Profimusik im Prekariat

Lowbudget schrieb:
muelrich schrieb:
Aber was sind einen Handvoll Opengänger denn für ne Lobby im Vergleich zu Millionen DFB-Mitgliedern bzw Hobby-Bundestrainern.

Leider sind diese Handvoll Operngänger der Macht- und Geldadel unserer Gesellschaft. Mich kotzt es an, dass mit den Steuern auf Konzertkarten die ich zwangsweise entrichten muss, klassische Musikveranstaltungen hochgradig subventioniert werden, damit diese Handvoll ihre Pelzmäntelchen gelangweilt zur Schau stellen kann.

Vielleicht trifft Deine Beschreibung auf Bayreuth zu, auf das Anhaltische Theater in Dessau ganz gewiss nicht.
 
Lowbudget schrieb:
muelrich schrieb:
Aber was sind einen Handvoll Opengänger denn für ne Lobby im Vergleich zu Millionen DFB-Mitgliedern bzw Hobby-Bundestrainern.

Leider sind diese Handvoll Operngänger der Macht- und Geldadel unserer Gesellschaft. Mich kotzt es an, dass mit den Steuern auf Konzertkarten die ich zwangsweise entrichten muss, klassische Musikveranstaltungen hochgradig subventioniert werden, damit diese Handvoll ihre Pelzmäntelchen gelangweilt zur Schau stellen kann.

Man kann zur Klassik stehen wie man will (sie ist auch die Basis all unserer geliebten Popularmusik) aber einen Klassenkampf draus zu machen hat hier keinen Platz! NACHDENKEN BITTE!
 
Lowbudget schrieb:
Mich kotzt es an, dass mit den Steuern auf Konzertkarten die ich zwangsweise entrichten muss, klassische Musikveranstaltungen hochgradig subventioniert werden, damit diese Handvoll ihre Pelzmäntelchen gelangweilt zur Schau stellen kann.

Schwaches, rhetorisch überladenes Gebrabbel.

Diese Subventionen finden statt, damit normale Bürger in die Oper oder ins Theater gehen könnten.

Es ist bezuschusste Bewahrung von und Zugangserleichterung zu Kunst und Kultur im Bildungs- und Kulturauftrag des Staates.

Da kann der Staat nichts für, dass der normale Bürger lieber RTL II schaut und zum Fussball geht. Aber es bliebe ihm die Möglichkeit erhalten, ins Theater oder ins Konzert zu gehen.

Aber wer an Theater denkt und dann gleich über Pelzmäntel und Geldadel seine Galle ausbreiten muss, war sowieso schon lange nicht mehr selber dort.

Man könnte ja mal wieder hingehen. Die sind erstaunlich nett dort, auch gegenüber jungen Leuten ohne Pelzmäntel. Die freuen sich.

Vielleicht erweitert man ja seinen Horizont etwas. Das ist doch eigentlich als Prinzip geil, oder? Dass der Staat versucht - zumindest versucht - seinen Bürgern die eigene Horizonterweiterung zu ermöglichen. Ob der das immer gut macht, ist was anderes. Aber ich finde es toll, dass ein Staat sowas als seine Aufgabe betrachtet.
 
gitarrenruebe schrieb:
So, hab nun nen Termin mit der örtlichen Musikschule:
Die bekommen von mir Restbestände (2 Klavierbänke, 2 Drumhocker, eine Riesenkiste Gitarrenständer) vom Laden geschenkt,
weil a) der Verkauf nur Minimalbeträge bringt, und B) denen gerade wg akuter Geldnot
im Haushalt der Hahn abgedreht wird, man freut sich über jede Unterstützung.

:top:
 
Hi groby,

groby schrieb:
Interessant finde ich das "Schön doof wenn sie sich den Beruf doch auch noch augesucht haben"-Argument. Das ist frech und dumm.

Das sehe ich wirklich anders.

Wer eine Ausbildung und/oder Studium anstrebt, erkundigt sich bestenfalls, was dabei wirklich passiert und vielleicht noch über die Job- und Verdienstchancen.

