Äh ja, war wohl etwas müde, so dass der Satzbau an mir vorbeigegangen ist.
Um nochmal kurz auf die Planbarkeit zurückzukommen: Man kann nicht planen, Berufsmusiker zu werden. Das geht noch viel viel weniger als in anderen Jobs, auch wenn man sich den Arsch vielleicht viel viel mehr aufreißt.
Es gibt einfach zu viele Gitarristen und zu wenig Jobs - und das Verhältnis ist definitv schlechter als in anderen Berufssparten.
Aber man kann sich halt vorbereiten.
Ich sagte es ja schon, wer nur im stillen Kämmerlein wahnwitzige Skalen gniedelt, der wird niemals wirklich (nachhaltige) Arbeit als Gitarrist bekommen.
Ich will mal, ohne relevante Reihenfolge, einfach ein paar Fragen, Statements, Bedingungen und dgl. in den Raum stellen. Alles Sachen, die mir mehr oder minder 1:1 so passiert sind. Und etlichen Kollegen vermutlich auch.
- "Wir spielen heute ganz klein!". Irgendwo in 'ner Ecke eines Essladens bspw. Für Marshalls und Konsorten ist da kein Platz. Noch nicht einmal für irgendeinen nennenswerten Amp auf brauchbarer Betriebstemperatur (sprich: Lautstärke). Ich habe dafür einen Gallien-Krueger fullrange Combo, den mit den 2 6.5" Speakern. Eigentlich ein Vocal-Monitor. Für's DI/Modeller Gitarren-Monitoring unter solchen Bedingungen absolut perfekt. Ich kann da noch meinen (schütteren) Background-Gesang mit monitoren und zusätzlich noch ein extra Signal (bspw. Keys) reinfüttern. Gibt mittlerweile viele bessere Sachen für sowas, aber der GK verrichtet seinen Dienst immer noch ganz fein. Wiegt auch nix und passt exakt in den Koffer an meinem 125er Roller.
- Wo wir schon bei den Modellern sind: Eine DI-Lösung wird heute unglaublich oft verlangt. Gerade in Theatern will man anscheinend einfach keine Amps mehr sehen. Das mag man schade finden, aber es ist Tatsache.
Und oft spielt, neben der Soundfrage, auch der Platzbedarf eine Rolle. Ein kleines Rack mag noch OK sein, besser ist's aber fast immer, wenn es nur beim Bodenboard bleibt. Ich habe mich da persönlich für ein Boss GT-10 entschieden, was meiner Meinung nach alle PODs und Digitechs schlägt (das VOX-Teil ist meiner Meinung nach auch noch ganz gut).
- "Wir müssen heute eine Stunde lang als "Walking Act" spielen". Umhänge-Snare, Kontra- oder Akustik-Bass, irgendwelche Tröten und - eben! - eine akustische Gitarre. Muss man dann einfach haben. Meistens eine Western-Gitarre, aber:...
- Wo ich schon dabei bin: Ich habe letztes und vorletztes Jahr eine Theater-Produktion gespielt, wo neben der E-Gitarre eine Nylon-String erwartet (bzw. verlangt) wurde. Üblicherweise sind bei Theatersachen, wenn überhaupt akustisch, Western-Gitarren angesagt. War da eben nicht so. Also muss man 'ne nylonbesaitete haben. Inklusive Pickup, denn Mics gibt's nur selten (ist auch nicht praxisgerecht, bei dem Platzstress, der meistens herrscht). Wenn ich cool bin, erspare ich dem Mischer weiteren Stress wg. zusätzlicher DI-Boxen respektive Mischer-Kanäle und stöpsele die Akustik in meinen Modeller, wo ich mir dann ein feines Preset ohne Amp-Modelling zurecht bastele. Damit habe ich dann auch meinen Sound perfekt unter Kontrolle. Ich habe übrigens so eine olle Yamaha (25 Jahre alt oder so) mit Uralt-PU. Geht aber irgendwie.
