Billig-Gitarre - verschwendetes Geld? Nicht!

gwenman

Power-User
22 Apr 2003
606
2
Ă–sterreich
Hallo zusammen,

ich versuch ja immer gern mal Schnäppchen mit Musikinstrumenten zu machen und greif dabei auch gern mal zu sehr billigen Angeboten. Das geht nicht immer gut, wie ich einst an einer 30 Euro Nachbau-Strat und einem gebrauchten Akkordeon erfahren musste. Die Strat hab ich verbastelt, das Akkordeon wieder mit Gewinn verkauft...also zumindest was gelernt und ein paar Euro herausgeholt.

Die Billig-Strat-Idee ließ mich auch seitdem nicht los. Und letzte Woche hab ich dann sehr spontan begonnen die Seite des großen T zu durchstöbern und hab einfach mal ein paar Strats mit Humbucker rausgesucht.

Gute 30 Minuten später war eine B-Stock FatStrat um 251 Euro auf dem Weg zu mir :isso!:

Am Montag ist die Gute angekommen. Ich war wegen mehreren Dingen skeptisch:

B-Stock kann heißen, dass was Gröberes nicht passt, oder aber auch, dass jemand beim "refurbishen" nochmal besonders genau geschaut hat und gegebenenfalls sonst aussortiert hätte...

Eine Gitarre zu kaufen, ohne sie gesehen zu haben? Soll man eigentlich auch nicht. Hab ich trotzdem schon ein paar mal aus der Not heraus gemacht, und deshalb war es mir das Risiko wert. Gibt ja noch Money Back.

Neue Saiten drauf, ordentlich eingestellt. Angespielt.
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Wow! :banana:

Selbst mit den mitgelieferten Pickups: Macht Spaß, klingt schön rund und vielseitig. Ich behalte sie und sie ist gerade auf den besten Weg (neben meiner - Slash Las Paul) als zweite Bühnengitarre mit in das fixe Tourset (Coverband) zu kommen.

Ich hätte mir nie gedacht, dass die Gitarre so Spaß macht. Sie ist bundrein und verstimmt sich trotz intensievem Tremolo-Einsatz nicht. Das Griffbrett ist nicht die Krone der Schöpfung, das wäre der einzige Kritikpunkt - fühlt sich nicht ganz so wertig an. Vor allem die Mischung aus Single Coils und Humbucker gibt aber eine gute Allroundgitarre ab. Kann gut damit leben!

Neue Pickups hab ich schon vor dem Kauf angedacht...mit deren Anschaffung wart ich noch ein wenig. Ich werd sie jetzt in den kommenden Monaten live verwenden. Wie schon geschrieben: Solide Zweitgitarre! Um den Preis bin ich wirklich sehr zufrieden.

Hattet ihr auch schon solche Momente? :lol:

GruĂź

Ps: Meine erste Gitarre mit integriertem Spiegel. Fotos folgen falls Interesse besteht! :)
 
Soweit ich gesehen habe ist es eine Squier Standard.
Das ist die angeblich die beste Variante (Im Gegensatz zu Affinity oder gar Bullet ohne Trem)
Ich habe mir auch so eine (SSS), gebraucht aber gut gepflegt, um ca 100,- Euronen als Elektronik-Bastelgitarre gekauft und wurde sehr positiv ĂĽberrascht.

Hatte schon mit den Original PU's einen ordentlichen Klang und sehr gute Spieleigenschaften.
Mit handgewickelten PU's von Leosounds.de (Red House), einem C6-Schalter von Gitarrenelektronik.de , sowie einem HD Booster onboard module von singlecoil.com wird sie wohl meine American Standard als Zweitgitarre Richtung Gebrauchtmarkt verdrängen.
 
Wenn die Gitarre passt, ist es definitiv kein verschwendetes Geld.

Eine meiner Lieblingsklampfen ist die 2004 erworbene Peavey Wolfgang (Made in Korea).
Hatte ich damals für 450 € neu erstanden......Klingt satt und fett und lässt sich wunderbar spielen...
ich mag sie und das zählt....

und jetzt hast du mir mit deiner neuen Klampfe den Mund wässrig gemacht....;-)
ich mag aber nicht, dass die Teile "träge und lahm klingen und sich "klobig anfühlen"....
 
