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trotzdem: hat nicht JEDE musik ihre daseinsberechtigung?
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Hallo Franz - hallo überhaupt,
ja eben drum. Ich freue mich daran, wenn sich die Senioren im Viertel bei der Arbeiterwohlfahrt des Sonntags zu Anneliese Rothenberger über das Parkett schieben. Ich finde es schön und wichtig, daß das seltsame Mädchen aus der Nachbarschaft einen Platz im Haarener Karnevalsverein gefunden hat und mit den Vereinskollegen mehrfach jährlich, lärmendend und marschierend durch die örtliche Geografie zieht. Gerade diese, in unseren Augen und Ohren schrecklichen Zusammenrottungen sind ja der letzte Versuch eines sozialen Zusammenlebens, was zu Zeiten unserer Eltern noch der Ursprung vieler Ehen war.
Damals sang man im Liederkreis oder in Kirchenchor Schubert, Bach Brahms - oder eben Volkslieder. Zu meiner Zeit sang man bereits viel sinnleeres Zeugs aus der "Mudorgel" und heute singen unsere Kinder - wenn überhaupt - Reinhard Mey, weil die vergangenen 50 Jahre wenig hervorgebracht haben, was man als "Volksmusik" bezeichnen könnte. Die Nazis haben uns unserer Musikkultur beraubt. Sie ist nicht mit den Büchern, sondern mit der Befreiung verbrannt worden. Leider. Die Bücher bekamen durch ihre Verberennung einen besonderen Wert. Die Lieder sind in der Folge still vergangen - verkohlt.
Dabei gibt es so viele Texte und Lieder, die ich nach wie vor gerne singen und hören würde.
Kennt noch einer diese Strophe?
" Siehst du den Mond dort stehen,
er ist nur halb zu sehen,
doch ist er rund und schön!
So ist’s mit vielen Sachen,
die wir getrost verlachen,
weil uns’re Augen sie nicht seh’n..."
...könnte von einem der zur Zeit hippen, nöhlenden Soul-Bettnässer sein, ist aber aus "Der Mond ist aufgegangen"
Ringelnatz und Morgenstern haben dagegen den Hippie Geist der vorletzten Jahrhundertwende eingefangen. Da ging es richtig rund in den wunden Köpfen und man kann das Kokain noch knacken hören...
Sehr spannend!
Probleme? - Damals, wie heute - immer die selben!
Ansätze? - Damals, wie heute - immer die selben!
Ergebnis? - Damals, wie heute - Ein Versuch.
Sehr spannend, sehr lustig, sehr belehrend, sehr alt, sehr aktuell - und darum auch wieder sehr fragwürdig!
Ich finde deutsche Kultur schon darum klasse, weil ich immer wieder festgestellt habe, daß sich in den vergangenen 200 Jahren zwar der Ausdruck, aber nicht die Fragestellung geändert hat.
Grund genug, um künftig einen Soul nicht mehr mit der Simulantübersetzung eines schachmatischen Textes zu singen.. Bilder von dir überdauern bis in alle Zeit...
Sondern vielleicht so:
Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
eine Kachel aus menem Ofen
schenken.
Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mit traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
leuchtet der Ginster so gut.
Vorbei - verjährt
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
ist leise.
Die Zeit entstellt
alle Lebewesen.
Ein Hund Bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.
Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
an einem Sieb.
Ich habe Dich so lieb.
(Joachim Ringelnatz) - fast 100 Jahre alt!
Grüße aus dem milden Westen.
W°°
Amerika kennt kein Pardon
...weil das französisch ist!
PS: Das Ringelnatz Lesebuch / Diogenes / ISBN 3-257-21157-0