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Anonymous
Guest
Gegenstand dieses Reviews ist ein Marshall 6101 30th Anniversary Combo (erste, EL34-Version). Und obgleich dieser Amp schon länglichst nicht mehr hergestellt wird, finde ich eine Besprechung insofern überfällig als es sich um einen Forums-Wanderpokal handelt, der seinen Weg von Pfälzer Jörg über Doc Line6forum zu mir gefunden hat. Sollte er noch mehr im Forum bekannte Stationen gehabt haben: Fügt es hinzu!
Spannend an dieser Betrachtung ist, daß es mindestens zwei weitere Meinungen zu eben diesem Amp gibt; ich würde mich freuen, wenn Ihr beiden Euch hier einklinkt und meine Eindrücke entsprechend ergänzt, bzw. relativiert. ;-)
Zumal ich gar nicht auf alle Möglichkeiten, Knöbbe und Potis eingehen kann und will; sollte jemand Fragen zu nicht erörterten Möglichkeiten haben, beantworte ich diese gerne.
Es geht also um jenen Amp, den sich Jim Marshall 1992 zum 30jährigen Firmenjubel selbst geschenkt hat. Damals galt Marshall als altbacken, die Marshall-Tuner (Behringer, Art Of Sound, Reckmeyer, Reußenzehn, etc.) und daraus hervorgegangenen Produkte (z.B. Soldano, Bogner, etc.) dominierten das Interesse. Und plötzlich war mit einem lauten PAFF! aus der englischen Edelschmiede ein MIDIfähiger, in der Leistung drosselbarer 3-Kanal-Amp mit separaten Kanalzügen zu haben, wie er aufwändiger kaum hätte sein können; damit hatte niemand gerechnet!
Entsprechend wurde der Amp in der Presse besprochen. G&B feierte beispielsweise den "flexibelsten Marshall aller Zeiten", was damals auch gestimmt hatte. Der Clean-Kanal wurde als bester jemals mit starker Fender-Nähe gefeiert; ich würde relativieren wollen, daß es sich um den besten Clean-Sound in einem Mehrkanal-Marshall bis dato gehandelt hat. Der Crunch-Kanal deckt die Zerrhistorie von den 60ern bis hin zu den 90ies ab, und der Lead-Kanal versprach irrwitziges HiGain.
Mit 17 Potis und 12 Druckschaltern alleine auf der Vorderseite habe ich ein paar Stunden gebraucht, bin jetzt aber mit den Sounds aus allen drei Kanälen wirklich rundum glücklich.
Aber: Sooo vielseitig wie behauptet isser eigentlich gar nicht, eher perfekt auf die eigene Gitarre einzustellen, würde ich sagen.
Und witzig, was G&B 1992 unter HiGain verstand; sind dann doch 20 Jahre vergangen seitdem.
Insofern ist dieser Maaaschl ein mehr als würdiger Vertreter seiner Zeit, der wiederum die eigene Geschichte aufzuarbeiten trachtet. Bereits kompakter im Klang und stabiler im Bass als die 800er und insofern den 900ern nicht unähnlich, aber dennoch offener im Ton als diese, was die Verbindung zum Jubilee vom 1987 schlägt.
Der Clean-Kanal erinnert wie bereits angedeutet nicht wirklich an Fender, obgleich er unmissverständliche Anleihen sein Eigen nennt. Abseits jeglicher Schubladen liegt ein warmer und dennoch strammer, bei Bedarf auch höhenlastiger Clean-Sound vor, der sich bestens mit Tretern aller Art versteht. Er kann z.B. einem MAZ 18 oder 1974X aus eigenem Hause recht ähnlich klingen, und das ist die Clean-Richtung, in der er sich für meinen Geschmack am positivsten hervortut.