Hallo,

wenn eine Billiggitarre versucht, so gut oder sogar besser zu sein als das edle Vorbild und dann noch Begriffe wie "Customshop-Killer" kommen oder "die Harley Benton schickt jede PRS nach Hause", bin ich immer raus.

Ich habe noch keine Billiggitarre in der Hand gehabt, die das "Original" vom Platz gefegt hätte. Diesen Ansatz halte ich für Käse.

Billiggitarren können ihren ganz eigenen Charme haben. Sie können Nischen besetzen und inspirieren. Dafür sind die Dinger toll. Für so etwas finde ich Billiggitarren richtig gut.

Nach meiner Erfahrung sind die Dinger dann auch meistens nicht sehr komfortabel zu spielen. Darauf muss man sich einlassen, es akzeptieren und eben umdenken. Feine Sache, das.

Und blöderweise ist meistens entweder ein Gitarrenbauer nötig oder etwas handwerkliches Geschick gepaart mit Spaß am Basteln, etwas Werkzeug und einem ordentlichen Schuss Erfahrung.

Meine wirklich billige Jack und Danny Parlor ist ein tolles Spielzeug. Schwer bespielbar, nur für besondere Einsatzgebiete aber eben charmant. Und das für unter hundert Euro. Wenn man die Dame seines Herzens zum Essen einlädt, danach ins Kino und dann noch gemütlich was trinken, kostet das mindestens genauso viel.

Während ich hier so vor mich hin tippe, stelle ich fest, dass wir für diesen Thread sinnvollerweise "Billiggitarre" definieren sollten. Meine Lieblingsgitarre hat schließlich weniger als 400 Euro gekostet...

GruĂź

erniecaster
 
Habe auch mal, entgegen meiner doch ĂĽber die Jahre schwindenden Ăśberzeugung,nur Markenware erwerben zu mĂĽssen, eine wunderbare Strat gekauft.

Ein Samstag,ich schlendere am American Guitarshop vorbei, gehe natĂĽrlich rein, auch wenn ich nichts brauche, ein Satz Saiten geht immer, Pleks dazu.

Da hängt eine Strat, HSS bestückt. OK, in der Bridge muss schon ein HB arbeiten. Rot, geht gar nicht.Spasseshalber nehm ich sie doch mal in die Hand. Nebenbei, ich hasse Strats, Tele ist mein Hauptinstrument, LP sowieso.

Haptik wunderbar, Verarbeitung spitze. Farbe, naja. Der Hals ist aus Ahorn mit Palisandergriffbrett. Das Ahorn, die HalsrĂĽckseite, zeigt deutliche Tigerstripes.
Das war letztendlich auch das Kaufargument fĂĽr mich, der, der nie eine Strat haben wollte. Zu diesem Zeitpunkt war ich eigentlich auf der Suche nach einer SG.

Ich hab sie dann einfach mitgenommen, quasi im Vorbeigehen, eine Squier Affinity für 190.-€.
Seitdem wird es immer auf Sessions und Proben mitgenommen, ob eine originale Fender besser klingt, will ich gar nicht wissen. Sie bringt es, für meine Begriffe, was eine Strat können muss.

Achja. Die ersten in Europa verfĂĽgbaren Strats waren wohl rot. Im Ganzen habe ich da wohl nichts falsch gemacht.
 
erniecaster schrieb:
Hallo,

wenn eine Billiggitarre versucht, so gut oder sogar besser zu sein als das edle Vorbild und dann noch Begriffe wie "Customshop-Killer" kommen oder "die Harley Benton schickt jede PRS nach Hause", bin ich immer raus.

Ich habe noch keine Billiggitarre in der Hand gehabt, die das "Original" vom Platz gefegt hätte. Diesen Ansatz halte ich für Käse.

Billiggitarren können ihren ganz eigenen Charme haben. Sie können Nischen besetzen und inspirieren. Dafür sind die Dinger toll. Für so etwas finde ich Billiggitarren richtig gut.

