Man darf dabei nicht vergessen, dass das gar nicht so unnormal ist: Erst ist der Schueler Feuer und Flamme, weil ja alles so neu und aufregend ist, aber nach einer gewissen Zeit merkt es, dass es ja auch mit Arbeit und ueben zu tun hat, auch wenn man gerade lieber Fussball spielen wuerde.
Ich hab fuer meine Kids den Fridolin, der ist soweit ganz OK. Und weil ich nicht eben wenige Kids unterrichte, kann ich gut beobachten, wer von den Kids a) Talent und b) tatsaechlich Bock zum Spielen hat.
Das Grundproblem ist, dass die Kinder einfach noch nicht genuegend Toene koennen, um auch mal ne interessantere Melodie zu spielen, aber auch fuer Akkorde in aller Regel noch nicht genuegend Schmalz in den Haenden haben.
Was also machen?
Es ist immer gut, sich Gedanken zu machen, was man dem Kind beibringen kann, damits besser flutscht und Spass macht, wobei man eben sehr schnell an Grenzen stoesst.
Ich hatte allerdings auch schon Kinder, die waren erst total begeistert, dass man ihren Lieblingssong aufbereitet hat, nach dem 2. Mal dann aber genauso wieder rumgenoelt haben wie davor.
Was sagt mir das?
Dass es wohl weniger daran liegt, dass meine Methode scheisse ist, dann gaebe es naemlich nicht auch das genaue Gegenteil, Kids die von Mal zu mal begeisterter werden, sondern dass manche Kinder eben nicht unbedingt zum Gitarristen geboren sind, keinen Bock auf ueben haben (man nennt das landlaeufig auch faul

oder im Extremfall so reizueberflutet sind, dass sie sich fuer nix mehr richtig begeistern koennen.
Ich weiss, das ist keine direkte Antwort auf Deine Frage, aber da ich die Selbstzweifel kenne, die einen in so einer Situation ueberkommen koennen, dachte ich mir, ich gebe Dir diesen Erfahrungswert einfach mal mit.
Man sollte sich auch fragen, warum lernt ein Kind ein Instrument? (das sollte man auch manchmal die Eltern fragen, denn soviel Ehrgeiz wie manche Eltern in ihr Kind stecken, da kann das nix werden!)
Eine Sache, die bei Kindern wichtig ist, ist nicht vorrangig, dass sie tolle Musiker werden (die wenigsten werden es ohnehin) sondern dass sie
dabei bleiben! Die Erfahrung zu machen, sich durch etwas durchzubeissen, und nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen, sobald es schwierig wird, ist sehr wichtig.
Ausserdem, auch wieder unabhaengig davon, ob sie schnelle Fortschritte machen, stellt das Erlernen eines Instruments eine sehr wertvolle ganzheitliche Foerderung dar, die den Kindern auch in anderen Lebensbereichen sehr zugute kommt.
Und nochwas: Ich habe fuer mich ein Mindestalter festgesetzt, das bei der zweiten Schulklasse liegt.
Warum?
Weil zum einen kleinere Kinder noch nicht genuegend Sitzfleisch haben, auch mal ueber einen gewissen Zeitraum bei der Sache zu bleiben, weil sie zweitens noch nicht oder noch nicht richtig lesen koennen (was ich fuer Instrumentalunterricht als Voraussetzung sehe, anders als bei musikalischer Frueherziehung) und weil gerade Erstklaessler ohnehin noch genug mit der Umstellung Kindergarten-Schule zu tun haben, sodass noch eine weitere Umstellung m.E. vermeidbar ist.
Ausserdem noch die Sache mit der Kraft. Greifen tut kleinen Fingern schnell mal weh, und das fuehrt zu Frustration.
Meine juengsten Schueler waren gerade in die erste Klasse gekommen, und speziell dafuer hab ich mir (und ihnen) eine Gitarrenschule namens
PIMA besorgt. Da ist viel spielerisches drinnen, Zeug zum basteln und anmalen etc etc. Es gibt auch noch ein Begleitheft namens GONG dazu, und fuer den Lehrer ein
Begleitheft mit methodischen Tipps namens KOMPASS.
