A
Anonymous
Guest
“Hast du Scheiße am Schuh, hast du Scheiße am Schuh.“ A. Brehme
Prolog
In einer Kleinanzeige hatte ich eine Gitarre gefunden, neuwertig, zu einem wirklich günstigen Preis.
Ich habe die Gitarre nur anhand von Fotos gekauft, der Verkäufer war 600 km entfernt.
Und so sah die „neuwertige“ Gitarre aus:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img534/9669/dscf3720z.jpg[/img]
Ein Riss in der Ahorn-Decke also. Knapp 5 cm lang, und am Korpusende gerade so breit, dass ein Blatt Papier reinpasst. Ansonsten war die Gitarre einwandfrei, keine Spielspuren, Bünde wie neu.
Mit dem Verkäufer habe ich eine Preisreduzierung ausgehandelt. Ich wollte die Gitarre behalten als Backup für ein baugleiches Modell.
So ein Riss lässt sich kleben. Die Gitarre hat eine reine Nitrolackierung. Diese lässt sich anders als Polylack prima ausbessern und nachlackieren.
Der Reparatur-Auftrag
Lebt man wie ich in einer Millionenstadt, gibt es zahlreiche Gitarrenbauer zur Auswahl.
Es gibt ein Riesen-Musikgeschäft mit angeschlossener Werkstatt, einige mittelgroße Geschäfte. Außerdem rund ein Dutzend kleiner Gitarrenläden mit Werkstatt, meist Einzelkämpfer.
Nicht jede Werkstatt wollte den Auftrag ausführen.
Die Wahl fiel auf eines dieser mittelgroßen Geschäfte, überschaubar, so eine Hand voll Mitarbeiter.
Der Laden vertreibt u.a. hochwertige Custom-Shop-Gitarren verschiedener US-Hersteller und Boutique-Amps. Die angeschlossene Werkstatt rühmt sich mit langjähriger Erfahrung und Referenzen von prominenten Kunden.
Ich weise den Gitarrenbauer auf die Nitrolackierung hin.
Neben dem Riss soll die Gitarre neue D’Addario-Saiten und ein Setup bekommen.
Als Kosten werden rund EUR 90,00 genannt, wovon EUR 30,00 für das Setup sind. Drei Wochen soll die Reparatur dauern.
Im Auftrag stand in etwa „Riss kleben, 10er EXL, schick machen“.
Es ist Ende September.
Die Zeit rast...
Nach zwei Wochen meldet sich der Gitarrenbauer und sagt, dass die Reparatur 6 Wochen dauern wird. Grund sei, dass der Nitrolack so dünn austrocknet, und wesentlich mehr Schichten benötigt werden.
Das klang für mich plausibel. Es ist nicht meine einzige Gitarre, die Arbeit soll gut werden, insofern war es für mich in Ordnung etwas länger auf die Gitarre zu warten.
Mitte November sollte sie fertig werden.
...und rast...
Die 6 Wochen sind rum, der Gitarrenbauer meldet sich und bittet um weitere 6 Wochen Aufschub. Grund sei nach wie vor der Nitrolack, es müssten weitere Schichten aufgetragen werden.
Etwas verwundert war ich schon. Mittlerweile hatte mich entschlossen, die Gitarre mit dem Riss nach der Reparatur wieder zu verkaufen.
Ich stimmte dem weiteren Aufschub zu.
...und rast...
Es war inzwischen Januar. Es herrschte Frost, 5-10 Grad unter Null.
Statt zu liefern bat der Gitarrenbauer weiter um Aufschub. Diesmal sei es in der Werkstatt zu kalt zum lackieren.
Komische Story, aber ich stimmte zu. Ich war zu der Zeit beruflich sehr stark eingespannt.
...und rast...
Die Gitarrenbauer bat erneut mehrfach um Aufschub, der Lack ist zu dünn, das Wetter zu kalt, der Chef mit seinen eigenen Vintage-Gitarren hat Vorrang, die Musikmesse kam dazwischen, und, und, und.
Eine gründliche Arbeit...oder was ein Handwerker dafür hält
Anfang April sagte ich dem Gitarrenbauer deutlich, dass ich die Gitarre verkaufen möchte und sie bitte schön die Arbeiten zu Ende bringen sollen.