Nach meiner Erfahrung sind die Dinger dann auch meistens nicht sehr komfortabel zu spielen. Darauf muss man sich einlassen, es akzeptieren und eben umdenken. Feine Sache, das.

Und blöderweise ist meistens entweder ein Gitarrenbauer nötig oder etwas handwerkliches Geschick gepaart mit Spaß am Basteln, etwas Werkzeug und einem ordentlichen Schuss Erfahrung.

Meine wirklich billige Jack und Danny Parlor ist ein tolles Spielzeug. Schwer bespielbar, nur für besondere Einsatzgebiete aber eben charmant. Und das für unter hundert Euro. Wenn man die Dame seines Herzens zum Essen einlädt, danach ins Kino und dann noch gemütlich was trinken, kostet das mindestens genauso viel.

Während ich hier so vor mich hin tippe, stelle ich fest, dass wir für diesen Thread sinnvollerweise "Billiggitarre" definieren sollten. Meine Lieblingsgitarre hat schließlich weniger als 400 Euro gekostet...

GruĂź

erniecaster
Da ich hier immer noch nicht mit Zitaten klar komme, was in anderen Foren locker geht, daher platt das Vollzitat.

In den 80ern, 90ern, war es tatsächlich so, dass Hersteller das Original kopieren wollten, mal echt schlecht, mal echt gut.
Die Definition einer Billiggitarre (Ă–h, 2ll, 2gg, 2rr:-D)ist schwierig, aber auch doch einfach. Bedeutet, frĂĽher gab es miese Kopien, heute auch, wenn auch heute deutlich besser.
Ibanez hat sich da sehr geschickt herausgewunden. Es wurden grundsätzlich gute, bespielbare Instrumente gebaut, die dem angeblichen Original glichen, aber diese auch verbesserten. Die Original-Strat wurde einfach enttrohnt. Sie wurde definitiev verbessert. Kann niemand bestreiten.
Billigzeug gibt es immer noch. Es gibt aber heute echt gute Gitarren fĂĽr gutes Geld.
 
erniecaster schrieb:
Hallo,

wenn eine Billiggitarre versucht, so gut oder sogar besser zu sein als das edle Vorbild und dann noch Begriffe wie "Customshop-Killer" kommen oder "die Harley Benton schickt jede PRS nach Hause", bin ich immer raus.

Meine Rede.. :top: Und zwei Wochen später wird sie dann neu lackiert, die PUs samt gesamter Elektronik getauscht, die Bridge und Tuner getauscht und der Sattel auch. Und 2 Monate später ist der CS - Killer dann still und heimlich in den ebay-kleinanzeigen gelandet.. ;)
 
erniecaster schrieb:
(gekĂĽrzt)

Ich habe noch keine Billiggitarre in der Hand gehabt, die das "Original" vom Platz gefegt hätte. Diesen Ansatz halte ich für Käse.

Billiggitarren können ihren ganz eigenen Charme haben. Sie können Nischen besetzen und inspirieren. Dafür sind die Dinger toll. Für so etwas finde ich Billiggitarren richtig gut.

Nach meiner Erfahrung sind die Dinger dann auch meistens nicht sehr komfortabel zu spielen. Darauf muss man sich einlassen, es akzeptieren und eben umdenken. Feine Sache, das.

erniecaster

Ich kann dem Absolutismus dieser Aussagen nicht zustimmen.
Ich habe dzt. 5 Strats aber die teuerste ist nicht die beste.
Wenngleich die Wahrscheinlichkeit bei einem teuren Instrument durchaus größer ist, ein gutes Instrument in der Hand zu halten sollte man dies nicht zum Gesetz erheben.
Ich habe zwei (gekauft unter 200€) die auch ohne Umbau eine Spielbarkeit/Haptik hatten, die den teureren durchaus entsprachen und wahrlich nicht nur für Nischen zu verwenden gewesen wären.

Durch eigenen Umbau um je ca €200,- habe ich nun 2 Dinger, die mit fast jeder anderen mithalten können.
Klar, der Umbau ist auch Hobby und damit Selbstzweck. Es wäre unvernünftig gewesen dafür teure Markengitarren zu verwenden.
Aber wenn die Grundsubstanz (Holz, Hals und Machart) nicht stimmt, helfen auch die besten Zusatztteile nicht.