Erfahrungsgemäß verändern sich aber Situationen und Strukturen. Berufe sterben aus, Stellen werden nicht mehr gebraucht und abgebaut - dafür entstehen neue Dinge auf dem Arbeitsmarkt.

Mein Großvater war Stellmacher. Das bedeutet, dass er Holzfässer und Räder für Kutschen herstellte. Kurz vor Ende seines Berufslebens musste er seine Werkstatt schließen. Die Nachfrage nach Kutschenrädern war zusammengebrochen und Fässer waren auch nicht mehr immer aus Holz.

Der größte Baufinanzierer Deutschlands ist das BHW gewesen. Das BHW war der größte Arbeitgeber in dem kleinen Ort Hameln. Es arbeiteten dort rund 3.000 Menschen, die überdurchschnittlich gut verdienten und extrem hohe soziale Vergünstigungen genossen. Jahrzehntelang haben Menschen dort ihren Berufsweg angefangen und auch beendet - das war ein sicherer Arbeitgeber. Bedingt durch die Kaufkraft dieser Menschen florierte in Hameln übrigens auch der Einzelhandel, die Gastronomie etc.

Die Postbank hat das BHW gekauft - diejenigen, die die überdurchschnittliche Vergütung und die vielen "Goodies" genossen hatten und vorher davon ausgingen, dass das bis zur (sehr frühen und üppigen) Rente so weitergehen würden, waren sehr verwundert.

In Hameln war die Schadenfreude nicht gering, die BHW-isten waren nicht allzu beliebt (derartige Häme gegen Banker wird sich hier im Forum gleich spiegeln). Als sie allerdings weniger konsumierten, dann ihre Häuser verkauften (wodurch die Preise für Immobilien im Landkreis einbrachen) und schließlich wegzogen, gab es in der Region echte Probleme.

Es gab übrigens früher tatsächlich noch Plattenläden, die AUSGEBILDET haben. Für die Jüngeren hier: Ich rede von den großen schwarzen Scheiben...

Ein paar Beispiele von ganz vielen.

"Schön doof" zu sagen, ist dumm und frech, da stimme ich zu. Aber Garantien für Sicherheit und Verdienst gibt dir keiner.

Natürlich muss Kultur gefördert werden - fraglich ist, auf welche Weise. Das wäre eine weitere Diskussion wert.

Wenn aber überhaupt noch öffentlich Musikunterricht gefördert wird, werden sich die entsprechenden Träger am Arbeitsmarkt bedienen - und da ist die Konkurrenz so groß, dass die Preise, sprich die Löhne im Keller sind.

So sehe ich die Welt. Das bedeutet im übrigen nicht, dass ich das so gut finde.

Gruß

erniecaster
 
Ich denke, wer als Musiker fachlich gut, flexibel, belastbar und wirtschaftlich (mit-)denkend ist (Eigenschaften, die auf die meisten Stellen zutreffen) , wird von der Musik vernünftig leben können.
Da muss man auch mal den Wohnort oder das Land, das Instrument oder die Musikrichtung ändern, um die Nische zu finden, in der man Platz hat.
Man muss auch mal durch Zeiten gehen, in denen man 70 Stunden die Woche arbeitet oder in denen man wenig verdient.
Das müssen/mussten die meisten berufstätigen Menschen.

Sein Standing und sein Auskommen sollte man aber spätestens mit Mitte 30 gefunden haben. Danach wird es doch sehr unwahrscheinlich, daß es noch klappt.
Wenn es als Berufsmusiker bis dahin nicht gereicht hat, sollte man schnell noch umsatteln, da eine zweite Berufsausbildung dann noch gerade nicht zu spät ist.

Meine Erfahrung/Meinung.
 
erniecaster schrieb:
....
Natürlich muss Kultur gefördert werden - fraglich ist, auf welche Weise. Das wäre eine weitere Diskussion wert.

....

