"Wolfton" bei der Stratocaster?

little-feat

Power-User
29 Mrz 2020
5.470
2
9
Hamburg
Hallo zusammen,

es ist schon einge Zeit her, da habe ich einem Profimusiker eine Gitarre abgekauft, mit der er nicht glücklich wurde. Im Prinzip eine Stratocaster, aber ohne Vibrato, sondern mit Tunomatic-Bridge.

Die Gitarre war eine Einzelanfertigung eines Gitarrenbauers aus Hessen, ein wirklich traumhaftes Stück Handwerksarbeit, 2,8 Kg leicht, Body aus federleichter Esche, 2-teilig, mittig quasi bookmatched zusammengesetzt.

Die Pickups (diMarzio) habe ich rausgeschmissen und ersetzt durch einen Duncan SSL-3 am Steg (recht heißer, echter SC) und 2 Texas-Special.

Die Gitarre tut das, was immer wieder als Qualitätsmerkmal herausgestellt wird - sie schwingt extrem. Eigentlich vibriert sie bis in die Kopfplatte, wohl eine Folge der extrem leichten Konstruktion.

Das Problem: Töne klingen bei dieser Gitarre nicht sauber aus. Es scheint, als mischen sich Frequenzen hinzu, Schwingungen von wo auch immer, die über die Pickups mit übertragen werden.
Der Ton "verdreckt" quasi beim Ausklingen durch irgendwelche Irritationen, die ich nicht ausmachen kannn.

Bei Streichinstrumenten nennt man dieses Phänomen ja wohl "Wolfton". Bei einer Gitarre habe ich so etwas noch nie bemerkt.

Hat jemand von Euch das auch schon mal erlebt? Gibt´s dagegen ein Mittel? Irgendwelche Ratschläge?

Ich bin dankbar für jede Anregung.

Thomas
 
du kannst die gitarre mal abklopfen auf mitschwinger >>(nicht mitesser). halsstab, mechaniken, pickups selber, teile der bridge, können in fröhlicher eigenresonanz herumschwingen.
 
Dieses Problem hatte ich auch mal bei einer Gitarre. Auch aus leichter Esche, auch geschwungen wie die Sau, auch beim Ausklingen dieses "bratzen". Ich hatte damals die Gitarre komplett zerlegt und bin auf Fehlersuche gegangen, nix zu machen: Nix diagnostiziert, war nicht wegzubekommen. Dann musste die Gitarre leider gehen. Es war übrigens eine Blade Durango (Schweizer Gitarre, nicht Asien) - wie gesagt, ein tolles Instrument, super Handling, klasse Sound - und doch eigentlich kaum zu spielen. Schade ...

Ich wünsch Dir mehr Glück.

PS:
Welcher Gitarrenbauer aus Hessen?
Als Hessebub is mer da doch vorwitzisch ...
 
little-feat":1wrj3mwn schrieb:
Hallo zusammen,

es ist schon einge Zeit her, da habe ich einem Profimusiker eine Gitarre abgekauft, mit der er nicht glücklich wurde. Im Prinzip eine Stratocaster, aber ohne Vibrato, sondern mit Tunomatic-Bridge.

Die Gitarre war eine Einzelanfertigung eines Gitarrenbauers aus Hessen, ein wirklich traumhaftes Stück Handwerksarbeit, 2,8 Kg leicht, Body aus federleichter Esche, 2-teilig, mittig quasi bookmatched zusammengesetzt.

Die Pickups (diMarzio) habe ich rausgeschmissen und ersetzt durch einen Duncan SSL-3 am Steg (recht heißer, echter SC) und 2 Texas-Special.

Die Gitarre tut das, was immer wieder als Qualitätsmerkmal herausgestellt wird - sie schwingt extrem. Eigentlich vibriert sie bis in die Kopfplatte, wohl eine Folge der extrem leichten Konstruktion.

Das Problem: Töne klingen bei dieser Gitarre nicht sauber aus. Es scheint, als mischen sich Frequenzen hinzu, Schwingungen von wo auch immer, die über die Pickups mit übertragen werden.
Der Ton "verdreckt" quasi beim Ausklingen durch irgendwelche Irritationen, die ich nicht ausmachen kannn.

Bei Streichinstrumenten nennt man dieses Phänomen ja wohl "Wolfton". Bei einer Gitarre habe ich so etwas noch nie bemerkt.

Hat jemand von Euch das auch schon mal erlebt? Gibt´s dagegen ein Mittel? Irgendwelche Ratschläge?

Ich bin dankbar für jede Anregung.