Etwas Erfahrung ist bei solchem Vorgehen durchaus hilfreich. Aber diese zu erlangen hatte ich ja genug Zeit ;-)
 
Naja, billig muss man auch mal definieren:

Es gab und gibt im ganz niedrigen Preissegment immer wieder mal "Ausreisser" im positiven Sinne. Ich hab hier eine Tele von Harley Benton, die hat einen brutal geil geriegelten fetten Hals und war von vorneherein mit OK-Hardware bestückt, als B-Ware damals knapp über 100 Euro. Am Bundmaterial merkt man am ehesten, dass das ein Cheapo ist. Aber damit könnte man jederzeit sofort auf die Bühne ... wenn Sie nicht so sackschwer wär! Aber um sie als Backup das ganze Jahr im Proberaum zu lassen, allemal klasse. Die schickt aber ehrlicherweise keine 3K€ Fender CS heim (wenn die Fender nicht gerade eine Montagsmodell ist). Aber um dort eine Gitarre immer greifbar zu haben, zB für den Fall, dass es im Büro mal später wird und ich direkt - ohne zu Hause nochmal eine Gina zu holen - zur Probe fahre, einwandfrei.

In der etwas höher angesiedelten Preisregion gab es schon immer wieder mal auffällige Produkte:

Von Cort gab es mal verschiedene Serien der Hiram Bullock Singature: Eine HSH-Superstrat, mit leichtem Swamp-Ash-Body und tollen Hälsen. Die ersten beiden Serien (erste Serie = sunburst, zweite Serie = black oder sunburst mit leicht geänderter Kopfplatte), die kosteten neu weniger als 500 € und waren mit Sperzel-Locktuner, Wilkinson V50, guten Mighty-Mite-PUs und tollen Hölzern ausgestattet (hatten alle MEGA Vogelaugenahornhälse). Die waren für mich damals rundherum auf der Stufe der Musicman Silos gewesen, haben aber nur einen Bruchteil dessen gekostet. Schon ein cooler Schnapper. Danach kam dann eine neue Serie in Naturlackierung mit anderer Hardware, das war eine deutlich geringere Qualität.

Oder die Swing S100plus: SSH Strat aus Korea mit Wilkinson V50, Locktuner, ordentlichen PUs, toll verarbeitet: Kosteten damals 399 €. Sehr gute Gitarren! Grab & Go, musste man nix pimpen.

Und bei Edwards bekommt man schon wirklich gute Paulas mit Duncans etc. fĂĽr ĂĽberschaubares Geld.

Wenn die Basis stimmt, und der Preis megagünstig ist, kann auch Pimpen lohnen: Jörg (Mad Cruiser) hatte sich eine Stagg Jazzmaster und eine Coxx Explorer für die Bühne parat gemacht, gute günstige Instrumente, die mit der Aufwertung immer noch ein super PLV hatten - die waren aber von der Basis her richtig gut.

Seit ich die Ginas habe, liegt die Stange für mich halt auf einem gewissen Niveau, und da müssen sich andere halt strecken. Ich hab außer den dreien noch zwei Teles und eine Strat aus Göldo-Teilen, und mit ordentlicher Hardware und PUs, aber das ist eine komplett andere Welt: Die Göldo-Sachen funktionieren als Referenz für das jeweilige Modell super, lassen sich durch den größeren Radius gut spielen, klingen Modell-gerecht gut, alles wunderbar: Aber ICH hab mich von den Std-Modellen der 50er und 60er verabschiedet, da die drei - mir in die Hand geschnitzten - Mädels mich rundrum befriedigen :dafuer:
Insofern wird es, wenn mir mal wieder nach einer 2 HH Gitarre mit Setneck ist, evtl. erstmal zu schnuppern was "Günstiges" zum Ausprobieren sein, aber wenn ich sowas dauerhaft regelmäßig nutzen wollte, müssten in Dübelhausen wieder mal Walter und Mario ran.