Der Gitarrenbauer versprach, dies zu tun.
In der Zwischenzeit hatte ich um ein Foto der Gitarre gebeten. Seit September hatte ich die Gitarre nicht mehr gesehen. Ich bekam ein Foto aufs Handy. Die Gitarre sah in Ordnung aus.
Nach weiteren 6 Wochen rief ich erneut an. Sie war nicht fertig. Ich wollte die halbfertige Gitarre abholen und die Rest-Arbeiten von einer anderen Werkstatt ausführen zu lassen.
Der Gitarrenbauer bat ein weiteres Mal um Aufschub – 1 Woche.
Ich stimmte zu.
Nach Ablauf der Woche rief ich an, und siehe da, die Gitarre war fertig.
Ich fuhr zu dem Laden, um sie abzuholen.
Der Koffer lag auf einem Tisch hinter dem Tresen, der Gitarrenbauer macht ihn auf, ich sehe meine Gitarre....
...in leuchtendem Orange.
Auch wenn ich sie verkaufen wollte: Es war ein Scheißgefühl, meine Gitarre so zu sehen.
Der Gitarrenbauer hatte sie ohne mich zu fragen in einer anderen Farbe neu lackiert.
Gefragt nach dem Grund, gab der Gitarrenbauer an, die Gitarre habe in der Werkstatt einen Kratzer auf der Decke bekommen. Deshalb habe er sie neu lackiert.
Bei der Gelegenheit beichtete er mir noch, dass er bei der abschließenden Politur auf der Korpusrückseite den Lack an zwei Stellen bis auf das blanke Holz durchpoliert hat.
Der erste Versuch einer Klärung
Ich fragte den Gitarrenbauer, ob er versichert sei. Er verneinte, es gebe solche Versicherungen nicht. Er habe mal eine 58er Les Paul im Wert von EUR 180.000 in der Werkstatt gehabt. Da sei er ganz schön ins Schwitzen gekommen.
Die Gitarre sollte ja verkauft werden. Ich einigte mich mit dem Gitarrenbauer, dass ich die Gitarre bestmöglich verkaufe und er mir die Differenz zu meinem Kaufpreis ersetzt. Ich hatte EUR 1.750 für die Gitarre bezahlt. Gebrauchtpreise für einwandfreie PRS Sunburst 245 liegen bei ca. EUR 2.300.
Maximal wollte er EUR 300 ersetzen.
Vom Gitarrenbauer verlangte ich eine schriftliche Bestätigung der Vereinbarung. Die kam nach 2 Tagen per email.
Schadensaufnahme
Zu Hause konnte ich mir die Gitarre genauer ansehen.
Wie bereits gesagt entsprach die Farbe nicht der Original-Lackierung.
Hier zum Vergleich beide Sunburst 245. Burst Lackierungen sind schwer zu fotografieren. Bei Tageslicht sieht die originale Gitarre wie das Gibson Honey Burst aus. Die nachlackierte Gitarre hat bei Tageslicht ein knalliges Orange mit Cherry Burst.
Links eine Unversehrte, rechts die Misshandelte, sie hatten mal beide die gleiche Farbe aus:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img827/452/dscf4290m.jpg[/img]
Neben der Farbabweichung wies die Gitarre auch handwerkliche Mängel auf.
Der Lack war wesentlich dicker als die alte Lackierung. Die Gitarre hatte mehr diesen Hochglanz-Plexiglas-Look. Optik und Haptik erinnerten an asiatische Massenware.
Am Cutaway war eine deutliche Kante zwischen alten und neuen Lack zu sehen. Wenn man Nitro auf Nitro lackiert, löst normalerweise der neue Lack die alte Farbe an und verläuft mit der alten Farbe. Die sichtbare Kante deutet darauf hin, dass eventuell kein Nitrolack verwendet wurde.
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img248/9486/dscf4514v.jpg[/img]
Die vier Potis sind anders als bei Gibson Les Pauls versenkt eingebaut. Für eine Burstlackierung müssen diese Versenkungen abgeklebt werden, sonst entsteht rund um die Potis ein dunkler Rand.
Hier wurden die Versenkungen nicht abgeklebt. Auf dem Foto sind keine Schatten zu sehen, sondern rote Farbe von der Burst Lackierung.
