Edelstahl und die Folgen

W°° schrieb:
Arbeit IST Kraft mal Weg und viele alte Griffbretter vertragen keine Kraft.
Als (seriöser) Handwerker kann man die Gewährleistung nicht an den Kunden übergeben, wenn dessen Wunsch größer ist, als sein Wissen.

Ich gehe als Handwerksbetrieb keine Verpflichtung ein, bei der ich nicht 100%ig weiß, dass das Ergebnis den Erwartungen entspricht.

Dann muss man auch schon mal damit leben, dass Leute sagen, ich kann das nicht.
;-)

Genau das meinte ich eigentlich mit "Stimmt trotzdem" :) Danke Walter.
 
Pfaelzer schrieb:
Vielleicht liegt bei dir die Ursache auch in einem (relativ) einfach zu behebenden Problem...

Das ist in der Tat so: es liegt am Bundmaterial :)

Ich habe einige Gitarren mit Neusilberbünden (mehr zum Haben als zum Spielen), hatte zwei mit Stahlbünden, eine verkauft, habe also noch eine mit Stahl - meine Nr. 1 seit über acht Jahren ... und die Bünde halten einfach viel viel länger.

Wer richtig lange Ruhe haben will, nimmt Stahl (sofern der Zustand des Griffbretts das zulässt), wer das nicht braucht, braucht es wohl nicht. Ich kenne viele, die NOCH NIE eine Neubundierung haben machen lassen. Ich schon :) und ich mag sie megadick und megahoch :) Und umso seltener man dem Griffbrett die Tortur einer Neubundierung zumuten muss ... aber wir wollen uns nicht wiederiolen.


Es gibt Gitarrenbauer, die durchaus Stahlbünde verarbeiten, es gibt welche die tun es nicht - also weiß ja jetzt jeder, zu wem er gehen kann / soll.
Es darf nach wie vor jeder bebunden und bebunden lassen wie er will. Peace.
 
auge schrieb:
nichtdiemama schrieb:
W°° schrieb:
Als Handwerksbetrieb gehe ich mit dem Kunden einen bindenden (!) Werkvertrag ein, wenn er sein Instrument für eine Neubundierung hier abgibt. ...

Ja. Und den Kunden, der Edelstahlbünde will, und wo der Zupfinstrumentenmacher nicht sicher ist (bzw. sein kann), dass das geht, dann kann man a) zuerst den Kunden über mögliche Probleme informieren und b) den Werksvertrag so gestalten, dass eben drin steht "falls technisch mit vertretbarem Aufwand machbar Edelstahl, andernfalls Neusilber".
Und schwubs braucht man keine Angst mehr haben, den Vertrag nicht erfüllen zu können.

Und tschüss ;-)

Stef

Lieber Stef,

leider ist das Topfen den du hier schreibst weil das Konsumentenschutzgesetz das anders sieht. Auch wenn du als Kunde unterschreibst, dass du einverstanden bist kann sich dein späterer Anwalt darauf berufen, dass du ja nicht der Fachmann bist und nicht gewusst hast worum es genau geht und ein Gutachten eines SV (und das wirst du IMMER bekommen) in dem steht, dass Edelstahlbünde doch gegangen wären. Du warst noch nie mit einem Dienstleistungs- Reparaturbetrieb selbstständig und hast wahrscheinlich keine Ahnung was alles geht...

Ich kann dir verlorene Prozesse von Werkstätten zeigen für genau solche Fälle.

Und tschüss...

Auge


Im vorliegenden Fall soll das Werk ja nur zum Ziel haben, eben diesen Bunddraht zu verwenden. Da kann man nicht auf halbem Wege umdrehen, wieder Neusilber nehmen und am Ende eine Rechnung stellen.
Da macht der Kunde dann so... :stupid:
Mit Recht!

Kinder, ich wollte hier aber auch nicht die Büchse der Pandora aufmachen!
Wie man an vielen gelungenen Bundierungen sehen kann, ist es nicht unmöglich, mit Stahl gute Bundierungen zu machen.
Es ist aber keine Lösung für jede Gitarre und man tut gut daran, zu einem wirklich erfahrenen Gitarrenbauer zu gehen und dessen Rat zu vertrauen, wenn es um eine Zweitbundierung geht.

PS: Seit einiger Zeit bieten verschiedene Hersteller extraharten Neusilber Draht an, der sich hervorragend verarbeiten lässt. Wir haben aber noch keine Langzeitergebnisse, ob die größere Härte (im Vergleich zur größeren Zähigkeit von VA) wirklich die Abriebfestigkeit verbessert.
 
Moin,

die Maschinen, die ich in Betrieb nehme, bestehen zu 98% aus Edelstahl. Ich finde nichts ungewöhnlich daran, etwas länger feilen zu müßen, mit einer Standardfeile, um zum Ergebnis zu gelangen. Mehr Kraft würde nix bringen, ausser das ich mich mehr verausgabe und das Werkzeug leidet...
Aber eventuell ist das eine andere Sorte Edelstahl...