- Eine meiner jüngsten Erfahrungen: Ich wurde für einen Gig mit Sax, Kontrabass und Gitarre gefragt. Die typische Hintergrund-Mucke, Sektempfang, wichtige Leute reden, etc. Nun, der Bassist (glücklicherweise Multi-Instrumentalist) ist einfach kein Kontrabass-Spieler. Der Bass war geliehen (ja doch, der Mensch hat das schon ein paar Mal gemacht, aber es war nie notwendig, sich was Eigenes anzuschaffen) und leider sehr schlecht, was die Lautstärke-Ausbeute anging. Das Resultat: Blutblasen an Zeige- Mittel- und Ringfinger der rechten Hand. Nach gerade mal einem Set (a 45 Minuten, gewünscht waren 3 Sets). Glücklicherweise hatte der Mensch halt noch ein Cajon und ein paar Rasseln am Start. Die wurden fortan genutzt, was aber zur Folge hatte, dass ich alleine die komplette akkordische Begleitung stellen musste. In so einer Situation hilft es einem wenig, die originalen Gitarrenstimmen des Songs zu kennen, man muss sich jetzt ja auch um den tieferen Bereich kümmern. Dafür muss man unbedingt den "kompletten" Song kennen. Als Lead Sheet quasi. Und man muss es dann umsetzen.
- Und wenn wir schon dabei sind: Songs 1:1 für eine Top40-Band zu lernen ist eine Sache. Kann fast jeder mit 2-5 Jahren Spielerfahrung.
Aber damit sichert man sich eben nur den Job in der Top40-Kapelle.
Die Songs auch ansonsten "komplett" zu kennen ist eine ganz andere Sache. Da muss man eben die Akkorde kennen, die Rhythmik, evtl. einige Basstöne, etc.
Ich erwähnte schon die Duo-Jobs, die ich mit einem Sänger hatte. Da war's genau so. Ich musste Songs spielen, bei denen mir die originalen Gitarrenstimmen (wenn's denn überhaupt welche gibt) absolut gar nicht geholfen haben. Die sind dann nicht einmal ansatzweise unterzubringen (es sei denn, man heißt Tuck Andress). Der Song muss halt klargemacht werden.
- Ich habe es schon am Rande erwähnt, aber nochmal: Sich stilistisch einzugrenzen schießt einen meistens ins Aus. Wenn Rhumba gefragt ist, dann ist Rhumba gefragt. Nix mit Sex'n'Drugs'n'RocknRoll. Sondern eben Rhumba.
Das Gute ist: Sowas kann auch Spaß machen. Oder/und einen ganz enorm nach vorne bringen. Walzer sind etwa ein Paradebeispiel. Da kann man ganz prima Dreiklangsumkehrungen üben. Oder mandolinen-ähnliche Nebenlinien.
Ja warum denn auch nicht? Der Walzer kann einem genau so wenig wie vorher gefallen, aber die Dreiklänge kann ich auch sehr effizient in anderen Szenarien nutzen. Die mandolinen-ähnlichen Linien sind gut für meine rechte Hand.
- "Alter, heute muss es so richtig rocken!!!". Tja. Muss es dann wohl. Sollte man also, gerade als Gitarrist, drauf haben.
Worauf ich aber hinaus will: Man muss mit "Eiern" spielen. Das muss man eigentlich immer. Auch beim Walzer/Samba/Foxtrott.
Wenn ihr euch irgendwelche Gitarristen anhört, die ihr Einkommen mit Spielen verdienen, dann ist eines gewiss: Alle haben "Eier" (sorry übrigens für die vermutlich nicht vorhandenen weiblichen Mitleser - aber die haben dann vielleicht "Arsch in der Hose").
Ich habe kürzlich "Starlight Express" in Bochum gesehen. Sehr schüttere Veranstaltung übrigens (aus diversen Gründen). Der typische Musiknutten-Job also. Aber an der ein oder anderen Stelle haben die Herren Gitarristen Gelegenheit, mal 'n bischen auszupacken. Und da geht dann richtig was. Fette Licks mit geilem Ton und sensationeller Phrasierung.
Und genau das kann man bei allen Saitenquälern beobachten, die den Kram professionell betreiben. Wenn es die Gelegenheit gibt, mal richtig loszurocken oder abzuzeistern, dann können die das auch. Ohne Ausnahme. Es bleibt da nicht bei "hey, ich kann Blattspielen, alles andere ist wurst". Die ganzen Jungs kannste auch immer für 'ne "echte" Band fragen.
Das ist natürlich nicht das häufigst verlangte Kriterium, aber wirklich langfristig durchsetzen tun sich nur die, die das auch mitbringen.
So, ich könnte vermutlich noch etliche andere Dinge aufführen, das also nur mal als ein paar Ideen/Anstöße.
Gruß
Sascha