doc guitarworld
Moderator
- 17 Jan 2002
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- 7.869
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Was für eine Schönheit, fuhr es mir durch den Kopf, als ich die Vintage AV3 ihrem Pappkarton entnahm und erst einmal in den Armen wog. Natural heißt die Devise, die sich bei diesem Instrument wie ein roter Faden durch das Konzept zieht. Der zweiteilige Mahagonikorpus aus den Vollen gefräst, eine zweiteilige dezent getigerte „bookmatched“ furnierte massive Ahorndecke aufgeleimt, ein Mahagonihals mit angeschäfteter Kopfplatte und einer Reihe geschmackvoll und hinsichtlich der Herstellungskosten sicherlich wohlbedachter Zutaten, die aber ein „rundes“ Instrument ergeben. Chapeau, Herr Wilkinson, vielen Dank an Music & Sales für die Gelegenheit!
Ich hatte schon einige Semiacoustics in der Hand, die zumindest optisch eine Referenz haben, die wohl unbestritten aus dem Land der unendlichen Möglichkeiten zu sein scheint: der USA. Grössere und kleinere Varianten von Gibson, Ibanez, Heritage, ESP, Tokai, Framus, Epiphone und diverser anderer Hersteller und Labels waren in meinem Erfahrungsfundus ebenfalls dabei und ich hatte mal mehr, mal weniger Freude an der Konstruktion, was auch daran liegen mag, daß ich von der Stratocaster komme, meine Initiation und Sozialisation auf diesem Instrument und seiner Derivate durchlaufen habe, bevor mir andere Gitarrenkonstruktionen zugänglich wurden. Der Gitarrentypus Semiacoustic mit Sustainblock war mir lange nur durch die Postillen bekannt, die Sehnsüchte und Träume verursachten bei dem Gitarrennovizen, der ich einmal war …
Jahre später ...
Klein soll sie sein, geschmeidig, gut verarbeitet, mit funktionalem und funktionierenden Parts ausgestattet, einen guten „Snap“, einen holzigen und sustainreichen Ton haben und gut am Körper anliegen. Sie sollte akzentuiertes Spiel, allerlei Spieltechniken zulassen, gut in der Hand liegen und auch bei etwas ruppigerer und energiegeladenerer Spielweise nicht direkt die Segel streichen.
Trevor Wilkinson schien meinen Wunsch erhört zu haben. Mit dem Modell AV3, hier in der Version AV3HNF ist eine Gitarre am Start, die wohl nicht nur bei mir Begehrlichkeiten wecken dürfte. Sie ist sicherlich keine Gitarre, die alle Musikstile bedient. Aber sie lädt ein, wenn Blues, Fusion, Jazz, Jazzrock und alle Spielarten dazwischen bedient werden wollen. Ob à la Tom Morello auch die heftigeren Gefilde angefahren werden dürfen, liegt in Eurem Ermessen. Ich habe zumindest feststellen können, wie sehr sie noch bei High Gain Settings und grösseren Lautstärken problemlos funktioniert.
Die Konstruktion:
Semiakustisch
zweiteiliger hohlgefräster Mahagonikorpus
zweiteilige Ahorndecke mit geflammtem bookmatched Ahornfurnier
Mahagonihals mit angeschäfteter Mahagonikopfplatte
Palisandergriffbrett
Glänzend klar lackiert
Binding
Gibson-Mensur (628mm)
Tune-O-Matic
Wilkinson-Hardware vernickelt
Wilkinson Humbucker
Trocken ohne Amp gespielt klingts erwartungsgemäß satt holzig mit einem gesunden Sustain, was Lust macht, das Baby schnell an einen Amp oder mein Lieblingsspielzeug Fractal Audio Axe-FX Ultra zu klemmen. Der Hals mit den sauber abgerichteten und dem mit einem geschmackvollen Binding umfassten Mediumbünden hat genug Fleisch, ein mir sehr entgegenkommendes Greifgefühl, kein Baseballschläger aber vertraut, wenn man nicht grade vom Wizzard-Rennhals, sondern zB. von der Les Paul kommt. Die Verarbeitung ist pingelig gut ausgeführt, die Gitarre wirkt wertiger als der UVP vermuten lässt. Die Komposition aus den genannten Hölzern, dem gefassten Body und Neck ist sauber klar lackiert, der Lack (vermutlich Polyester) schützt vor nicht allzu grobem Enthusiasmus, die Rückseite des Halses bremst nichts, selbst nach einer schweisstreibenden dreistündigen Session oder einem Gig, wo es unter der üblichen Clubbühnenbeleuchtung schon mal gerne etwas wärmer wird, bleibt das Spielgefühl und das Handling der Gitarre gut. Insgesamt zeigt sich die Gitarre auch am Gurt in guter Balance und rückenschonenden 3,5 KG laut der alten Küchenwaage.
