Mein erstes Mal beim Gitarrenbauer

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Anonymous

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“Hast du Scheiße am Schuh, hast du Scheiße am Schuh.“ A. Brehme


Prolog

In einer Kleinanzeige hatte ich eine Gitarre gefunden, neuwertig, zu einem wirklich gĂĽnstigen Preis.
Ich habe die Gitarre nur anhand von Fotos gekauft, der Verkäufer war 600 km entfernt.
Und so sah die „neuwertige“ Gitarre aus:

[img:640x480]http://imageshack.us/a/img534/9669/dscf3720z.jpg[/img]

Ein Riss in der Ahorn-Decke also. Knapp 5 cm lang, und am Korpusende gerade so breit, dass ein Blatt Papier reinpasst. Ansonsten war die Gitarre einwandfrei, keine Spielspuren, BĂĽnde wie neu.
Mit dem Verkäufer habe ich eine Preisreduzierung ausgehandelt. Ich wollte die Gitarre behalten als Backup für ein baugleiches Modell.
So ein Riss lässt sich kleben. Die Gitarre hat eine reine Nitrolackierung. Diese lässt sich anders als Polylack prima ausbessern und nachlackieren.


Der Reparatur-Auftrag

Lebt man wie ich in einer Millionenstadt, gibt es zahlreiche Gitarrenbauer zur Auswahl.
Es gibt ein Riesen-Musikgeschäft mit angeschlossener Werkstatt, einige mittelgroße Geschäfte. Außerdem rund ein Dutzend kleiner Gitarrenläden mit Werkstatt, meist Einzelkämpfer.
Nicht jede Werkstatt wollte den Auftrag ausfĂĽhren.
Die Wahl fiel auf eines dieser mittelgroßen Geschäfte, überschaubar, so eine Hand voll Mitarbeiter.
Der Laden vertreibt u.a. hochwertige Custom-Shop-Gitarren verschiedener US-Hersteller und Boutique-Amps. Die angeschlossene Werkstatt rühmt sich mit langjähriger Erfahrung und Referenzen von prominenten Kunden.
Ich weise den Gitarrenbauer auf die Nitrolackierung hin.
Neben dem Riss soll die Gitarre neue D’Addario-Saiten und ein Setup bekommen.
Als Kosten werden rund EUR 90,00 genannt, wovon EUR 30,00 fĂĽr das Setup sind. Drei Wochen soll die Reparatur dauern.
Im Auftrag stand in etwa „Riss kleben, 10er EXL, schick machen“.
Es ist Ende September.


Die Zeit rast...

Nach zwei Wochen meldet sich der Gitarrenbauer und sagt, dass die Reparatur 6 Wochen dauern wird. Grund sei, dass der Nitrolack so dünn austrocknet, und wesentlich mehr Schichten benötigt werden.
Das klang für mich plausibel. Es ist nicht meine einzige Gitarre, die Arbeit soll gut werden, insofern war es für mich in Ordnung etwas länger auf die Gitarre zu warten.
Mitte November sollte sie fertig werden.


...und rast...

Die 6 Wochen sind rum, der Gitarrenbauer meldet sich und bittet um weitere 6 Wochen Aufschub. Grund sei nach wie vor der Nitrolack, es mĂĽssten weitere Schichten aufgetragen werden.
Etwas verwundert war ich schon. Mittlerweile hatte mich entschlossen, die Gitarre mit dem Riss nach der Reparatur wieder zu verkaufen.
Ich stimmte dem weiteren Aufschub zu.


...und rast...

Es war inzwischen Januar. Es herrschte Frost, 5-10 Grad unter Null.
Statt zu liefern bat der Gitarrenbauer weiter um Aufschub. Diesmal sei es in der Werkstatt zu kalt zum lackieren.
Komische Story, aber ich stimmte zu. Ich war zu der Zeit beruflich sehr stark eingespannt.


...und rast...

Die Gitarrenbauer bat erneut mehrfach um Aufschub, der Lack ist zu dĂĽnn, das Wetter zu kalt, der Chef mit seinen eigenen Vintage-Gitarren hat Vorrang, die Musikmesse kam dazwischen, und, und, und.