Thomas

Hallo Thomas,

"Schön mitschwingen"... geil ne? :cool:

Wenn man das mal selbst erlebt, stellt man fest, wie viel Blech da erzählt wird.
Grundsätzlich schlagen wir die Saiten nicht in ihrer Mitte an, sondern etwa im ersten Viertel. Dadurch entsteht erst mal ein s.g. verzerrter Einschwingvorgang, d.h. die größte Amplitude läuft ein paar mal zwischen Sattel und Steg hin und her, bis sie in der Mitte der Saite stattfindet. In dieser Zeit hören wir auch bestimmte Obertöne, die den Charakter des Tons ausmachen. (Vergl. Anschlag am Oktavbund)
Gleichzeitig beginnt das Instrument zu resonieren.
Meiner Theorie nach gibt es konsonante und dissonante Resonanzen. Eine konsonante Resonanz findet man z.B. auf der Westerngitarre in dem man einen tiefen Männerbass in das Schallloch summt. Zwischen F# und G# schwingt sie laut mit. Wenn man jetzt diesen Akkord in der tiefsten Lage spielt, stellt man fest, dass er lauter ist und kürzer klingt, als die Anderen. Das leuchtet ein; auf dem Ton der konsonanten Resonanz wird durch das Mitschwingen (in diesem Fall des Hohlraums) die Schwingungsenergie schneller absorbiert. Gut gebrüllt und aus.
Jetzt gibt es aber auch diese unangenehmen Überlagerungen, die man besonders auf dem Singlecoil am Hals - und noch mal besonders stark auf der G-Saite bei verzerrtem Ton hört.
Wir haben als Kinder oft Lineale auf die Tischkante gelegt und durch Schnippen daran Töne erzeugt. Man stell sich vor, das schwingende Lineal wäre ein Gitarrenhals - und darauf soll jetzt eine Saite schwingen! Was mag das wohl heraus kommen, wenn der Hals in einer anderen Frequenz schwingt, als die Saite darauf? Richtig! Ein Haufen Scheiße! Wie bei den Schwebungen die wir beim Stimmen von Flageolett Tönen kennen, entstehen s.g. Differenztöne, die als doppelt starke Amplituden aus der Schwingung heraus treten.
Gleichzeitig kommt die Saite nicht aus dem verzerrten Einschwingvorgang in eine ruhige Schwingung, und gibt ihrerseits ihre unruhige Modulation an das dissonant resonierende Holz weiter. Hier ergibt sich jetzt ein hässliches Feedback aus taumelnden Frequenzen.
Weil der Singlecoil aufgrund seines kleinen Magnetfeldes nur einen sehr kleinen Teil der Saitenschwingung abbildet und es in der Mitte am meisten purzelt, hört man das Phänomen an besten auf dem Halspickup einer Strat.

Ursache ist nicht das geringe Gewicht (eine Parker Fly ist auch leicht) sondern die elastische Konstruktion, die im Frequenzbereich der Gitarre federt. Leider ist diesem Problem mich erleichtern oder beschweren nur in kleinen Bereichen bei zu kommen. Bei starken Resonanzen wird man überhaupt nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen gelangen.
 
Hi,

ich denke auch nicht, dass das generell ein Problem der insgesamt leichten Konstruktion ist, sondern auf einen"weichen" Hals zurück zu führen ist!

Gitarren, die einen zu wenig steifen Hals besitzen, neigen meiner Meinung nach dazu unsauber oder zu viel zu Schwingen, was wieder der Saite, die ja eigentlich schwingen soll (bei Akustikgitarren dann die Decke), zu viel kinetische Energie raubt.

Ich teste so etwas immer laienhaft, in dem ich versuche den Hals vertikal zu verbiegen. Trotz ähnlicher Halsmaße (Also vom Volumen her) ist es z.T. erstaunlich, welche Unterschiede auszumachen sind. Generell gilt natürlich , dass mehr Masse auch steifer ist, aber nicht alle dünnen Hälse müssen übermäßig elastisch sein! Wie gesagt, es variiert. Ich denke, das liegt einfach intern an der Holzstruktur des jeweiligen Halses.

In deinem Falle wird vermutlich nur ein anderer Hals befriedigende Abhilfe schaffen. Oder das hinzufügen von Masse, z.B. an der Kopfplatte durch eine Metallplatte. Fraglich ob das reicht.

Probier doch mal Folgendes:

Hast du eine Holztür in der Wohnung? Halte mal die Kopfplatte der Gitarre an eine solche Tür oder deren Rahmen. Wenn die Masse der Tür sich mit der, der Gitarre koppelt, verschiebt sich deren Resonanzfrequenz enorm. Probier mal aus, ob du dann immer noch ein Problem hast, oder ob es sich dann bessert.
 
hamers sind ja bekannt für den eher weichen hals. und da hab ich ja ein paar
vielleicht liegts an der set-in konstruktion aber da gibts das wolfton problem nicht.
grundsätzlich geb ich marcello recht. das merke ich besonders wenn ich einen rosewoodneck mit einem mapleneck vergleiche.
das macht einen riesen unterschied.
bin gespannt was bei dem "tür" experiment rauskommt. du kannst ja auch mal eine kapo auf die kopfplatte zwicken. ändert auch schon die halsmasse.
 