Ciao
Monkey
 
Was mich mal interessieren würde, wäre so etwas wie Nylon.

Türkische Balama (Saz) werden ja mit Angelschnur gebunden. Ich habe mal eine Balama bundiert. Ist beim Kunden durchgefallen - klingt dann wie eine Bouzuki - das kommt dem Landesverrat gleich! :lol:
Der Unterschied im Ton ist in der Tat gewaltig. Ich weiß nicht, ob es mir gefallen würde, aber interessieren würde es mich schon, wie eine Gitarre mit Kunststoffbünden klänge...
 
W°° schrieb:
Türkische Balama (Saz) werden ja mit Angelschnur gebunden. Ich habe mal eine Balama bundiert. Ist beim Kunden durchgefallen - klingt dann wie eine Bouzuki - das kommt dem Landesverrat gleich! :lol:
Das kann ich auch für den umgekehrten Fall bestätigen ...

Pst: Ich habe auch ein Saz im Haus, die zeige ich aber nur ausgewählten, unbewaffneten Gästen ;)
 
W°° schrieb:
Was mich mal interessieren würde, wäre so etwas wie Nylon.

Türkische Balama (Saz) werden ja mit Angelschnur gebunden. Ich habe mal eine Balama bundiert. Ist beim Kunden durchgefallen - klingt dann wie eine Bouzuki - das kommt dem Landesverrat gleich! :lol:
Der Unterschied im Ton ist in der Tat gewaltig. Ich weiß nicht, ob es mir gefallen würde, aber interessieren würde es mich schon, wie eine Gitarre mit Kunststoffbünden klänge...

Das wird für E-Gitarre wahrscheinlich nix wegen der Haltbarkeit.
Bendings und Vibrato werden die Bünde sehr schnell runterfressen.
Für alte ("klassiche") Instrumente ist das aber nicht abwegig,
Gamben werden mit Darmsaiten gebunden und auch bei Knickhalslauten und Theorben ist das üblich, iirc.
Das hat dann den Vorteil, dass man die Intonation von Tonart zu Tonart ein bisschen ändern kann.
Das ist aber auch ein intonatorischer Albtraum, auf der anderen Seite.
Ließe sich halbrundes Halbzeug nicht kleben?

Viele Grüße,
woody
 
W°° schrieb:
Im vorliegenden Fall soll das Werk ja nur zum Ziel haben, eben diesen Bunddraht zu verwenden. Da kann man nicht auf halbem Wege umdrehen, wieder Neusilber nehmen und am Ende eine Rechnung stellen.
Da macht der Kunde dann so... :stupid:
Mit Recht!

Äh nö, das Ziel des Kunden sind neue Bünde, die möglichst lange halten, und wenn's geht ohne die Zusatzkosten eines neuen Griffbretters.
Und :stupid: macht der Kunde nur wenn man ihn nicht richtig aufklärt.

Aber klar, wä ma net well, no well ma holt net.

W°° schrieb:
Kinder, ich wollte hier aber auch nicht die Büchse der Pandora aufmachen!

Echt? Ich mein, echt?
:roll:

Tschö
Stef
 
Warum keiner mehr Edelstahlbünde brauch... In 11 Tagen geht die Welt unter... Duck und weg... ;-)
 
Bjoern schrieb:
W°° schrieb:
Bjoern schrieb:

Ich habe selten so schön polierte und gerundete Bünde gesehen! Respekt!

Und das in Edelstahl! Da hat sich jemand Mühe gegeben...

Ja, wirklich erstklassige und meisterliche Arbeit. Das war garantiert nicht der Knauper um den es hier ging :-D

@Walter: hast du die Gitarre wieder repariert inzwischen? Vielleicht kannst du uns vorher-nachher Bilder posten ;-)
 
[img:800x531]http://www.kraushaar-gitarren.de/Webschrott/EdelSt.JPG[/img]

Hier haben wir wieder einen Patienten: Der 1. Bund ist z.T. noch einen Millimeter hoch. 2+3 sind schon fast bis auf das Holz runter geschliffen und noch zu hoch... "Buckelpiste" heißt das bei uns.
 
W°° schrieb:
Hier haben wir wieder einen Patienten: Der 1. Bund ist z.T. noch einen Millimeter hoch. 2+3 sind schon fast bis auf das Holz runter geschliffen und noch zu hoch... "Buckelpiste" heißt das bei uns.

... und es ist Edelstahl und das Problem ist eine Folge des Materials. Oder was hat das mit dem Thema "Edelstahl und seine Folgen" zu tun?