Gruß

erniecaster

Genau DAS interessiert mich!!

uwich schrieb:
Ich denke, wer als Musiker fachlich gut, flexibel, belastbar und wirtschaftlich (mit-)denkend ist (Eigenschaften, die auf die meisten Stellen zutreffen) , wird von der Musik vernünftig leben können.
Da muss man auch mal den Wohnort oder das Land, das Instrument oder die Musikrichtung ändern, um die Nische zu finden, in der man Platz hat.
Man muss auch mal durch Zeiten gehen, in denen man 70 Stunden die Woche arbeitet oder in denen man wenig verdient.
Das müssen/mussten die meisten berufstätigen Menschen.

Sein Standing und sein Auskommen sollte man aber spätestens mit Mitte 30 gefunden haben. Danach wird es doch sehr unwahrscheinlich, daß es noch klappt.
Wenn es als Berufsmusiker bis dahin nicht gereicht hat, sollte man schnell noch umsatteln, da eine zweite Berufsausbildung dann noch gerade nicht zu spät ist.

Meine Erfahrung/Meinung.

Ich geb dir recht wenns um deine ersten Zeilen geht.

Deine 30er Grenze sehe ich aus eigener Erfahrung ganz anders. Ich bin 45 und hab das soeben trotzdem noch in meinem Rahmen geschafft.
Mittlerweile versorge ich noch andere Musiker mit Job. Is schnell gegangen.
 
Ernie, das ist ja alles ganz nett.

Aber wir reden NICHT von Berufen die ausgestorben sind oder von dem was man so marktwirtschaftliche Flurbereinigung durch Konkurrenz oder Mißwirtschaft innerhalb eines Maktsektors nennt.

Wir reden von Berufen von denen viele oder alle sagen würden "Ne, ist schon gut, dass es sie gibt".

Und gleichzeitig gibt die Gesellschaft diesen Leuten indirekt zu verstehen "Aber wirklich wert sind ihr uns eigentlich fast nichts."

Ich finde es merkwürdig dass hier so oft kommt, hohe Bezahlung dürfe keine Garantie sein. Wer hat das denn gefordert? Keine Sau.

Aber diese Leute arbeiten studiert und/oder hochqualifiziert in vollberuflicher Stundenzahl in einem gesellschaftlich erwünschtem Beruf. Ist das nicht absurd, dass sie davon dennoch kaum leben können?

(Ähnliches kann man über einige andere Berufsgruppen auch sagen. Aber wir sind nunmal hier im einem Musikerforum. Reden wir doch über Musiker.)
 
Mal eine Anmerkung zum Markt als Regulativ:
Im vorwiegend öffentlichen Sektor greifen die Mechanismen von Angebot und Nachfrage nicht!
Ich bin Physiklehrer, das ist ein Mangelfach. Ich bekomme aber nicht mehr Geld, als andere KollegInnen in nicht Mangelfächern.
Wenn Physiklehrer fehlen, fällt der Unterricht nicht aus, es wird auch nicht mehr Geld dafür ausgegeben welch zu finden. Es wird weniger Geld ausgegeben! Wie das?
Der Schulleiter ist gezwungen, eine schlechter bezahlte Aushilfskraft, befristet einzustellen, ob diese geeignet ist, darf er ganz alleine feststellen.
Im Bereich der öffentlichen Bildung und Weiterbildung, also auch in VHS und JMS wird der Preis für eine Dienstleistung nicht frei verhandelt, sondern festgelegt. Vor Kundenunzufriefenheit wegen des schlechter ausgebildeten Personals müssen sich die öffentlichen Institutionen nicht fürchten, da sie meist marktbeherrschend sind, weil sie eine Dienstleistung anbieten, die fast niemand ausschließlich privat finanzieren kann oder will (Schule ist z.B. unter 4000 Euro im Jahr kaum zu machen, die deutsche Schule Athen verlangt 5000 Euro pro Jahr und SchülerIn, sowie 2000 Euro Anmeldegebühr, sie ist die billigste Privatschule in Athen)
 
Hi!

groby schrieb:
Ich finde es merkwürdig dass hier so oft kommt, hohe Bezahlung dürfe keine Garantie sein. Wer hat das denn gefordert? Keine Sau.

Oh, ich meine, genau das gelesen zu haben. Studium = hoch qualifiziert = Anspruch auf viel Geld. Und diese Mechanik bestreite ich.