Eine gründliche Arbeit...oder was ein Handwerker dafür hält

Anfang April sagte ich dem Gitarrenbauer deutlich, dass ich die Gitarre verkaufen möchte und sie bitte schön die Arbeiten zu Ende bringen sollen.
Der Gitarrenbauer versprach, dies zu tun.
In der Zwischenzeit hatte ich um ein Foto der Gitarre gebeten. Seit September hatte ich die Gitarre nicht mehr gesehen. Ich bekam ein Foto aufs Handy. Die Gitarre sah in Ordnung aus.

Nach weiteren 6 Wochen rief ich erneut an. Sie war nicht fertig. Ich wollte die halbfertige Gitarre abholen und die Rest-Arbeiten von einer anderen Werkstatt ausfĂĽhren zu lassen.
Der Gitarrenbauer bat ein weiteres Mal um Aufschub – 1 Woche.
Ich stimmte zu.
Nach Ablauf der Woche rief ich an, und siehe da, die Gitarre war fertig.
Ich fuhr zu dem Laden, um sie abzuholen.
Der Koffer lag auf einem Tisch hinter dem Tresen, der Gitarrenbauer macht ihn auf, ich sehe meine Gitarre....

...in leuchtendem Orange.

Auch wenn ich sie verkaufen wollte: Es war ein ScheiĂźgefĂĽhl, meine Gitarre so zu sehen.
Der Gitarrenbauer hatte sie ohne mich zu fragen in einer anderen Farbe neu lackiert.
Gefragt nach dem Grund, gab der Gitarrenbauer an, die Gitarre habe in der Werkstatt einen Kratzer auf der Decke bekommen. Deshalb habe er sie neu lackiert.
Bei der Gelegenheit beichtete er mir noch, dass er bei der abschlieĂźenden Politur auf der KorpusrĂĽckseite den Lack an zwei Stellen bis auf das blanke Holz durchpoliert hat.


Der erste Versuch einer Klärung

Ich fragte den Gitarrenbauer, ob er versichert sei. Er verneinte, es gebe solche Versicherungen nicht. Er habe mal eine 58er Les Paul im Wert von EUR 180.000 in der Werkstatt gehabt. Da sei er ganz schön ins Schwitzen gekommen.
Die Gitarre sollte ja verkauft werden. Ich einigte mich mit dem Gitarrenbauer, dass ich die Gitarre bestmöglich verkaufe und er mir die Differenz zu meinem Kaufpreis ersetzt. Ich hatte EUR 1.750 für die Gitarre bezahlt. Gebrauchtpreise für einwandfreie PRS Sunburst 245 liegen bei ca. EUR 2.300.
Maximal wollte er EUR 300 ersetzen.
Vom Gitarrenbauer verlangte ich eine schriftliche Bestätigung der Vereinbarung. Die kam nach 2 Tagen per email.


Schadensaufnahme

Zu Hause konnte ich mir die Gitarre genauer ansehen.
Wie bereits gesagt entsprach die Farbe nicht der Original-Lackierung.
Hier zum Vergleich beide Sunburst 245. Burst Lackierungen sind schwer zu fotografieren. Bei Tageslicht sieht die originale Gitarre wie das Gibson Honey Burst aus. Die nachlackierte Gitarre hat bei Tageslicht ein knalliges Orange mit Cherry Burst.
Links eine Unversehrte, rechts die Misshandelte, sie hatten mal beide die gleiche Farbe aus:

[img:640x480]http://imageshack.us/a/img827/452/dscf4290m.jpg[/img]

Neben der Farbabweichung wies die Gitarre auch handwerkliche Mängel auf.
Der Lack war wesentlich dicker als die alte Lackierung. Die Gitarre hatte mehr diesen Hochglanz-Plexiglas-Look. Optik und Haptik erinnerten an asiatische Massenware.
Am Cutaway war eine deutliche Kante zwischen alten und neuen Lack zu sehen. Wenn man Nitro auf Nitro lackiert, löst normalerweise der neue Lack die alte Farbe an und verläuft mit der alten Farbe. Die sichtbare Kante deutet darauf hin, dass eventuell kein Nitrolack verwendet wurde.

[img:640x480]http://imageshack.us/a/img248/9486/dscf4514v.jpg[/img]

Die vier Potis sind anders als bei Gibson Les Pauls versenkt eingebaut. FĂĽr eine Burstlackierung mĂĽssen diese Versenkungen abgeklebt werden, sonst entsteht rund um die Potis ein dunkler Rand.
Hier wurden die Versenkungen nicht abgeklebt. Auf dem Foto sind keine Schatten zu sehen, sondern rote Farbe von der Burst Lackierung.