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img341/6388/dscf4585j.jpg[/img]
Schließlich hatte der Stegtonabnehmer in der Nickelkappe eine Beule. Dies muss beim Ein- und Ausbau entstanden sein.
Der zweite Versuch einer Klärung
Nach einer Woche hatte ich mehrere Interessenten für die Gitarre. Das beste Gebot lag bei EUR 1.400.
Der Gitarrenbauer sagt mir jedoch, dass er mehr als EUR 300 nicht zahlen kann, und im Moment habe er eh kein Geld.
Er fragte stattdessen ernsthaft, ob er die Differenz durch weitere kostenlose Reparaturaufträge ausgleichen könne.
Meine Interessenten springen leider alle ab.
Ich mache einen Termin mit dem Inhaber und Geschäftsführer des Ladens aus. Es stellt sich heraus, dass der Geschäftsführer weder von der überlangen Reparatur noch dem Schadensfall wusste.
Der Gitarrenbauer ist auch bei dem Termin anwesend. Er macht mir Vorwürfe, dass er meinetwegen Ärger mit dem Chef habe.
Der Geschäftsführer bietet zunächst an, dass die Gitarre noch einmal, und diesmal nach meinen Vorstellungen lackiert werden könne.
Ich lehne ab und verweise auf die Vereinbarung mit dem Gitarrenbauer.
Der Geschäftsführer bietet an, sich um den Verkauf der Gitarre zu kümmern und mir einen Mindestpreis von EUR 1.750 zu garantieren.
Bringt die Gitarre weniger, geht es zu seinen Lasten.
Er habe eine große Kundenkartei, und in der Folgewoche veranstalte er eine Hausmesse.
Eine Entschuldigung gibt es nicht.
Die Gitarre blieb im Laden.
Es ist Ende Mai. Sieben Monate sind seit Auftragserteilung vergangen.
Die Eskalation
In der Folge frage ich jede Woche persönlich im Laden nach dem Stand der Dinge.
Und jedes Mal werde ich gefragt wie ich heiße, wie meine Kundennummer lautet und was ich überhaupt will.
Ende Juni fordere ich den Laden das erste Mal auf, die Gitarre selbst aufzukaufen. Der Laden lehnt ab.
Ende Juli stelle ich den Geschäftsführer erneut zur Rede. Auch diesmal fragte er wer ich bin und was ich will.
Es kommt raus, dass er nicht einen Interessenten für die Gitarre hatte, und sich auch nicht aktiv um den Verkauf bemüht hat.
Die Gitarre hing in der Auslage. Ich fordere den Laden auf, die Gitarre für den nächsten Tag zur Abholung fertig zu machen und drohe rechtliche Konsequenzen an.
Am nächsten Tag will ich die Gitarre abholen.
Geschäftsführer und Gitarrenbauer weigern sich zunächst mir die Gitarre auszuhändigen. Sie wollen noch einmal „mit mir reden.“
Erst als ich Anstalten mache über den Tresen zu steigen, um mir die Gitarre zu holen, rücken sie die Gitarre raus.
Als ich zum Auto gehe fällt mir ein Sticker auf dem Koffer auf:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img33/52/dscf4494e.jpg[/img]
Ein Preisschild, EUR 2.190 steht drauf. Kein Wunder, dass niemand die Gitarre gekauft hat. Zur Erinnerung: EUR 1.750 waren vereinbart.
Ich gehe nochmal in den Laden zurück. Eine schlüssige Erklärung warum der deutlich höhere Preis ausgewiesen ist erhalte ich nicht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
Finale
Der Anwalt setzt eine Frist und droht mit Klage. Kurz vor Fristablauf kauft der Laden die Gitarre für EUR 1.750 plus einen 10er-Pack Gitarrensaiten.
10 Monate sind vergangen.
Auf den Anwaltskosten bleibe ich sitzen.
---------------------------------------
So lief mein erster Auftrag an einen Gitarrenbauer ab.
Ich war damals noch nicht in diesem Forum angemeldet.
Mich ärgerte weniger der Fehler an sich, als die Art und Weise, wie mit dem Fehler umgegangen wurde.
Irgendwie hatte die Gitarre von Anfang an ein schlechtes Karma...