Die Hardware macht einen prächtigen Eindruck, stimmstabile Wilkinson® WJ44 Klusons aus asiatischer Fertigung mit wunderschönen „Tulips“, die Tune-O-Matic-Abteilung, sowie alle anderen Metallteile sind sauber vernickelt und versehen ihren Dienst sicher sehr viele Jahre selbst bei heftigster Beanspruchung.
Die Schaltzentrale und die beiden Klangreaktoren, eine simple wie effektive Bestückung, die grade der aufgeräumten Natur entgegenkommt, zeigen sich von stabiler Seite. Ein Dreiwegschalter, der selbst nicht grade zimperlichem Umgang nach nun ungefähr drei Monaten klaglos und ohne Aussetzer gegenübersteht, drei nicht zu leichtgängige Potis, die feinfühlig jede noch so kleine Klangnuance rauskitzeln lassen. Als Bonbönchen und klangliche Erweiterung hat Herr Wilkinson das Vintage „Roll Control"-Poti spendiert, das das stufenlose Ein- und Ausblenden der zweiten Spule der Humbucker, sodass die Pickups auch als Single Coils eingesetzt werden können, ermöglichst. Funktioniert prima, gute Idee, gibt einen Bonuspunkt von mir. Die verwendeten etwas heisseren PAF-Varianten Wilkinson® Humbucker: WVCN, WVCB haben Standardhumbuckermaß, entfalten den vorhandenen gesunden Ton sauber, ohne Matsch und Mikrophonie.
Nach den ersten Eindrücken schon erwartungsgemäß zeigt sich das blonde Mädel sehr souverän und zuverlässig. Auspacken, einstöpseln, loslegen. So mag ich das, das schafft Vertrauen in das Handwerkszeug. Clean (zB. Fender Twin oder Blackfacesound, also californian clean) am Steg, zB. mit aktiviertem Roll Control geht’s von klingelig (a la Kinks) bis zB. im Humbuckermodus schimmernden Chords und drahtigen Single Notes. Der Halshumbucker über einen cleanen Sound inspiriert zu bluesigen und jazzigen Licks, klingt auch bei Jazzchords transparent und voll. Angezerrt fängt die Gitarre an zu singen, süß singend mit guten Obertönen bis aggresiv mit ordentlichem Timbre (zB. über einen Dumble-, Boogie- oder Plexisound) und bei Highgain fühlt sich der Steghumbucker besonders wohl und erfreut mit sustainreichen singenden Leadsounds. Der Hals-PU ist kein überzeugender Partner für Highgainsounds, was ich aber nicht als Manko sehe, sondern ein Tribut an die Konstruktion darstellt und auch zu den deutlich teureren Schwestern aus USA und Europa keinen Unterschied macht. Die AV3 ist übrigens selbst bei etwas höheren Lautstärken und Zerrstufen noch recht unempfindlich gegen unkontrollierbare Feedbacks. Gut so, noch ein Pluspunkt.
Jetzt fragt sich der geneigte Leser dieses Reviews natürlich, warum keine Schwächen aufgeführt sind. Nun, ich kann bei dem professionell einsetzbaren Instrument keine echten Schwächen entdecken und bin nach wie vor sehr angetan. Die AV3 hatte ich bei Sessions und einer Produktvorführung mit, wo sie allgemein einen guten Eindruck hinterliess. Zuhause ist sie immer noch meine Hauptgitarre, ich nehme mit ihr auf (Soundfiles folgen noch) oder ich nehme sie zum Üben. Optisch hatte ich Anfangs meine Bedenken, weil ich kein so grosser Naturholzklarlack-Fan bin. Allerdings sehen die Hälzer schon echt lecker aus. Und das Auge isst ja bekanntlich mit … übrigens gibt es auch noch ein schönes Rot, ein Sunburst und eine AV3 in Schwarz sowie P90-Varianten.
Zu beziehen ist die Vintage Guitars AV3 über deinen lokalen Musicshop, sofern dieser mit Music & Sales zusammenarbeitet. Music & Sales selektiert die Instrumente aus, nur was wirklich taugt, kommt in den Handel. Der UVP liegt imho nach Katalog bei 699 Euro, der Strassenpreis dürfte günstiger ausfallen. Für weitere Infos stehe ich in diesem Review zu Verfügung, beantworte gerne weitere Fragen zur AV3. Des weiteren schaut mal zu www.vintage-rocks.de und www.musicandsales.com
Tante Edit: Ich habe eben gesehen, 7enderman hatte auch einer AV3 ein Review gewidmet. Soweit ich gelesen habe, trifft das weitestgehend zu meinem zu. Ich denke, die Gitarre sollte für den einen oder anderen schon eine Empfehlung darstellen. Link zu 7enderman´s ebenfalls lesenswerten Review - ich werde der Übersicht halber nicht anhängen.