[img:640x480]http://imageshack.us/a/img341/6388/dscf4585j.jpg[/img]

SchlieĂźlich hatte der Stegtonabnehmer in der Nickelkappe eine Beule. Dies muss beim Ein- und Ausbau entstanden sein.

Der zweite Versuch einer Klärung

Nach einer Woche hatte ich mehrere Interessenten fĂĽr die Gitarre. Das beste Gebot lag bei EUR 1.400.
Der Gitarrenbauer sagt mir jedoch, dass er mehr als EUR 300 nicht zahlen kann, und im Moment habe er eh kein Geld.
Er fragte stattdessen ernsthaft, ob er die Differenz durch weitere kostenlose Reparaturaufträge ausgleichen könne.
Meine Interessenten springen leider alle ab.
Ich mache einen Termin mit dem Inhaber und Geschäftsführer des Ladens aus. Es stellt sich heraus, dass der Geschäftsführer weder von der überlangen Reparatur noch dem Schadensfall wusste.
Der Gitarrenbauer ist auch bei dem Termin anwesend. Er macht mir VorwĂĽrfe, dass er meinetwegen Ă„rger mit dem Chef habe.
Der Geschäftsführer bietet zunächst an, dass die Gitarre noch einmal, und diesmal nach meinen Vorstellungen lackiert werden könne.
Ich lehne ab und verweise auf die Vereinbarung mit dem Gitarrenbauer.
Der Geschäftsführer bietet an, sich um den Verkauf der Gitarre zu kümmern und mir einen Mindestpreis von EUR 1.750 zu garantieren.
Bringt die Gitarre weniger, geht es zu seinen Lasten.
Er habe eine groĂźe Kundenkartei, und in der Folgewoche veranstalte er eine Hausmesse.
Eine Entschuldigung gibt es nicht.
Die Gitarre blieb im Laden.
Es ist Ende Mai. Sieben Monate sind seit Auftragserteilung vergangen.


Die Eskalation

In der Folge frage ich jede Woche persönlich im Laden nach dem Stand der Dinge.
Und jedes Mal werde ich gefragt wie ich heiĂźe, wie meine Kundennummer lautet und was ich ĂĽberhaupt will.
Ende Juni fordere ich den Laden das erste Mal auf, die Gitarre selbst aufzukaufen. Der Laden lehnt ab.
Ende Juli stelle ich den Geschäftsführer erneut zur Rede. Auch diesmal fragte er wer ich bin und was ich will.
Es kommt raus, dass er nicht einen Interessenten fĂĽr die Gitarre hatte, und sich auch nicht aktiv um den Verkauf bemĂĽht hat.
Die Gitarre hing in der Auslage. Ich fordere den Laden auf, die Gitarre für den nächsten Tag zur Abholung fertig zu machen und drohe rechtliche Konsequenzen an.
Am nächsten Tag will ich die Gitarre abholen.
Geschäftsführer und Gitarrenbauer weigern sich zunächst mir die Gitarre auszuhändigen. Sie wollen noch einmal „mit mir reden.“
Erst als ich Anstalten mache ĂĽber den Tresen zu steigen, um mir die Gitarre zu holen, rĂĽcken sie die Gitarre raus.
Als ich zum Auto gehe fällt mir ein Sticker auf dem Koffer auf:

[img:640x480]http://imageshack.us/a/img33/52/dscf4494e.jpg[/img]

Ein Preisschild, EUR 2.190 steht drauf. Kein Wunder, dass niemand die Gitarre gekauft hat. Zur Erinnerung: EUR 1.750 waren vereinbart.
Ich gehe nochmal in den Laden zurück. Eine schlüssige Erklärung warum der deutlich höhere Preis ausgewiesen ist erhalte ich nicht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...


Finale

Der Anwalt setzt eine Frist und droht mit Klage. Kurz vor Fristablauf kauft der Laden die Gitarre fĂĽr EUR 1.750 plus einen 10er-Pack Gitarrensaiten.
10 Monate sind vergangen.
Auf den Anwaltskosten bleibe ich sitzen.

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So lief mein erster Auftrag an einen Gitarrenbauer ab.

Ich war damals noch nicht in diesem Forum angemeldet.

Mich ärgerte weniger der Fehler an sich, als die Art und Weise, wie mit dem Fehler umgegangen wurde.

Irgendwie hatte die Gitarre von Anfang an ein schlechtes Karma...