Gruß,
Prolog
In einer Kleinanzeige hatte ich eine Gitarre gefunden, neuwertig, zu einem wirklich günstigen Preis.
Ich habe die Gitarre nur anhand von Fotos gekauft, der Verkäufer war 600 km entfernt.
Und so sah die „neuwertige“ Gitarre aus:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img534/9669/dscf3720z.jpg[/img]
Ein Riss in der Ahorn-Decke also. Knapp 5 cm lang, und am Korpusende gerade so breit, dass ein Blatt Papier reinpasst. Ansonsten war die Gitarre einwandfrei, keine Spielspuren, Bünde wie neu.
Mit dem Verkäufer habe ich eine Preisreduzierung ausgehandelt. Ich wollte die Gitarre behalten als Backup für ein baugleiches Modell.
So ein Riss lässt sich kleben. Die Gitarre hat eine reine Nitrolackierung. Diese lässt sich anders als Polylack prima ausbessern und nachlackieren.
Der Reparatur-Auftrag
Lebt man wie ich in einer Millionenstadt, gibt es zahlreiche Gitarrenbauer zur Auswahl.
Es gibt ein Riesen-Musikgeschäft mit angeschlossener Werkstatt, einige mittelgroße Geschäfte. Außerdem rund ein Dutzend kleiner Gitarrenläden mit Werkstatt, meist Einzelkämpfer.
Nicht jede Werkstatt wollte den Auftrag ausführen.
Die Wahl fiel auf eines dieser mittelgroßen Geschäfte, überschaubar, so eine Hand voll Mitarbeiter.
Der Laden vertreibt u.a. hochwertige Custom-Shop-Gitarren verschiedener US-Hersteller und Boutique-Amps. Die angeschlossene Werkstatt rühmt sich mit langjähriger Erfahrung und Referenzen von prominenten Kunden.
Ich weise den Gitarrenbauer auf die Nitrolackierung hin.
Neben dem Riss soll die Gitarre neue D’Addario-Saiten und ein Setup bekommen.
Als Kosten werden rund EUR 90,00 genannt, wovon EUR 30,00 für das Setup sind. Drei Wochen soll die Reparatur dauern.
Im Auftrag stand in etwa „Riss kleben, 10er EXL, schick machen“.
Es ist Ende September.
Die Zeit rast...
Nach zwei Wochen meldet sich der Gitarrenbauer und sagt, dass die Reparatur 6 Wochen dauern wird. Grund sei, dass der Nitrolack so dünn austrocknet, und wesentlich mehr Schichten benötigt werden.
Das klang für mich plausibel. Es ist nicht meine einzige Gitarre, die Arbeit soll gut werden, insofern war es für mich in Ordnung etwas länger auf die Gitarre zu warten.
Mitte November sollte sie fertig werden.
...und rast...
Die 6 Wochen sind rum, der Gitarrenbauer meldet sich und bittet um weitere 6 Wochen Aufschub. Grund sei nach wie vor der Nitrolack, es müssten weitere Schichten aufgetragen werden.
Etwas verwundert war ich schon. Mittlerweile hatte mich entschlossen, die Gitarre mit dem Riss nach der Reparatur wieder zu verkaufen.
Ich stimmte dem weiteren Aufschub zu.
...und rast...
Es war inzwischen Januar. Es herrschte Frost, 5-10 Grad unter Null.
Statt zu liefern bat der Gitarrenbauer weiter um Aufschub. Diesmal sei es in der Werkstatt zu kalt zum lackieren.
Komische Story, aber ich stimmte zu. Ich war zu der Zeit beruflich sehr stark eingespannt.
...und rast...
Die Gitarrenbauer bat erneut mehrfach um Aufschub, der Lack ist zu dünn, das Wetter zu kalt, der Chef mit seinen eigenen Vintage-Gitarren hat Vorrang, die Musikmesse kam dazwischen, und, und, und.
Eine gründliche Arbeit...oder was ein Handwerker dafür hält
Anfang April sagte ich dem Gitarrenbauer deutlich, dass ich die Gitarre verkaufen möchte und sie bitte schön die Arbeiten zu Ende bringen sollen.
Der Gitarrenbauer versprach, dies zu tun.