Der Crunch-Kanal bietet Low bis Mid-Gain in drei Kaskaden, abrufbar via Druckschalter. Das soll wie Plexi über 800er bis 900er klingen; diese klangliche Vielseitigkeit ist ihm jedoch nicht zueigen, der Grundsound bleibt schon derselbe, allerdings perfekt anpassbar ans eigene Instrument. Ein schöner, stabiler, wuchtiger Crunch ist das, vielleicht nicht ganz so silbrig wie noch bei den 800ern, dafür wesentlich voller.
Im Lead-Kanal gibt es dann Distortion, die jedoch niemals metallig-stramm oder gar "rectified" tönt, sondern eben dem Zeitgeist der 90er gerecht wird: Es klingt luftiger und klingeliger als heute, was mir extrem gut gefällt, da der Amp so Dynamik bietet und atmen kann, wo Fireballs und Co. nur noch fokussiert drücken; das tut der 6101 nicht, ist mehr der Rocker alter Schule.
Ist mehr Fokus gewünscht, lohnt sich das Anblasen mit entsprechendem Vorschaltgerät; dann geht klanglich alles mit diesem "Schweizer Messer", auch brutalster Däss Mäddl.
All diese Eigenschaften konnte ich dem Amp - auch wieder seiner Flexibilität geschuldet - bereits im Wohnzimmerbetrieb entlocken. Laut tut sich natürlich noch mal eine ganze Menge mehr, die Endstufe sorgt für Sustain und lässt den Amp auch gleich wieder viel straffer und direkter auftrumpfen, was im Crunch-Kanal schon abartig gut ist und an die berühmt Faust in den Magen erinnert: Mutti, da bröckelt der Putz...!
Der Speaker des Combos, eine Spezialentwicklung für diesen Amp, macht auch leise ordentlich Druck untenrum; eine wohlige Bass-Grundnote ist die Folge, der kratzigere, bassarmere, hochmittigere Ton der 800er-Reihe ist hier bereits passé.
Fazit: Keine eierlegende Wollmilchsau - das ist aus Marshall-Sicht heute wohl eher der JVM -, es sei denn, man möchte die Marshall-Historie der ersten 90er-Hälfte aufarbeiten. Aber ein extren gut anzupassendes Klangwerkzeug, das extremen Spaß macht, sehr musikalisch ist (so kippen Töne z.B. stets harmonisch in Obertöne) und nach 20 Jahren immer noch bestens funktioniert.
Spannend an dieser Betrachtung ist, daß es mindestens zwei weitere Meinungen zu eben diesem Amp gibt; ich würde mich freuen, wenn Ihr beiden Euch hier einklinkt und meine Eindrücke entsprechend ergänzt, bzw. relativiert. ;-)
Zumal ich gar nicht auf alle Möglichkeiten, Knöbbe und Potis eingehen kann und will; sollte jemand Fragen zu nicht erörterten Möglichkeiten haben, beantworte ich diese gerne.
Es geht also um jenen Amp, den sich Jim Marshall 1992 zum 30jährigen Firmenjubel selbst geschenkt hat. Damals galt Marshall als altbacken, die Marshall-Tuner (Behringer, Art Of Sound, Reckmeyer, Reußenzehn, etc.) und daraus hervorgegangenen Produkte (z.B. Soldano, Bogner, etc.) dominierten das Interesse. Und plötzlich war mit einem lauten PAFF! aus der englischen Edelschmiede ein MIDIfähiger, in der Leistung drosselbarer 3-Kanal-Amp mit separaten Kanalzügen zu haben, wie er aufwändiger kaum hätte sein können; damit hatte niemand gerechnet!
Entsprechend wurde der Amp in der Presse besprochen. G&B feierte beispielsweise den "flexibelsten Marshall aller Zeiten", was damals auch gestimmt hatte. Der Clean-Kanal wurde als bester jemals mit starker Fender-Nähe gefeiert; ich würde relativieren wollen, daß es sich um den besten Clean-Sound in einem Mehrkanal-Marshall bis dato gehandelt hat. Der Crunch-Kanal deckt die Zerrhistorie von den 60ern bis hin zu den 90ies ab, und der Lead-Kanal versprach irrwitziges HiGain.