GruĂź,
 
sunburst schrieb:
Irgendwie hatte die Gitarre von Anfang an ein schlechtes Karma...

GruĂź,

Ach, Junge, dass ist eine Kackgeschichte....zu einer schönen Gitarre!

Bezüglich empfehlenswerte Adressen in HH. Robin König hat die Ausbildung bei Walter Kraushaar gemacht und ist zurück in seine Heimatsstadt gegangen. Der Typ ist im positiven Sinne "irre" und wenn du einen Könner am Start haben willst, nimm demnächst mit ihm Kontakt auf...

http://www.robinkoenig.de

Das ist wohl noch viel zu tun bezüglich Präsenz , aber er muss ja auch erstmal Fuß fassen. Sowohl Walter als auch Mario - und die beiden sind bekanntlich schon nicht ohne - sagen über ihn, dass selbst, wenn es um ganz, ganz heikle Aufträge geht, der Robin die Messlatte extrem hoch legt. Selbst Restaurierungen alter Vorkriegsschätzchen sind bei ihm in besten Händen..
 
Alter, was fĂĽr eine Odyssee! Danke fĂĽr den ausfĂĽhrlichen Erfahrungsreport.
...miese Nummer.

GruĂź
 
Super Bericht, Shit fĂĽr Dich.
Leider gibt es ĂĽberall Nepper, und musst gerade an so einen geraten.
Ich hab nur gute Erfahrungen gemacht:
Walter Kraushaar, Ronny Scheithauer, Lars Riemer, Matthias SchindehĂĽtte - alle Top.
Schade, dass Dir ein Gauner so einen ersten Eindruck hinterlässt ...

Aber, kleiner Trost (5 € ins Phrasenschweinderl und nochmal 5 in die Chauvikasse): Das erste Mal tut immer bissi weh ...
 
Moin.
Traurige Geschichte, und typisch für eine gewisse Art von "Handwerkern". "Handwerker" (mit "") meint ganz bewusst den Antitypus zu Leuten wie z.B. W°°.

Allein schon dass ursprünglich 3 Wochen vereinbart waren (hattest du das schriftlich? falls nicht, erster Kardinalfehler). Spätestens nach der zweiten "Verlängerung" um 6 Wochen, also dann schon insgesamt mehr als vier (!!) mal so viel wie ursprünglich vereinbart, hättest du die Reissleine ziehen müssen.
Dass es mal länger dauert ist ok aber mehr als drei Mal so viel wie vereinbart ist ein Alarmsignal.
Ein noch deutlicheres Alarmsignal war (die Lüge?) der nicht heizbaren Werkstatt. Entweder er lügt (Mega-Alarmsignal) oder er arbeitet tatsächlich so unprofessionell. Wie hoch die Qualität der Feinarbeiten in einer unbeheizten oder unzureichend beheizten Werkstatt bei Außentemperaturen unter -8°C sind, kann sich jeder selbst denken(Mega-Alarmsignal).
Solchen "Handwerkern" kann man eine Squier Bullet anvertrauen aber weder eine PRS SE noch eine US-PRS.

Nach all den Alarmsignales wäre es vermutlich klug gewesen, spätestens im Januar die Herausgabe zu erzwingen und dann das Instrument auf Kosten des "Handwerkers" zu einem echten Handwerker zu geben. Und bei 1750 € lohnt auch ein Anwalt (die Kosten trägt selbstredend der Pfuscher aka "Handwerker").

So lange man solche Leute ungestraft pfuschen lässt und der Schaden des Pfusches mehrheitlich bei den Kunden hängenbleibt, pfuschen solche "Handwerker" munter weiter.

Jedem passiert mal ein Malheur. Wie dann aber damit umgegangen wird, das separiert Pfuscher von Handwerkern (also ohne "").

Na ja, hinterher ist man immer klüger. Hätte mir eventuell auch so passieren können.

Der ein oder andere kann draus lernen, wie man sich besser nicht verhält, wenn man an einen Erzpfuscher gerät.

Tschö
Stef
 
Hi Sun,

was für eine ärgerliche Geschichte. Aber immerhin, interessant ist Dein Bericht allemal.

Ich persönlich bringe nie eine Gitarre zur Reparatur in einen Musikladen mit eigener Werkstatt. Nicht mal für Kleinkram.
Grund: Die verdienen vorwiegend ihr Geld mit dem Verkauf von Instrumenten und nicht mit Reparaturen. Ich bin deshalb misstrauisch, ob sie wirklich über die nötige Erfahrung und Übung für auch schwierige Reparaturen verfügen.

