Die Hersteller von Modellern werben ja damit die "Realität" digital nachzubilden. X Amps, Y Pedale und Z Boxen in einer kleinen Kiste, angeblich -fast- wie Original. Ich drück' das mal so plump aus.
In Original würde die gesamte gebotene Ausrüstung, sollte man sie denn besitzen wollen, mehrere Kubikmeter Raum beanspruchen und finanziell wohl kaum zu stemmen sein.
Wenn also die Einzelkomponenten originalgetreu emuliert werden, dann sollten sie in der Zusammenstellung und Interaktion auch das gleiche Verhalten wie im Original haben. Eben originalgetreu. Beim Erstellen eines Presets werden einem Kopfzerbrechen, Denken und Probieren also nicht abgenommen. Im Gegenteil: Die Flut an gebotenem Gerät und beeinflußbaren Parametern kann einen auch erschlagen.
Den Vorteil der digitalen Kisten sehe ich nicht in der "Überlegenheit der Sounds" oder "Null-Problemo-Technik".
Die Vorteile sind für mich
- die Menge an Equipment, die ich mir in echt gar nicht leisten könnte,
- die Möglichkeiten, dieses Equipment einfach und schnell zusammenzustellen und auszuprobieren, (auch Interessantes dabei zu entdecken),
- blitzschnell per Fußschalter mein Setup zu wechseln,
- die zur Verfügung stehenden Schnittstellen (Aus- und Eingänge)
- die Platz- bzw. Gewichtsersparnis.
Dass ein Princeton Reverb im Original anders klingt und sich anders verhält wie digital nachgebildet, ist für mich klar wie Kloßbrühe. Klar sollte aber auch sein, dass nicht alle Princeton Reverb und alle Custom-Strats absolut gleich klingen. Woraus sich die Frage ergibt: Welchen Princeton nehme ich denn als Vorlage?
Die Unterschiede Original vs. Modeller sind zum Teil drastisch, zum Teil aber auch weder vom Hörer noch vom Spieler festzustellen. Dazu gibt's genug Blindtests. Also ist Probieren und Tüfteln angesagt, . . . wie im richtigen Leben.
Ob meine Kiste jetzt einen Plexi oder einen Bassman emuliert - mir ist schnurzpiepegal was da auf dem Display steht. Was zählt, ist wie sich das anhört, was da rauskommt.
Wenn jemand als Nerd glücklich ist . . . ich gönne es ihm. Ich brauch's aber nicht.
Ich brauche auch keine vergoldeten Stecker, keine sauerstofffreien Kabel und keine Impedanzwandler. Vintage braided cable kann mich mal, es gibt schon gute Gründe für moderne Kabel, und 3 Euro für einen "Wunder"-Orange Drop oder 20 !!! Euro für einen Magic-BumbleBee (ein billiger PaperInOil-Kondensator) würde ich auch nicht zahlen. Nichts desto trotz finde ich die Lektüre vom Onkel, Zollner, Lemme usw. hin und wieder interessant.
Und nebenbei: Wieviele geile Songs wurden mit billigen, 15 Meter langen Spiralkabeln, Sperrholzgitarren und einfachstem Equipment gespielt! Aber, ich muss zugeben: Manchmal kommen eben diese irrationalen GAS-Anfälle.
Zu den IRs: Ernie hat recht, da gibt's schon toll klingende. Ich habe einige tausend auf dem Rechner, aber keine Lust mehr, mich da durchzuwühlen. Ich hätte aber auch keine Lust alle realen Boxen mit allen erdenklichen Lautsprechern und Konfigurationen auszuprobieren. Ich glaube, dass geht auch gar nicht.
Was ich aber glaube: Bei Gitarristen ist oft ein bisschen Voodoo dabei.
Gruß
Horst