Mit 17 Potis und 12 Druckschaltern alleine auf der Vorderseite habe ich ein paar Stunden gebraucht, bin jetzt aber mit den Sounds aus allen drei Kanälen wirklich rundum glücklich.
Aber: Sooo vielseitig wie behauptet isser eigentlich gar nicht, eher perfekt auf die eigene Gitarre einzustellen, würde ich sagen.
Und witzig, was G&B 1992 unter HiGain verstand; sind dann doch 20 Jahre vergangen seitdem.
Insofern ist dieser Maaaschl ein mehr als würdiger Vertreter seiner Zeit, der wiederum die eigene Geschichte aufzuarbeiten trachtet. Bereits kompakter im Klang und stabiler im Bass als die 800er und insofern den 900ern nicht unähnlich, aber dennoch offener im Ton als diese, was die Verbindung zum Jubilee vom 1987 schlägt.
Der Clean-Kanal erinnert wie bereits angedeutet nicht wirklich an Fender, obgleich er unmissverständliche Anleihen sein Eigen nennt. Abseits jeglicher Schubladen liegt ein warmer und dennoch strammer, bei Bedarf auch höhenlastiger Clean-Sound vor, der sich bestens mit Tretern aller Art versteht. Er kann z.B. einem MAZ 18 oder 1974X aus eigenem Hause recht ähnlich klingen, und das ist die Clean-Richtung, in der er sich für meinen Geschmack am positivsten hervortut.
Der Crunch-Kanal bietet Low bis Mid-Gain in drei Kaskaden, abrufbar via Druckschalter. Das soll wie Plexi über 800er bis 900er klingen; diese klangliche Vielseitigkeit ist ihm jedoch nicht zueigen, der Grundsound bleibt schon derselbe, allerdings perfekt anpassbar ans eigene Instrument. Ein schöner, stabiler, wuchtiger Crunch ist das, vielleicht nicht ganz so silbrig wie noch bei den 800ern, dafür wesentlich voller.
Im Lead-Kanal gibt es dann Distortion, die jedoch niemals metallig-stramm oder gar "rectified" tönt, sondern eben dem Zeitgeist der 90er gerecht wird: Es klingt luftiger und klingeliger als heute, was mir extrem gut gefällt, da der Amp so Dynamik bietet und atmen kann, wo Fireballs und Co. nur noch fokussiert drücken; das tut der 6101 nicht, ist mehr der Rocker alter Schule.
Ist mehr Fokus gewünscht, lohnt sich das Anblasen mit entsprechendem Vorschaltgerät; dann geht klanglich alles mit diesem "Schweizer Messer", auch brutalster Däss Mäddl.
All diese Eigenschaften konnte ich dem Amp - auch wieder seiner Flexibilität geschuldet - bereits im Wohnzimmerbetrieb entlocken. Laut tut sich natürlich noch mal eine ganze Menge mehr, die Endstufe sorgt für Sustain und lässt den Amp auch gleich wieder viel straffer und direkter auftrumpfen, was im Crunch-Kanal schon abartig gut ist und an die berühmt Faust in den Magen erinnert: Mutti, da bröckelt der Putz...!
Der Speaker des Combos, eine Spezialentwicklung für diesen Amp, macht auch leise ordentlich Druck untenrum; eine wohlige Bass-Grundnote ist die Folge, der kratzigere, bassarmere, hochmittigere Ton der 800er-Reihe ist hier bereits passé.
Fazit: Keine eierlegende Wollmilchsau - das ist aus Marshall-Sicht heute wohl eher der JVM -, es sei denn, man möchte die Marshall-Historie der ersten 90er-Hälfte aufarbeiten. Aber ein extren gut anzupassendes Klangwerkzeug, das extremen Spaß macht, sehr musikalisch ist (so kippen Töne z.B. stets harmonisch in Obertöne) und nach 20 Jahren immer noch bestens funktioniert.