Ich habe 2 Gitarrenbauer, die ich empfehlen kann. Beide leben schon jahrelang von ihrem Handwerk. Das allein sagt schon was aus.
Der eine ist der hannöversche Stratmann (der heißt wirklich so), der sein Handwerk versteht. Er bekommt all die Aufträge, die ein gewisses Volumen nicht übersteigen. Für alle anderen Aufträge spreche ich immer Walter Kraushaar an. Wäre ich ein Schwarzmeerkurde, würde ich sagen, "mit Walter habe ich Tee getrunken", sprich, ich vertraue ihm.
 
Ich bin der Meinung, dass man solche miesen Läden beim Namen nennen sollte, damit dieser Irrsinn aufgedeckt wird und kein anderer in die Falle tappt.
Gute Gitarrenbauer werden schlieĂźlich auch mit Namen weiter empfohlen. Warum sollte man bei schlechten Erfahrungen ein Geheimnis um Namen machen.
 
muelrich schrieb:
Diese Geduld hätte ich allerdings nicht gehabt. Definitiv nicht.

Dem stimme ich zu. Absolut.
Bei allem guten Willen – aber wenn ich das lese, dann komme ich zu der Überzeugung, dass du an der Sache einen guten Teil Mitverantwortung trägst.

Ich hätte Verständnis dafür, dass ein Termin nicht gehalten werden kann. Beim zweiten Mal werde ich dann hellhörig. Beim dritten Mal platzt mir der Kragen. Dazu muss man kein Rambo sein oder einen überhöhten Testosteronspiegel haben.

Wenig Zeit hin oder her, in dem Laden wäre ich persönlich aufgetaucht, unangemeldet und hätte Aufklärung verlangt. Und ich hätte das Instrument sehen wollen, sofort!

Und wenn ich Argumente höre wie „die Gitarren des Chefs haben Vorrang..“ (ich als zahlender Kunde darf mich also in die zweite Reihe stellen) oder….“es ist zu kalt zum Lackieren“ (in der Werkstatt gibt es also keine Heizung und der Betrieb steht im Winter still)…..dann frage ich doch – sagt mal, für wie blöd haltet ihr mich?

Wir sprechen über einen Zeitraum von 8 Monaten….ACHT Monate! Ne mein Lieber, tut mir leid, da ist Klagen und Jammern nicht mehr angebracht. Da muss die eigene Nase her und die Frage, ob ich nicht vielleicht doch etwas zu….naiv….war.

Das, was da passiert ist, hätte verhindert werden können durch die rechtzeitige konsequente Forderung, die Gitarre wieder herauszugeben.

Tom
 
Mich interessiert wieviel du für die Gitarre initial gezahlt hast. Ich kann den Vorrednern auch nur zustimmen, da hast du leider nicht rechtzeitig die Reissleine gezogen. Spätestens bei dem Thema Beheizung wäre ich persönlich vorbei.

Um aber Herrn Dietrich zu zitieren, "Manchmal ist man aber auch wie vernagelt".
 
Ich kann drei ähnliche Erfahrungen wie oben berichten. Liegt sehr lange zurück und war für mich der Auslöser, selbst Hand anzulegen.

Ă„hnlich deshalb, weil ich nach zwei Wochen (beim ersten Mal noch vier) Zwischenbericht und Zustandsnachweis sehen wollte, Zorn bekam - beim dritten Mal aber so richtig! - und mein Instrument wieder abholte.

Beim ersten Mal liess ich mich noch bequatschen, 30 DM "Kostenauslage" zu bezahlen. Danach nicht mehr.

Es waren drei verschieden Instrumentenmacher in drei verschieden Bundesländern.

Man lernt dazu.

Heute bekomme ich Aufträge zur Nacharbeit von verpfuschter Elektrik, die ein Gitarrenbauer verbricht, der ein richtig guter Holzwurm ist.
 
Oh Mann, was fĂĽr ne miese Nummer!

Die Geduld hätte ich auch nicht gehabt und nach spätestens 3 Monaten ne Pommesbude aus dem Laden gemacht ...
 
Uff ĂĽble Typen.

Das schlimmste an der Sache ist die neue Farbe ?!?!
Ging es nicht nur um den Riss ? Den hätte man füllen können, bei lackieren, polieren und fertig, das hätte ich als halber Autolackierer auch gekonnt.

