Mannmannmann, stark veränderte Schlafzeiten, seit das Gör da ist...
Egal. Nochmal zum Nullbund: Warum verwendet den fast niemand?
Wenn man genau darüber nachdenkt, ist das Konzept eines gekerbten Sattels gegenüber dem eines Nullbundes totaler Schwachsinn. Klar, die Kerben sorgen dafür, dass die Saiten sich in korrektem Abstand zueinander Richtung Korpus bewegen. Aber das tun sie auch, wenn hinter dem Nullbund rumgekerbt wird, ist also absolut kein Argument.
Zwei Dinge:
1) Die Bespielbarkeit.
Jetzt mal wirklich Hand auf's Herz, ich nannte das Capo-Beispiel ja bereits: Wer hier hat ausschließlich Gitarren bei denen sich ein F-Dur Barré im ersten Bund genau so leicht greift wie ein F#-Dur Barré im zweiten Bund, jetzt aber mit Capo im ersten Bund dahinter? Von meinen gesamten Gitarren, darunter durchaus teure mit ebenso teuer gekerbten Sätteln, macht es genau eine. Bei zwei weiteren sind die Unterschiede sehr klein aber nichtsdestotrotz deutlich spürbar. Bei allen anderen fast schon riesengroß, wenn auch nicht unbedingt so, dass die Gitarren dadurch jetzt wirklich schlecht bespielbar wären. Aber es könnte eben deutlich besser sein.
Diese Problematik würde sich unverzüglich in Wohlgefallen auflösen, wenn ein Nullbund verwendet würde.
Bünde ordentlich abrichten kann man ja fast schon als fortgeschrittener Hobby-Bastler, bei Sätteln gelingt das manchmal selbst ausgewiesenen Spezialisten nur ordentlich, nicht aber superb - was es aber sein muss.
Hinzu kommt das leidige Thema der im Sattel festsitzenden Saiten (s. ollie), was gerade bei Bendings und Tremolo-Gebrauch total scheiße ist. Auch das wäre sofort Schnee von gestern, denn was auch immer man hinterm Nullbund zur Saitenführung (bzw. auch zum niederhalten) benutzen würde, könnte deutlich breitere Führungen aufweisen. Dann hätte man auch endlich keine Probleme mehr beim Wechsel auf eine andere Saitenstärke.
Und letztendlich müsste nie wieder ein Sattel ausgetauscht werden, nur ein Bund mehr.
Ich hatte bisher 2 Gitarren mit Nullbund, eine scheißbillige Hertiecaster und eine sauteure Steinberger. Beiden gemein war eine unglaublich gute Bespielbarkeit der unteren Lagen.
2) Der Klang.
Ist für mich persönlich nicht so relevant, aber hier sind ja viele Leute, die ganz schön die Flöhe husten hören. Da wird dann am Steg um Messing vs. Stahl vs. Graphit etc. gefeilscht. Aber in punkto Sattel schmeißen wir ganz plötzlich all unsere guten klangtechnischen Vorsätze über Bord. Ist ja so: Jede gegriffene Saite nimmt halsseitig ihren "Schwingungsanfang" an einem Stück Metall, dem Bunddraht nämlich. Warum darf es dann bei leeren Saiten plötzlich Plastik, Knochen, Graphit, Messing oder weißdergeierwas sein? Das macht doch absolut null Sinn!
Mal wieder ein kleines Experiment, ist mir an fast allen Gitarren bisher so aufgefallen: Em7 in 0-Lage greifen. Der einzige gegriffene Ton ist ein H im zweiten Bund der A-Saite. Dann mal so einen offenen Rhythmus (ohne Stops und Mutes) schrabbeln. Klingt immer irgendwie total dämlich. Inkonkret. Deplaziert. Wasauchimmer. Jetzt einfach den ganzen Akkord per Barré nach oben verschieben, so dass ein Fm7 daraus wird. Bei wirklich ALL meinen Gitarren ist hier ein ganz krasser Unterschied zu hören. So, dieser Unterschied wird deutlich kleiner, wenn ich die Saiten hinter dem Sattel (die bei Leersaitenarbeit deutlich mitschwingen) abdämpfe (für temporäre Tests reicht ein Stück Gaffa oder Pflaster), aber er verschwindet nie komplett. Muss ja dann wohl auch am Sattel liegen, oder?
Leider stehen mir keine Nullbund-Gitarren zwecks Vergleich zur Verfügung, aber soweit ich mich erinnere, war dieser Effekt bei der Steinberger auch geringer - was allerdings auch darauf zurückzuführen ist, dass dort hinter dem Sattel keine Saiten mehr schwingen.
Wie dem auch sei, klanglich wäre ein Nullbund ebenfalls die deutlich konsequentere Lösung.
Etwaige "Saitenführungshalter" hinter dem Nullbund könnten übrigens, falls gewünscht, auch gleich das Dämpfen der Saiten hinter dem Sattel erledigen.
Und jetzt erneut meine Frage: Wieso finden wir fast keine Gitarren mit Nullbund? Weil es zu schwierig ist, dahinter ein gescheites Führungs- bzw. Niederhaltesystem zu basteln? Wenn das das einzige Problem wäre (und ich sehe keine anderen), dann müsste man's als lachhaft bezeichnen.
Vielleicht kann ja einer der u.U. anwesenden Gitarrenbauer mal seinen Senf zum Thema "Segnungen des Sattels" abgeben, würde mich wirklich sehr interessieren, denn für mich rückt der Sattel schon wegen des Bauprinzips ziemlich nah in Richtung komplette Fehlkonstruktion bzw. Fehlentwicklung, zumal in Zeiten moderner Technik. Da sollte es bessere Alternativen geben. Nullbünde zum Beispiel!
Gruß
Sascha
Puh, der Kleine ist endlich fertig. Was für'n gieriges Kerlchen. Gute Nacht!