Ich hatte schon einige Semiacoustics in der Hand, die zumindest optisch eine Referenz haben, die wohl unbestritten aus dem Land der unendlichen Möglichkeiten zu sein scheint: der USA. Grössere und kleinere Varianten von Gibson, Ibanez, Heritage, ESP, Tokai, Framus, Epiphone und diverser anderer Hersteller und Labels waren in meinem Erfahrungsfundus ebenfalls dabei und ich hatte mal mehr, mal weniger Freude an der Konstruktion, was auch daran liegen mag, daß ich von der Stratocaster komme, meine Initiation und Sozialisation auf diesem Instrument und seiner Derivate durchlaufen habe, bevor mir andere Gitarrenkonstruktionen zugänglich wurden. Der Gitarrentypus Semiacoustic mit Sustainblock war mir lange nur durch die Postillen bekannt, die Sehnsüchte und Träume verursachten bei dem Gitarrennovizen, der ich einmal war …
Jahre später ...
Klein soll sie sein, geschmeidig, gut verarbeitet, mit funktionalem und funktionierenden Parts ausgestattet, einen guten „Snap“, einen holzigen und sustainreichen Ton haben und gut am Körper anliegen. Sie sollte akzentuiertes Spiel, allerlei Spieltechniken zulassen, gut in der Hand liegen und auch bei etwas ruppigerer und energiegeladenerer Spielweise nicht direkt die Segel streichen.
Trevor Wilkinson schien meinen Wunsch erhört zu haben. Mit dem Modell AV3, hier in der Version AV3HNF ist eine Gitarre am Start, die wohl nicht nur bei mir Begehrlichkeiten wecken dürfte. Sie ist sicherlich keine Gitarre, die alle Musikstile bedient. Aber sie lädt ein, wenn Blues, Fusion, Jazz, Jazzrock und alle Spielarten dazwischen bedient werden wollen. Ob à la Tom Morello auch die heftigeren Gefilde angefahren werden dürfen, liegt in Eurem Ermessen. Ich habe zumindest feststellen können, wie sehr sie noch bei High Gain Settings und grösseren Lautstärken problemlos funktioniert.
Die Konstruktion:
Semiakustisch
zweiteiliger hohlgefräster Mahagonikorpus
zweiteilige Ahorndecke mit geflammtem bookmatched Ahornfurnier
Mahagonihals mit angeschäfteter Mahagonikopfplatte
Palisandergriffbrett
Glänzend klar lackiert
Binding
Gibson-Mensur (628mm)
Tune-O-Matic
Wilkinson-Hardware vernickelt
Wilkinson Humbucker
Trocken ohne Amp gespielt klingts erwartungsgemäß satt holzig mit einem gesunden Sustain, was Lust macht, das Baby schnell an einen Amp oder mein Lieblingsspielzeug Fractal Audio Axe-FX Ultra zu klemmen. Der Hals mit den sauber abgerichteten und dem mit einem geschmackvollen Binding umfassten Mediumbünden hat genug Fleisch, ein mir sehr entgegenkommendes Greifgefühl, kein Baseballschläger aber vertraut, wenn man nicht grade vom Wizzard-Rennhals, sondern zB. von der Les Paul kommt. Die Verarbeitung ist pingelig gut ausgeführt, die Gitarre wirkt wertiger als der UVP vermuten lässt. Die Komposition aus den genannten Hölzern, dem gefassten Body und Neck ist sauber klar lackiert, der Lack (vermutlich Polyester) schützt vor nicht allzu grobem Enthusiasmus, die Rückseite des Halses bremst nichts, selbst nach einer schweisstreibenden dreistündigen Session oder einem Gig, wo es unter der üblichen Clubbühnenbeleuchtung schon mal gerne etwas wärmer wird, bleibt das Spielgefühl und das Handling der Gitarre gut. Insgesamt zeigt sich die Gitarre auch am Gurt in guter Balance und rückenschonenden 3,5 KG laut der alten Küchenwaage.
Die Hardware macht einen prächtigen Eindruck, stimmstabile Wilkinson® WJ44 Klusons aus asiatischer Fertigung mit wunderschönen „Tulips“, die Tune-O-Matic-Abteilung, sowie alle anderen Metallteile sind sauber vernickelt und versehen ihren Dienst sicher sehr viele Jahre selbst bei heftigster Beanspruchung.