Glaube ich wäre nicht so ruhig geblieben wie du.
 
Danke fĂĽr die Kommentare und die Empfehlungen!

Mir geht's bei dem ganzen nicht um mein persönliches Schicksal.
Ich wollte einfach mal zeigen, wie aus einer MĂĽcke ein Elefant werden kann.

bebob schrieb:
...solche miesen Läden beim Namen nennen sollte...
Das sagt der Anwalt lass das mal lieber....

Tummy ))) schrieb:
Mich interessiert wieviel du fĂĽr die Gitarre initial gezahlt hast.
Wie beschrieben, 1.750 EUR. War gĂĽnstig, Gebrauchtpreise liegen fĂĽr das Modell sonst bei ca. 2.300 EUR.

Noisezone schrieb:
Das schlimmste an der Sache ist die neue Farbe ?!?!
Ging es nicht nur um den Riss ? Den hätte man füllen können, bei lackieren, polieren und fertig, das hätte ich als halber Autolackierer auch gekonnt.
Gretsch-Orange, satt und dick aufgetragen.
Wie Du schrobst, ein bißchen 2K-KLeber, Klarlack und Politur hätten gereicht.

muelrich schrieb:
Diese Geduld hätte ich allerdings nicht gehabt.
madler69 schrieb:
Die Geduld hätte ich auch nicht gehabt und nach spätestens 3 Monaten ne Pommesbude aus dem Laden gemacht ...
Die lange Zeit nehme ich auf meine Kappe.
Es war nicht meine einzige Gitarre, und es gab zu der Zeit Dinge die wichtiger waren.

little-feat schrieb:
Wenig Zeit hin oder her, in dem Laden wäre ich persönlich aufgetaucht, unangemeldet und hätte Aufklärung verlangt. Und ich hätte das Instrument sehen wollen, sofort!
Der Gitarrenbauer nimmt die Reparaturaufträge im dem Laden an, die eigentliche Werkstatt ist nicht im Laden, sondern ein paar km weiter. Wo weiß ich nicht.
Der Laden war kurz vorher in diese neuen Räumlichkeiten umgezogen.

nichtdiemama schrieb:
...schriftlich...Anwalt (die Kosten trägt selbstredend der Pfuscher aka "Handwerker").
Die Rechtslage ist nicht so eindeutig wie der Bauch sagt.

Ganz kurze Zusammenfassung:

- Ein wirklich wasserdichter Werkvertrag hätte den Umfang von drei Ausgaben Gitarre&Bass gehabt - nicht praktikabel.
- Der Handwerker kann zunächst alleine entscheiden, ob er nachbessert oder Schadensersatz leistet.
- Kosten für Rechtsberatung trägt der Geschädigte.

------------

Wie gesagt, die lange Wartezeit kreide ich dem Handwerker nicht an.

Ich sehe es so:

Bei seinem Talent hätte er die Gitarre auch in drei Wochen komplett verhunzt.



Was mich heute wundert und damals ärgerte war der Umgang mit den Schaden.

Nach dem "Unfall" war mächtig Druck auf der Pipeline, es gab klare zeitliche Vorstellungen, juristische Schritte wurden unmissverständlich angedroht.

Mit dem Geschäftsführer habe ich eine Dreiviertelstunde verhandelt.

Ich bin danach wöchentlich in dem Laden aufgeschlagen, jedes Mal tat er so als kennt er mich nicht.
"Was kann ich fĂĽr Sie tun? Sie haben einen Verkaufsauftrag? Wie ist denn Auftragsnummer? Ham sie nicht? Wie heiĂźen sie denn?" - sucht minutenlang in mehreren Ordnern - "Ach ja...das war der besondere Fall..."
Und das jede Woche wieder.

Ich bin noch nie auf soviel Dickfälligkeit und Chuzpe gestoßen.

An dem Tag, an dem ich schlieĂźlich die Gitarre wie vereinbart abholen wollte, haben die noch 10 Minuten auf mich eingeredet.
Das Gespräch war laut und intensiv. Man konnte es im ganzen Laden hören, und der Laden ist geschätzte 300 qm groß.

Ich fing mitten im Gespräch an die Deko auf dem Tresen bei Seite zu räumen und war bereits halb auf den Tresen geklettert, da hielten sie irgendwann den Rand und rückten endlich die Gitarre raus...

