied in der abschirmenden Wirkung ergibt, läßt sich vermutlich nur durch eine sehr genaue Messung ermitteln.

McCracken":2fo6x2cf schrieb:
Momentan hat meine Beschichtung mit genau dem von dir verwendeten Lack nämlich Null Wirkung...
Der größte Anteil der elektrischen Störungen wird in der Regel von hinten in die Gitarre eingestreut (siehe dazu Abschnitt 1 im Artikel "Die Saitenerdung in der Elektrogitarre ".

Nachdem man so eine Abschirmmaßnahme ausgeführt hat, sollte man in jedem Fall den Leitwert oder Widerstand prüfen. Wenn alles in Ordnung ist, so sollte man von der lackierten Fläche zum entsprechenden Masseanschluß einen Widerstand von wenigen Ohm oder sogar kleiner als 1 Ohm messen.

Ulf
 
hm solche Erfahrungen habe ich auch schon machen dürfen, deswegen greife ich wieder lieber zu Abschirmfolie, am liebsten Kupferfolie, da ich zwar ein extrem fauler Hund bin, aber in dem Fall lieber etwas mehr Zeit und Arbeit investiere.

Die Kupferfolie lässt sich, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hat recht gut verarbeiten und ein weiterer Vorteil:
man kann direkt auf die Folie löten (also Verbindungen zwischen E-Fach, Pickupfächern, Saitenmasse, usw)
Und man spart sich die Massekabel zwischen den Potis und Schaltern,
da die Kupferfolie einen supergeringen Widerstand hat (unter 0,1R, im Gegensatz zu Abschirmlacken) das des durchaus in Ordnung geht.

efach_near.jpg

LTD4.jpg

(zugegeben, schaut nicht mehr wirklich gut aus wie am ersten Tag, aber es funktioniert zuverlässig und das ist ja die Hauptaufgabe)


grüssle Robi

EDIT: ich habe mal kleinere Bilder verlinkt, nich jeder hat ne schnelle Leitung
 
DerOnkel":lvqk8sqe schrieb:
Frage: Wo hast Du die Kupferfolie bezogen?
Ich hab mir das Zeug damals, als ich die blaue Strat damit ausgekleidet habe, bei Rockinger gekauft. Die selbstklebende Folie lässt sich recht schmerzfrei verarbeiten. Mir ist das Material sympathischer als das Pinselzeugs, aber das wird wohl auch eine Frage sowohl der persönlichen Vorlieben als auch der Menge (bzw. des Zeitaufwandes pro Instrument) sein, die man verarbeitet.
 
oder hab ich die Folie von Rockinger ??
ich weis es net mehr, war aber abgeschirmtes Kabel, usw dabei.


Robi

EDIT: ja genau das verlinkte Kit ist es
 
Hi,
ich habe mit der Abschirmerei mal ganz andere Erfahrungen gemacht.
Als ich mir Anfang des Jahres das Objekt meiner Begierde - eine Gibson BFG zulegte stand von vorn herein fest, das ich sie auf "normale" Les.-Paul-Verschaltung umrüsten werde. Gesagt getan.
Dabei stellte sich heraus, dass G. außer an den PUs keinerlei geschirmte Verdrahtung verwendete. Die Masseführung im Potifach bezog wohl alle Elemente mit ein, aber ansonsten war es da wohl. Also habe ich beim Umbau natürlich überall geschirmte Leitung verwendet, man will es ja schließlich vernünftig machen. Nach Fertigstellung war auf einmal klanglich Ebbe angesagt. Der Druck und die Spritzigkeit und alles, womit dieses Instrument überhaupt meine Begehrlichkeit weckte waren völlig verschwunden. Es klang nur noch matt und langweilig. Da ich seit über 15 Jahren auch im High-End-Bereich (HiFi) Geräte baue, denke ich mal, das meine mir zur Verfügung stehenden Kabel nicht die schlechtesten und billigsten sind. Auf jeden Fall habe ich dann die Verkabelung wieder ausgetauscht und diese durch Einzeladern (0,5qmm), wie sie im Schaltschrankbau üblich sind, ersetzt. Und siehe da, da war er wieder der offene Klang. Und brummen tut auch nichts, außer ich komme mit dem allein betriebenen P90 in der Halsposition in ein "brummanfälliges" Störfeld.
 
naja HiFi (auch HiEnd HiFi) und Gitarre sind halt 2 Paar Schuhe, wie Kuchen und Brot, wird zwar beides gebacken und gegessen aber was für das eine gut ist kann für das andere alles versauen.

Ich denke mit ner normalen Abschirmung (also Kupferfolie) wäre das Klangbild genauso offen gewesen wie vorher, denn es wären noch die selben Kabel. Aber wenn du sowiso keinerlei Probleme hast die eine Abschirmung nötig machen ist das ja auch OK. Doch Live (mit entsprechender Lichttechnik auf und über der Bühne) könnte es mit einer unzureichend, oder gar nicht abgeschirmten Gitarre echt fies werden


Grüßle
Rock´n´Robi
 
finetone":1oilw0yn schrieb:
...Also habe ich beim Umbau natürlich überall geschirmte Leitung verwendet, man will es ja schließlich vernünftig machen. Nach Fertigstellung war auf einmal klanglich Ebbe angesagt. Der Druck und die Spritzigkeit und alles, womit dieses Instrument überhaupt meine Begehrlichkeit weckte waren völlig verschwunden. Es klang nur noch matt und langweilig.
Tja, wo Licht ist, ist auch immer Schatten! Im Hinblick auf die abschirmende Wirkung sind Koaxkabel mit Sicherheit besser, als die normalen Drähte, aber...

Im Zuge der Arbeiten am neuen Guitar-Letter II habe ich unlängst ein paar Messungen an einem von Rockinger bezogenen vieradrigen Anschlußkabels gemacht. Es ergab sich eine Ader-Schirmkapazität von 195pF/m, was deutlich mehr ist, als die Kapazitätsbeläge gängiger Instrumentenkabel.

20cm sind innerhalb eine Elektrogitarre schnell zusammen. Damit fügen wir eine kapazitive Last von rund 40pF hinzu. Insgesamt können da leicht 70-100pF zusätzlich entstehen. Ein normaler Gibson Humbucker rutscht dann von 2,733kHz auf 2,590kHz und das ist deutlich zu hören.

Wer jetzt über das "schlechte" Kabel schimpft, hat die Rechnung leider ohne die Physik gemacht, denn die Kapazität eines Kondensator ist umgekehrt proportional zum Abstand der Platten. Da das Anschlußkabel deutlich dünner ist, als ein normales Instrumentenkabel...

Die Variante mit dem abgeschirmten E-Fach, egal ob Lack oder Folie, dürfte im Hinblick auf die kapazitive Last mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich besser ausfallen!

Ulf
 

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