Marcello":32jyh58d schrieb:
Ballerspiele sind ein Symptom, nicht der Verursacher solcher GAUs.
Danke, der Satz sagt eigentlich alles notwendige aus.
Es wundert mich nicht, dass ausgerechnet Edmund Stoiber, ein Mann, der sich meiner Ansicht nach nie mit den Spielen, geschweige denn der Szene drumherum, auseinandergesetzt hat.
Wie wäre es mal mit einem Vergleich? Ich habe gerade mal einen schnellen Blick über die aktuellen Spielecharts geworfen; auf Platz drei steht "Need for Speed Carbon" - ein Spiel, bei dem man mit "gepimpten" Autos zu Zeilgruppengerechter Musik wie ein begaster durch die Stadt heizt.
Ich behaupte einfach mal, dass die Hemmschwelle, dem Credo dieses Spiels zu folgen, sowohl materiell als auch psychologisch um ein vielfaches niedriger angesiedelt ist, als sich eine Waffe und Sprengkörper zu besorgen und das Feld der Mitmenschen zu lichten.
Demzufolge müsste die Anzahl der Verkehrsunfälle bei irren Rennen durch die volle Innenstadt um ein Vielfaches höher sein, als Vorfälle wie in Emsdetten.
Gut, es wird nicht allzu leicht sein, diese Unfälle aus denen herauszufiltern, die durch nichtspielende Vollgasheinis verursacht werden - aber dies soll auch keine empirische Studie werden, sondern einfach auf die Frage hinauslaufen, ob jemand angesichts der unzähligen Verkehrstoten in Deutschland jemals lauthals gefordert hat, Rennspiele zu verbieten. Nein? Warum nicht? Nicht populistisch genug?
Bei näherem Nachdenken fällt es mir übrigens etwas schwer, einen
direkten Zusammenhang zwischen Ballerspielen und den Amokläufen in Columbine und Emsdetten zu sehen; denn die (zumindest mir bekannten) Spiele erfordern Teamgeist, Taktik und Kooperation; mit wildem Geballere kommt man da nicht weit. Ebenso sind die Gegner in diesem Spielgenre ebenbürtig, d.h. ebenfalls bewaffnet. Dass man dort im Alleingang eine Horde unbewaffneter und unbeteiligter Personen auslöscht, wäre mir neu.
Natürlich sollte man den psychologischen Einfluss solcher Spiele nicht
generell verharmlosen; während es dem einen Menschen dem Stressabbau dient, wird ein anderer mit einem entsprechenden mentalen "presetting" wohl noch mehr anheizen. Ein generelles Verbot ist in meinen Augen aber ebenso unsinnig, denn diese Parameter treffen auch auf andere Bereiche zu.
Beispiel Musik: erst neulich wurde in einer medizinisch-psychologischen Studie festgestellt, dass ein harter Techno-Beat manchen Menschen den Blutdruck hochtreibt, für andere (vorzugsweise Fans dieses Genres) aber sogar beruhigende Wirkung hat. Allein schon dieses Beispiel zeigt, dass die menschliche Psyche viel zu komplex für Verallgemeinerungen ist.
Um auf unseren Edmund zurückzukommen: hätte er ein wenig mehr Einsicht in die Materie, würde er einsehen (müssen), dass ein Verbot auf digitales Gut nur wenig Wirkung hat; wer die Spiele haben
will, wird auch in Zukunft indizierte Ware ohne größere Probleme übers Internet, private Kopien etc. bekommen.
Es verhält sich dann wie einst zur Zeit der Prohibition: der Reiz des Verbotenen steigt, die Ware kommt im halbdunklen Bereich zum Kunden - nur muss sich dafür keiner mehr zum Schnapsbrennen in den Hinterhof verkriechen.
Zu guter Letzt finde ich es als Softwareentwickler natürlich schade, dass solch hohe Ingenieurleistungen in einem möglichst wirklichkeitsgetreuen virtuellen Ableben der Gegenspieler verbraten wird; da schätze ich doch eher die perfekte Umsetzung der physikalischen Gesetze in einer F1-Simulation.
EDIT:
Marcello":32jyh58d schrieb:
Erinnerst du dich noch an den Mann, der während der WM in die Menschenmenge bei einem Public Viewing gefahren ist? Es gibt auch Computerspiele, u.a. das von dir genannte GTA, wo es Ziel ist mit dem Auto virtuell Leute zu mördern. Würde man die Beziehung Amokläufe-Computerspiele monokausal führen, so könnte man auch diese Amokfahrt darauf zurückführen. Die Frage ist doch einfach:" Ist wirklich nur dieser eine Grund Auslöser der Tat?"
Mööönsch, ist hier viel passiert, während ich eine Antwort schrieb