Das Schauspiel fand vor mehreren anwesenden Kunden statt, das war dem Laden egal...

Der Hammer war fĂĽr mich der Sticker mit dem Verkaufspreis.
Die sollten die Gitarre fĂĽr EUR 1.750 fĂĽr mich verkaufen, versucht haben sie es mit EUR 2.190.
Die Differenz hätte ich nie gesehen.


Es ist ein bekannter Laden, den Warenbestand würde ich auf einen hohen sechsstelligen Betrag schätzen. Teure Sachen. Alte, seltene Sachen.
Diese PRS läuft bei denen als mittleres Preissegment durch.
Da hätte ich sowas nicht erwartet, ist ja schließlich keine Tabledance-Bar.


Ausgleichende Gerechtigkeit:
Während der langen Warterei lief mir eine andere Singlecut über den Weg.
Ich machte das Paket auf, sah sie und fĂĽhlte sofort, die ist es - "Hey Baby, wo warst du all die Jahre..." :cool:

GruĂź,
 
little-feat schrieb:
Und wenn ich Argumente höre wie….“es ist zu kalt zum Lackieren“ (in der Werkstatt gibt es also keine Heizung und der Betrieb steht im Winter still)…..dann frage ich doch – sagt mal, für wie blöd haltet ihr mich?

Das ist 'ne Einladung, Tom.
Lackierer arbeiten in Lackierkabinen. In diesen werkeln die vorgeschriebenen Absauganlagen, damit der Lackierer sich nicht vollends mit dem Lackiernebel vergiftet. Diese Anlagen haben ein nicht nur unerhebliches Leistungsvermögen.
Wo Luft abgesaugt wird, muss neue Luft zugefĂĽhrt werden, in aller Regel von auĂźen. D.h., es wird bei Frost kalte Luft eingefĂĽhrt.
Und Lacke lassen sich eben bei niedrigen Temperaturen nicht verarbeiten.

Das Argument "zu kalt zum Lackieren" ist - insbesondere bei kleineren Betrieben - nachvollziehbar.
 
Das tut mir echt leid fĂĽr Dich, an solch einen Spezi zu geraten.

Ich vermute mal, als Hamburger, das es sich um den Laden mit dem
PRS Experience Store handelt?

GrĂĽĂźe
sowatt
 
sunburst schrieb:
“Hast du Scheiße am Schuh, hast du Scheiße am Schuh.“ A. Brehme
,


Die Bilder zeigen durchweg dilettantische Arbeit. Völliger Anfänger!
Ich wĂĽrde so etwas ĂĽberhaupt nicht bezahlen und statt dessen anzeigen.
Die Gitarre ist entwertet.
Vorlage beim gerichtlich bestellten Gutachter (z.B. Thomas Launhardt)
Eine fachgerechte Neulackierung (abziehen incl. ) der Gitarre liegt bei etwa € 800.- Die kannst Du einklagen und ich meine, die solltest Du auch bekommen.

Nebenbei - ich kenne keine PRS mit Nito Lackierung.
Normalerweise ist das Polyester Grundierung und PUR Endlack. Vielleicht irre ich auch und sie haben sich was neues einfallen lassen... Tut aber bei all der StĂĽmperei nichts zur Sache.

Noch mal am Rande: Es ist ein wirkliches Drama, dass sich jeder, wirklich JEDER Depp, der einen Hammer halten kann, Gitarrenbauer nennen darf!
Darum ist es gar nicht schlecht, zum "Zupfinstrumentenmacher" zu gehen, auch wenn - nein WEIL das altmodisch ist und wirklich mit dem Handwerk zu tun hat. ;-)
 
W°° schrieb:
Nebenbei - ich kenne keine PRS mit Nito Lackierung.
Normalerweise ist das Polyester Grundierung und PUR Endlack. Vielleicht irre ich auch und sie haben sich was neues einfallen lassen... Tut aber bei all der StĂĽmperei nichts zur Sache.
Nur zur Info, W°°,
eben diese 2009 aufgelegte limitierte Serie ist mit Nitro lackiert worden.
 
sowatt schrieb:
Das tut mir echt leid fĂĽr Dich, an solch einen Spezi zu geraten.

Ich vermute mal, als Hamburger, das es sich um den Laden mit dem
PRS Experience Store handelt?

GrĂĽĂźe
sowatt
In dem Text selber sind weder Namen noch Orte genannt.
Spekulationen hierzu kann ich weder bestätigen noch dementieren.