Das ist aber ein Nebenkriegsschauplatz.

Der andere von dir genannte Aspekt ist wichtiger: Was ist uns das wert? Genauer: Was ist es jedem einzelnen wert oder konkret: Was würde er bezahlen?

Ich glaube, dass die Einsicht, dass Musik Geld kostet, geschwunden ist. Musik ist viel zu einfach verfügbar, ob auf Konserven (die teilweise sogar geklaut sind) oder live durch Preisdumping, das wiederum entstehend durch Überangebot.

Gruß

erniecaster
 
erniecaster schrieb:
Hi!

groby schrieb:
Ich finde es merkwürdig dass hier so oft kommt, hohe Bezahlung dürfe keine Garantie sein.
Wer hat das denn gefordert? Keine Sau.

Oh, ich meine, genau das gelesen zu haben. Studium = hoch qualifiziert = Anspruch auf viel Geld.
Und diese Mechanik bestreite ich.

Jergn schrieb:
Die Erwartungshaltung erscheint mir also nicht überzogen, nach einem Studium ein halbwegs vernünftiges Auskommen finden zu wollen.

Hm also dazu hab ich hier nix gefunden Ernie .....
Oder meintest du mit halbwegs vernünftig = viel Geld ?

:roll:
 
auge schrieb:
Ich geb dir recht wenns um deine ersten Zeilen geht.

Deine 30er Grenze sehe ich aus eigener Erfahrung ganz anders. Ich bin 45 und hab das soeben trotzdem noch in meinem Rahmen geschafft.
Mittlerweile versorge ich noch andere Musiker mit Job. Is schnell gegangen.

Ok, die Mitte 30 - Grenze ist natürlich relativ und vor allem subjektiv, da ich zwei alte Mucker - Mitstreiter habe, die mit Anfang 40 immer noch ihren Musikertraum träumen und nie leben konnten. Dafür haben sie in den letzten Jahren auf so viel verzichtet, vor allem auf Familie. Da diese Freunde von mir sind/waren, tut mir das Leid. Und so richtig glücklich wirken die nicht.

Ich streiche hiermit den zweiten Absatz meines Beitrags. Übrigens kenne ich auch Musiker in meinem Freundes-/Bekanntenkreis, die von der Musik leben können. Einer mit monatelangen Engagements auf amerikanischen Kreuzfahrtschiffen in der Karibik, andere mit nebenher Musikunterricht und Studio.
 
Hallo!

Ich bezog mich auf das Gejammer zwischen den Zeilen in dem verlinkten Artikel.

Gruß

e.
 
erniecaster schrieb:
Wenn aber überhaupt noch öffentlich Musikunterricht gefördert wird, werden sich die entsprechenden Träger am Arbeitsmarkt bedienen - und da ist die Konkurrenz so groß, dass die Preise, sprich die Löhne im Keller sind.

Hmm, ja.
Aus diesem Artikel geht aber noch hervor, (und das kann ich auch aus eigener Erfahrung in meinem Umfeld bestätigen,) dass selbst bei städtischen Musikschulen bestehende (Anstellungs-) Verträge gekündigt und neu verhandelt werden, dann auf Honorarvertragsbasis.

Für die erteilte Stunde Unterricht muss ich dann als vormals (mit Sozialversicherung und arbeitgeberanteilen) angestellter Instrumentallehrer dann Rechnungen schreiben, zu deutlich geringerem Stundensalär, versteht sich, wobei die Musikschulen mit Ihren Schülern natürlich wie ehedem weiterhin pauschal monatlich abrechnen.
Das führt zu der absurden Situation, dass der Träger mehr verdient, je weniger Unterricht de facto stattfindet. Jedes Ausfallrisiko trägt allein der Lehrer, während der Träger von Ausfällen profitiert.

Dazu kommt, dass in Schulferienzeiten kein Unterricht stattfinden kann, der Instrumentallehrer in der Zeit also auch keine Einkünfte aus dem Unterricht hat.
(Der Träger jedoch pauschal...)
Das ist bei ca 12 Wochen Schulferienzeit im Jahr ganz schön happig.
Mit Stundenverdiensten von rund um 20€ für die Zeitstunde (vor Steuern und Versicherung, weil, man ist ja selbständig, gell?) kann man auch keine hinreichenden Rücklagen schaffen, um die Ferien vernünftig zu brücken.