Wenn man für das beschriebene Geld eine gute Squier Strat bekommt, die aus dem Karton schon überzeugt, dann finde ich das prima. Gerade für Einsteiger. Meine allererste war so ne olle Hertiecaster aus den 60s mit rotem Kunststoffüberzug und weißem Piping, die war UNSPIELBAR und insgesamt SCHROTT. Auf der würde man heute evtl. interessante Slide-Sachen probieren, aber für einen Anfänger war das Mist. Ich finde das gut, dass man mittlerweile - auch durch die Hausmarken der großen Musikhäuser - zwischen 100 und 200 Euro Instrumente bekommen kann, die auch funktionieren, gut spielbar sind und einem dem Start nicht vermiesen.
 
Hi,

nach den ersten paar Gigs bin ich immer noch sehr zufrieden. Ist jetzt also definitiv bei Gigs immer als Nummer 2 dabei (mehr wie 2 Gitarren schlepp ich sowieso nicht mit mir herum...).

Den Anspruch, dass die Gitarre so gut wie ihre groĂźe Marken-Schwester klingen soll, hatte ich auch nie. Wollte was haben, dass halt nach Strat klingt und nicht zu viel Geld ausgeben - und das Ziel hab ich damit gut erreicht. :)

Greets
 
Ich besitze eine Vielzahl von Gitarren. Von Superbillig bis Hochpreis. Dazu ein paar Verstärker und ein Sammelsurium an Effekten. So lange eine Gitarre gut eingestellt ist und eine gute Basis hat, lässt sie sich für einen Musikstil nutzen. Auch lässt sich mit billigen gebrauchten Gitarren sorgenlos experimentieren. Ich habe zum Beispiel den Body einer Ibanez RX40 in weißes Nappaleder gepackt, um herauszufinden ob dabei die Höhen und die Brillianz verloren gehen. Und nein, solange der Hals schwingen kann, ist alles cool. Oftmals optimiere ich ein hochwertiges Instrument mit anderen Pickups. Zum Beispiel Emg DG-20 in eine Fender Stratocaster Deluxe. Die übriggebliebenen Pickups kommen dann in ein billiges Modell und machen dort Freude. Klar ist auch, es muss zum AMP, den Röhren und den Speakern passen. Und auch da lohnt es sich zu experimentieren. Mein einfacher Vox Ac15c1 hat mit anderen Röhren und einem Mesa Boogie Speaker einen genialen Sound und das schon in der EQ Mittelposition. Um eine luschige Vorstufe anzuschieben, nutze ich zum Beispiel den Lehle Julian oder einen guten Compressor. Der Rest kommt aus den Fingern und viel, viel Üben. Mein Fazit: billige Gitarren können sehr cool sein. Man sollte sie allerdings nicht im Internet bestellen, sondern probespielen und auch mal zwei oder drei Instrumente des gleichen Typs vergleichen. Ich spiele übrigens seit 40 Jahren Gitarre.
 
Hallo,

es ist etwas her, seitdem ich mich an diesem Thread beteiligt habe und nicht alles, was ich hier und auch vorher zum Thema "niedrigpreisige Gitarren" geschrieben habe, empfinde ich heute noch als richtig.

Wie und warum kauft man überhaupt eine Gitarre, die für wenig Geld angeboten wird? Das folgende Szenario ist so selten, dass es mir noch nie in freier Wildbahn über den Weg gelaufen ist: Jemand will eine Gitarre kaufen, geht in einen Laden, probiert sich durch das gesamte Sortiment und stellt fest, dass die Harley Benton Tele am besten aussieht, sich am besten bespielen lässt, am besten klingt, kauft die Gitarre, spielt sie ab da für lange Zeit und das nicht ausgegebene Geld wird sinnvoll verwendet. Das kommt vermutlich nie vor.

Typisch ist doch eher, dass jemand beispielsweise gerne seine Les Paul (mittel- bis hochpreisig) spielt und irgendwann online der Harley Benton Tele über den Weg läuft und denkt: "Bei den paar Euro kannst du ja nicht viel falsch machen und falls doch, ist der finanzielle Verlust zu verschmerzen." Dann wird das Ding geordert, mit ein wenig Überraschung stellt man fest, dass man darauf einigermaßen sogar spielen kann. Nicht selten wird nach dieser vermeintlich positiven Erfahrung noch eine Harley Benton Strat, eine HB Rickenbacker, eine HB SG, eine HB ES 335 und natürlich eine HB Les Paul (für das Grobe, wenn die gute Paula zuhause bleiben soll) angeschafft.