Die Schaltzentrale und die beiden Klangreaktoren, eine simple wie effektive Bestückung, die grade der aufgeräumten Natur entgegenkommt, zeigen sich von stabiler Seite. Ein Dreiwegschalter, der selbst nicht grade zimperlichem Umgang nach nun ungefähr drei Monaten klaglos und ohne Aussetzer gegenübersteht, drei nicht zu leichtgängige Potis, die feinfühlig jede noch so kleine Klangnuance rauskitzeln lassen. Als Bonbönchen und klangliche Erweiterung hat Herr Wilkinson das Vintage „Roll Control"-Poti spendiert, das das stufenlose Ein- und Ausblenden der zweiten Spule der Humbucker, sodass die Pickups auch als Single Coils eingesetzt werden können, ermöglichst. Funktioniert prima, gute Idee, gibt einen Bonuspunkt von mir. Die verwendeten etwas heisseren PAF-Varianten Wilkinson® Humbucker: WVCN, WVCB haben Standardhumbuckermaß, entfalten den vorhandenen gesunden Ton sauber, ohne Matsch und Mikrophonie.
Nach den ersten Eindrücken schon erwartungsgemäß zeigt sich das blonde Mädel sehr souverän und zuverlässig. Auspacken, einstöpseln, loslegen. So mag ich das, das schafft Vertrauen in das Handwerkszeug. Clean (zB. Fender Twin oder Blackfacesound, also californian clean) am Steg, zB. mit aktiviertem Roll Control geht’s von klingelig (a la Kinks) bis zB. im Humbuckermodus schimmernden Chords und drahtigen Single Notes. Der Halshumbucker über einen cleanen Sound inspiriert zu bluesigen und jazzigen Licks, klingt auch bei Jazzchords transparent und voll. Angezerrt fängt die Gitarre an zu singen, süß singend mit guten Obertönen bis aggresiv mit ordentlichem Timbre (zB. über einen Dumble-, Boogie- oder Plexisound) und bei Highgain fühlt sich der Steghumbucker besonders wohl und erfreut mit sustainreichen singenden Leadsounds. Der Hals-PU ist kein überzeugender Partner für Highgainsounds, was ich aber nicht als Manko sehe, sondern ein Tribut an die Konstruktion darstellt und auch zu den deutlich teureren Schwestern aus USA und Europa keinen Unterschied macht. Die AV3 ist übrigens selbst bei etwas höheren Lautstärken und Zerrstufen noch recht unempfindlich gegen unkontrollierbare Feedbacks. Gut so, noch ein Pluspunkt.
Jetzt fragt sich der geneigte Leser dieses Reviews natürlich, warum keine Schwächen aufgeführt sind. Nun, ich kann bei dem professionell einsetzbaren Instrument keine echten Schwächen entdecken und bin nach wie vor sehr angetan. Die AV3 hatte ich bei Sessions und einer Produktvorführung mit, wo sie allgemein einen guten Eindruck hinterliess. Zuhause ist sie immer noch meine Hauptgitarre, ich nehme mit ihr auf (Soundfiles folgen noch) oder ich nehme sie zum Üben. Optisch hatte ich Anfangs meine Bedenken, weil ich kein so grosser Naturholzklarlack-Fan bin. Allerdings sehen die Hälzer schon echt lecker aus. Und das Auge isst ja bekanntlich mit … übrigens gibt es auch noch ein schönes Rot, ein Sunburst und eine AV3 in Schwarz sowie P90-Varianten.
Zu beziehen ist die Vintage Guitars AV3 über deinen lokalen Musicshop, sofern dieser mit Music & Sales zusammenarbeitet. Music & Sales selektiert die Instrumente aus, nur was wirklich taugt, kommt in den Handel. Der UVP liegt imho nach Katalog bei 699 Euro, der Strassenpreis dürfte günstiger ausfallen. Für weitere Infos stehe ich in diesem Review zu Verfügung, beantworte gerne weitere Fragen zur AV3. Des weiteren schaut mal zu www.vintage-rocks.de und www.musicandsales.com
Tante Edit: Ich habe eben gesehen, 7enderman hatte auch einer AV3 ein Review gewidmet. Soweit ich gelesen habe, trifft das weitestgehend zu meinem zu. Ich denke, die Gitarre sollte für den einen oder anderen schon eine Empfehlung darstellen. Link zu 7enderman´s ebenfalls lesenswerten Review - ich werde der Übersicht halber nicht anhängen.