szczur":9cg72555 schrieb:
wunderbar, da ist ne Menge Info zusammengekommen.
Premium wäre natürlich wenn jemand der "tatsächlich" Erfahrung hat mit einem Rosewood Neck etwas gepostet hätte.
Ich habe noch mal ein paar Gedanken zu Material und Physik zusammen gefasst - wissend, dass dies eine Mischung aus Erfahrung und Beobachtung und kein wissenschaftlicher Vortrag sein kann.
Vorweg:
Die benannten Materialien sind nur ein Oberbegriff.
Ein Bergahorn aus dem Spessart trägt den selben botanischen Namen wie ein Rock Maple aus dem hohen Canada, aber das war es auch mit den Gemeinsamkeiten. Klima, Höhe und Bodenbeschaffenheit haben vollkommen unterschiedliche Gewächse daraus gemacht.
Mahagoni wird hier zu Lande alles genannt, was rötlich ist und auf dem schon mal ein Affe gesessen hat. Dabei gibt es hier eine Streuung in den technischen Werten, die fast von Balsa bis Ebenholz reicht.
Wenn Hälse aus verschiedenen Hölzern bestehen und man hat sie nicht selbst gemacht – also die einzelnen Materialien nicht vorher in den Händen gehabt - lässt sich von außen kein Schwingungsbild voraussagen. Es ist so, als wolle man den Charakter eines Menschen an seiner Hautfarbe fest machen. Es geht nicht!
Es gibt aber Gesetzte, nach denen Resonanz funktioniert.
1.Masse
Mehr Masse macht die Resonanzfrequenz tiefer. Ab einer gewissen Dichte wird das System so träge, dass es durch die dünnen Gitarrensaiten gar nicht mehr bewegt wird. Die Frequenz der Saiten ist zu hoch und ihre Masse zu gering.
2.Biegesteifheit / Elastizität
Diese ist zum einen Abhängig vom Material – zum anderen vom Querschnitt.
Mit steigendem Gewicht werden viele Hölzer auch steifer. Hier läuft der Zugewinn an Biegesteifheit der wachsenden Masse entgegen, so dass man fast annehmen kann, dass die steigende Eigenresonanz durch höhere Biegesteifheit durch die Masse und die dadurch resultierende Reduzierung der Resonanz wieder nahezu ausgeglichen wird. Dennoch entstehen sehr unterschiedliche Schwingungsbilder, wenn ich einen leichten Ahorn Hals mit großem Querschnitt und einen dünnen Palisander Hals mit einander vergleiche – auch dann, wenn ihre Biegesteifheit identisch ist.
Es macht in der Resonanz einen Unterschied, ob ein elastisches Material mit der schwingenden Saite federt, oder ein leichtes Material aufgrund seiner geringen Massenträgheit von der Saite geschüttelt wird. Im Ersten Fall kann das federnde Holz die Saitenschwingung verstärken. Dabei werden bestimmte Frequenzen lauter – zulasten der Schwingungsdauer.
Im Fall der geringen Massenträgheit arbeitet das Holz wie ein Limiter. Ist die Energie groß genug, schüttelt die Saite das Holz, was der Saite dadurch Energie nimmt. Unterhalb der Anregungsgrenze lässt die Erregung des Holzes augenblicklich nach und die Saite schwingt wieder ungehindert.
Umgekehrt gilt: Große Masse resoniert wenig oder nicht – sie ist zu träge. Hälse aus reinem Palisander beispielsweise strahlen darum (und weil sie überdies sehr steif sind) akustisch kaum ab. Die dünnen Saiten können den schweren Hals nicht bewegen. Dadurch bekommt man ein sehr eindrucksvolles Sustain in den Bässen. Die maximale Saitenamplitude ist mit wenig Energie erreicht, was sehr kraftarmes Spiel erfordert.
Geringe Masse und große Steifheit lässt Instrumente überschüssige Energie abschütteln und abstrahlen. Sind sie sehr steif, liegt ihre Resonanzfrequenz oberhalb der Bässe und sie federn dort kaum mit. Das Ergebnis ist eine nüchterne Basswiedergabe – aber auch eine sehr schnelle und präzise Einschwingphase aller Saiten und ein gleichmäßiges Ausschwingen.
Im normalen Leben haben wir es meist mit Instrumenten zwischen diesen Extremen zu tun. Die meisten Gitarristen suchen weder das Sustainmonster mit ewig stehenden Bässen, noch die sterile, steife Gitarre, sondern etwas dazwischen. Ein Instrument, was auf allen Saiten sauber ein und ausschwingt, aber auch schön in den Bässen grollt.
Die Mitte zu finden, ist in allen Belangen des Lebens das Schwerste! Bei Instrumentenhälsen ist das nicht anders. In der Mitte eine Punktlandung in Sachen Sound zu machen, ist aufgrund der vielen gegensätzlichen Parameter nach meiner Meinung kaum möglich.
In meiner Arbeitspraxis versuche ich das darum auch gar nicht, sondern bewege mich absichtlich mit Mensur und Material in den physikalischen Außenbereichen.
Zum Ende noch ein paar Sätze zur Verarbeitung.
Wie ich an anderer Stelle erwähnte, wächst die Steifheit eines Halses nicht Linear mit dem Querschnitt. Wenn man den Querschnitt um 1X erhöht, wächst die Steifheit X³ Da macht ein Millimeter sehr, sehr viel aus!
Ein zu tief geschlitztes Griffbrett z.B. hat größere Auswirkungen auf den Ton, als das verwendete Griffbrett - Material.
Und ganz zum Schluss kommt man um einen persönlichen Test und Höreindruck nicht vorbei; vor allem dann, wenn man ein Mädchen aus der Mitte haben will. ;-)