W°° schrieb:
Die Bilder zeigen durchweg dilettantische Arbeit. Völliger Anfänger!
Ich wĂĽrde so etwas ĂĽberhaupt nicht bezahlen und statt dessen anzeigen.
Die Gitarre ist entwertet.
Vorlage beim gerichtlich bestellten Gutachter (z.B. Thomas Launhardt)
Eine fachgerechte Neulackierung (abziehen incl. ) der Gitarre liegt bei etwa € 800.- Die kannst Du einklagen und ich meine, die solltest Du auch bekommen.
Der Laden hat kurz vor der Klage die Gitarre gekauft.

Der Begriff "entwertet" passt gut.

W°° schrieb:
Noch mal am Rande: Es ist ein wirkliches Drama, dass sich jeder, wirklich JEDER Depp, der einen Hammer halten kann, Gitarrenbauer nennen darf!
Darum ist es gar nicht schlecht, zum "Zupfinstrumentenmacher" zu gehen, auch wenn - nein WEIL das altmodisch ist und wirklich mit dem Handwerk zu tun hat. ;-)
Volle Zustimmung! :dafuer:

GruĂź,
 
Das sagt der Anwalt lass das mal lieber....

Tja, traurig, aber wahr in unserem Rechtssystem: Da ist man schon durch einen anderen nachweislich geschädigt worden, und dann darf man das nicht mal laut aussprechen in der Öffentlichkeit.....


Aber nochmal zum Thema "Anwaltskosten":

Ist dein Anwalt so sicher, dass du sein Honorar nicht auch noch von der Gegenseite zurĂĽckverlangen kannst ??
Ist ja schlieĂźlich auch ein Teil des entstandenen "Schadens" fĂĽr dich....

Du hast ja wohl mit dem Laden selber schon oft genug verhandelt, ohne dass sie eingelenkt haben..... da war es doch notwendig, sich rechtlichen Rat zu holen und den Anwalt aktiv werden zu lassen..... manche Geschäftsleute geben ja erst dann klein bei, wenn man mit dem Anwalt anrückt....

Wenn du vor Gericht geklagt und obsiegt hättest, müsste dir die Gegenseite auch alle notwendigen (Anwalts-) Kosten erstatten !
 
sunburst schrieb:
Der Laden hat kurz vor der Klage die Gitarre gekauft.
Sei froh, dass es auch ohne Klage gelaufen ist.

Voraussetzung einer Schadensersatzklage ist, dass ein nachweisbarer Schaden eingetreten ist.
Deine Gitarre war schon "entwertet", als Du sie gekauft hast. Sie hatte schlieĂźlich einen Schaden. Jetzt beweise mal, dass Dein Kaufpreis ein realer Marktwert war. V

So, und dann weise mal nach, welche Schadenshöhe die verpfuschte Reparatur nach sich zog.

Da kann man trefflich drüber streiten. Am Ende läuft's dann wohlmöglich auf einen Vergleich raus. Und damit ist man je nach Vergleich mehr oder weniger an. den Gerichts- und Anwaltskosten - auch der Gegenseite - beteiligt. Würde mich nicht wundern, wenn Du auf mehr Ausgaben hängen geblieben wärest.
 
Das Hauptrisiko bei einem Prozess wäre gewesen, dass der Richter zwar den Pfusch bestätigt, aber dem Handwerker das Recht zur Nachbesserung einräumt.
Erst wenn ich mit der Nachbesserung auch nicht zufrieden gewesen wäre, hätte ich in einem zweiten Prozess über Schadensersatz streiten können.

GruĂź,
 
sunburst schrieb:
Das Hauptrisiko bei einem Prozess wäre gewesen, dass der Richter zwar den Pfusch bestätigt, aber dem Handwerker das Recht zur Nachbesserung einräumt.
Erst wenn ich mit der Nachbesserung auch nicht zufrieden gewesen wäre, hätte ich in einem zweiten Prozess über Schadensersatz streiten können.

GruĂź,

Wenn der Gutachter zu dem Schluss käme, dass der "Handwerker" wesentliche Teile des Handwerks nicht beherrscht, es also besser nicht kann, erübrigte sich auch die Nachbesserung. Aber man weiß nie, was bei einem Gerichtsurteil heraus kommt.
"Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand..."
Von da her ist es IMMER das KlĂĽgste, wenn man sich diesen Weg erspart. ;-)
 

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