Bumblebee":2vpd06ck schrieb:
Für meinen Geschmack wird Hendrix zu sehr überschätzt. Aber darf man das jetzt nicht mehr sagen, ist das Gotteslästerung - oder was?
Natürlich darfst Du das sagen.
Es ist eben so, dass James Marshall Hendrix eine Vision der elektrischen Gitarre hatte, die weit über die aller seiner Vorgänger hinausging und die meisten seiner Nachfolger erst möglich machte:
Er hat nicht nur das Instrument in seinen Händen, sondern die komplette Kette, von seinen Fingern, den Einzelteilen des Instruments, die Effekte und die Verstärker nebst Lautsprechern als Einheit begriffen und
alles zur Musik- oder auch Geräuscherzeugung herangezogen.
Diese Herangehensweise hat unsere gesamte Wahrnehmung der Elektrogitarre verändert und die Wahrnehmung sehr vieler Gitarristen derart verändert, dass sie dies mittlerweile als Normalität ansehen und sich keine Gedanken mehr darüber machen, wer dieses Faß der Pandora geöffnet hat.
Vor Jimi gab es zwar schon Gitarristen, die mit Verzerrung hantierten: Link Wray dürfte einer der ersten gewesen sein ("Rumble"). Les Paul hatte mit Echos und Multiplayaufnahmen experimentiert. Hall und Tremolo waren mitunter im Verstärker eingebaut, von den Padalsteel-Kollegen hat man sich vielleicht ein Lautstärkepedal ausgeliehen und damit herumgespielt.
Der exzessive Einsatz des Vibratos jedoch war in dieser Art bisher undenkbar. Auf die Idee, alles, was an Neuem auf den Markt kam, zusammenzuschalten und den Marshall bis zum Stehkragen aufzureißen, um zu hören, was dann passiert ist aber eben keiner vor ihm gekommen - oder er hat es sich nicht getraut.
Man kann es übrigens leicht nachvollziehen. Man muß sich nur die Hitparaden des Jahres 1966 anschauen und mit den Folgejahren vergleichen. Die Sounds der Elektrogitarre haben sich nach der LP "Are you experienced" dramatisch geändert - und damit letztlich die Auffassung von "Populärmusik". Der integrative Ansatz von Jimi Hendrix hat die Tür weit aufgestoßen und damit die Beatles (Sgt. Pepper´s...), die Beach Boys ("Smile"), natürlich Cream ("Disraeli Gears") und alle anderen beeinflußt.
Ob es jetzt der Zeitgeist war, in der Luft lag oder drogeninduziert war: Jimi Hendrix hat eine neue Ära eingeläutet.
Ich weiß nicht, von welchen der heute aktiven Kollegen mit oder ohne eigenem Signature-Gitarrenmodell man in 35 Jahren immer noch sprechen wird, geschweige denn, welche davon man immer noch kontrovers diskutieren wird.