In der Zwischenzeit hatte ich um ein Foto der Gitarre gebeten. Seit September hatte ich die Gitarre nicht mehr gesehen. Ich bekam ein Foto aufs Handy. Die Gitarre sah in Ordnung aus.
Nach weiteren 6 Wochen rief ich erneut an. Sie war nicht fertig. Ich wollte die halbfertige Gitarre abholen und die Rest-Arbeiten von einer anderen Werkstatt ausführen zu lassen.
Der Gitarrenbauer bat ein weiteres Mal um Aufschub – 1 Woche.
Ich stimmte zu.
Nach Ablauf der Woche rief ich an, und siehe da, die Gitarre war fertig.
Ich fuhr zu dem Laden, um sie abzuholen.
Der Koffer lag auf einem Tisch hinter dem Tresen, der Gitarrenbauer macht ihn auf, ich sehe meine Gitarre....
...in leuchtendem Orange.
Auch wenn ich sie verkaufen wollte: Es war ein Scheißgefühl, meine Gitarre so zu sehen.
Der Gitarrenbauer hatte sie ohne mich zu fragen in einer anderen Farbe neu lackiert.
Gefragt nach dem Grund, gab der Gitarrenbauer an, die Gitarre habe in der Werkstatt einen Kratzer auf der Decke bekommen. Deshalb habe er sie neu lackiert.
Bei der Gelegenheit beichtete er mir noch, dass er bei der abschließenden Politur auf der Korpusrückseite den Lack an zwei Stellen bis auf das blanke Holz durchpoliert hat.
Der erste Versuch einer Klärung
Ich fragte den Gitarrenbauer, ob er versichert sei. Er verneinte, es gebe solche Versicherungen nicht. Er habe mal eine 58er Les Paul im Wert von EUR 180.000 in der Werkstatt gehabt. Da sei er ganz schön ins Schwitzen gekommen.
Die Gitarre sollte ja verkauft werden. Ich einigte mich mit dem Gitarrenbauer, dass ich die Gitarre bestmöglich verkaufe und er mir die Differenz zu meinem Kaufpreis ersetzt. Ich hatte EUR 1.750 für die Gitarre bezahlt. Gebrauchtpreise für einwandfreie PRS Sunburst 245 liegen bei ca. EUR 2.300.
Maximal wollte er EUR 300 ersetzen.
Vom Gitarrenbauer verlangte ich eine schriftliche Bestätigung der Vereinbarung. Die kam nach 2 Tagen per email.
Schadensaufnahme
Zu Hause konnte ich mir die Gitarre genauer ansehen.
Wie bereits gesagt entsprach die Farbe nicht der Original-Lackierung.
Hier zum Vergleich beide Sunburst 245. Burst Lackierungen sind schwer zu fotografieren. Bei Tageslicht sieht die originale Gitarre wie das Gibson Honey Burst aus. Die nachlackierte Gitarre hat bei Tageslicht ein knalliges Orange mit Cherry Burst.
Links eine Unversehrte, rechts die Misshandelte, sie hatten mal beide die gleiche Farbe aus:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img827/452/dscf4290m.jpg[/img]
Neben der Farbabweichung wies die Gitarre auch handwerkliche Mängel auf.
Der Lack war wesentlich dicker als die alte Lackierung. Die Gitarre hatte mehr diesen Hochglanz-Plexiglas-Look. Optik und Haptik erinnerten an asiatische Massenware.
Am Cutaway war eine deutliche Kante zwischen alten und neuen Lack zu sehen. Wenn man Nitro auf Nitro lackiert, löst normalerweise der neue Lack die alte Farbe an und verläuft mit der alten Farbe. Die sichtbare Kante deutet darauf hin, dass eventuell kein Nitrolack verwendet wurde.
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img248/9486/dscf4514v.jpg[/img]
Die vier Potis sind anders als bei Gibson Les Pauls versenkt eingebaut. Für eine Burstlackierung müssen diese Versenkungen abgeklebt werden, sonst entsteht rund um die Potis ein dunkler Rand.
Hier wurden die Versenkungen nicht abgeklebt. Auf dem Foto sind keine Schatten zu sehen, sondern rote Farbe von der Burst Lackierung.