Mir sind in einer privaten Schule bei genau solchen vertraglichen Rahmenbedingungen mal 17€ pro Stunde angeboten worden.
Kann man nicht machen.
Machen trotzdem manche.
:shrug:

Wenn das alles der wilde Westen der freien Wirtschaft wäre, na gut.
Aber das machen auch die lokalen städtischen Musikschulen und Träger, die als "gemeinnützig" anerkannt werden und damit subventioniert und steuerbevorteilt, weil, ist ja Kultur.

Und das ist in dem Kontext ziemlich bitter.
Vorsichtig formuliert.

Viele Grüße,
woody

PS der Mindestlohn geht an derlei Honorarverhältnissen natürlich vorbei...
 
Hallo!

Tja. Zynische Pointe: Gefördert werden sollen ja schließlich auch die Schüler, nicht die Lehrer. Wenn ich die Lehrerkosten drücke (an dieser Stelle bitte das typische Lehrer-Bashing einfügen), dann werden die Stunden für die Schüler billiger.

Wenn das keine Kulturförderung ist, weiß ich es auch nicht.

Gruß

erniecaster
 
Ich glaube, das Musik für jeden einzelnen wertvoll ist.
Ich glaube, das Musik insofern einer Gesellschaft gut tut, denn Musik fördert Gemeinsamkeit und bringt Freude und Unterhaltung.
Insofern halte ich es für sinn- und wertvoll, wenn Musik gefördert wird.
Musik kann vielfach gefördert werden und es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Ich finde es schade, das vielfach Steuergelder verschwendet werden, wo sie doch auf der anderen Seite sinnvoller eingesetzt wären.
Bevor man 380 € für ein Elton John Konzert zahlt, könnte man als Konsument nicht nur die Megaevents fördern sondern die hiesige Kultur vor der Haustüre....

Insofern sind alle gefordert, Konsumenten, Bürger und Staat, den Musik- und Kulturschaffenden den Wert beizumessen den sie verdienen.

Umdenken und Wertschätzung auf allen Ebenen.

ich habe viele Beiträge vorher gelesen und festgestellt, dass man sich im Kern weitestgehend einig ist wenn es um die Wertschätzung der Musik geht.
 
erniecaster schrieb:
Tja. Zynische Pointe: Gefördert werden sollen ja schließlich auch die Schüler, nicht die Lehrer. Wenn ich die Lehrerkosten drücke (an dieser Stelle bitte das typische Lehrer-Bashing einfügen), dann werden die Stunden für die Schüler billiger.

Wenn das keine Kulturförderung ist, weiß ich es auch nicht.

Da wäre was dran, wenn die Träger auch ihre Verträge mit den Schülern geändert hätten.
Die bleiben gleich, es werden nur die Risiken und Erträge umverteilt.

Viele Grüße,
woody
 
Hi Woody,

so brauchts weniger Subventionen.

Gruß

e.
 
erniecaster schrieb:
Ich glaube, dass die Einsicht, dass Musik Geld kostet, geschwunden ist. Musik ist viel zu einfach verfügbar, ob auf Konserven (die teilweise sogar geklaut sind) oder live durch Preisdumping, das wiederum entstehend durch Überangebot.

Ja.

Die Industrie (na, sagen wir mal: Die Angebotsseite) hat den Verbraucher ja auch jahrelang so erzogen, dass er Musik als ein lustig buntes, überall erhältliches Wegwerfprodukt betrachtet. Und jetzt darbt nicht zuletzt dieselbe Seite daran, dass der Verbraucher diese Lektion verinnerlicht hat und wenig Wert, Loyalität oder weitergehendes Interesse an dem Produkt aufbringt das ihn zu einem fairen Wertausgleich bewegen könnte.