Ja, dann erstmal ein herzliches Dankeschön in die Runde, besonders an Walter.

Es stimmt, besonders aufgefallen ist mir die Sache, seit ich Single-Coils eingebaut habe.

Vorher waren diMarzios drin (Fast Track 1/Fast Track 2/The Chopper), also Humbucker im SC-Format. Da war die Welt eigentlich in Ordnung, mal abgesehen davon, daß die Dinger für mein Ohr absolut scheußlich klangen.

Ich werde zunächst den Holztüren-Test machen. Und dann nochmal einen Versuch mit Hamburgern im SC-Format, müssen ja keine diMarzios sein.
Aufgeben will ich im Moment jedenfalls noch nicht.

gitarrenruebe":11uv16o6 schrieb:
Welcher Gitarrenbauer aus Hessen?
Als Hessebub is mer da doch vorwitzisch ...

Hach, es ist garnicht mehr Hessen, sondern Baden-Württemberg, ich hab nachgesehen, damit ich mich nicht blamiere.

Der Gitarrenbauer heißt Martin Haensel aus Ladenburg. Ob er noch aktiv ist, weiß ich nicht.

Thomas
 
Jetzt, wo du sagst, daß du das Problem mit dem Humbucker nicht gehabt hast, könnte es das Problem sein, aus dem mein Username entstanden ist.... Single Coils haben eine deutlich stärkere Saitenanziehung als HBs und wenn du die Singles zu dicht an den Saiten dran hast, dann treten speziell bei der tiefen E und noch schlimmer der G-Saite hässliche dissonante Töne auf, die am stärksten so im Bereich 12.- 15.Bund festzustellen sind. Weil das erstmals bei Strats mit ihren 3 SC auffiel, hat sich irgendwann der Name Stratitis eingebürgert.

Abhilfe schafft hier nur das Runterschrauben des Hals-PU oder einen Typ mit sehr niedriger Saitenanziehung. Ein Kinman AV-N ist hier schon was feines. Der Sound ist authentischer Single-Coil, aber absolut brummfrei. Klanglich überhaupt nicht mit anderen Single Coil sized Humbuckern zu vergleichen. Hören kann man die bei www.kinman.com .
Da gibts übrigens auch jede Menge Infos zum Optimieren von Strats und Teles und auch ein großes Referat über "Stratitis"

Gruß

Stefan
 
little-feat":2kjsphpy schrieb:
Gibt´s dagegen ein Mittel? Irgendwelche Ratschläge?

Ich bin dankbar für jede Anregung.

servus thomas,

mit sog. "wolfstönen" habe ich einige erfahrungen. guckst du meine signatur.

liebe grüsse - emil
 
Tja - kannst Du die unagenehmen Resonanzen akustisch wahrnehmen?
Wenn "ja" liegt die ursache vermutlich nicht bei den Tonabnehmern. Single Coils geben "ghost" oder "Wolf" Töne meistens wahrnehmbar bei den Bunden > 12 und auf den dicksten Seiten.

Wenn das Problem aber über all auf dem Hals bei bestimmten Noten wahrnehmbar ist würde ich wo anders suchen. Erstmals - ist der Halsstab stramm und nicht locker? Wenn dies zu locker ist kann es unangenehem flattern. Übrigens DeTemple stimmt seine Titan-Halsstäbe zu "E" um angenehme Resonanzen zu erzeugen.

Ist der Hals fest mit dem Körper geschraubt? Sitzen die Mechaniken, bzw. Steg bombig fest? Sitzen die Saiten richtig fest im Sattel (Niederhalter?). Hier hilft es of das jemand Anders die Gitarre spielt während dessen mann die Hände auf den verdächtigen Stellen auflegt! man möchte nur eine Änderung hören, den Ton beinflussen.

Wenn es tatsächlich dein Hals sein sollte, dann warum nicht:
1/ Dickere oder dünnere Saiten aufziehen - und den Halsstab adjustieren?
2/ Fatfinger kaufen um die die Resonanzeigenschaften von Hals zu ändern?

Nur Ideen.
Gruß
tremblock
 
Danke für die Ratschläge,

Stratitis ist mir natürlich bekannt, daran liegts nicht.

Die anderen Hilfestellungen (Tremblock) sind sicher gut gemeint............ äähh, ja!

Danke nochmals

Tom
 

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