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img341/6388/dscf4585j.jpg[/img]
Schließlich hatte der Stegtonabnehmer in der Nickelkappe eine Beule. Dies muss beim Ein- und Ausbau entstanden sein.
Der zweite Versuch einer Klärung
Nach einer Woche hatte ich mehrere Interessenten für die Gitarre. Das beste Gebot lag bei EUR 1.400.
Der Gitarrenbauer sagt mir jedoch, dass er mehr als EUR 300 nicht zahlen kann, und im Moment habe er eh kein Geld.
Er fragte stattdessen ernsthaft, ob er die Differenz durch weitere kostenlose Reparaturaufträge ausgleichen könne.
Meine Interessenten springen leider alle ab.
Ich mache einen Termin mit dem Inhaber und Geschäftsführer des Ladens aus. Es stellt sich heraus, dass der Geschäftsführer weder von der überlangen Reparatur noch dem Schadensfall wusste.
Der Gitarrenbauer ist auch bei dem Termin anwesend. Er macht mir Vorwürfe, dass er meinetwegen Ärger mit dem Chef habe.
Der Geschäftsführer bietet zunächst an, dass die Gitarre noch einmal, und diesmal nach meinen Vorstellungen lackiert werden könne.
Ich lehne ab und verweise auf die Vereinbarung mit dem Gitarrenbauer.
Der Geschäftsführer bietet an, sich um den Verkauf der Gitarre zu kümmern und mir einen Mindestpreis von EUR 1.750 zu garantieren.
Bringt die Gitarre weniger, geht es zu seinen Lasten.
Er habe eine große Kundenkartei, und in der Folgewoche veranstalte er eine Hausmesse.
Eine Entschuldigung gibt es nicht.
Die Gitarre blieb im Laden.
Es ist Ende Mai. Sieben Monate sind seit Auftragserteilung vergangen.
Die Eskalation
In der Folge frage ich jede Woche persönlich im Laden nach dem Stand der Dinge.
Und jedes Mal werde ich gefragt wie ich heiße, wie meine Kundennummer lautet und was ich überhaupt will.
Ende Juni fordere ich den Laden das erste Mal auf, die Gitarre selbst aufzukaufen. Der Laden lehnt ab.
Ende Juli stelle ich den Geschäftsführer erneut zur Rede. Auch diesmal fragte er wer ich bin und was ich will.
Es kommt raus, dass er nicht einen Interessenten für die Gitarre hatte, und sich auch nicht aktiv um den Verkauf bemüht hat.
Die Gitarre hing in der Auslage. Ich fordere den Laden auf, die Gitarre für den nächsten Tag zur Abholung fertig zu machen und drohe rechtliche Konsequenzen an.
Am nächsten Tag will ich die Gitarre abholen.
Geschäftsführer und Gitarrenbauer weigern sich zunächst mir die Gitarre auszuhändigen. Sie wollen noch einmal „mit mir reden.“
Erst als ich Anstalten mache über den Tresen zu steigen, um mir die Gitarre zu holen, rücken sie die Gitarre raus.
Als ich zum Auto gehe fällt mir ein Sticker auf dem Koffer auf:
[img:640x480]http://imageshack.us/a/img33/52/dscf4494e.jpg[/img]
Ein Preisschild, EUR 2.190 steht drauf. Kein Wunder, dass niemand die Gitarre gekauft hat. Zur Erinnerung: EUR 1.750 waren vereinbart.
Ich gehe nochmal in den Laden zurück. Eine schlüssige Erklärung warum der deutlich höhere Preis ausgewiesen ist erhalte ich nicht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
Finale
Der Anwalt setzt eine Frist und droht mit Klage. Kurz vor Fristablauf kauft der Laden die Gitarre für EUR 1.750 plus einen 10er-Pack Gitarrensaiten.
10 Monate sind vergangen.
Auf den Anwaltskosten bleibe ich sitzen.
---------------------------------------
So lief mein erster Auftrag an einen Gitarrenbauer ab.
Ich war damals noch nicht in diesem Forum angemeldet.
Mich ärgerte weniger der Fehler an sich, als die Art und Weise, wie mit dem Fehler umgegangen wurde.
Irgendwie hatte die Gitarre von Anfang an ein schlechtes Karma...
Gruß,