Als sie dann in die Zweite kamen, nicht mehr ganz so verspielt waren und besser lesen konnten, haben wir uns dann den
FRIDOLIN vorgenommen. Jetzt sind sie in der 3 Klasse, und haben richtig Bock! Wenn wir unsere Stunde haben, erzaehlen sie mir ganz begeistert, sie haben soundso oft guebet, und koennen das Stueck schon auswendig
Der eine hat vor ein paar Tagen seiner Oma zwei Geburtstagsstaendchen gespielt, vor Publikum, und war nicht nur maechtig aufgeregt sondern auch maechtig Stolz, als er es geschafft hatte.
Die andere steht tierisch auf Rod Steward, war sogar auf einem Konzert, und da die Melodie zu "I am sailing" relativ einfach ist (mit ein paar zusaetzlichen Noten, und gewisser rhythmischer Vereinfachungen) haben wir halt den dann mal zwischenrein gespielt.
Aber das erste Jahr war hart, das sag ich dir, es war echt schwer sie bei der Stange und bei Konzentration zu halten. Alles in allem wuerd ich sagen, es war zu frueh, denn in dem Alter macht man m.E. eher noch musikalische Frueherziehung, also Vermittlung von Spass, Rhythmus und musikalischer Grundbegriffe durch spielerisches Erfahren.
Ein Instrument wie die Gitarre zu lernen stellt einen ganz anderen kognitiven Prozess dar, wozu es Abstraktionsvermoegen und gewisse koerperliche Voraussetzungen braucht. Genau deswegen nimmt man fuer Frueherziehung ja gerne Orffsches Instrumentarium her, denn das kann jeder.
Und hier noch ein konkreter Tipp, den ich aus dem PIMA Heft habe:
Stimme die tiefe E-Saite auf D, denn damit kann man prima ohne zu greifen Lieder mit D und A spielen. Wir haben seinerzeit La Cucarracha gespielt (weiss nicht mehr, wie wir darauf kamen, koennte sogar sein, dass die Kids den song erwaehnt haben. Also immer genau zuhoeren, welche Stuecke Deine Schueler erwaehnen, und sei es noch so beilaeufig), mit diesem
Text, den ich irgendwo im Netz gefunden hab:
La cucaracha, la cucaracha, wirbelnd tanzend sind wir froh
La cucaracha, la cucaracha, schönster Tanz in Mexiko.
Wenn man tanzt die cucaracha, und ich hör Musik erklingen,
muß ich eilen auf die Plaza und im Tanze mich mitschwingen
La cucaracha, la cucaracha, wirbelnd tanzend sind wir froh
La cucaracha, la cucaracha, schönster Tanz in Mexiko.
Seht die solzen caballeros, wie sie werfen die sombreros
Senoritas voll Entzücken, locken lächelnd und berücken.
La cucaracha, la cucaracha, wirbelnd tanzend sind wir froh
La cucaracha, la cucaracha, schönster Tanz in Mexiko.
Es beginnt in D, dabei faehrt man mit dem Daumen ueber E (jetzt tiefe D), A und D Saite. Wenn dann der Akkordwechsel zu A kommt, schlaegt man in umgekehrter Richtung mit dem Zeigefinger ueber hohe E, H und G Saite.
Rhythmisch kann man ja mit den betonten Silben mitspielen.
An der Stelle, wo die Caballeros ihre Sombreros werfen, kann man eine entsprechende Bewegung machen, als ob man seinen Sombrero auch gerade durch die Luft werfen wuerde. Auf sowas stehen kids.
Wir haben dann aus lauter Bloedsinn den Text an einer Stelle umgedichtet, wo es naemlich heisst:
Senoritas voll Entzücken, locken lächelnd und berücken. haben wir gesungen "
Senoritas voll Entzücken, tragen heute nur Perücken
Die Kids sind jedes mal abgebrochen vor lachen, und das ueber Monate hinweg. Zum Abschluss haben wir also immer dieses Lied gespielt.
OK, ich glaube mein Posting ist wohl lang genug geworden. Wenn Du Fragen hast, frag einfach. Ich wuensch Dir viele gute Enfaelle
Aber jetzt erstmal ein schoenes WE.
Gruss, Eiko