Immer noch nicht viel falsch gemacht? Ich denke mittlerweile, dass das völlig falsch ist.

Wie werden solche Instrumente gebaut? Gibt es akzeptable soziale Standards fĂĽr die Mitarbeiter, bekommen die ein akzeptables Gehalt? Steht der Lackierer barfuĂź und ohne Atemschutz in der Lackierkabine? Wird die Luft aus der Kabine einfach durchs Fenster entsorgt oder gibt es Filter?

Bei den Preisen für beispielsweise eine Harley Benton komme ich schon ins Grübeln. Gut, es gibt keine Zwischenhändler und keinen extra Vertrieb, vielleicht sind auch die Gewinnspannen hier sehr klein und letzten Endes kostet eine preiswerte Ibanez oder Epiphone in der Herstellung vielleicht ja auch nicht mehr. Hier sind ja einige Leute aus der Musikinstrumentenbranche unterwegs, die vielleicht etwas zu dem Thema beitragen können.

Was passiert dann normalerweise nach dem Erwerb der "Billiggitarre"? Das Nacharbeiten beginnt. Da werden erst einmal die Bundstäbchen nachpoliert, das gesamte Instrument eingestellt und alle Schrauben nachgezogen. Natürlich, nachdem man neue Saiten aufgezogen hat, die man auch erst kaufen muss. Dabei bleibt es aber nicht. Bislang musste ich bei "Billiggitarren" immer wieder am Trussrod drehen und am Steg justieren, weil die Dinger einfach nicht stabil waren.

Das kostet alles die knappe Ressource Zeit. Wer in Vollzeit arbeitet, eine Familie, eventuell sogar Kinder und Haustiere hat und auch noch manchmal schlafen will, dem bleiben nicht viele Stunden ĂĽbrig, um noch Musik zu machen.

Die knappe Ressource Zeit bleibt auch darĂĽber hinaus ein Thema. Ich kann immer nur eine Gitarre spielen. Dann spiele ich lieber ein Instrument, von dem ich ĂĽberzeugt bin und wirklich mag und nicht eins, dessen niedriger Anschaffungspreis so attraktiv war.

Bleiben wir beim Thema Geld und zwar auf etwas längere Sicht. Die Schwachstellen bei "Billiggitarren" sind häufig die minderwertigen Komponenten wie Schalter, Potis, Buchsen und Mechaniken, die einfach nicht lange durchhalten. Also muss man - in der knappen Zeit, wohlgemerkt - nicht nur nacharbeiten sondern auch noch in Teile investieren.

Wenn ich mir wie oben dargestellt, eine HB Strat, Tele, Paula, ES, Rickenbacker und Reisegitarre anschaffe, stehen außerdem sechs Instrumente im Haushalt, die nicht nur Platz wegnehmen sondern auch noch regelmäßig besaitet werden wollen, was wieder Zeit in Anspruch nimmt. Sechs Instrumente, zweimal im Jahr neue Saiten, da fließt auch wieder Geld rein.

Muss man natĂĽrlich alles nicht machen. Man kann so ein Ding auch einfach kaufen, sich ein wenig wundern, ein paar Mal spielen und es dann in die Ecke stellen. Schade um die verbauten Rohstoffe, die verursachten Emissionen bei Herstellung und Transport.

Bei meiner Jack&Danny kommen sogar noch gesundheitliche Aspekte hinzu. Ich habe festgestellt, dass mir die anfangs charmente Mittenlastigkeit nach einer gewissen Zeit tatsächlich in den Ohren weh tut. Und nach einer halben Stunde habe ich Schmerzen im linken Ellbogen und der linken Hand, während ich auf meinen anderen Instrumenten ermüdungsfrei spielen kann. Ich fasse das Instrument gar nicht mehr an. Im Moment überlege ich, ob ich das Ding verschenke oder zu einem Vogelhäuschen umbaue.

Soviel erst einmal von mir.

Beste GrĂĽĂźe

erniecaster
 

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