Aber das Grundproblem ist philosophisch:

Was würde mit einer Gesellschaft passieren, wenn sie ein Kulturgut im wesentlichen verliert (oder zur Bedeutungslosigkeit herabstuft), auf das sie aber auch vorher kein großen Wert gelegt hat? Würde den Menschen etwas fehlen was sie ja auch jetzt kaum vermissen?

Klar kann man sagen, die Kultur tut dem Menschen gut, blabla. Aber die Kultur ist nichts ohne Menschen. Sie besteht aus Menschen. Es nützt also nichts, die Kultur retten zu wollen nur so als Selbstzweck. Wie so ein Museumsstück. Kultur muss erhalten bleiben entweder als gelebte Kultur oder gar nicht.

Und diese Kultur wird halt nicht sehr gelebt.

Wie gehen wir als Gesellschaft weiter vor? Lassen wir das passieren und finden im angesagten Zynismus-Stil das sich auch in der Kultur "der Markt eben selbst regelt". Oder fordern wir genauso pathetisch wie albern wirkungslos, "es müsse umgedacht werden"? Wie soll das denn gehen? Wer soll da was genau machen und warum?

Das sind keine rhetorischen Fragen. Das sind ganz reale Fragen die vor uns stehen. Und ob wir es wollen oder nicht: Wir werden diese Fragen beantworten. Spätestens durch unsere Entscheidungen als politische, soziale und marktwirtschaftlich Mitwirkende werden wir sie unbewusst beantworten.
 
Hallo!

groby, das war ein guter Beitrag!

Verlust eines Kulturzweigs haben wir schon erlebt und merken die Auswirkungen: Architektur hat gegen BWL verloren. Zu sehen in jeder Großstadt.

Gruß

e.
 
groby schrieb:
Lassen wir das passieren und finden im angesagten Zynismus-Stil das sich auch in der Kultur "der Markt eben selbst regelt".


Hallo Groby,

ich sehe in der Aussage "der Markt regelt das selbst" absolut keinen Zynismus.

Kultur ist im steten Wandel, selbstverständlich auch unter Einfluß der Kunst. Aber ich muß den Menschen doch die freie Wahl lassen, was sie mögen und was nicht; das darf man ihnen doch nicht befehlen und vorschreiben.

Wenn niemand zu meinen Liedermacher-Abenden kommt, dann regelt der Markt mein Einkommen und meine Karriere. (Zumindest die Karriere als Liedermacher)

Wenn in der Schulaula plötzlich eine dufte Theatertruppe mit tollem und wechselndem Programm auftritt, dann regelt eben dieser Markt auch, dass Du für diese Truppe die Karten ein halbes Jahr vorbestellen musst, während im Stadttheater oftmals die Ränge leer bleiben.

Wenn die Menschen das hören, sehen und unterstützen, was sie gut finden, was sie (der Markt) regeln, dann ist das doch kein Zynismus.

Gruß

Horst
 
Ha.Em schrieb:
Wenn die Menschen das hören, sehen und unterstützen, was sie gut finden, was sie (der Markt) regeln, dann ist das doch kein Zynismus.

Vielleicht verdienen einige Dinge es ja, gerettet und bewahrt zu werden auch wenn sie nicht gerade irgendeiner kurzweiligen Zufalls-Mode angehören.

Und vielleicht gibt es Dinge die die Menschen trotz Mißachtung jetzt später vermissen werden wenn sie weg sind.

Und einige Dinge darf man vielleicht unterstützen, weil sie einer Minderheit gefallen die sie aber alleine nicht tragen könnte.


Nein, ich finde es in kulturellen Dingen bescheuert, gräßlich und kurz gedacht, werte-verachtend und gefährlich zu sagen, in allen Belangen des öffentlichen Lebens und so auch in Kunst und Kultur dürfe immer nur die kommerzielle Vermarktungsfähigkeit über Leben und Tod entscheiden.

Das finde ich in letzter Konsequenz widerlich.
 
Ha.Em schrieb:
ich sehe in der Aussage "der Markt regelt das selbst" absolut keinen Zynismus.

...wenn man die Prämisse kauft, dass der Markt irgendwas in wünschenswerter Weise regeln könne.
Und die Prämisse von der rationalen Konsumentenentscheidung.
Und...
Und...
Und...