Davon ab: Die Bundoberseiten sehen mir merkwürdig gerade aus. Mehr wie eine plane Planke statt eines runden Hügels auf dessen Kuppe die Saite aufliegt. Gibt das Intonations - oder Schnarrprobleme oder ist das aus Gitarrenbauersicht tatsächlich noch okay so?
 
groby schrieb:
W°° schrieb:
Hier haben wir wieder einen Patienten: Der 1. Bund ist z.T. noch einen Millimeter hoch. 2+3 sind schon fast bis auf das Holz runter geschliffen und noch zu hoch... "Buckelpiste" heißt das bei uns.

... und es ist Edelstahl und das Problem ist eine Folge des Materials. Oder was hat das mit dem Thema "Edelstahl und seine Folgen" zu tun?

Davon ab: Die Bundoberseiten sehen mir merkwürdig gerade aus. Mehr wie eine plane Planke statt eines runden Hügels auf dessen Kuppe die Saite aufliegt. Gibt das Intonations - oder Schnarrprobleme oder ist das aus Gitarrenbauersicht tatsächlich noch okay so?

Hi Groby,

da fehlt schlicht und einfach noch die Endbearbeitung, denke ich.
Durch das reine "Abrichten" sind die nunmal erst so platt.

Gruß Diet
 
groby schrieb:
W°° schrieb:
Hier haben wir wieder einen Patienten: Der 1. Bund ist z.T. noch einen Millimeter hoch. 2+3 sind schon fast bis auf das Holz runter geschliffen und noch zu hoch... "Buckelpiste" heißt das bei uns.

... und es ist Edelstahl und das Problem ist eine Folge des Materials. Oder was hat das mit dem Thema "Edelstahl und seine Folgen" zu tun?

Davon ab: Die Bundoberseiten sehen mir merkwürdig gerade aus. Mehr wie eine plane Planke statt eines runden Hügels auf dessen Kuppe die Saite aufliegt. Gibt das Intonations - oder Schnarrprobleme oder ist das aus Gitarrenbauersicht tatsächlich noch okay so?

Das Griffbrett ist mit Edelstahl bundiert worden. Die Bünde sind nicht verrundet. Murks, so weit das Auge reicht. Heraus stehende Bünde, herausgerissenes Holz, Kitt allenthalben und bucklig, wie ein Kamel. Eine ursprünglich wirklich schöne Anfang 70er SG Custom. Aus handwerklicher Sicht nicht mal mehr als Pfannenwender zu gebrauchen!
Es ist natürlich nicht erwiesen, ob dieser Metzger mit Neusilberbünden nicht auch Scheiße gemacht hätte, aber wenn man es nicht kann, dann kann man es mit problematischem Material überhaupt nicht!
 
Walter,
du weißt ja vielleicht, dass ich seit vielen Jahren eine top verarbeitete Strat mit von einem Könner perfekt abgerichteten und herrlich verrundeten Edelstahlbünden spiele (bei deren Neubebundung - jetzt, nach fast zehn Jahren - mir ein, zwei Neuanschaffungen dazwischen gekommen sind).

Je nach Spieltechnik, Spieldauer und -häufigkeit, womöglich Fingerschweiß-Aggressivität, verschleißen Neusilberbünde schlichtweg zu schnell. Mein Mitgitarrist kennt das Problem nicht, ich hingegen musste schon viele Gitarren neu bundieren lassen. Wenn ich eine einzige - und die mit Neusilberbünden- spielen würde, wäre die Bebundung nach einem Jahr fertig. Daher: es darf für mich - und andere - ruhig härteres Material sein.

Ich gebe jedoch zu, dass die bewickelten Saiten auf dieser Strat schneller Dellen bekommen als auf den anderen Strats. Klar: das weichere Material gibt nach.

Ich habe mich daher für meine neueste Strat (links im Bild) mal für den goldfarbenen Bunddraht von Jescar entschieden. Dieser gilt als deutlich härter als Neusilber, aber auch deutlich weicher als Edelstahl und eben auch als leichter zu bearbeiten. Die Legierung ist halt ne andere.

Hattest du diesen goldfarbene Bunddraht schon mal in der Werkstatt?
Es könnte ja sein, dass das Material durchaus eine brauchbare Kompromisslinie zwischen den Hardcore-Neusilber-Befürwortern und den Liebhabern von härteren Buinddrähten darstellt.
 
Vielleicht ist hier ja ein positives Beispiel auch willkommen. Das ist meine Steinberger GS, die kürzlich in München komplett Edelstahl-neubundiert wurde. Ist meine erste Gitarre mit SS-Bünden, und ich bin sehr angetan:

[img:864x576]http://www.headless-europe.eu/Files/Images/Stainless_GS7_IMG_7815.jpg[/img]

[img:864x576]http://www.headless-europe.eu/Files/Images/Stainless_GS7_IMG_7813.jpg[/img]

[img:864x576]http://www.headless-europe.eu/Files/Images/Stainless_GS7_IMG_7821.jpg[/img]

Bernd
 

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