Viele Grüße,
woody
 
Ha.Em schrieb:
Wenn die Menschen das hören, sehen und unterstützen, was sie gut finden, was sie (der Markt) regeln, dann ist das doch kein Zynismus.

Gruß

Horst

Das ist aber nur teilweise so, denn der Markt hat seine eigenen Gesetze.
Bleiben wir in der Architektur. Wenn sämtliche Bauflächen einer Großstadt inoffiziell oder sagen wir "unter der Hand" an Billiganbieter vergeben werden die darauf Gewinnmaximierungsobjekte im großen Stil nach dem Einheitslook hochziehen und utopische Preise dafür verlangen, der Gestaltungsbeirat "politsch kaltgestellt" einspruchslos durchwinkt, dann ist es eben nicht nur der Markt der das regiert, sondern der Mensch der den Markt ausschließlich kapitalistisch missbraucht.....Nun kann man natürlich sagen, genau das ist der Markt, man kann aber sagen, genau so einen Markt, der nur noch so funktioniert, wollen wir aber nicht.....

Und so zieht sich das durch und in der Musikbranche ist es nicht viel anders. "Ohne Moos nichts los" und "ohne Kontakte kein Geschäft".....Als Nobody hast du wenig Chancen.....

Deshalb halte ich es für sinnvoll und auch wichtig zumindest im Bereich der Kunst und Kulturschaffenden einen möglichst "sauberen Markt" hinzubekommen und das ist ohne Subventionen (kann aber auch Sponsoring sein) schwer möglich. Wer nicht unterstützt wird muss zum Kommerz greifen und genau da sind wir aktuell angelangt.

Wenn der Markt und der Wettbewerb zu kreativen neuen Ideen führt, was ja der "positive Markt" sein sollte, dann sind Subventionen richtig angelegt.

Noch einfacher formuliert, ich möchte kein Altstadtfest haben, bei dem es ausschließlich die umsatzträchtigen Döner, Pizza und Bratwurstbuden gibt sondern auch andere Stände mit alternativem Angebot. So ist das auch in Regensburg, seit dem es die Sozialen Alternativen federführend wieder machen. Vorher machte es ein Veranstaltungsservice nach Gewinnmaximierungsprinzipien mit unbezahlbaren Standgebühren. Da gab es die o.g. 3 Budenarten im 3er Takt. Das hat den Bürgern nicht gefallen und die Stadt hat eingelenkt......Der "kapitalistische Markt" ist wieder jetzt ein "schillernder bunter Markt" geworden
 
Etwas krass jetzt, aber vielleicht verständlicher:

Der Markt für Minnesänger, Schalmeien- oder Lautenspieler dürfte sehr übersichtlich sein.

Noch bescheidener düfte die Zahl derer sein, die von dieser Kunst leben können.

Trotzdem sind diese "Kulturgüter" nicht in der Versenkung verschwunden. Es gibt Menschen, die spielen Schalmei oder Sackpfeife, weil sie Freude daran haben, und nicht weil sie Musik studiert haben und davon leben wollen. Der ein oder andere findet vielleicht sogar einen Mäzen (kann auch Sponsoring oder ein Stadtrat sein), und das ist auch gut so.

Jeden, der Musik studiert hat und Schalmei spielt, zu bemitleiden, dass er nicht davon leben kann, halte ich für Unsinn. Das Gleiche gilt für Gitarrenlehrer, Posamentenmacher, Gerber und Opernsänger.

Kunst sollte man machen, weil man sie liebt, nicht um geliebt zu werden.

Nach meinem Gusto sollten wir nicht Menschen fördern, die krampfhaft versuchen von der Musik zu leben, obwohl sie seit vielen Jahren "auf keinen grünen Zweig" kommen, sondern viel viel mehr Kunst schon im Kindergarten, in der Schule oder an Volkshochschulen fördern.

Gruß

Horst

Einen hab' ich noch: Man sollte sich schon die Arbeit machen, sein Publikum zu finden, und nicht darauf hoffen, gefunden zu werden.
 

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